03.09.2010

Autor*in

Elke Elisabeth Brommer
Musikschulgesetz in Brandenburg

Interview und Umfrage

Die Volksinitiative "Musische Bildung für alle" forderte im vergangenen Jahr eine Verbesserung des bestehenden Musikschulgesetzes. Die mit knapp 30.000 Stimmen unterstützte Initiative wurde am 25. Februar 2010 vom Landtag in Brandenburg abgelehnt.
Gleichzeitig hat der Landtag die Landesregierung mit der Evaluation des Brandenburgischen Musikschulgesetzes beauftragt. das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur betraute Michael Schaub von der Steinbeis Hochschule Berlin mit der Untersuchung der Musikschulszene in Brandenburg. Elke Elisabeth Brommer sprach mit ihm:
 
Elke Elisabeth Brommer: Herr Schaub, Sie führen derzeit die Evaluation des Musikschulgesetzes durch. Worum geht es da genau?
 
MS: Der Brandenburgische Landtag hat die Landesregierung beauftragt, die Situation aller Musikschulen im Land bis Ende 2010 zu untersuchen, um das Musikschulgesetz optimieren zu können. Dabei sollen erstmals auch die privaten Musikschulen und freiberuflichen Musikpädagogen einbezogen werden.
 
 
EEB: Was verstehen Sie unter dem Begriff Musikschule? Gibt es da eine genaue Definition?
 
MS: Der Begriff Musikschule ist in Brandenburg rechtlich nicht geschützt. Im Prinzip kann sich jede Einrichtung so nennen, die eine musikalische bzw. musisch-ästhetische Ausbildung anbietet. Wir haben bei einer ersten Voruntersuchung festgestellt, dass es neben den nach dem Musikschulgesetz Anerkannten Musikschulen des Landes Brandenburg ganz verschiedene Angebote unter dem Label Musikschule gibt.
 
EEB: Wie gehen Sie vor, um die Fragestellungen des Landtages zu beantworten?
 
MS: Wir führen eine anonyme Umfrage durch, um alle Musikschulen mit angestellten und freien Mitarbeitern, aber auch die freiberuflichen Musikpädagogen in Brandenburg einbeziehen zu können. Wir möchten möglichst alle Musikschulpädagogen und freiberuflichen Künstler, die Musikunterricht geben, im Land erreichen, denn nur so können wir musisch-ästhetische Bildung gezielt fördern.
 
EEB: Worin liegen die Schwerpunkte der Umfrage?
 
MS: Wir wollen erfahren, wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene insgesamt im Land Brandenburg außerhalb der allgemein bildenden Schulen Instrumental- und Vokalunterricht erhalten. Wir möchten wissen, wie viele Pädagogen und Künstler diese Aufgabe wahrnehmen und unter welchen Rahmenbedingungen der Unterricht stattfindet.
 
EEB: demnach haben Sie bis jetzt keine genauen Informationen und Zahlen von Musikpädagogen und Musikschülern in Brandenburg?
 
MS: Bislang kennen wir nur die Zahlen der staatlich geförderten Musikschulen. Mit den privaten und freiberuflichen Anbietern möchten wir erstmalig Kontakt aufnehmen.
 
EEB: Gibt es andere Bundesländer, die solche Umfragen schon durchgeführt haben?
 
MS: Nein, mir ist keine vergleichbare Datenerhebung bekannt. Deshalb haben wir in Kooperation mit der Universität Potsdam einen auf Brandenburg zugeschnittenen Fragebogen entwickelt.
 
EEB: Mit anderen Worten, die Landesregierung Brandenburg übernimmt somit eine Vorreiterrolle, indem sie nach Möglichkeit das gesamte musikpädagogische Leistungspotential im Land erfasst - sowohl qualitativ als auch quantitativ. Was machen Sie mit den Ergebnissen?
 
MS: Ja, das ist richtig. Das Kulturministerium hat mich bereits im Jahr 2009 mit der Evaluation beauftragt. Zunächst galt es natürlich die Daten der bereits geförderten Musikschulen zu erheben.
Die Ergebnisse der anstehenden Umfrage im privaten und freiberuflichen Sektor der Musikpädagogik werden dazu beitragen, die Wirkungsweise des Musikschulgesetzes zu untersuchen und auf dieser Grundlage Optimierungsvorschläge zu erarbeiten.
Für die künftige Musikschulförderung sind der Landesregierung vor allem vier Aspekte wichtig: den Zugang für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche erleichtern, Menschen mit Behinderung einbeziehen, Begabungen erkennen und fördern sowie das Ensemblespiel ausbauen.
 
EEB: Der Verband der Musikschulen (VdM) hat in seiner jüngst erschienenen kommunalpolitischen Erklärung vom Juni 2010 die Forderung nach dem Erhalt der Zugangsoffenheit für Kinder und Jugendliche im musikalisch-kreativen Bereich unterstützt. Laut Statistik erreichen die Musikschulen des Brandenburger Verbandes nur 8% der Kinder im Alter zwischen 0 und 15 Jahren. Wie wollen Sie diese Situation verbessern?
 
MS: Genau darum geht es. Nur wenn bekannt ist, wie viele Kinder und Jugendliche tatsächlich unterrichtet werden, kann die Landesregierung die Musikschulförderung zielgerichteter einsetzen.
 
EEB: Wie sehen die Fördermodalitäten des zurzeit gültigen Brandenburger Musikschulgesetzes aus? Wer erhält öffentliche Mittel und zu welchen Bedingungen?
 
MS: Nach derzeitiger Gesetzeslage werden die Musikschulen, welche die im Gesetz verankerten Fördervoraussetzungen erfüllen, mit 2,6 Mio. EUR durch das Land gefördert. Dabei werden die erbrachten Unterrichtsstunden als Berechnungsgrundlage herangezogen. Auch die Volksinitiative hat gezeigt, dass ein solch pauschaler Verteilungsschlüssel nicht ausreicht. Darum wollen wir über mögliche Alternativlösungen nachdenken.
 
EEB: Insofern ist Ihre Evaluation des Musikschulgesetzes als das Ergebnis eines konstruktiven, parteiübergreifenden Engagements vieler kulturpolitisch aktiver Menschen in Brandenburg zu sehen. Das spricht doch für Innovationsfähigkeit und Entwicklungspotential eines Landes.
 
MS: Absolut. Ziel ist es, die Musikschulförderung zu optimieren und zukunftsfähig zu gestalten, so dass die erwähnten Ziele erreicht werden können.
 
EEB: Wann werden Sie die Umfrage durchführen?
 
MS: Der Online-Fragebogen befindet sich derzeit in der abschließenden Testphase, sodass wir ihn zum 15. September freischalten können.
 
EEB: Und wie können sich selbständige Musikpädagogen bzw. Inhaber von musikpädagogischen Einrichtungen aus Brandenburg daran beteiligen?
 
MS: Sie finden den Fragebogen auf der Seite http://www.musikunterricht-brandenburg.de. Die Umfrage erfolgt anonym und unkompliziert. Für Interessierte gibt es die Möglichkeit Kontaktdaten zu hinterlegen, sodass wir sie über weitere Schritte im Evaluationsprozess des Musikschulgesetzes informieren können.
 
EEB: An wen kann man sich wenden, wenn man Informationen bezüglich der Umfrage oder des Evaluationsprozesses insgesamt hat?
 
Wir freuen uns natürlich über Feedback und Ideen von den Menschen, die für die musikpädagogische Ausbildung in Brandenburg verantwortlich sind. Sie können sich jederzeit gern an mich wenden. (Tel.: +49 331 866 - 4942 oder Email michael.schaub@mwfk.brandenburg.de)
 
EEB: Wann rechnen Sie mit ersten Ergebnissen?
 
MS: Wir hoffen auf rege Beteiligung im September, sodass erste Auswertungen Ende Oktober erfolgen können.
 
EEB: Herr Schaub, wir wünschen Ihnen bei der Umfrage und Evaluation viel Erfolg und bedanken uns für das Gespräch.
 
Das Thema Musikalische Bildung ist Schwerpunkt in der Oktoberausgabe des KM Magazins. Darin werden auch erste Ergebnisse dieser Umfrage vorgestellt.
 

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