01.06.2015

Themenreihe Zukunft der Arbeit

Autor*in

Sabine Jank
Sabine Jank ist Kreativdirektorin und Mitbegründerin der transdisziplinären Plattform szenum Berlin. Darüber hinaus ist Sie beratend für Museen und Unternehmen tätig und arbeitet als Coach für Kreativität und Innovation. Das "vernetzte Museum" stellte sie u.a. bereits auf der Tagung "Focus. Menschen machen Museum" im März 2015 vor.
Museumsmanagement

Das vernetzte Museum

Aufgrund der wachsenden Komplexität unserer sich permanent transformierenden Gesellschaft stehen immer mehr Museen vor der Herausforderung, ihre Konzepte und Strukturen an neue Denkweisen zur Wissensschaffung und vermittlung anzupassen. Der Umbau zu einer lernenden Organisation mit gewandeltem Führungsstil kann dabei helfen, flexibel auf äußere und innere Veränderungen zu reagieren. Diese werden als Anregung für besseres Arbeiten aufgefasst und für Entwicklungsprozesse, etwa hin zu einer besseren Besucherausrichtung und partizipativeren Mitarbeiterumgebung, genutzt.

Themenreihe Zukunft der Arbeit

Grundlage ist eine offene und von Individualität geprägte Organisation, die ein Verständnis für die Funktion des Gesamtsystems und daran geknüpfte, auch ungewöhnliche Lösungsansätze von Seiten der Mitarbeiter unterstützt, die sich an gemeinsamen Zielen anstatt an vorgegebenen Verwaltungsstrukturen orientiert. Will sich ein Museum als solch eine lernende Organisation begreifen, besteht die Aufgabe des Managements darin, eine geeignete Organisationskultur und struktur aufzubauen, wie sie etwa eine Heterarchie als intern vernetzte anstatt hierarchische Struktur darstellt. Hier wird mittels Gruppenaktivitäten übergreifendes Denken und Arbeiten zwischen den museumsmanagerialen Abteilungen und musealen Aufgaben gefördert und Wissensschaffung kann auf individueller Ebene stattfinden.
 
Eine der Voraussetzungen liegt in der Formulierung gemeinsamer Visionen. Sie entstehen, wenn alle Mitarbeiter des Museums die gemeinsamen Ziele verinnerlicht haben. Dafür benötigt es einen Führungsstil, in dessen Rahmen jeder Mitarbeiter so autonom handeln kann wie möglich. Durch eine Rotationspolitik, in der die Mitarbeiter regelmäßig einen neuen Aufgabenbereich erhalten, können zudem der Austausch zwischen den Abteilungen und der gleichberechtigte Zugang zu internen Informationen und damit das gegenseitige Verständnis für die verschiedenen Aufgabenbereiche gefördert werden. Eine der größten Herausforderung des Museumsmanagements ist jedoch die Förderung von kreativem Chaos (Innovationslab). Dieses ruft Veränderungsprozesse hervor, die zu Umbrüchen bei Routineabläufen, Gewohnheiten oder kognitiven Bezugssystemen innerhalb der Organisation führen, zugleich aber auch zu Experimentierfeldern, in denen stetig neue Ideen, Lösungsansätze und Herangehensweisen entstehen können. Dies erfordert tiefes persönlichintrinsisches Engagement der Mitarbeiter, um neue Konzepte zu entwickeln oder die aus dem Zusammenbruch entstandenen Probleme zu lösen.
 
Heterarchie
 
Zu diesem Zweck muss das Museumsmanagement den Wandel hin zum vernetzten Organisationsmodell einer Heterarchie initiieren. Nach Markus Reihlen zeichnet sie sich unter anderem dadurch aus, dass weder Entscheidungskompetenzen noch Kommunikationswege einheitlich reglementiert sind. Vielmehr werden Ordnungsmuster wie in einem neuronalen Netz situativ ausgebildet bzw. aktiviert. Voraussetzung hierfür ist die grundsätzlich gleichberechtigte Teilnahme aller zuständigen Akteure an den Problemlösungsprozessen. Entscheidungskompetenzen werden an jene Personen bzw. Gruppen übertragen, die über das notwendige Wissen verfügen. So kann ein heterarchisches Modell flexibel interne und externe Netzwerke ausbilden und zugleich auf äußere Einflüsse, wie veränderte Erwartungen von Seiten der Besucher oder Stakeholder oder neue Aufgabenbereiche wie digitale Vermittlung, Qualitäts- oder Nachhaltigkeitsmanagement, reagieren.
 
Kreative Netzwerker
 
Basis hierfür ist die Konstituierung kollaborativer Formen der Arbeitskultur durch das Museumsmanagement, vom Wissenschaftler zum Wissensarbeiter und kreativen Netzwerker, der veränderte Aufgaben angeht, indem er neues, auch fachfremdes Wissen erwirbt, übertragen und anwenden kann. Um dies zu ermöglichen, entsteht ein Bedarf an Führungskräften und Mitarbeitern, die den fluktuierenden Charakter ihrer Positionen und Aufgaben für reizvoll erachten, ihre individuellen Ziele zugunsten gemeinsamer Problemlösungsprozesse zurückstellen, die Initiative ergreifen und kooperationswillig sind, also neben ihrer Fachkompetenz vor allem Kreativität und soziale Kompetenz mitbringen.
 
Tim Brown, CEO von Ideo, spricht von T-shaped Persons. Sie verfügen über eine umfangreiche Expertise, die es Ihnen erlaubt, am kreativen Prozess innerhalb eines Teams mitzuwirken. Hinzu kommt, dass T-shaped Persons den Geist der Zusammenarbeit über disziplinäre Grenzen hinweg verinnerlicht haben, Basis hierfür ist ihre Fähigkeit zur Empathie. Diese ermöglicht es ihnen, die Perspektiven anderer zu verstehen und in ihr Denken und Handeln zu integrieren. Darüber hinaus verfügen sie über ein ehrliches Interesse an der Disziplin des anderen.
 
Vernetzte Räume
 
Eine weitere Herausforderung spiegelt sich für das Museumsmanagement in der wechselseitigen Durchdringung des analogen mit dem digitalen Raum wider. Es entstehen sowohl neue Möglichkeiten der Akkumulation und des Transfers von Wissen als auch der Kommunikation und Kollaboration. Die hierarchische Wissensschaffung wird zum dialogisch vernetzten Konzept, neben der Digitalisierung musealer Sammlungen und der Umsetzung von Social Media-Kampagnen sind Museen verstärkt dazu angehalten, den Austausch mit ihren internen und externen Stakeholdern zu forcieren. Die Aufgabe wird an dieser Stelle sein, mit Hilfe des digitalen Raumes eine Öffentlichkeit zu initiieren, in der sich prozessual multiperspektivische Wissensnetzwerke ausbilden können.
 
Strategien zur Umsetzung
 
Die Implementierung der oben beschriebenen Herausforderungen bedeutet Veränderung. Change Prozesse rufen bei den Betroffenen zunächst Angst und Abwehr hervor und erwecken den Eindruck, schwer umsetzbar zu sein. Aus diesem Grunde liegt die Anforderung darin, Transformationsprozesse zu initiieren, die sich dank Freiräumen für Experimentierfelder langsam in den Workflow der Museen integrieren lassen, und Brücken zu bilden, die ein Switchen vom alten ins neue System vereinfachen. So etabliert sich langsam der Shift vom alten zum neuen Paradigma.
 
Grundlage hierfür ist die Schaffung eines dualen Organisationssystems, eine Kombination aus Hierarchie und Heterarchie. Beide Systeme pflegen einen gleichwertigen konstanten Austausch von Informationen und Aktivitäten untereinander. Der hierarchische Teil des Systems übernimmt das Management des operativen Geschäfts und der heterarchische Teil, das Innovationslab, ist als Impulsgeber für die Integration innovativer Prozesse zuständig.
 
Das Innovationslab
 
Das Innovation Lab ist als offenes System, als Netzwerk, organisiert, das für den authentischen Dialog und die Entwicklung neuer Konzepte und Prototypen die notwendige organisatorische Flexibilität bietet. Die Arbeitsprozesse sind geprägt von Kreativität und dem Einsatz nutzerzentrierter Innovationsmethoden, wie beispielsweise Design Thinking, um die Entwicklung und das Prototyping zeitgemäßer musealer Konzepte und Strategien in den Bereichen Culture Leadership, Strategie und Mitarbeiterentwicklung sowie Kollaboration, Innovation und die Bedürfnisse der Besucher zu fokussieren. Die Mitarbeiter des Innovationslabs setzen sich aus allen für das jeweilige Projekt relevanten Stakeholdern zusammen. Sie begreifen sich als Creative Networker oder sind bereit, solche zu werden.
 
Die Herausforderungen an das Museumsmanagement der Zukunft sind vielschichtig. Dennoch, wollen Museen bei der Gestaltung der Gesellschaft eine Rolle spielen, sind die Vernetzung mit internen und externen Stakeholdern sowie der Aufbau einer Kultur der Kollaboration unabdingbar. Basis hierfür bietet das Innovationslab als agiles, schnell reagierendes Experimentierfeld.

 

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