14.06.2017

Themenreihe Festivalmanagement

Autor*in

Julia Baer
Julia Baer ist seit 2013 in der Festivalproduktion der Firma FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH projektleitend im Bereich Nachhaltigkeit tätig. Seit Januar 2014 ist sie außerdem mit der Konzeptentwicklung des A Summers Tale Festival betraut. Als gelernte Veranstaltungskauffrau studierte sie an der Leuphana Universität Lüneburg Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kulturraumentwicklung und Baukultur sowie Nachhaltigkeitshumanwissenschaften.
Open Air-Festivals

Nachhaltigkeit umsetzen

Aufgrund des großen Bedarfs an Ressourcen für die Realisierung eines Open Air-Musikfestivals liegt der ökologische Fußabdruck einer solchen Veranstaltung grundsätzlich in einem kritisch hohen Bereich. Ihn möglichst klein zu halten, sollte deshalb Ziel jedes Veranstalters sein. Hierüber hinaus gibt es jedoch weitere gute Gründe, bei der Ausrichtung eines Open Air-Festivals nachhaltige Themen einzubeziehen.

Themenreihe Festivalmanagement

Die Relevanz nachhaltiger Festivalveranstaltungen

Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung hat innerhalb weniger Jahrzehnte stark an Bekanntheit gewonnen und entsprechende Geschäftsstrategien und -modelle werden mittlerweile von vielen Firmen auch im Kulturbereich vorangetrieben. Dieser Einsatz ist von entscheidender Bedeutung, denn neben notwendiger globaler Lösungsansätze wird auch der lokalen und regionalen Ebene eine Schrittmacherfunktion (Baumast, Pape 2013, 37) zugesprochen. Als Gestalter der Märkte können Firmen erforderliche Impulse und Innovationen entwickeln und umsetzen sowie ihr Umfeld beeinflussen, mit dem sie in ständiger Wechselwirkung stehen. Die Anforderung einer nachhaltigen Entwicklung ist für Unternehmen jedoch lediglich ein Leitbild, das es konkret umzusetzen gilt. Eine der größten Herausforderungen ist hierbei, ein entsprechendes individuelles Konzept zu erarbeiten und die Lösungsansätze, für die jeweilige Firma wirtschaftlich vertretbar, in gesellschaftliche Entwicklungsprozesse einzubetten (Baumast, Pape 2013, 41).

Neben dieser allgemein unternehmerisch-verantwortlichen Perspektive macht im Kulturbereich vor allem die Menge der Musikfestivals den Handlungsbedarf hin zu nachhaltigeren Veranstaltungen deutlich. In Anbetracht der allein in Deutschland mittlerweile ca. 100 Musikfestivals im Bereich Populärmusik mit bis zu 80.000 Besuchern wird klar, dass der Einfluss von Kulturveranstaltungen dieser Art auf die Umwelt erheblich ist.

Müll auf dem Zeltplatz des Glastonbury Festivals ©
Flickr.com/ Paul Townsend - CC BY-NC-SA 2.0

Hier ist ein Wirtschaftszweig entstanden, der oftmals fernab von bestehenden Infrastrukturen realisiert wird. Für eine kurze Zeit von meist wenigen Tagen bedarf es einer hochwertigen Infrastruktur für eine große Personenanzahl, die temporär geschaffen werden muss, um einen reibungslosen Ablauf nach allen Standards und Sicherheitsvorschriften sicherstellen zu können. Allein durch die Wahl des Veranstaltungsortes rücken Themen wie Strom- und Wasserversorgung, Verkehrsanbindung und An- und Abreise der Gäste in den Mittelpunkt der Veranstalterarbeit und müssen anspruchsvoll und oftmals individuell gelöst werden. Hierbei nachhaltige Aspekte wie z. B. das Beziehen von grünem Strom oder das Reduzieren der veranstaltungsbedingten CO2-Emissionen zu beachten, wird zusätzlich von den oftmals nicht konstanten Planungs- und Realisierungsbedingungen erschwert.

Wie kann man sich der Herausforderung einer nachhaltigeren Festivalveranstaltung dennoch nähern? Zunächst gilt es, Klarheit über die Kernthemen einer nachhaltigeren Veranstaltungsausrichtung zu schaffen und zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, diese im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, also z. B. ressourcenschonend, umzusetzen. Leitfäden oder Ratgeber für nachhaltige Veranstaltungen (beispielsweise des Bundeministeriums für Umwelt, Naturschutz und Bau) verschaffen einen Überblick, welche Aspekte zu bedenken sind.

Grundsätzlich gilt: Je standardisierter ein Veranstaltungsort ist, desto leichter können Ratschläge und Tipps angewendet werden. Vor allem im Bereich der Open Air-Festivals muss jedoch häufig auf individuelle Problemstellungen eingegangen werden. Ratschläge aus allgemeinen Nachhaltigkeitsleitfäden an das spezielle Format anzupassen bedarf dabei einer eigenen Leistung und Kreativität. Oftmals sind vor allem logistische und monetäre Herausforderungen die entscheidenden Stellen, die einer langfristigeren und kreativeren Betrachtung bedürfen.

Kernthemen der Umsetzung eines nachhaltigen Festivals

Energieverbrauch und Ressourcenschonung sind auf (fast) jeder Veranstaltung und deren Umfeld ein großes Thema. Durch die An- und Abreise der Gäste, entstehende Abfälle, Zu- und Abwasser sowie Technik und Beleuchtung ist der ökologische Fußabdruck einer Festivalveranstaltung enorm und birgt für jeden Veranstalter eine Herausforderung. Dabei bietet es sich nicht nur aus ökologischer und ressourcenschonender Sicht an, Lösungen im Sinne der Nachhaltigkeit zu integrieren, was mit zwei folgenden Beispielen aufgezeigt werden soll:
Durch Kooperationen mit Verkehrsmittelpartnern können Anreize für den Gast geschaffen werden, das eigene Auto stehen zu lassen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Hierdurch wird nicht nur das CO2-Aufkommen insgesamt minimiert, sondern darüber hinaus (Park)Fläche sowie ggf. Personal für das Einweisen der PKWs eingespart. Außerdem beugt der Veranstalter einem erhöhten Verkehrsaufkommen in der Region sowie oftmals auftretenden Falschparksituationen im Umfeld der Veranstaltung vor. Durch beides kann er die Situation sowohl für verantwortliche Behörden als auch für die Anwohner entspannen und sich neben möglichen finanziellen sowie organisatorischen Vorteilen auch mehr Akzeptanz innerhalb des direkten Umfeldes erarbeiten.

Ähnlich ist auch das zweite Beispiel: Vor allem bei mehrtägigen Festivals, bei denen durch den Veranstalter Übernachtungsmöglichkeiten gegeben sind (überwiegend Camping, Wohnmobile o. ä.), ist der richtige und vorausschauende Umgang mit aufkommenden Abfällen auf den Veranstaltungsflächen ein Schlüsselpunkt für eine nachhaltige Veranstaltung. Neben Pfandsystemen und Anreizstrukturen zum Reduzieren und/ oder für den verantwortlichen Umgang mit Abfällen ist vor allem die stete Präsenz des Veranstalters z. B. durch eine eigene Müllabfuhr, das gut sichtbare Müllsammeln durch Festivalpersonal, großflächig verteilte und gut sichtbare Abfallbehältnisse etc. eine wichtige Herangehensweise. Die Pflege von Flächen und Räumen und die resultierende Sauberkeit erzeugen Achtsamkeit bei den Besuchern und animieren diese, die Bereiche auch selbst pfleglich zu behandeln. Dies ist zwar stark von Größe, Aufteilung und Anordnung der Veranstaltungs- und Campingfläche sowie vom Zielpublikum abhängig. Dennoch lässt sich feststellen, dass mittels solcher Aktionen des Veranstalters die Sauberkeit gewahrt, das generelle Abfallaufkommen unter Umständen reduziert und Entsorgungskosten und -wege effizienter geplant werden können. Dies schafft Akzeptanz bei allen Veranstaltungsbeteiligten sowie im direkten regionalen Umfeld.

Gelände des Hurricane Festival, das seit 2012 eine Recyclingstrategie verfolgt © Hinrich Carstensen

Anhand beider, grob dargestellter Beispiele wird deutlich, dass neben der Reduktion des ökologischen Fußabdrucks vor allem die eigene wirtschaftliche Zukunft eines Festivals durch verantwortungsbewusstes Handeln und das Schaffen von Akzeptanz bei allen Stakeholdern nachhaltig gesichert werden kann. Dieser Aspekt sollte auch bei der finanziellen Bewertung von zunächst vermeintlichen mit Mehrausgaben verbundenen alternativen Problemlösungen eine Rolle spielen.

Soziale Nachhaltigkeit und die Verantwortung von Festivalbetreibern

Neben diesen ökologisch relevanten Themen gilt es, sich auf ähnlich umsichtige Weise mit zentralen und relevanten Aspekten der sozialen Perspektive zu beschäftigen. Faire Arbeitsbedingungen für die eigenen Mitarbeiter sowie beauftragte Dienstleister spielen dabei eine ebenso große Rolle wie Barrierefreiheit (in jeglicher Hinsicht) für die Gäste. Gerade auf (mehrtägigen) Open Air-Festivals können durch Angebote wie Ladestationen für elektrische Rollstühle, das Kühlen und Aufbewahren notwendiger Medikamente, oder eine Service-Hotline für Rollstuhlfahrer vor Ort Barrieren abgebaut werden.

Durch die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien, wie die Beschaffung von regionalen und/ oder biologisch zertifizierten Lebensmitteln und Produkten oder die Einbindung von Dienstleistungen vor Ort, können u. a. Transporte und weite An-, Ab- und Pendelfahrten reduziert und das Verkehrsaufkommen minimiert werden. Die Einbeziehung lokaler Anbieter stärkt zusätzlich die wirtschaftlichen Strukturen im direkten Umfeld der oftmals schwächeren ländlichen Regionen.

Neben diesen greifbaren Kernthemen trägt der Festivalveranstalter auch die Verantwortung, die eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten an seine Stakeholder zielgruppenspezifisch und verständlich zu kommunizieren. Nur so kann zum einen die festivalinterne Akzeptanz für nachhaltige Lösungen geschaffen und alle Beteiligten zum aktiven Mitmachen angestiftet werden. Zum anderen gilt es, durch aktive Kommunikation die Idee nachhaltiger Entwicklungen und Notwendigkeiten in die Gesellschaft zu transportieren. So kann ein Festivalveranstalter auf seinem kulturell attraktiven und akzeptierten Terrain über die bestehenden Kommunikationskanäle die oftmals jungen Open Air-Festivalgäste für neue, alternative Ideen und Lösungen begeistern und somit das Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung fördern.

Vor allem letzterer Aspekt spricht die unternehmerische Verantwortung im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung innerhalb der Veranstaltungsbranche an. Denn, auch wenn es vor allem um die Reduktion des eigenen ökologischen Fußabdrucks und das umsichtige Veranstalten eines Festivals geht, besteht auf den Veranstaltungen eben auch die Möglichkeit, einen Teil der Gesellschaft hinsichtlich dieser Themen ansprechen und erreichen zu können. Durch eine Zusammenarbeit mit Vereinen, NGOs oder einzelnen Projekten sowie die Integration von Programmangeboten, die diese Themen aufgreifen, kann dieses Ziel direkt oder indirekt noch gestärkt werden.

Literatur
  • Baumast, Annett; Pape, Jens (Hrsg.): Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement. Stuttgart 2013.
 

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