24.04.2015

Autor*in

Eva Göbel
verantwortet die Drittmittelakquise für den städtischen Eigenbetrieb „JenaKultur“. Zuvor arbeitete sie als Kulturmanagerin u.a. für die IBA Thüringen, als Redakteurin und Journalistin, unter anderem bei Kultur Management Network. Sie studierte Literatur, Kunst und Kultur in Göttingen, Paris und Jena.
Rückblick Symposium der Freundeskreise 2015

Let your friends tell your culture story

Das Symposium der Freundeskreise in der Kultur kam am 20. März 2015 in Berlin zusammen, um den Beziehungsstatus zwischen dem Kulturbetrieb und seinen FreundInnen zu diskutieren und die Werkzeuge für ein erfolgreiches Beziehungsmanagement weiter zu entwickeln.
Niemand stellt in Frage, dass der Kulturbetrieb Freunde und Förderer braucht. Aber um zu wissen, wie eine Beziehung zwischen Institution und Freundeskreis aufgebaut werden kann, muss nicht nur klar sein, was sich eine Kultureinrichtung von ihrem Netzwerk erhofft, sondern auch, welche Bedürfnisse und Wünsche Freunde und Förderer haben. Denn auch Mitglieder überdenken die Frage: Warum bin ich eigentlich Freund dieser Einrichtung? Diese tut gut daran, überzeugende Antworten zu liefern.

Dabei ist der Charakter dieser Beziehung kompliziert. Die Strukturen und Ansprüche von Freundeskreisen haben sich in den letzten Jahren stark geändert. Das flächendeckende Argument bürgerlicher Sinnstiftung und Verantwortung reicht nicht mehr aus, um Freunde in Abgrenzung zur Konkurrenz für sich zu gewinnen. Allerdings wissen wir aus der Forschungsperspektive immer noch zu wenig darüber, wie sich Freundeskreise zusammensetzen und welche Motivationen und Bedürfnisse ihre Mitglieder haben, betonte Matthias Dreyer* vom Arbeitskreis Museumsmanagement Niedersachsen in seinem Vortrag. Daher lautete seine Handlungsempfehlung: Kultureinrichtungen sollten in regelmäßigen Abständen und mit vergleichbaren Methoden Daten erheben, um Problemfelder zu benennen und Strategien zu entwickeln, mit denen Freundeskreise zu Brückenbauern auch zu kulturferneren Gesellschaftsteilen werden können.

Der Kunde ist König, dann ist der Freund Kaiser!
Wenn Kultur ihre gesellschaftliche Aufgabe erfüllen möchte, muss sie die Menschen zunächst einmal erreichen. Dazu müssen ihre Einrichtungen Audience Development betreiben, also mittels Besucherforschung, Kulturmarketing, kultureller Bildungs- und Vermittlungsstrategien ihr Kulturangebot für unterschiedliche Zielgruppen so gestalten und bewerben, dass diese denken: Das hat was mit mir zu tun! Das ist schlichtweg notwendig in einer Zeit, in der die Kulturproduktion die Nachfrage bei Weitem übersteigt und ein Konkurrenzkampf um das Publikum ausgebrochen ist. Ebenso haben potentielle FreundInnen zwar ein Eigeninteresse an Kultur, dennoch muss der Kulturbetrieb zunehmend kundenorientiert auf sie eingehen. Dafür werden gerne Erfolgsbeispiele aus der Wirtschaft herangezogen, um zu zeigen, wie sich Marketinginstrumente auf den Kultursektor und seine verschiedenen Kommunikationsgruppen gezielt übertragen lassen.

Zu diesem Zweck sprach Sandra Broschat, Sustainability Manager von Coca Cola, beim Symposium der Freundeskreise über Nachhaltigkeit als wichtiges Element der Kundenansprache ihres Unternehmens. Darin ist der Getränkehersteller weitaus erfolgreicher als die meisten Kulturinstitutionen, obwohl sich mit den Produkten des Kultursektors, die eine gesamtgesellschaftliche Relevanz für sich beanspruchen, ein Vertrauensverhältnis viel leichter herstellen lässt. Warum wird dies aber nicht genutzt?

Marketing ist Kommunikation, nicht Manipulation
Wer sich mit Themen wie ökologischer, sozialer oder kultureller Nachhaltigkeit beschäftigt, investiert in die Wettbewerbsfähigkeit seines Haus. Dafür sind Vertrauen und Offenheit, aber auch Spaß essentiell und bei der Umsetzung der Ziele die Kommunikationsstrategie entscheidend. Das zeigt sich auch bei Coca Cola: Nicht das Unternehmen bewirbt die Nachhaltigkeitskampagne seiner Marke, sondern es lässt die Zielgruppe und KundInnen diese Aufgabe übernehmen. Diese sind glaubwürdige Multiplikatoren und können effizientes Empfehlungsmarketing betreiben. Das Motto Let others tell your story beschreibt dabei genau die Funktion des Brückenbauens, die Freundeskreise für Kultureinrichtungen ausüben können. Zu erreichen, dass andere positiv über die eigene Marke sprechen, setzt ein hohes Maß an strategischer Konzeption von Marketing und Kommunikation voraus, um die Relevanz der eigenen Produkte für die NutzerInnen deutlich zu machen und ernst gemeinte Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen. Dabei haben Kultureinrichtungen mit ihren mannigfachen Geschichten die besten Voraussetzungen für erfolgreiches storytelling. Damit können sie Menschen berühren und Bezüge zu gesellschaftlichen Themen und Alltagswelten herstellen, und sich so eine treue Fan- und damit Besuchergemeinde schaffen.

Freundeskreise in der Kultur als Brand Communities
Nur wenige Kultureinrichtungen in Deutschland betreiben solch ein nachhaltiges Kommunikationsmanagement. So bleibt die Frage, wie aus Freundeskreisen echte Gemeinschaften und Netzwerke um die Marke Kulturinstitution XY entstehen können, die untereinander und nach außen kommunizieren (Brand Communities**). In jedem Fall muss die Kultureinrichtung den Rahmen dafür stellen und verstehen, dass Freundeskreise in der Kultur nicht mehr nur geben sollen, sie müssen auch zurückbekommen. Doch die Frage, was Kultureinrichtungen für ihre Mitglieder leisten können, kommt in der Regel zu kurz. Die intrinsische Motivation, sich gesellschaftlich zu engagieren, reicht als Anreiz, Zeit und Geld zu investieren, oft nicht mehr aus. Stattdessen müssen der Dienstleistungscharakter für die Mitglieder und das eigene Leistungsspektrum ständig überprüft werden etwa auch in Hinblick auf neue Zielgruppen, die sich durch Themen wie Diversity oder MigrantInnen erschließen lassen. Zur sozialen Interaktion und dem Prestige, einer angesehenen Organisation zu helfen, kommen verstärkt extrinsische Motivationen wie Vergünstigungen, der Unterhaltungs- und Erlebnisfaktor und die Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung und zum Auf- bzw. Ausbau neuer Fähigkeiten. Auch die Übernahme von Verantwortung ist ein wichtiger Punkt, weil eine aktive Beteiligung der Freundeskreise an kulturellen Inhalten und Formaten zu Partizipation, zu positiver Rückbindung und im idealen Fall zur Erschließung neuer Mitgliedergruppen führt.

Neue Zielgruppen brauchen Raum für Junge Ideen
Wie innovative Inhalte in Kombination mit BesucherInnenbeteiligung und digitalen Informationsplattformen funktionieren können, stellten die TeilnehmerInnen des Wettbewerbs Junge Ideen vor und hätten im Rahmen des Symposiums dafür mehr Raum bekommen sollen, denn ihre Projekte zeigten die Vielfalt der Möglichkeiten auf, junge Zielgruppen anzusprechen. Die Frage nach entsprechenden Strategien kam im Laufe des Tages immer wieder auf. Stattdessen blieben den jungen Freundeskreisen nur fünf Minuten für ihre Vorstellungen, die nach Abstimmung der TeilnehmerInnen des Symposiums am Abend prämiert wurden. Der Preis ging an die NThusiasten (Junge Freunde des Nationaltheaters Mannheim) die zusammen mit Kultur-SkeptikerInnen zum Slogan Wir nehmen Dich mit! ein Programm mit mehreren erfolgreichen Veranstaltungsformaten für junge Menschen entwickeln. Die Jungen Freunde der Kunsthalle Hamburg bringen Kulturbesuche und internationale Begegnung mithilfe einer internationalen Culture Surfing-Plattform für junge FreundInnen zusammen. So findet auch ein persönlicher interkultureller Austausch statt. Die Jungen Kunstfreunde Chemnitz integrieren im Rahmen des Projekts Kunst in Deiner Stadt die Auseinandersetzung mit Kunstwerken im öffentlichen Raum in ein Geocaching-Spiel. Durch alle Projekte wurden bisher kunstferne Zielgruppen an Kultur herangeführt und oft eine direkte Beziehung zu einem Haus aufgebaut.

Das große Ganze im Blick behalten
Leider fehlte bei den World-Cafés (Diskussionsrunden) des Symposiums oft die Einsicht der Teilnehmenden, ihre Kultureinrichtung als Schnittstelle eines großen Ganzen aus kulturellen Inhalten, Unternehmensführung, Marketing und Öffentlichkeit zu denken. Insgesamt ergab sich deshalb das Bild, dass die Vereine auf der einen Seite Neuerungen und Projekte zu überstürzt angehen, während auf der anderen Seite die Kultureinrichtungen neue Beziehungsmodelle zu langsam entwickeln und umsetzen. Die Erkenntnis der beiden Runden zu Social Media und Crowdfunding mag hierfür als symptomatisch gelten: Die Projektverantwortlichen sind oftmals von der Relevanz ihres Projektes überzeugt, schaffen aber tatsächlich zu wenig soziale und individuelle Anknüpfungspunkte für die potenziellen SpenderInnen. Dabei spendet die junge Generation gern und viel online, wenn man sie begeistert und über eine bereits aufgebaute community anspricht. Das reine Vorhandensein eines Social Media-Auftritts ist also auch hier kein Wundermittel. Zu oft fehlt den Institutionen Wissen darüber, was Menschen im Netz motiviert, inspiriert und dauerhaft bindet. Zwar kommen neue ehrenamtliche Helfer eher durch persönliche Kontakte und Empfehlungen. Interaktionen zwischen dem Freundeskreis, der Institution und Nicht-Engagierten können jedoch auch online passieren. Egal ob analog oder digital, es muss der Wille zur nachhaltigen, ernstgemeinten Beteiligung deutlich werden, um eine wirkliche Bindung herzustellen zu können. Diese Beziehungspflege kann auch in einer projektbezogenen und für Freundeskreise womöglich zukunftsträchtigen Form wie Crowdsourcing passieren.

Um ihren gesellschaftsrelevanten Auftrag erfüllen zu können, müssen Kultureinrichtungen sich das Vertrauen ihrer Mitglieder immer wieder neu erarbeiten. Das Gegenteil ist aber oftmals der Fall, wie auch das Symposium zeigte. Es braucht ein Verständnis für die Übertragbarkeit von erfolgreichen Beispielen aus anderen Bereichen der Gesellschaft, etwa wenn es um Geschichten geht, mit denen Kultureinrichtungen Menschen berühren und Bezüge zu Alltagswelten herstellen können. Um Fans, eine Gemeinschaft und einen Freundeskreis zu schaffen, braucht es heute eine Identifikation mit der Marke Kultur, die jeden professionellen Multiplikator in Effizienz und Authentizität schlagen kann.

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