18.11.2015

Autor*in

Nane Krüger
Nane Krüger studierte Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften in Dresden und Turin und absolviert derzeit einen deutsch-italienischen Doppelmaster in Kooperation mit der Università degli Studi in Trient. Nach ihrer Freien Mitarbeit bei der Sächsischen Zeitung leitet sie seit Oktober 2014 das Hochkultressort der Hochschulzeitung ad rem. Sie war Mitglied der Festivalredaktion der Schillertage 2015 am Nationaltheater Mannheim und hat am Journalistenprogramm des 5. Denkfests in Weinheim teilgenommen.
Kommentar

Warum uns Kultur allein nicht retten wird. Das fünfte Denkfest der Kulturregion Rhein-Neckar

Getreu dem Motto Kunst macht Gesellschaft. Gesellschaft macht Kunst trafen sich Kunst- und Kulturschaffende sowie interessierte BürgerInnen vom 15. bis zum 16. September in Weinheim, um sich im Rahmen des Denkfestes zu vernetzen, auszutauschen und Visionen zu entwickeln. Was dabei an handfesten Ergebnissen mitgenommen wurde, bleibt erst einmal abzuwarten.
Bereits zum fünften Mal hat das Kulturbüro der Metropolregion Rhein-Neckar Mitglieder der Kulturszene zu ihrem jährlichen Denkfest in der Region eingeladen. Das Denkfest ist eine Plattform, mit Hilfe derer sich VertreterInnen aus Kultur, Wirtschaft, Verwaltung und Politik über kommunale Grenzen hinweg austauschen können. Die Grenzen für diesen Austausch sind beim Denkfest aufgebrochen, da die Metropolregion Rhein-Neckar die drei Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz verbindet.

Was kann Kultur leisten?

Schnell wurde zu Beginn der Konferenz bei den Begrüßungen durch Landrat und Oberbürgermeister deutlich, was sich die Politik von diesem Partizipationsformat erhoffte: Schnelle Lösungen für gesellschaftliche Probleme, die von der Politik bisher nicht gefunden wurden. Das drängendste Thema war aus aktuellem Anlass die Problematik rund um Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Wer die Zuhörerschaft bei diesen Ansprachen beobachtete, konnte vor allem eins entdecken: Zweifel. Natürlich sollten Kultur und Politik nicht voneinander unberührt bleiben. Das wäre auch schlichtweg unmöglich, denn für beide Bereiche ist Gesellschaft der Referenzrahmen, in dem sie agieren. Klar ist allerdings auch, dass von Seiten der Politik oft erhofft wird, Kultur solle als eine Art der öffentlichen Nachhilfe fungieren, die auf Zuruf Lücken füllt. Aber Kultur kann nicht auf Kommando erziehen, jedenfalls nicht, wenn sie eigenständig bleiben will.

Die Suche nach dem richtigen Denkformat

Bleibt man bei der Forderung nach Eigenständigkeit, muss man auch das Moderationsverfahren von Art of Hosting nennen, das Ablauf und Programm des Denkfests beeinflusste; vermutlich zu stark. Das Konzept zur Selbstorganisation von Gruppen unter der Leitung von Sabine Soeder und dessen Regularien erschienen überall zu starr und vorkonstruiert. Das wurde nicht nur beim Denkraum deutlich, bei dem sich ganz nach Manier eines World Cafés TeilnehmerInnen zu Kleingruppen zusammenschlossen und Fragen beantworteten, sondern auch bei den Denkanstößen, die durch verschiedene ReferentInnen gegeben wurden. Sie verhinderten ein wirkliches auf den Punkt kommen und schränkten die Teilnehmer zu sehr in ihren Möglichkeiten ein. Was als Selbstorganisation von Gruppen jeglicher Größe geplant war, endete in deren Bevormundung. Dabei kann eine solche Moderationsform auch neuen Input von Seiten der Teilnehmenden ermöglichen.

Die eben erwähnten Denkanstöße können als ein weiteres alternatives Konferenzformat gesehen werden. Dabei handelte es sich um eine Gruppenarbeit in kleiner Runde, in der PraktikerInnen aus Kultur, Kreativwirtschaft und gesellschaftlichem Engagement ihre Ansätze und Erfolgsgeschichten vorstellten. Auch dieses Format wurde von einer Art of Hosting-Moderation begleitet. Und auch hier folgte bei vielen TeilnehmerInnen die Frage, ob gerade diese Methode gewählt wurde, um sich gar nicht erst größeren Problemen stellen zu müssen. Die ReferentInnen stellten ihre verschiedenen Ansätze vor und fanden oft viel Zustimmung und Nachfragen. Für mehr war keine Zeit, denn die Umsetzung des Moderationskonzepts brauchte knapp die Hälfte der angesetzten Periode für das Verteilen bunter Zettel, Gruppenbildung und erneute Konzepterklärungen. Andererseits muss realistisch gesagt werden: Für große Sprünge wäre auch ohne solch ein komplexes Verfahren nicht genügend Zeit gewesen.

Relativierende Einsichten

Ganz so einfach funktioniert es also nicht, wie es sich manche EntscheidungsträgerInnen vorstellen: Kultur ist kein potentieller Bringer einer schnellen (Er-)Lösung. Was die Kultur und diejenigen, die sie am Leben erhalten, dennoch für die Verbesserung der Gesellschaft tun können? Es versuchen. Das ist beim Denkfest auch gelungen. Es wurden zahlreiche Projekte und Initiativen betrachtet, die versuchen, Interdisziplinarität zwischen Wirtschaft, Kunst und Gesellschaft herzustellen. Es kam zum Austausch von regionalen und überregionalen Instanzen, vielleicht sogar zu Ideen, die irgendwann ihre Umsetzung finden. Die Metropolregion RN GmbH konnte sich und ihr Kulturbüro vorstellen, genauso wie dessen Versuch, die Kulturhoheit der einzelnen Bundesländer aufzuweichen und die Kunst in neuen Kontexten für BürgerInnen präsenter zu machen. Als Vernetzungsplattform und Impulsgeber kann sich das Denkfest durchaus sehen lassen. Was bleibt also fürs nächste Denkfest zu tun? Dass sich mehr zugetraut wird, man sich nicht von zu präzisen Fragestellungen einschränken lässt und einfach das macht, was Kulturschaffende am besten können: Frei denken und kreativ sein. Dafür kommen sie schließlich zusammen.

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