08.05.2014

Autor*in

Thomas Gelmi
unterstützt international Unternehmen aller Branchen in der nachhaltigen und messbaren Umsetzung ihrer Führungsentwicklung. Er verfügt selbst über langjährige Führungserfahrung, war in Kulturbetrieben tätig und vermittelt sein Wissen auch als Dozent für Leadership an diversen Schweizer Bildungsinstitutionen. Mehr Informationen unter www.gelmi-consulting.com.
St. Gallen Executive Education Report

Die Fähigkeit zu führen

Mitarbeiter haben eine gute Leistung zu erbringen - das steht außer Frage. Doch wie gut schaffen Führungskräfte mit ihren Kompetenzen und ihrem Verhalten ideale Rahmenbedingungen für diese Leistung? Der St. Gallen Executive Education Report (SEER) 2014 zeigt, dass "eine deutliche Mehrheit von Führungskräften mit dem Stand der Weiterbildung und Entwicklung von Führungskräften in ihrem Unternehmen unzufrieden sind".
Der St. Gallen Executive Education Report

Als Basis dieser praxisbezogenen Studie hat die Executive School der Universität St. Gallen zusammen mit der Zürcher Gesellschaft für Personal-Management (ZGP), dem deutschen Personalmagazin sowie dem Personal Manager aus Österreich eine internationale Umfrage durchgeführt. 428 Entscheider aus dem Personalbereich und der Führungskräfteentwicklung offenbarten ihre Erfahrungen mit der Entwicklung von Führungskräften. Befragt wurden Unternehmen in verschiedenen Branchen, u.a. auch aus dem Bildung- und Kulturbereich.

Gemäß dem Bericht bestätigt nur einer von fünf Befragten, dass sein/ihr Unternehmen das Potenzial bei der Führungskräfteentwicklung voll ausschöpft. Als Hindernisse werden insbesondere beschränkte Ressourcen und mangelhafte interne Koordination genannt. Zudem erwähnen 64 Prozent, dass der oftmals unterschiedliche funktionelle Hintergrund von Führungskräften deren Weiterentwicklung erschwert und "den langfristigen und systematischen Aufbau einer effektiven Lernarchitektur" verhindert. Führungskräfte sind also nach eigenem Ermessen heute demnach nur unzureichend befähigt, gute Führungsarbeit zu leisten und wünschen sich mehr Unterstützung in der Weiterentwicklung ihrer Führungskompetenzen.

Zudem belegt eine kürzlich durchgeführte Untersuchung der Mitarbeiterperspektive durch das Beratungsunternehmen Gallup, dass rund die Hälfte der Führungskräfte in den Augen ihrer Mitarbeiter einen ungenügenden Job macht. Viel zu selten geben Vorgesetzte ihren Mitarbeitern die nötigen Handlungsspielräume, um eigenverantwortlich und engagiert im Sinne des Unternehmens zu handeln. Viel zu wenig werden dadurch die Kompetenzen und Potenziale der Mitarbeiter optimal genutzt.

Ist Führung eine Selbstverständlichkeit?
 
Führung wird oft als etwas Selbstverständliches gesehen das nebenher gemacht wird und das die einen einfach besser können, als die anderen. Zudem wird häufig demjenigen Mitarbeiter eine Führungsrolle anvertraut, der sich in einem Team fachlich am besten bewährt hat. Das trifft auch und insbesondere in kulturellen oder kulturnahen Unternehmen zu, wo Führungskräfte nur selten eine Management- oder betriebswirtschaftliche Aus- oder Weiterbildung haben. Die Erfahrung zeigt jedoch: wer fachlich top ist, kann deswegen noch kein Team führen. In vielen Fällen kommt der Wechsel in eine Führungsrolle sogar fast einem Berufswechsel gleich. Die dafür notwendigen neuen Kompetenzen, die besonders in den Bereichen der Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz liegen, werden oftmals nicht systematisch entwickelt.

Es liegt auf der Hand, dass jemand unter diesen Umständen kaum zu einem charismatischen und leidenschaftlichen Leader wird. Dies kann aber nur auf Basis einer stabilen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten funktionieren.

Gerade die Kunst ist voll von Analogien hierfür. So ist moderne Führung vergleichbar mit dem Dirigieren eines Orchesters. Der Dirigent muss dafür nicht zwingend jedes Instrument selbst spielen können (Fachkompetenz), sondern in der Lage sein, die Beiträge der verschiedenen Musiker (Spezialisten) zu einem harmonischen Ganzen zu verschmelzen.

Maßgebend: die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern
 
Auch ein Dirigent braucht neben der Begeisterung für seine Arbeit jahrelange Übung, um die Rolle der einzelnen Instrumente und Feingefühl für die Musiker dahinter zu verinnerlichen. Wie in einem Orchester, steht auch in einem Unternehmern hinter jedem Arbeitsplatz ein individueller Mensch. Ein respektvoller und wertschätzender Umgang sowie eine offene, transparente Kommunikation sind essenziell, wenn beide Seiten voneinander profitieren wollen. Einen großen Einfluss hat also die Fähigkeit eines Vorgesetzten, die persönlichen Motive, Hoffnungen und Schwierigkeiten seiner Teammitglieder zu verstehen. Auch kann er Rahmenbedingungen und Unterstützungsmechanismen schaffen, mit denen jeder Mitarbeiter im Team so gut wird, wie er sein kann.

Leider spricht die Realität oft eine andere Sprache - je nach Branche mehr oder weniger ausgeprägt: Häufig weht ein rauer Umgangston und Vorgesetzte variieren ihren Führungsstil und ihre Wertschätzung je nach subjektiv wahrgenommener Leistung der Mitarbeiter. Der Grund liegt häufig in fehlenden Handlungsalternativen, d. h. Vorgesetzte wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen, wenn Mitarbeiter die gesetzten Erwartungen nicht erfüllen oder Fehler machen. Dies hat in einem modernen und professionellen Führungsverständnis heute definitiv keinen Platz mehr.

Ganz besonders trifft dies in kulturellen Unternehmen zu. Gerade die jüngeren Mitarbeiter der Generation Y, die sich für diesen Arbeitsbereich entscheiden, sind hier häufig von Idealismus geprägt. Dieser lässt jedoch schnell nach, wenn sie erkennen, dass bei der täglichen Arbeit weniger Kreativität eine zentrale Rolle spielt, als bürokratische Reglementierungen und festgefahrene Handlungsvorgaben. Doch die Erwartungen sowohl der Mitarbeiter als auch des Publikums und der Geldgeber ändern sich. Hierfür braucht es mehr Kreativität und Handlungsspielraum, die unter einem veralteten Führungsverständnis nur schlecht gedeihen können. In diesem Umfeld kann das Fehlen einer wertschätzenden Führungskultur wichtige Prozesse der Innovation und Zusammenarbeit maßgeblich behindern.

Führungskompetenzen entwickeln steht an erster Stelle
 
Das systematische Entwickeln von Führungskompetenzen muss also in jedem Unternehmen und ganz besonders in der Kultur ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Das erkennt bereits eine zunehmende Anzahl von Unternehmen, was sich in einer deutlichen Zunahme an Anfragen für Führungsentwicklungsprogramme in den letzten Jahren zeigt.

So gibt es beispielsweise Unternehmen, in denen jeder Mitarbeitende, der neu in eine Führungsrolle kommt, ein Startcoaching erhält. Die Ergebnisse sind positiv und vor allem nachhaltig, weil die Teilnehmenden an ihren ganz persönlichen Themen und Engpässen arbeiten und dadurch von Anfang an die nötige Sicherheit gewinnen, die sie in ihrer Führungsarbeit entsprechend ausstrahlen.

Nun steht in Kulturbetrieben in der Regel die Vermittlung und Pflege der Kunst, der Musik, des Theaters im Vordergrund, nicht der Profit. Gerade Firmen mit hoher Produktivität und Profitabilität zeichnen sich aber dadurch aus, dass deren Führungskräfte nicht nur führen dürfen, sondern auch führen können und wollen. Dies ist nicht nur der Fall, weil sie über die nötigen Kompetenzen und Instrumente verfügen, sondern auch, weil das Überleben des Unternehmens hiervon abhängt. Dieser Kampf mit der Konkurrenz um Kunden und Mittel gewinnt aber auch für Kulturbetriebe zunehmend an Bedeutung. Diese Weiterentwicklung verlangt einen Wechsel weg vom Instrumentalisieren und Nutzen der Mitarbeiter als Ressource hin zu einer wertschätzenden Führungskultur, in der Potenzialentwicklung, Eigenverantwortung und Selbstorganisation die Basis für die Zusammenarbeit bilden (= Human Leadership).

Und was sagt der SEER dazu?
 
Die Verantwortlichen aus dem Bereich der Führungsentwicklung stehen der Zukunft grundsätzlich optimistisch gegenüber. Drei Viertel der Befragten erwarten einen Anstieg entsprechender Aktivitäten und etwas mehr als die Hälfte sind überzeugt, dass in Zukunft mehr Ressourcen für die Führungsentwicklung bereitgestellt werden. Diese Ressourcen sollen künftig allerdings auf weniger Führungskräfte verteilt werden. Für Talente und künftige Führungskräfte bedeutet das, dass sie ihre Bereitschaft und ihr Potenzial zur Weiterentwicklung noch klarer signalisieren müssen.

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