05.07.2017

Themenreihe Festivalmanagement

Autor*in

Marlen Richter
Personalmanagement im Festivalbetrieb

Wie funktioniert Personalplanung für ein Festival?

Personalmanagement gehört zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Festivalplanung. Schließlich steht und fällt jedes Festival mit dem direkten Kontakt zu den Besucher*innen. Gleichzeitig schwankt die Anzahl an Mitarbeiter*innen zwischen der Planung- und der Durchführungspersonal zum Teil enorm. Wie kann diese Aufgabe also professionell angegangen werden?

Themenreihe Festivalmanagement

Ähnlich wie andere Kulturbetriebe sind auch die meisten Festivals personell in verschiedene Abteilungen untergliedert. Angelehnt an die Aufstellung des DOK.fest München sind folgende Bereiche ableitbar:
 
  • Geschäftsführung, künstlerische Leitung
  • Programmauswahl/ inhaltliche Verantwortung
  • angegliederte Nebenprojekte (bspw. DOK.education)
  • Finanzen, Controlling, Buchhaltung, Verträge
  • Sponsoring und Fundraising
  • Personalmanagement
  • Kommunikation
  • (Design)
  • Koordination, Gäste- und Jurybetreuung
  • Personal vor Ort: Ticketing, Akkreditierungen, Moderation, Technik, Security, Catering
Festivals als projektspezifische Organisationsform

Die bedeutendsten Unterschiede in Abgrenzung zu einem Ongoing Business betreffen den begrenzten Zeitrahmen des Live-Events und die unsichere, weil nicht dauerhaft genutzte und Veränderungen unterlegene Umgebung, für die das Produkt Festival geplant wird. Denn auch wenn ein Festival ein ganzjährig arbeitendes Kernteam hat, verlangt es doch in allen Bereichen eine projektspezifische Organisationsweise.

Zwar haben etablierte Festivals einen festen Mitarbeiter*innenstab, der sich über mehrere Saisons hält. In der Regel herrscht im Festivalbetrieb allerdings eine hohe Fluktuation und viele Mitarbeiter*innenverträge richten sich nach dem Festivalzyklus von meist einem Jahr. Der Großteil der Veranstalter*innen arbeitet mit temporären Kräften, Agenturen und Freiwilligen, weswegen eine kleine Anzahl fest Angestellter einer verhältnismäßig großen Menge an (bezahlten oder unbezahlten) Kurzzeit-Arbeitnehmer*innen gegenübersteht. Einige Festivals, zum Beispiel der Leipziger Hörspielsommer, bestehen als eingetragener Verein ausschließlich aus Ehrenamtlichen.

Personalplanung findet immer statt

Die Anzahl des Personals schwankt während eines Festivalzyklus enorm. Nichtsdestotrotz basiert die Personalplanung auf ähnlichen Phasen wie in Dauerbetrieben, sie werden lediglich regelmäßig und in kürzeren Zeitabständen durchlaufen.

Wenn ein Projektteam neu aufgestellt werden soll, beginnt die Personalplanung für den intern aufzustellenden Stab schon vor der eigentlichen Festivalplanung. Diese Vorlaufzeit sollten Veranstalter*innen nicht unterschätzen. Jährlich stattfindende Festivals werden das ganze Jahr über vorbereitet und das Recruiting, speziell für die interne Crew, beginnt direkt nach Ablauf und Evaluation des Festivals von vorn. Für sommerliche Musikfestivals, wie beispielsweise das Glastonbury in England (geplant für Juni), beginnt die Suche nach freiwillig Helfenden im Frühjahr (März).

Outsourcing und gute Beziehungen

Die Tatsache, dass Festivals einen Großteil ihres Erfolgs aus Service und Dienstleistungen ziehen, macht gutes Personalmanagement unverzichtbar. Für eine reibungslose Umsetzung ist ein engmaschiges Netzwerk nützlich. Was unter Kommunen bereits üblich ist, erweist sich auch für Veranstalter*innen der freien Kulturwirtschaft als wertvoll, so Hardy Geyer, Professor für Kultur- und Sozialmanagement an der Hochschule Merseburg: Die Städte, die Veranstalter, reden miteinander. Das geht, weil inhaltlich meist alles voneinander abgegrenzt ist. Nehmen wir beispielsweise die Bach- und Händelfestspiele: Sie planen und koordinieren für Synergieeffekte alles miteinander. In solchen Fällen werden auch Kooperationsverträge vereinbart.

Und er betont weiter: Es geht um informelle Netzwerke. Man kennt sich untereinander. Ich brauche Beziehungen zu Dienstleistern und letztendlich ist das ein Netzwerk. Veranstalter*innen sollten also Verbindungen zu Dienstleister*innen und Agenturen knüpfen, wenn sie planen, Aufgaben auszulagern. Diese Entscheidung muss mit Blick auf anfallende Kosten und abhängig von den Ressourcen der Veranstalter*innen getroffen werden. Zudem ist die Verpflichtung eine*r externen Dienstleister*in nicht gleichbedeutend mit der Abgabe von Verantwortung. Eine in alle Richtungen kommunikative und diplomatische Personalführung ist deshalb Grundlage für eine lohnenswerte Kooperation.

Sofern sie funktioniert, kann die Personalplanung damit aber trotzdem erleichtert werden. Outsourcing kommt besonders für die Hochphase, also während der Festivaltage, infrage. Hier kommen Agenturen zum Einsatz, die vor Ort für Fragen der Sicherheit, des Geländemanagements oder der Technik zuständig sein können. Einige Veranstalter*innen lagern das gesamte Personal- oder darüber hinausgehendes Management an Event- oder Festival-Agenturen aus.

Freiwillige Helfer*innen und Temporärkräfte

Die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ist für beinahe alle Festivals Normalität. Vor dem Recruiting muss man sich jedoch zunächst die Frage stellen, für welchen Zeitraum freiwillige Helfer*innen gebraucht werden. Da kurzfristig engagierte freiwillige Helfende selten über kulturmanageriale Kompetenzen verfügen und in einer knappen Zeitspanne angelernt werden müssen, werden sie überwiegend für einfache Tätigkeiten vor Ort eingesetzt. Dazu gehören unter anderem Catering, Ticketing, Logistik, Security, Promotion, Ordner*innendienste oder Garderobe.

Die zentralen Elemente des Personalmanagement-Zyklus bezüglich dieser Mitarbeiter*innengruppe sind Training, Motivation und Anerkennung. Jede*r Veranstalter*in sollte sich darüber bewusst sein, dass es für Ehrenamtliche andere Motivatoren braucht, da finanzielle Instrumente, Beförderungen oder wirtschaftliche Misserfolge nicht greifen. Mögliche Motivatoren sind:
 
  • Spaß und Enthusiasmus für das Festival
  • Lust auf einen Blick hinter die Kulissen
  • Gemeinschaftsgefühl
  • Möglichkeit, neue Erfahrungen & Fähigkeiten zu erlernen
  • Referenzmöglichkeit
  • Aussicht auf bezahlte Stelle
  • Freier Zugang zum Festival
  • bedeutsamer gesellschaftlicher Beitrag
  • Wertschätzung und Bestätigung
Idealismus allein reicht nicht

Für das Personalmanagement im Rahmen eines Festivals ist es von großer Bedeutung, die Rollen, Verantwortlichkeiten und Perspektiven aller Mitarbeitenden im Voraus klar zu definieren. Das betrifft vor allem die Arbeit der temporären Kräfte. Hier muss allen klar sein, wer Autos einweist, wer die Einlasskontrolle macht und wer als Springer*in fungiert. Es braucht eine durchdachte Ehrenamtskoordination, genaue Absprachen und vorgegebene Strukturen.

Veranstalter*innen sollten vor der Zusammenarbeit mit allen Ehrenamtlichen bzw. über die kooperierende Agentur klären, welche Erwartungen die Freiwilligen an ihre Arbeit haben können. Gibt es beispielsweise partizipative Strukturen und Mitbestimmungsrechte? Steckt das geplante Festival in den Kinderschuhen oder existiert ein solides Personalmanagement? Wer bekommt Honorare und wer nicht? Bilden Sie Teams und kommunizieren Sie, welche*r Teamleiter*in Ansprechpartner*in für die Freiwilligen ist. Wichtigster Grundsatz für das Ehrenamtsmanagement ist dabei: Das Ehrenamt sollte kein Ersatz für ein Hauptamt sein, sondern stets als zusätzliche Hilfe betrachtet werden.

Kleine Helfer für Personaler

Wenn auch schwierig in der Umsetzbarkeit, sollte für erfolgreiche wiederkehrende Festivals dennoch eine nachhaltige Wissensvermittlung im Team angestrebt werden. Hilfreiches Handwerkszeug, gerade für die Arbeit mit Freiwilligen, sind sogenannte Volunteer Handbooks, so wie sie beispielsweise das CityFolk Festival in Ottawa herausgegeben hat. Essentiell ist ein einführendes Training, innerhalb dessen alle freiwillig Helfenden das Festival, die eigenen Aufgaben und einander kennenlernen. Zur Speicherung und stetigen Erweiterung des internen Wissens bieten sich auch Wiki-Systeme oder Cloud-Speicher an. Diese Lösungen können allerdings schnell zu einem Fallstrick werden, wenn die Inhalte nicht regelmäßig gepflegt und aktualisiert werden oder der Datenschutz vernachlässigt wird.

Glastonbury Festival by night © Wikimedia Commons/ jaswooduk CC 2.0

Zeltplatz des Glastonbury Festivals © Flickr.com/ Paul Townsend CC BY-NC-SA 2.0

Das Recruiting von Temporärkräften erfolgt häufig über Stakeholder wie Sponsor*innen oder innerhalb der lokalen Dienstleistungsbranche. Clubs, Universitäten, Fachschaften, Kulturzentren, Vereine, Restaurants usw. sind gute regionale Anlaufstellen und Vermittler*innen für den Bedarf an Unterstützenden während der Hochphase. Viele Festivals schreiben Helfer*innen-Stellen zudem über die eigene Webseite aus oder nutzen Jobportale.

Fazit

Die Vorteile langfristiger Beziehungen zu Agenturen und Partner*innen, aber auch beständiger Arbeitsverhältnisse beziehen sich besonders auf die qualifizierte Arbeit mit einem eingespielten Team. Agenturen kennen die eigenen Wünsche und Abläufe. Das interne Team kann Erfahrungen und Wissen besser speichern und sich als Einheit entwickeln.

Für saisonabhängig neu eingestellte Mitarbeiter*innen sprechen Kosteneinsparungen während weniger arbeitsintensiver Phasen und innovative Perspektiven durch neue Menschen. Zudem zahlen Veranstalter*innen für geringer qualifiziertes Personal weniger. Gerade wenn die Inhouse-Ressourcen nicht ausreichen, ist die Arbeit mit temporären, flexibler einsetzbaren Kräften empfehlenswert.

Wie die Entscheidung für oder gegen ein festes Team von den jeweiligen Festivalveranstalter*innen zu treffen ist, hängt an organisatorischen und finanziellen Fragen. Geyer betont: Es gibt keine Einheitslösung. Das kann man nicht nach Lehrbuch abarbeiten. Es geht schließlich immer um unterschiedliche Menschen, inhaltliche Ansätze und Besuchergruppen.
 

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