21.08.2017

Themenreihe Festivalmanagement

Autor*in

Martin Lücke
Martin Lücke ist Professor für Musik- und Kulturmanagement an der Hochschule Macromedia in Berlin. Zudem veröffentlicht er regelmäßig Fachpublikation und texte mit Schwerpunkten im Bereich der akademischen Ausbildung und der Erforschung von (Populärer) Musik und Musikwirtschaft sowie neuen Formen der (Kultur-)Finanzierung.
Werkstattbericht

Eine Neuausrichtung der Festivalförderung am Beispiel Potsdam

Städtische Kulturfördertöpfe und -regelungen müssen von Zeit zu Zeit nachgebessert werden. So arbeitet die Landeshauptstadt Potsdam derzeit an einer Neuausrichtung der Festivalförderung. Ziel ist es, für alle Beteiligten eine transparente, auf klaren Kriterien basierende und zukunftsfähige Unterstützung zu gewährleisten.

Themenreihe Festivalmanagement

Die Förderung von Kultur ist eine zentrale Aufgabe kommunaler Politik. Dazu gehört nicht nur die Unterstützung von zentralen, oftmals über die städtischen Grenzen hinausleuchtenden Institutionen (Orchester, Theater, Museen etc.), sondern auch einzelner Künstler oder Projekte von Vereinen oder Verbänden. In der Regel ist die städtische Förderung an Kriterien gebunden, die einmal eingerichtet, so zeigt es die Praxis, für einen längeren Zeitraum nicht mehr hinterfragt werden. Auf diese Weise kann es zu Wildwuchs kommen, etwa wenn einstmals klar abgegrenzte Fördertöpfe im Laufe der Jahre durch Wechsel von Zuständigkeiten und wandelnden Interessenslagen zum Sammeltopf verschiedener Kulturbereiche werden.

Im folgenden Werkstattbericht geht es um die politisch gewollte Neustrukturierung und -ausrichtung des Festivalfördertopfes der Landeshauptstadt Potsdam. Ausschlaggebend dafür waren verschiedene äußere Ereignisse (u.a. Absage der Fête de la Musique im Jahr 2014), die dazu geführt haben, dass von der Stadtverordnetenversammlung Potsdams diese Neukonzeptionierung beauftragt wurde. Im Auftrag des Fachbereichs Kultur und Museum der Stadt entsteht nun seit 2016 in Zusammenarbeit mit der Hochschule Macromedia unter Leitung von Prof. Dr. Martin Lücke ein Konzept, wie die städtische Festivalförderung in Zukunft ausgestaltet sein soll.

Schritt 1: Definitionen

Nach anfänglicher Festlegung der Abläufe durch den Konzeptersteller, die auch von Seiten der Stadt akzeptiert wurden, musste zunächst definiert werden, was überhaupt unter einem Festival zu verstehen ist, denn diesbezüglich herrschte bei der bisherigen Vergabepraxis kein einheitliches Vorgehen. Für Potsdam wurde folgende Definition als Basis für die weiteren Überlegungen festgelegt:

Ein Festival bzw. ein Festspiel besitzt eine spezifische Konzeption einer künstlerischen Performance; dauert einen oder mehrere (in der Regel aufeinanderfolgende) Tag/e; findet gleichzeitig an einem oder mehreren Veranstaltungsorte) statt; zeigt einige Charaktere einer Gemeinschaft.

Darüber hinaus wurde für den Auftraggeber ein Überblick über die bisherige wissenschaftliche Forschung zum Thema Festivals sowie deren wirtschaftliche oder kulturelle Bedeutung für eine Stadt wie Potsdam erläutert.

Schritt 2: Festivallandschaft Status quo

Anschließend wurden alle bisher aus dem Festivaltopf geförderten Veranstaltungen der Landeshauptstadt daraufhin untersucht, ob es sich qua Definition überhaupt um ein Festival handelt. Für Potsdam ergab sich daraus konkret, dass von den 37 ursprünglich geförderten Veranstaltungen neun nicht mehr als Festival deklariert wurden. Die 28 verbliebenen echten Festivals wurden wiederum in die vier Kategorien Kulturfestivals, Wirtschaftsprägende Festivals, Imageprägende Festivals sowie Quartierfestivals unterteilt. Diese Unterscheidung wurde auf besonderen Wunsch der Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings getroffen, um zu verdeutlichen, aus welchen Töpfen bestimmte Festivals bislang finanziert wurden. Festivals, die nicht unter die Kategorie Kulturfestivals fallen, sollen auch in Zukunft aus den Töpfen der Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings Zuwendungen erhalten. Für das weitere Vorgehen wurden deshalb nur die 21 verbliebenen Kulturfestivals berücksichtigt.

Schritt 3: Kriterien

Im dritten Schritt erfolgte die Festlegung von Förderkriterien, die eng mit dem Auftraggeber abgestimmt wurden und in Zukunft ermöglichen sollen, das politisch gewollte Ziel der transparenten Vergabe der Fördermittel zu gewährleisten. Im Zentrum der Kriterien steht dabei die Vielfalt der Festivals nach Genre, Zielgruppe, Zeit und Ort. Aber auch Aspekte wie Nachhaltigkeit und Innovation fanden hier Eingang.

Schritt 4: Kriteriengewichtung und -bewertung

Anschließend wurden die Förderkriterien gewichtet und in ein Punktesystem überführt. Dabei sind jedoch nicht alle Kriterien nach Punkten zu gewichtet. Zudem wurde ein Vorschlag erarbeitet, wer in Zukunft über die Vergabe der Mittel entscheiden soll. Hierzu wurde zunächst in der Theorie ein Jurykonzept erarbeitet, das neben der Anzahl der Jurymitglieder sowie deren professioneller Hintergrund auch einen Bewertungsleitfaden beinhaltete.

Schritt 5: Entscheidung

Das auf diese Art und Weise erarbeitete Konzept samt der gewichteten Kriterien wurde zusammen mit einem Vorschlag zur künftigen Förderhöhe vor dem Ausschuss für Kultur und Wissenschaft der Landeshauptstadt Potsdam vorgestellt, diskutiert und angenommen.

Schritt 6: Pre-Jury und Probelauf

Als bislang letzter Schritt ergab sich aus der positiven Aufnahme die Aufgabe, das Konzept mittels einer sogenannten Pre-Jury auf seine Handlungsfähigkeit zu überprüfen und alles für einen zeitnahen Probelauf vorzubereiten. Dieser Probelauf wird zudem wissenschaftlich begleitet. Nach Stand August 2017 wurden dabei bereits erste zentrale Änderungen in Bezug auf die Kriterien sowie deren Gewichtung in das Konzept eingearbeitet.

Dieser Prozess hat gezeigt, dass die Neuausrichtung oder -konzeptionierung von Fördertöpfen (in diesem Fall: Festivals) einer tiefgreifenden Analyse des Status quo sowie einer intensiven (wissenschaftlichen) Begleitung durch Dritte bedarf, um unabhängig von bisherigen Praxen oder Interessen eine zukunftsfähige Förderung zu erarbeiten. Dabei kann der hier vorgestellte Ablauf nicht als Blaupause für andere Städte oder Regionen verstanden werden, viel zu individuell sind die konkreten Handlungspartner. Doch zeigt dieses Beispiel sehr genau, dass das intensive Zusammenspiel der handelnden Protagonisten (Politik, Kultur, Wissenschaft) zu einem allseits akzeptierten Konzept führen kann.

Weitere Informationen zum Konzept seitens des Fachbereichs Kultur und Museum können angefragt werden bei: Bianka Peetz-Mühlstein.

 

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