15.02.2016

Autor*in

Wiebke Doktor
Wiebke Doktor ist Theaterwissenschaftlerin, Fundraising-Managerin und Geschäftsführerin der Agentur fundamente coaching, fundraising, beratung. Sie berät bei dem Aufund Ausbau von Fundraising und ist Mitglied in der Fachgruppe Kultur des Deutschen Fundraising Verbandes.
Becky Ann Gilbert
Becky Ann Gilbert ist freie Beraterin mit Schwerpunkt Fundraising, Großspenderakquise, Unternehmenskooperationen, Alumni, Freundeskreise und Internationalisierungsstrategien. Sie hat 20 Jahre Leitungserfahrung in Kultureinrichtungen (u.a. Haus der Kulturen, Berlin, Deutsches Museum, München). Sie ist Vize-Präsidentin des European Fundraising Assoziation und ist Mitglied in der Fachgruppe Kultur des Deutschen Fundraising Verbandes.
Fundraising in der Kultur

Eine Bestandsaufnahme

Was hat sich im Kulturfundraising in den letzten Jahren getan? Revolution? Evolution? Stagnation? Je nach Perspektive ist es möglich, in verschiedenste Richtungen zu argumentieren. Grundsätzlich ist Kulturfundraising aber ein Weg des stetigen Wandels. Eine Übersicht zu Trends und Entwicklungen kann hier helfen, der Frage zur Zukunft des Kulturfundraising nachzugehen.
Plus ça change
 
Nicht zu übersehen im Bereich Kulturfundraising sind die Erweiterung und Professionalisierung von diversen Aktivitäten, die für eine lebendige Kultur des Gebens maßgebend sind. Der Stiftungsboom der letzten Jahre zeigt auch im Kulturbereich Wirkung. In Zusammenhang mit der Förderung durch die Europäische Union sind neue Netzwerke und Kompetenzbereiche entstanden. Die Fördervereine und Freundeskreise, die seit Jahrzehnten die Kultur wohlwollend begleiten und unterstützen, leisten weiterhin wichtige Beiträge zur Sicherung von Angeboten. Und das kontinuierlich in aller Freundschaft, wie es auch die Ausgabe des KM Magazins mit dem Titel Freunde festgestellt hat.
 
Die Fördersuchenden können auf eine erhebliche Vielfalt zurückgreifen, wenn es um Studiengänge, Professionalisierungsangebote, Austauschplattformen und Möglichkeiten der Spezialisierung geht. Vom Kultursponsoring bis hin zu Crowdfunding: Trends und Jargon auseinander zu halten ist mittlerweile Pflichtprogramm für jede/n KulturmanagerIn. Und auch wenn die Kluft zwischen Theorie und Praxis weiterhin bestehen bleibt, so sind die Ansätze in Forschung und Lehre, die dem Ziel eines Transfers dienen, in der Anzahl viel mehr geworden.
 
Sogar in den führenden beruflichen Kreisen, die Fundraising-Exzellenz vertreten, ist das Thema Kulturfundraising angekommen. Träger des vom Deutschen Fundraising Verbands jährlich verliehenen Fundraising Preises im Jahre 2013 ist das Städel Museum. Als prämierte Nationalgewinner konnte das Museum im gleichen Jahr für die nächsthöchste Auszeichnung, den International Fundraising Award, nominiert werden und hat auch hier im Wettbewerb mit Kampagnen aus aller Welt gesiegt. Nicht nur das Beispiel Städel macht klar: Fundraising im deutschsprachigen Kulturbereich kann Weltniveau erlangen und mit den Besten der Besten mithalten. Keineswegs aber sind die mit Kulturfundraising verbundenen Aufgaben und Herausforderung kleiner geworden.
 
plus c'est la même chose
 
Bei den vielen interessanten Entwicklungen rund um das Kulturfundraising stellen wir auch fest, dass just auf dem Gebiet der privaten Förderung der Bereich dem Anscheinen nach unterentwickelt bleibt. So löblich wie der Ausbau von Kultursponsoring oder Crowdfunding ist wer sich ernsthaft für das Thema Kulturfundraising interessiert, ist gut beraten, sich intensiv mit dem finanziell stärksten Bereich der individuellen Förderung zu beschäftigen und Fördermodelle passend zur spezifischen Branche, Organisation und Entwicklungsstadium hinsichtlich Fundraising zu entwickeln. Alle vorhandenen Daten zum Thema Spendenmarkt deuten darauf hin, dass der Kulturbereich sein volles Potenziell hinsichtlich Spendenvolumen noch nicht komplett ausgeschöpft hat.
 
Interessant ist der Unterschied zum sozialen Bereich, der homogener zum Thema Fundraising aufgestellt ist. Die Kulturbranche ist wesentlich stärker von der Kürzung von Fördermitteln betroffen, aber wesentlich weniger offensiv im Fundraising aktiv, zumindest in der oben beschriebenen Gewinnung von Privatpersonen als Förderer und Spender.
 
Es ist hier sehr personenabhängig, wie mit der Mittelakquise verfahren wird. Die Leitung eines Hauses stellt die Weichen für oder gegen eine Intensivierung, z.B. durch die Bereitstellung von (personellen) Ressourcen. Sobald eine Kultureinrichtung über eine/n FundraiserIn verfügt und das Thema auch in der Leitungsebene Priorität hat, entwickelt sich dieser Bereich Stück für Stück weiter und kann Erfolge vorweisen. Wird das Thema nur halbherzig verfolgt, bleibt auch die erhoffte Wirkung aus.
 
Da oft eine Person aus dem vorhandenen Team ernannt (meistens aus der Marketingabteilung, die sowieso mit ähnlichen Themen wie Besucherbindung befasst ist) wird, erscheint es uns wichtig, in den Studiengängen verstärkt auch Fundraising-Kenntnisse zu vermitteln. In den Curricula für die Ausbildung zum Kulturmanager ist dies bereits vorhanden, nicht jedoch in den wissenschaftlichen Studiengängen wie Theater- oder Musikwissenschaft. Die Absolventen dieser Studiengänge finden sich oft in Dramaturgie-Stellen oder als Kuratoren und sind hier mit Fundraisingfragen beschäftigt (z.B. der Betreuung des Förderkreises) ohne die passenden Vorkenntnisse zu haben. Die Qualität des Fundraisings ist damit stark schwankend, je nachdem, wie intensiv die benannte Person sich darum kümmern kann und mag.
 
Die Einsicht, dieses Arbeitsfeld zu professionalisieren, kommt langsam bei den Leitungen der Kultureinrichtungen an, aber auch bei den zuständigen Stellen in Kulturämtern. Es werden Workshops angeboten oder auch Berater hinzugezogen, um den Aufbau von Kultur-Fundraising möglichst fundiert anzugehen. Bislang wird dies allerdings kaum gefördert, obwohl es eine reale Chance wäre, den leeren Händen und Kassen von öffentlicher Seite etwas entgegenzusetzen. Das Geld für eine Fundraising-Beratung könnte dauerhaft Früchte tragen, während eine Projektförderung immer nur den aktuellen Zustand betrifft. Der gern formulierte Hinweis, die ausbleibenden Fördermittel bei Unternehmen oder durch Crowdfunding einzuwerben ist zu kurz gesprungen. Hier zeigt sich, dass auch die Kulturämter mehr Fundraising-Verständnis brauchen.
 
Bonne chance
 
Die Zukunft liegt in der zunehmenden Diversifizierung der Mittel-Akquise und in der Professionalisierung. Wenn es früher genügte, dass dieses Thema anteilig in einer Stellenbeschreibung vorkam, so sind es zukünftig eher Spezialisten, die in Vollzeit das Fundraising einer Kultureinrichtung managen.
 
Gerade das Mittelfeld der Theater, Museen, Orchester, Bibliotheken etc. wird im Wettbewerb um die Mittel nachziehen müssen. Bei ihnen sind Einschnitte sehr schnell schmerzhaft (siehe die Debatte um die Kürzungen beim Volkstheater Rostock) und nicht selten existenzgefährdend. Zu diesem Schluss kommt auch eine Beobachtung der European Cultural Foundation (ECF), die diesen Trend europaweit registriert.
 
Denn die wegbrechenden Mittel sind nicht so schnell durch Fundraising aufzufangen. Es braucht drei bis fünf Jahre bis eine Fundraising-Strategie greift und planbare langfristige Erfolge bringt, auf die man sich verlassen kann. Der Druck auf die Kultur wächst seit Langem, aber dennoch kommt nur zögernd ein Umdenken in Gang. Die Gründe dafür sind vielgestaltig. Solange Kulturanbieter befürchten müssen, die eingeworbenen Mittel bei der nächsten Fördermittelrunde durch Kürzungen wieder zu verlieren, gibt es keinen Anreiz, selbst tätig zu werden. Aber auch der Vorbehalt, die Kunst durch Großspender abhängig zu machen führt zu einem Zögern vor dem Ausbau des Fundraisings.
 
Fazit: Es lohnt sich, in eine eigene Strategie für das Fundraising zu investieren. Das Potenzial ist da und kann mit Mut und Entschlossenheit ausgeschöpft werden.



Dieser Beitrag erschien zuerst im KM Magazin 04/ 2015 zu Mantren der Kulturfinanzierung
 

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