27.11.2023

Autor*in

Marie-Louise Stille
studierte an der Universität National von Córdoba (Argentinien) Theaterwissenschaft und Kulturmanagement.  An der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar sowie an der Bauhaus-Universität Weimar absolvierte sie den Masterstudiengang Kultur- und Medienmanagement. Aktuell arbeitet sie bei der Künstleragentur "Ekkehard Jung Artists & Projects" in Berlin, bei der sie für Dirigenten und Solisten zuständig ist. Sie war Mentee des Mentoring-Programms des Deutschen Kulturrates (2020-21) und sie ist Gründungsmitglied des Vereins "WAM-Women in Arts & Medien", in dem sie als Ko-Leiterin des Regionalen Forums Berlin engagiert ist.
 
Erfahrungsbericht zur WAM-Jahrestagung 2023

Der WAM-Effekt: Für einen geschlechtergerechteren Kultur- und Medienbetrieb

Die Strukturen im Kulturbetrieb werden seit Jahren aus den unterschiedlichsten Gründen in Frage gestellt und gelten als reformbedürftig. Eine größere Baustelle stellt insbesondere das Thema Geschlechtergerechtigkeit dar, wofür vermehrt Lösungsansätze erprobt werden. Ist es beispielsweise möglich, durch ehrenamtliches Engagement die Strukturen der Kulturlandschaft nachhaltig zu verändern? Mit dieser Frage haben Susanne Stephanie, Annelie Mattheis, Caroline Schroth, Juana Awad und Sonja Walter als Gründungsvorstand von WAM-Women in Arts & Media e.V. im Juni die WAM-Jahrestagung 2023 in Hamburg eröffnet.
Spätestens seit den 2016 veröffentlichten Studienergebnissen zu "Frauen in Kultur und Medien" ist klar: Es braucht (noch mehr) konkrete Maßnahmen, um wirkliche Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Medienbetrieb zu erreichen. Eines der Hauptprobleme: Es gibt noch immer zu wenig Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen. Das bestätigen auch die Ergebnisse der Folgestudie in 2023. So entstand 2017 als Reaktion darauf das Mentoring-Programm des Deutschen Kulturrats "Frauen in Kultur und Medien". Aus diesem heraus gründeten 2021 von 41 Frauen, die alle Mentee des Programms waren, den WAM - Women in Arts & Media e.V. Dieser ist innerhalb der ersten 2 Jahre rasant gewachsen und zählt derzeit knapp 300 Mitglieder (Stand September 2023). Auch das zeigt, wie dringend und notwendig es ist, die Strukturen der Kulturlandschaft in Frage zu stellen, gemeinsam neuzudenken und zu verändern.
 
Einblicke in die Jahrestagung 2023
 
Um bei WAM all diese Menschen zusammenzubringen, die sich über Sparten und Branchen hinweg für Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien einsetzen, und ihnen einen vielfältigen Austausch zu ermöglichen, veranstalteten wir vom 16. Bis 18. Juni 2023 die WAM-Jahrestagung. Dieser Austausch ergibt sich sowohl durch die vielseitigen Tätigkeiten und Berufe der WAM-Mitglieder (Angestellte in Führungsebene, in Technischen Gewerken ebenso wie Soloselbstständige) als auch durch die Altersspanne (Mitglieder mit mehreren Jahren Berufserfahrung und jüngere Berufseinsteigerinnen). Das WAM-Netzwerk ist dadurch ein interdisziplinäres, branchen- und spartenübergreifendes sowie generationenübergreifendes. Um die Potenziale dieser Vielseitigkeit auch in der Jahrestagung zu nutzen, boten wir im Veranstaltungsprogramm drei Formate an, deren Hauptziel jeweils Austausch war: 
 
  • Exchange: interdisziplinärer Fachaustausch | Good-Practices 
  • Education: Kollegiale Fallberatungen | Workshops | Inputs
  • Encounter: regionale und überregionale Vernetzungen | Workshops | Mitgliederversammlung von WAM | Besuch kultureller Abendveranstaltungen
Mit dem Programm wurden die folgenden Ziele verfolgt: 
 
  • Change- und Öffnungsprozesse in Kulturinstitutionen sichtbar machen, 
  • Good-Practices vorstellen, um so Strukturen zu reflektieren, die Veränderungen ermöglichen,
  • Neues erproben sowie
  • den Wert von Arbeit in Kunst und Kultur neu denken.
Deutschlandweite Vernetzung stärken
 
Als deutschlandweites Netzwerk mit aktuell sieben Regionalen Foren (Berlin, Hamburg, Mitteldeutschland, München (Bayern), Süd-West (Stuttgart, Frankfurt) West (Düsseldorf, NRW) und WAM-International) hat WAM sich vorgenommen, die Jahrestagungen und Mitgliederversammlungen an jährlich wechselnden Standorten durchzuführen Mit der regionalen, jährlichen Rotation der Jahrestagung sind alle Regionen eingeladen, Gastgeber*innen zu werden und alle Mitglieder, die Tagung zu gestalten und Themen zu setzen. Dabei spielen die verschiedenen deutschlandweiten Arbeitskreise (AK) ebenso eine zentrale Rolle: Mittels der Expertisen der Mitglieder durch die Arbeit in den AKs werden konkrete Maßnahmen umgesetzt, um die Vereinsziele zu erreichen. Ein Beispiel dafür ist der AK "Veranstaltung", der die Tagung von der Konzeption bis die Umstellung begleitet hat und vielseitige Expertise einbringen konnte: Projektmanagement, Kommunikation, Sponsoring, u.a.
 
In der diesjährigen Jahrestagung kamen die WAM-Mitglieder nicht nur intern als Verein, sondern auch extern mit Akteur*innen aus der Politik und der Kultur zusammen: So wurden die Teilnehmenden nach der Eröffnungsrede der WAM-Vorständinnen durch ein Video von der Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth (MdB), begrüßt. Weitere Grußworte kamen vor Ort vom Hamburger Kultursenators Dr. Carsten Brosda und Frauke Untiedt, Direktorin der Bücherhallen Hamburg. All das war für die WAM-Mitglieder und das Organisationsteam eine besondere Wertschätzung, die auch für unser weiteres Engagement Rückenwind gibt. Denn damit zeigte sich, dass die WAM-Jahrestagung politisch wahrgenommen und geschätzt wird.
 
Respektvolles Miteinander auf Augenhöhe 
 
Die Tagungsatmosphäre war von Begeisterung und Offenheit geprägt. Die Gespräche und der Austausch auf Augenhöhe in den Kaffeepausen, in der Mittagspause sowie am Abend an der Alster haben gezeigt, dass eine Gesprächskultur eine zentrale Rolle bei WAM übernimmt, die durch ein respektvolles Miteinander geprägt ist. Eine niedrigschwellige Teilnahme sowie ein besonderes Augenmerk auf Teilhabe und Gleichberechtigung und auf Nachhaltigkeit sind bei WAM zentrale Anliegen, die von Anfang an bei der Gestaltung der Veranstaltung mitgedacht wurden. Dank der finanziellen Unterstützung der Claussen-Simon-Stiftung war es dem Verein möglich, eine Betreuung für die Kinder der Tagungsteilnehmer*innen sowie eine externe Awareness-Begleitung zu engagieren. 
 
Im Sinne einer feministischen Führungskultur der Vorstand von WAM alle zwei Jahre gewählt. Die erste Wahl fand während der Gründung von WAM als Verein statt. Nach über einem Jahr Vorgründungsphase und zwei Jahren Aufbauarbeit hat der Gründungsvorstand sich bei der Tagung in Hamburg verabschiedet. Die WAM-Mitglieder wählten daraufhin mit Susanne Zöchling (Vorsitzende), Lea Moro (Stellvertretende Vorsitzende), Susanne Ritzal (Schatzmeisterin), Martha Fränkel und Baharak Omidfard (Beisitzerin) einen neuen Vorstand. 
 
Fazit: Der WAM-Effekt
 
Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ist es möglich durch ehrenamtliches Engagement die Strukturen der Kulturlandschaft nachhaltig zu verändern? Ja, es ist möglich. Die Arbeit von WAM als Verein sowie die Gestaltung der Jahrestagung 2023 in Hamburg sind dafür herausragende Beispiele: Denn die Organisation der Tagung, sowie alle Good-Practice-Pitches und Workshops (Exchange und Education), das Abendprogramm und die Yoga-Warm-Ups waren ehrenamtliche Leistungen. 
 
Was wir im Vereinskontext ehrenamtlich tun, tun wir ebenso in unseren beruflichen Kontexten Jedoch ist es nur ein Anfang: Ehrenamtliches Engagement ist ein Signal dafür, wie dringend der Wandel benötigt wird. Ebenso benötigen ehrenamtliche Tätigkeiten finanzielle Ressourcen: für eine Geschäftsstelle, für Projekte, Veranstaltungen und Publikationen. Um dadurch wiederum mehr Gleichberechtigung zu erreichen, braucht es starke Unterstützer*innen und gesellschaftlichen Wandel. Dieser muss politisch in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Dafür ist es entscheidend, mit allen involvierten Akteur*innen (Vereinen, Netzwerken, Kultureinrichtungen, usw.) stetig im Austausch zu bleiben, Handlungsempfehlungen umzusetzen, um Veränderungen zu ermöglichen. 
 
Die nächste Jahrestagung findet im Frühjahr 2024 in Berlin statt. Als Mitglied des Berliner Forums bin ich gespannt, wie sich der "WAM-Effekt" bis dahin weiter entwickelt hat und welche nächsten Meilensteine wir umgesetzt und angestoßen haben. 
 
Anm. d. Red.: Weitere Einblicke in die Arbeit von WAM und die nächsten Ziele des Vereins geben die Mitglieder des neugewählten Vorstands in der 175. Ausgabe des Kultur Management Network Magazins im Schwerpunkt "Geschlechtergerechtigkeit". Aktuell können sich Studierende, Young Professional oder Quereinsteiger*in im Bereich Kunst, Kultur und Medien noch bis zum 25.01.2024 für den nächsten Mentoring-Tag WAM EXCHANGE am 20.04.2024 bewerben. Alle Infos dazu: https://womeninartsandmedia.de/##aktuelles
 
Impressionen der WAM-Jahrestagung
 
 
 
Über WAM
 
Women in Arts and Media e. V. (WAM) ist ein interdisziplinäres, branchen- und spartenübergreifendes Netzwerk für Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien. WAM setzt sich für eine Strukturveränderung ein, die nicht nur die Beseitigung von der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen bedeutet, sondern die Ungleichheiten über Gender, Race und Ability hinaus anerkennt und entgegenwirkt. Davon ausgehend bilden Fragestellungen rund um die Zukunft der Kultur- und Medienlandschaft im deutschsprachigen Raum das Zentrum der Vereinsarbeit. WAM ist ein Ort für professionellen Austausch, für ein kooperatives und vertrauensvolles Miteinander sowie ein erfahrungsreicher Ressourcenpool. WAM versteht sich als Schnittstelle und Plattform und kooperiert mit anderen Netzwerken und Initiativen. Weitere Informationen auf: www.womeninartsandmedia.de
 

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