18.07.2014

Autor*in

Mathias Kolbusa
Rapides Projektmanagement

Schneller ist besser?!

Die Notwendigkeit zu organisationalem Wandel ist heute kein Ausnahmefall mehr, sondern auch im Kulturbetrieb alltäglich. Häufig helfen hier die bekannten Methoden und Prozesse des Change Management. In Notfallsituationen muss dieser Wandel jedoch extrem schnell und effektiv angegangen werden. Eine solche tritt zum Beispiel ein, wenn Förderprioritäten sich kurzfristig verändern und das eigene Haus dadurch womöglich keine Gelder mehr erhält, wenn aufgrund eines plötzlichen Führungswechsels eine inhaltliche Neuausrichtung noch während der Spielzeit erfolgen muss oder wenn extreme Einsparmaßnahmen Umstrukturierungen erfordern. Bei solchen radikalen Prozessen hilft Agiles Change Management. Dabei ist es angeraten, mit Rücksicht auf die strukturellen Eigenarten des Hauses vorzugehen vor allem in Großorganisationen des Kulturbereiches kein leichtes Unterfangen.
Ein sich wandelndes Umfeld, steigende finanzielle Herausforderungen und die betriebswirtschaftliche Anpassungen an diese Situationen zwingen nicht nur Unternehmen, sondern auch Kulturbetriebe, sich zu verändern. Wie erfolgreich diese Transformationsprozesse gelingen, hängt stark davon ab, wie die notwendigen Prozesse angegangen, gesteuert und begleitet werden. Hier helfen die Ansätze des professionellen Change Managements, um weitreichende, bereichsübergreifende neue Strategien, Strukturen oder Prozesse in einer Organisation umzusetzen. Mit dem stetigen Wandel von Anforderungen und Herausforderungen muss Change Management in allen Kulturbetrieben darauf ausgelegt sein, Flexibilität als festen Teil der Strukturen zu etablieren. Grundlegend für jeden Veränderungsprozess ist dabei ein harmonisches Miteinander zwischen den Zielvorstellungen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern.

Im Bereich öffentlicher Institutionen müssen entsprechende Prozesse jedoch anders angegangen werden als in Unternehmen der freien Wirtschaft. Hier herrschen strukturelle Besonderheiten, die häufig mit Abwehrmechanismen auf Veränderung reagieren. Sehr prägend ist, dass der öffentliche Kulturbereich einer eigenen Art von Wettbewerb ausgesetzt ist, denn die finanziellen Grundlagen basieren nicht vorrangig auf den hauseigenen Einnahmen. Zugleich unterliegen aber vor allem große Kulturorganisationen wie Stiftungen oder Kulturämter einem Verwaltungssystem, dessen Funktionieren weniger von Veränderungen als von fest, vorgegeben Strukturen geprägt ist. Sie stellen nicht immer Effizienz in den Mittelpunkt, sondern das Funktionieren des Systems, und geben damit Sicherheit. Eingeschränkt wird so allerdings die Möglichkeit, sich flexibel an Veränderungen im kulturellen Wettbewerb anzupassen. Damit steht man schon langsamen Neuerungen, aber vor allem Notfallsituationen weitgehend hilflos gegenüber. Aus diesem Grund braucht es in Kulturorganisationen ein Führungskonzept, das die grundlegenden Ansätze des Change Management verbindet: den rationalen Ansatz des Diskurses und den motivationsorientierten Ansatz der Partizipation. Entsprechenden Prozesse in öffentlichen Kultureinrichtungen dienlich ist zudem die Abwandlung der dort herrschenden Standards, Abläufe und Routinen.

Ein solches Vorgehen braucht Zeit, Gestaltungswillen, Weitblick und Durchhaltevermögen. Häufig muss aber gerade auf von außen an einen Kulturbetrieb herangetragene Veränderungsprozesse schnell reagiert, geplant und diese umgesetzt werden. Die klassischen Change Management-Ratschläge, wie Man muss alle ins Boot holen, aus Betroffenen Beteiligte machen und jeden Einzelnen von der Veränderung überzeugen, halten dann davon ab, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Prinzip, alle mitnehmen zu wollen, hält daher der Umsetzungsexperte Matthias Kolbusa für überschätzt. Seiner Ansicht nach sorgt der Druck, permanent erklären, beteiligen und überzeugen zu müssen, für unnötige Verzögerungen. Wer im Notfall Veränderungen zügig und schnell wirksam realisieren muss, braucht vielmehr ein effizientes Umsetzungsmanagement. Das setzt auf eine radikale Reduktion der Prozesse und eine konsequente Ausrichtung auf das Ergebnis: Was notwendig ist, wird schnell erledigt, auf alles andere aber, was ein Vorhaben seinem Ziel nicht näher bringt, wird verzichtet. Ganz oben auf seiner Streichliste stehen Aktivitäten, die alle Mitarbeiter veränderungswillig machen sollen. Besser ist es, Schlüsselpersonen zu identifizieren, die fachlich kompetent und an der Etablierung neuer Strukturen interessiert sind. Das sind neben dem Top-Management oft Führungskräfte aus der zweiten oder dritten Hierarchie-Ebene. Sie sollten unbedingt für die Umsetzung gewonnen werden. Dann werden sie zu Umsetzungshelden, die alle anderen mitziehen. Tun sie dies nicht, kann das einem Vorhaben mehr schaden als jeder Totalverweigerer in der Belegschaft. Schließlich sind Führungskräfte Multiplikatoren mit Vorbildwirkung.

Damit dies gelingt, müssen die Umsetzungshelden vor allem ein klares und gut durchdachtes Zielbild haben. Dafür sollten sie mit den passenden Modellen und Szenarien sorgfältig durchdeklinieren, was sich konkret überall verändern wird. Spätestens dann aber sollten die Verantwortlichen aufs Tempo drücken. In der Regel lässt sich dadurch die Komplexität und Unsicherheit in Change-Projekten bezwingen. Die Idee dahinter: Wer Dinge zügig erledigen muss, setzt klare Prioritäten und hat wenig Zeit, darüber nachzugrübeln, warum etwas nicht funktionieren könnte.

Kolbusas Fahrplan für den Schnelldurchlauf sieht vor, dass die Manager bei der Umsetzung vernünftig auf Sicht fahren also immer nur die nächsten zwei bis vier Wochen durchdenken und sich fragen: Was zeichnet den Zustand aus, der uns dem Ziel näher bringt? Woran merken wir, dass wir vorangekommen sind? Und auch: Bringt uns das wirklich weiter? Diese Fragen sollen den Umsetzungshelden helfen, überflüssige Aktivitäten zu identifizieren und sich immer wieder aufs Neue auf das angestrebte Ergebnis zu fokussieren. Aus den Antworten definieren sie mit ihrem Team Zwischenergebnisse und verteilen die Verantwortlichkeiten für die Umsetzung der einzelnen Schritte. Enge Zeitvorgaben sorgen dafür, dass sie ohne Umwege gemacht werden. Entscheidend ist es, das Vorhaben schnell in Gang zu bringen. Nachbessern kann man hinterher immer noch: Schließlich weiß heute keiner, was in sechs Monaten sein wird.
 

Speed-Tipps fur die Umsetzung
 
Wer schnell fährt, hat weniger Möglichkeiten, sich ablenken zu lassen. Das gilt auch fürs Umsetzungsmanagement: Wer Dinge zügig erledigt, wird viele Probleme und Unsicherheiten
vermeiden. Sofern er sich an Kolbusas Geschwindigkeitsprinzipien hält:
 
  1. Anzahl der Mitfahrer: Überlegen Sie genau, wie viele Leute Sie wirklich mitnehmen müssen. Meist sind es weniger, als Sie denken.
  2. Fahrzeugauswahl: Wählen Sie das schnellste Gefährt, das Ihnen zur Verfügung steht. Aber eins, auf dem Sie auch trainiert sind! Wenn der Fahrer Thema oder Team nicht gut genug kennt, ist das Risiko eines Unfalls zu groß.
  3. Wartungsintervalle: Je schneller Sie fahren, desto wartungsintensiver ist der Motor. Er muss immer wieder abkühlen dürfen. Sorgen Sie dafür, dass Sie zwischendurch pausieren und sich und andere belohnen.
  4. Zeitvorgaben: Arbeit dauert so lange, wie man ihr Zeit gibt. Überlegen Sie sich, wie viel Zeit Sie Ihren Mitfahrern für die zu absolvierende Strecke geben.
  5. Mannschaftsaufteilung: Zerlegen Sie die Themen, damit klare Verantwortungspakte, nicht Arbeitspakete delegiert werden. Jeder der Mitfahrer sollte eine eindeutige Ergebnisverantwortung bekommen.
  6. Teamkenntnis: Sie sollten sich Klarheit verschaffen, wozu Ihre Organisation in der Lage ist, um dann das Tempo schnell in den richtigen Bereich zu bringen. Dabei gilt, dass Ihre Mannschaft in der Regel mehr schafft, als Sie glauben und insbesondere als sie von sich selbst glaubt.
  7. Vorbereitung des Rennens: Sorgen Sie dafür, dass jeder die Route kennt: Was machen wir in welcher Reihenfolge? Wie greifen die unterschiedlichen Methoden und Konzepte ineinander? Hier muss absolute Sicherheit und Klarheit herrschen nicht unbedingt für die komplette Route, aber auf alle Fälle für den nächsten Streckenabschnitt.

Eine Hilfestellung zu Change Management. Anwendungshilfe zu Veränderungsprozessen in der öffentlichen Verwaltung finden Sie hier.

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