14.09.2013

Themenreihe Wahlkultur

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Wahlkultur 2013

Das kulturpolitische Programm der FDP

Unserer Reihe Wahlkultur stellt die Programme der sechs großen deutschen Parteien vor und untersucht sie auf jene Aspekte, die für die Kulturpolitik der nächsten Jahre von Bedeutung sein werden. Der vierte Beitrag befasst sich mit dem Parteiprogramm der FDP. Dafür sprachen wir mit Reiner Deutschmann, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien des Bundestages.

Themenreihe Wahlkultur

I. Rang und Einordnung von Kulturpolitik im Parteiprogramm
 
Die FDP ordnet Kulturpolitik in ihrem Programm Punkt III. Vielfalt, damit jeder eine Wahl hat zu. Der Unterpunkt Kultur und Medien als Spiegel der Vielfalt Kultur von allen, Kultur für alle umfasst nur knapp zwei Seiten, zu denen weitere für die Kulturpolitik wichtige Aspekte, u.a. in Bezug auf die Kommunal- und Länderpolitik, Medien- oder Hochschulpolitik, hinzukommen. Auch für die FDP erklärt sich der Kontext von Kultur und Medien anscheinend von selbst, wenn auch die Inhalte dieser beiden Aspekte im Wahlprogramm nur bedingt miteinander zu tun haben.

II. Besonders betonte Inhalte des kulturpolitischen Programms
 
Für die FDP sind Kunst und Kultur die gesellschaftlichen Grundlagen für die Verständigung untereinander und eine Quelle von Identität und Kreativität. Sie spiegeln den Zustand einer Gesellschaft und treiben deren Entwicklung voran. Ohne Kunst und Kultur verliert das Leben seine Vielfalt, wäre unsere Gesellschaft nicht kreativ, unsere Bildung technokratisch und unsere Wirtschaft nicht innovativ. Das Verständnis der FDP von Kulturpolitik beschränkt sich demnach nicht auf Kunst. Stattdessen zeigt das Wahlprogramm die gesellschaftliche Bedeutung dieses Politikbereiches für Identität, Teilhabe, Integration, Chancengerechtigkeit und persönliche Entfaltung auf. Die FDP möchte die Akzeptanz und die Bedeutung der Kultur und des geistigen Eigentums als ideelle Lebensgrundlage erhöhen, indem sie sie als Staatsziel im Grundgesetz festlegt. Aus diesem Grund setzt sie folgende Aspekte von Kulturpolitik in den Mittelpunkt:
 
  • Kultur von allen, Kultur für alle mit dem Bürger als Konsument und aktivem Mitgestalter von Kunst und Kultur und freiwilligem Engagement auch von Unternehmensseite,
  • die freie Entwicklung der Künste für das Neue und Originelle jenseits der selbst tragenden Vermarktung,
  • die kulturelle Vielfalt, die Teil des reichen Geisteslebens in Deutschland ist und einen unverzichtbaren Beitrag zur Lebendigkeit und Stärke unserer Gesellschaft leistet,
  • kulturelle Bildung als Grundlage für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft,
  • der Innovationsmotor Kultur- und Kreativwirtschaft,
  • Kultur-Tourismus als Faktor für den Erhalt deutscher Kulturgüter,
  • die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Erinnerung an die beiden deutschen Diktaturen,
  • der Baudenkmalschutz als identitätsstiftendes historisches Kulturerbe
  • und der Kulturgüterschutz, dem mit der Einsetzung eines verantwortlichen Koordinators auf Bundesebene eine höhere Priorität in der Kulturpolitik zukommen soll.
III. Verantwortlichkeit für und Finanzierung von Kultur zwischen Staat und Ländern
 
Die FDP setzt das Prinzip Kultur von allen, Kultur für alle in den Mittelpunkt. Hierfür soll Kultur, wie bei Die Linke, als Staatsziel im Grundgesetz festgeschrieben und damit dem Status der Freiwilligkeit enthoben werden. Klar macht die FDP aber in ihrem Wahlprogramm, dass sie die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen in einer Föderalismuskommission neu ordnen möchte. Das bestehende Verhältnis entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Kultur ist Ländersache, sie muss in der Verantwortung der örtlichen Daseinsvorsorge liegen. Für uns ist ein stabiler Kulturetat des Bundes aber auch ein Signal an die Länder und Kommunen, so Deutschmann. Das Kooperationsverbot soll demnach nicht aufgehoben werden, die Kulturpolitik des Bundes aber Vorbild für die anderen verantwortlichen Instanzen sein. Hierfür möchte die FDP ein Konnexitätsprinzip verankern, das zusätzlichen Aufgaben für Gemeinden ohne die entsprechende Finanzierung nicht mehr erlaubt. Dass Kultur hierbei im Besonderen betroffen sein soll, um Einsparungen und Finanzabbau in diesem Bereich zu entgehen, wird nicht ausdrücklich gesagt. Jedoch soll mit der Stärkung der Unabhängigkeit von Kommunen und Ländern eine stärkere Beteiligung der Bürger als Gestalter, Förderer und Empfänger von Kunst und Kultur auf kommunaler Ebene einhergehen. Die FDP möchte hierbei u.a. Vereine und Unternehmen fördern, die sich im Kulturbereich engagieren. Von ebenso hoher Bedeutung sind nach dem Wahlprogramm die Unterstützung der Kultur im ländlichen Raum und die freie Entwicklung der Künste. Inwieweit dies in kommunaler oder Bundesverantwortung liegen soll, macht das Wahlprogramm der FDP nicht deutlich. Ebenso wenig wartet es mit spezifischen Angaben zur Kulturentwicklungsplanung auf.

IV. Kulturpolitik und gesellschaftliche Kontexte
 
Die FDP nimmt sich gesellschaftlicher Themen an, für die Kunst und Kultur besonders erfolgversprechende Lösungen anbieten. Dazu gehört die Förderung der kulturellen Vielfalt und des interkulturellen Austausches in Deutschland und mit den europäischen Nachbarn, um Migration und Integration neu zu gestalten. Stärker als je zuvor bildet die Kultur das zentrale Identifikationsmoment unserer Gesellschaft, denn nach Deutschmann ist das öffentliche und öffentlich geförderte Kulturschaffen auch ein Spiegel der Vielfalt in unserem Land. Unser Land spricht viele Sprachen, ist alt und jung, schnell und langsam. Bestehende Zugangsbarrieren egal welcher Art müssen sowohl für das Publikum als auch für Mitwirkende konsequent abgebaut werden. In diesem Kontext nimmt die FDP auch die kulturelle Bildung laut ihrem Wahlprogramm als Aufgabe sehr wichtig, die von Bildungs- und Kultureinrichtungen gemeinsam angegangen werden soll. Hierzu gehört für die FDP auch die Vermittlung von Medienkompetenz, um gesellschaftliche Teilhabe, Chancengerechtigkeit und persönliche Entfaltung zu fördern. In diesen Kontext stellt die FDP auch die stärkere Unterstützung bürgerlichen Engagements im Kulturbereich.

V. Verbindung zwischen Medien-/Internetpolitik, Urheberrecht und Kultur/kultureller Bildung
 
Im Kontext neuer Entwicklungen wie Digitalisierungsprojekten im Kulturbereich, E-Learning-Möglichkeiten für außerschulisches und lebenslanges Lernen und aktuellen Problemen mit dem Urheberrecht, wird die Verknüpfung von Kultur-, Medien- und Netzpolitik und bildung immer enger. Auch die FDP hat dies erkannt und plant, wie die Mehrheit der anderen Parteien, die Abdeckung mit Breitbandinternet auf privatwirtschaftlichem Weg voranzutreiben. Ebenso möchte die FDP das Urheberrecht modernisieren und damit Urhebern, Rechteinhabern und Nutzern gerecht werden, um Innovationen und neue Geschäftsmodelle nicht zu bremsen. Der Schwerpunkt des neuen Urheberrechts soll dabei jedoch nicht nur in der digitalen, sondern auch weiterhin in der analogen Welt liegen. Die FDP möchte hierbei unterschiedliche Lizenzmodelle etablieren und die Freiheit für die Urheber, ihre Werke nach ihren Wünschen zu vermarkten. Zum Open Access und daran geknüpfte Verwertungsmodelle äußert sich die FDP in ihrem Wahlprogramm nicht.

VI. Bildungs- und Hochschulpolitik mit Bezug zu den Kulturwissenschaften
 
Die Verbindungen zwischen Kulturpolitik, Bildungs- und Hochschulpolitik sind ebenfalls sehr eng. In Kultureinrichtungen wird vielfach auch Forschung und Bildungsvermittlung betrieben; zudem bringen geistes- und informationswissenschaftliche Forschungen auch für den Kulturbereich wichtige Erkenntnisse hervor. Die FDP greift in ihrem Wahlprogramm den Bereich Wissenschaft und Hochschule ebenfalls auf, betont aber, dass Hochschulpolitik in der Hand der Länder liegt. Die Personalstrukturen sollen flexibler und damit besser an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden. Ein flächendeckender Wissenschaftstarifvertrag für Forschung und Lehre und etwas undefiniert attraktivere Arbeitsbedingungen für den Mittelbau sollen wissenschaftliche Laufbahnen wieder sicherer machen. Auch die Forschungsförderung soll neue Impulse erhalten. Dies kann nach der FDP über eine von den Studentenzahlen abhängige Grundfinanzierung der Lehre mit freiwilliger Landesunterstützung, über Investitionen in strategisch notwendige Forschungs- und Wachstumsfelder oder die Weiterentwicklung der Exzellenzinitiative geschehen. All diese Maßnahmen sollen dem föderalen Wettbewerb zwischen den Hochschulen und den Ländern dienen. In Anbetracht der meist eher geringen Studentenzahlen in den Geistes- und Kulturwissenschaften und den dort angesiedelten Forschungsthemen, ist es möglich, dass diese Tendenzen an deren Situation als unterfinanzierte und unterschätzte Fächer nichts ändern.
 
Das Open-Access-Prinzip für wissenschaftliche Ergebnisse möchte die FDP nicht bedingungslos vorantreiben, sondern in jedem Fall also auch bei öffentlich finanzierten Projekten der Zustimmung der Wissenschaftler überlassen. Ausnahmen für Forschung und Bildung werden im Wahlprogramm der FDP nicht genannt.

VII. Personalpolitik im Kulturbereich und Künstlersozialkasse
 
Für die FDP ist die Kultur- und Kreativwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftszweig, der neuer Möglichkeiten der rechtlichen und finanziellen Unterstützung und Kooperationen aus Wirtschaft und Politik bedarf, um sich weiterentwickeln zu können. Hierfür möchte die FDP nach Deutschmann den Innovationsbeitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft näher untersuchen und eine Erweiterung des bestehenden Innovationsbegriffs um nichttechnologische Elemente prüfen, um auf diesen Weg bestehende Finanzierungsinstrumente für die Kultur- und Kreativwirtschaft zu erschließen. Aus diesem Grund soll diesem Bereich der Zugang zu Fremdkapital und ausländischen Märkten erleichtert werden. Auch sieht sie ein neues Urheberrecht als wichtigen Verbesserungspunkt gerade für die Kreativwirtschaft. Hinzu kommt im Wahlprogramm eine Reform der Künstlersozialversicherung als Grundabsicherung der Künstler und Kreativen, um sicherzugehen, dass Leistungen nur für abgedeckte Bereiche erbracht werden und auch die Richtigen erreichen, um dauerhaft eine besser soziale Lage für die Menschen in der Kreativwirtschaft sicherzustellen.
 

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