25.04.2014

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Volontariate im Museumsmanagement

Schön, aber selten

Marc von Itter war mit einem Studium der Ethnologie und Betriebswirtschaftslehre prädestiniert für das Volontariat Museumsmanagement beim Freilichtmuseum am Kiekeberg. Kaum ein anderes Haus in Deutschland bietet diese Ausbildung an. Heute ist er dort kaufmännischer Geschäftsführer. Kristin Oswald sprach mit ihm über das Volontariat als Berufseinstieg ins Kulturmanagement und als Chance für Kulturbetriebe, mit dem Nachwuchs auch innovative Ideen zu fördern.
KMN: Die meisten Volontariate an Museen sind in Ausstellungskonzeption, Sammlung, Pädagogik oder Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt. Warum hatte das Freilichtmuseum am Kiekeberg eines im Management ausgeschrieben?
 
Marc von Itter: Unser Haus bietet auch wissenschaftliche Volontariate mit fachlichem Tiefgang im Bereich Volkskunde an. Bei Museumsmanagement ging es mehr um übergreifende Themen mit Aufgaben ganz unterschiedlicher Art. Schwerpunkt waren die Wirtschaftsbetriebe unseres Hauses, für deren traditionelles Handwerk ein Marketing- und Nutzungskonzept als Benefit für das Haus und Lernprojekt für den Volontär entstehen sollte. Wir haben zum Beispiel eine Kornbrennerei oder eine Bäckerei. Für sie sollten Schaukurse, Marke, Produkte und deren Vertrieb weiterentwickelt werden. Dafür war von vornherein viel betriebswirtschaftliches Know-how gefragt, aber auch Schnittstellenarbeit, um nicht die Museumsbedürfnisse und gegebenheiten aus den Augen zu verlieren. Daneben lag dem Haus daran, die angehenden Museumsmanager mit Sonderaufgaben, wie der Mitgliedergewinnung für den Förderverein, der Betreuung der Ehrenamtlichen, Finanzierungsanfragen oder Ausschreibungen für eine Stelle in der Verwaltung eines Museums vorzubereiten.

KMN: Wie sahen die Voraussetzungen von Seiten des Hauses für das Volontariat aus und wie Ihre eigenen Berufswünsche?
 
von Itter: Für mich war es sehr günstig, dass ich eine geisteswissenschaftliche und eine betriebswirtschaftliche Ausbildung absolviert hatte. Jemanden zu haben, der diese beiden Kenntnisbereiche vereint, war wichtig für die Aufgabe und persönlich auch dem Direktor Prof. Dr. Wiese. Beide Fähigkeiten braucht man, um einen solchen Betrieb kaufmännisch zu leiten. Natürlich kann diese Aufgaben in einem Museum theoretisch auch jemand ohne eine geisteswissenschaftliche Ausbildung machen. Praktisch sind Vorerfahrungen in einem Kulturbetrieb und dessen Gegebenheiten und Abläufe jedoch von Vorteil. Diese können bei einem Mitarbeiter, der nur Erfahrungen in der freien Wirtschaft gesammelt hat, zu Irritationen führen.
Bei mir stellte sich im Vorfeld die Frage, ob eine Promotion im Bereich Völkerkunde notwendig wird, um in höheren Ebenen im wissenschaftlichen Museumsbereich tätig zu werden. Zum Zeitpunkt der Bewerbung hatte ich mich schon dagegen entschieden, ich wollte weniger in die fachliche Tiefe als in die generalistische Breite gehen und mich in der Metaebene der Betriebsführung bewegen. Im kaufmännischen Bereich ist, im Gegensatz zum wissenschaftlichen, eine Promotion nicht unbedingt notwendig, auch weil die zugehörigen Positionen weniger repräsentativ sind.

KMN: Inwieweit legt man sich also mit oder schon vor einem Volontariat dauerhaft auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich im Museum oder auch auf eine Museumssparte fest?
 
von Itter: Wenn man sich entschließt, ein Volontariat anzutreten, ist es definitiv hilfreich, vorher ein Praktikum in einem Museum gemacht zu haben. Oftmals werden Bewerber ohne eine solche Vorerfahrung ausgeschlossen, weil das Museum dann nur als zweite Wahl hinter der Lehre an der Universität erscheint. Auch durch eine Studienfach- und Seminarwahl kann man viel in eine Richtung lenken. Das ist nötig, weil sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt verändert, die Zahl der Bewerbungen auf eine Stelle im Museum nimmt zu. Aber die Bewerberlage ist sehr heterogen. Abhängig von den Aufgabenfeldern der jeweiligen Stelle, ist die Erfahrung im Arbeitsfeld Museum oft ausschlaggebender als der Hochschulabschluss oder manchmal die Fachrichtung des Studiums. Auch dass immer mehr Bewerbungen beliebig geschrieben werden, zeigt, dass sich viele Bewerber zu spät mit ihrem gewünschten Tätigkeitsbereich auseinandersetzen.
Ein Volontariat ist dann grundsätzlich berufsbefähigend für eine Karriere im Museum. Eine spätere Tätigkeit hängt davon ab, inwieweit die erworbenen Fähigkeiten in anderen Museumssparten anwendbar sind. Wenn man sich nach einem Volontariat in einem anderen Bereich eines Museums bewirbt, sollte man dies ebenso begründen können. Auch sind Volontariatsbezeichnungen nicht immer eindeutig.

KMN: In der Zwischenzeit sind Sie kaufmännischer Geschäftsführer des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Vorher waren Sie eine Weile in der freien Wirtschaft tätig. Wieso war es für Sie interessant, nach einer Tätigkeit in der Kultur dort Erfahrungen zu sammeln?
 
von Itter: Während meines Volontariats war der Posten des kaufmännischen Geschäftsführers langfristig besetzt, sodass ich kaum Aufstiegsmöglichkeit im Haus hatte. Da ich mit meinem Abschluss in der Betriebswirtschaft mehr kennenlernen und mich weiterentwickeln wollte, habe ich die Branche gewechselt. Das war nicht einfach. Die Art, wie Museen wirtschaftlich, im Veranstaltungsmanagement oder der Projektorganisation arbeiten, ist für viele schlecht greifbar. Die Werbeagentur, in der ich schließlich gelandet bin, hat mich nicht eingestellt, weil ich vorher im Museum war, sondern obwohl. Sie setzt sich mit Trademarketing auseinander, also verkaufsfördernden Mitteln, die ebenso zum Vertrieb wie zum Marketing gehören. Zwar konnte meine Erfahrung mir hier helfen, ich musste aber schon neue Spielregeln, Strategien und die Branche der Konsumgüter kennenlernen. Während meiner Tätigkeit dort habe ich unter anderem durch eine Mitgliedschaft im Förderverein den Kontakt zu den Projekten des Museums gehalten. Die Stelle als kaufmännischer Leiter habe ich bekommen, weil ich wusste, wie die Organisationskultur des Hauses aussieht. Für diese neue Aufgabe hat mir die Erfahrung in der freien Wirtschaft vieles mitgegeben, vor allem in Hinblick auf Geschäftskundenpflege und Konkurrenz. Spannend war auch, zu erkennen, welche Bedeutung Marktforschung für die Klärung der Bedürfnisse von Zielgruppen hat und wie Werbeagenturen in der Markenführung und Kommunikation damit umgehen. Natürlich muss man Ableitungen finden, die für einen Museumsbetrieb sinnvoll sind, aber die Grundsätze sind auch für ein Museum wichtig.

KMN: Sind für Sie Volontäre als engagierter und gewissermaßen auch unbedarfter Nachwuchs eine Chance für ein Museum, solche neuen Herangehensweisen an das Museumsmanagements in ein Haus zu bringen?
 
von Itter: Die Volontäre an einem Haus bergen großes, häufig ungenutztes Potential. Wir beginnen gerade Volontärsgespräche zu führen, um zu hören, welche ihrer Themen für das Haus spannend sind. Daraus machen wir ein Sonderprojekt zu einem geeigneten Thema, das wir aus Vorschlägen der Volontäre auswählen. Damit wollen wir sehen, wie wir das Potenzial umsetzen können, das die Volontäre mit ihrem Blick von außen und aus ihren Weiterbildungen mitbringen. Mit diesem liefern sie sehr viel Input, unverbrauchte Ideen und neue Themen, die sehr erfrischend sind und die wir noch zu unsystematisch nutzen. Bisher war das stark von der Persönlichkeit des jeweiligen Volontärs abhängig. Nun wollen wir ihnen strukturiert den Raum geben, Themen selbst zu äußern und zu bearbeiten und damit eine Perspektive für uns und für sie zu erarbeiten.

KMN: Wie sehen Sie ein Volontariat als Möglichkeit der praktischen Ausbildung gegenüber einem Kulturmanagement- oder einem kulturnahen Fachstudium?
 
von Itter: Die Frage ist, ob ein Kulturmanagement-Studium praktische Fähigkeiten beispielsweise in der Buchhaltung oder Bilanzerstellung vermittelt. Wichtig ist, dass man nicht nur auf der Metaebene lernt, wie eine Organisation, wie Führungssysteme oder Sponsoring funktionieren. Man muss sie auch praktisch ausführen können, entsprechende Programme oder zum Beispiel das Arbeitsrecht und das Betriebsverfassungsgesetz kennen. Ich habe das Gefühl, dass das auch in einem Kulturmanagement-Studium vielfach außer Acht gelassen wird. Auch ein Studium mit starkem Praxisbezug kann also kaum ein Volontariat ersetzen. Schon die Bedingungen des Arbeitsalltags vermittelt die Uni schlecht oder nur idealtypisch.
Ein fachwissenschaftlicher Hintergrund ist für das Museumsmanagement nicht unbedingt notwendig. Natürlich hilft es, geisteswissenschaftliche Sichtweisen zu kennen, da man in einem Museum mit Fachwissenschaftlern eng zusammen arbeitet. Hingegen können wir es im Rahmen eines Volontariates nicht leisten, alle betriebswirtschaftlichen Grundlagen zusätzlich zur praktischen Ausbildung zu vermitteln. Das Volontariat ist also auch hier wichtig, um schon vorhandene Fähigkeiten weiter auszubilden und reale Organisationsluft zu schnuppern.

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