12.03.2012

Autor*in

Loe van Scherpenberg Guyer
Crowdfunding

Interview mit Johannes Gees

Der Schweizer Künstler Johannes Gees hat kürzlich «Wemakeit» - die erste Schweizer Crowdfunding-Plattform für Kultur - mit 20 Projekten von Film bis Fashion gestartet. Gees ist Künstler, Kurator und Medienproduzent und hat sich international mit seinen interaktiven Installationen, Projektionen und Interventionen einen Namen gemacht. Er kennt die Welt der Kulturförderung, der Wettbewerbe und der Projektfinanzierung aus der Perspektive des Musikers, Künstlers und des Produzenten.
KMN: Johannes, seit ungefähr einem Monat ist die Crowdfunding-Plattform wemakeit.ch online. Was ist seither passiert? Kannst du schon etwas über den Effekt eurer Präsenz in der Kulturförderung sagen?

JG: Wemakeit.ch ging am 5.Februar online und hatte einen hervorragenden Start. Nach 20 Tagen sind bereits fünf Projekte finanziert, bei weiteren zehn ist die Chance gross, dass sie ihr Finanzierungsziel ebenfalls erreichen.

KMN: Zum Teil haben die CF-projekte ihre Halbzeit erreicht und sind sichtbar unter den Erwartungen geblieben. Was unternehmt ihr jetzt?

JG: Die Crowd beginnt bei deiner Mutter, deinen Freunden, deinen Fans. Wenn die dich unterstützen, folgt die anonyme Masse, wobei das bei einem Finanzierungsziel von 5000.- nicht hunderte sein müssen. Wenn wir sehen, dass sich ein Projektinhaber nicht bemüht, unternehmen wir auch nichts. Wenn wir sehen dass er sich bemüht, unterstützen wir ihn, indem wir sein Projekt im Newsletter erwähnen, auf Facebook posten und unseren Medienpartnern zur Berichterstattung vorschlagen etc.

KMN: Gibt es Erfahrungszahlen aus Holland oder den USA, wo das Crowdfunding im Internet schon länger existiert und euch inspiriert hat?

JG: Ich habe einen detaillierten Businessplan mit einer Wachstumsprognose für die Jahre 2012 - 2015 geschrieben; die Zahlen basieren auf Erfahrungswerten aus den USA und auf persönlichen Gesprächen mit Künstlern, die mit Betreibern von CF-Plattformen in den USA, den Niederlande und Frankreich bereits Crowdfunding-Kampagnen gemacht haben.

KMN:
Bezüglich Inspiration. Du hast selbst als Künstler immer wieder Geld für deine Projekte suchen müssen. Hast du dir daher eine solche Plattform schon des Öfteren gewünscht?

JG: Ich habe ja auch als Künstler mehrere Arbeiten gemacht, die partizipativ oder kollaborativ waren und das Publikum mit einbezogen haben. Hätte es vor 10 Jahren bereits CF-Plattformen gegeben, hätte ich die für meine kollaborativen Arbeiten wie Hellomrpresident oder Helloworldproject bestimmt genutzt. Die Erfahrungen mit diesen Arbeiten sind natürlich in den Aufbau von wemakeit.ch eingeflossen.

KMN:
Kannst du dir vorstellen für eigene Projekte auf eurer Plattform zu crowd-funden-oder ist dies ausgeschlossen?

JG:
In einer späteren Phase ist das sicher möglich. Im Moment konzentrieren wir uns lieber darauf, die Plattform und die Projekte der Künstlerinnen und Künstler, die uns vertrauen, voran zu bringen.

KMN:
Es ist sehr beeindruckend, dass Ihr so wichtige Kulturförderer wie Migros Kultur Prozent, die Ernst Göhner Stiftung und die Pro Helvetia mit einbezogen habt. Sind sie, so wie Ihr, davon überzeugt, das Problem der Finanzierung von Kulturprojekten so gelöst zu haben?

JG:
Ich kann nur bedingt für unsere Gründungspartner sprechen. Ich glaube, sie sind wie wir der Meinung, dass Crowdfunding zu einer wichtigen Ergänzung der klassischen Kulturförderung und des Kultursponsoring werden wird. Ich sehe gerade in der Kombination von klassischer Förderung und CF eine grosse Chance.

KMN:
Die Gefahr besteht, dass diese Sponsoren sich nun bei der Anfrage von bestimmten zu unterstützenden Kulturprojekten auf eure Plattform verweisen und sich so aus der Verantwortung als Kultur-Förderer ziehen. Die Verantwortung der Geldsuche bleibt, wie vorher bei den Kulturschaffenden. Ist Crowdfunding somit lediglich ein zusätzliches Fundraising-Tool?

JG: Ich bin überzeugt, dass sowohl Politiker als auch Kulturförderer den Nutzen von Crowdfunding erkennen. Und ich bin überzeugt, dass Sponsoren und private schon sehr bald sich des Tools Crowdfunding bedienen werden, um zusammen mit Künstlern und dem Publikum Projekte zu realisieren. Die öffentliche Förderung ist ja durch einen politischen Auftrag und Gesetze geregelt; daran ändert CF nichts.

KMN:
Wie wird wemakeit.ch die Zukunft der Schweizer Kulturförderung beeinflussen?

JG: Wemakeit.ch wird vor allem die Art und Weise beeinflussen, wie das Publikum an Kunst, Design, Literatur partizipieren kann. Es ist einfach ein gutes Gefühl, mit dafür verantwortlich zu sein, dass eine CD, ein Konzert, eine Performance möglich wird, und wemakeit.ch ermöglicht genau das.

Wemakeit.ch wird schon in 1-2 Jahren eine der wichtigsten Plattformen sein, wo das Publikum Musik, Kunst, Design, Publikationen usw. entdecken und zusammen mit den Künstlern realisieren kann. Für Künstler wird wemakeit.ch Finanzierungs- und Marketingplattform sein, und für Journalisten der Ort, wo sie Projekte noch im Ideenstadium entdecken können.
 

Wollen Sie mehr über wemakeit.ch erfahren? Hören Sie die Sendung Reflexe vom Montag, 20.2.2012 auf Radio DRS. Pro Helvetia-Direktor Pius Knüsel und Crowdfunding-Forscher Karsten Wenzlaff im Gespräch. Hier geht es zur Sendung
 
www.wemakeit.ch

Das Interview führte Loe van Scherpenberg Guyer für Kulturmanagement Network. Die kunstbegeisterte Holländerin arbeitet als Fundraiserin in Zürich und absolviert den berufsbegleitenden Diplomlehrgang in Fundraising Management am Zentrum für Kulturmanagement an der ZHAW.
 

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