Auszeichnung
Kulturpolitische Gesellschaft vergibt erstmals Zukunftspreis Kulturgestalten
#Meinwanderungsland, Neue Auftraggeber und Kultur als vierte Nachhaltigkeitsdimension der Stadt Augsburg - das sind die Gewinnerprojekte des Zukunftspreises Kulturgestalten, den die Kulturpolitische Gesellschaft e. V. am 8. Juli 2021 zum ersten Mal verliehen hat.
Der von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderte Preis ist mit 5.000 Euro pro Kategorie dotiert. Die drei Siegerprojekte in den Kategorien Einzelprojekte, Initiativ- und Netzwerkprojekte sowie (Modell-)Projekte kommunaler Selbstverwaltung überzeugten die zehnköpfige Expert*innen-Jury mit innovativen Formaten, zukunftsgerichtetem Denken und einem visionären Blick auf gesellschaftliche Herausforderungen. Das Interesse an dem neuen Zukunftspreis war im Vorfeld sehr groß. Insgesamt 117 richtungsweisende Projekte hatten ihre Bewerbung eingereicht.
Aufgrund der Corona-Pandemie konnte keine analoge Preisverleihung realisiert werden. Stattdessen organisierte die Kulturpolitische Gesellschaft ein digitales Zukunftsforum, das sich mit Zukunfts- und Transformationsfragen im Kulturbereich beschäftigte. Das Herzstück war die Vergabe des Kulturgestalten-Zukunftspreises. Die Auswahl der Preisträger*innen ist dabei denkbar knapp ausgefallen.
Dr. Tobias J. Knoblich, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, schilderte noch einmal die Zielstellung von Kulturgestalten: "Unser Zukunftspreis will Veränderungen in der Gesellschaft in die Sichtbarkeit bringen, ihre bewusste Gestaltung anreizen und verhandelbar machen”, beschreibt Tobias Knoblich die gesellschaftspolitische Relevanz des Preises. "Im besten Falle gelingt es uns, mit Kultur und Kulturpolitik zu einem gemeinschaftlichen und reflektierten Zusammenleben beizutragen. Die Resonanz auf unsere Ausschreibung war riesig - die eingereichten Zukunftsprojekte sind ein Fundus, mit dem man weiterarbeiten kann.” Auch die Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters, betonte in ihrem Grußwort die zukunftsweisenden Impulse. Gerade die Corona-Krise habe offenbart, dass das visionäre Potential von Kunst und Kultur mehr denn je notwendig sei.
Passend dazu machte der Futurist Dr. Joël Luc Cachelin in seiner Keynote deutlich, dass durch die Pandemie entscheidende gesellschaftliche Entwicklungstrends verstärkt wurden und es nun Anpassungsbedarf an wichtige Entwicklungstrends brauche, wie etwa Digitalität oder Nachhaltigkeit. Dabei legte er den Finger in die Wunde(n) des Kulturbereichs und kritisierte prekäre Beschäftigungsverhältnisse sowie eine fehlende Publikumserreichung. Auch die Podiumsdiskussion des Zukunftsforums kritisierte die fehlende Transformationsbereitschaft des Kulturbereichs und verwiesen auf den Vorbildcharakter der mit Kulturgestalten ausgezeichneten Zukunftsprojekte.
#Meinwanderungsland
von: DOMiD e.V. - Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland
Es gibt bereits etliche Outreach-Projekte und zahlreiche Vorhaben, die das Thema Migration behandeln. #Meinwanderungsland geht dennoch einen neuen Weg der Vermittlung: Hier wird nicht die eine Geschichte erzählt. Vielmehr finden unterschiedlichste Geschichten Eingang und Gehör, sodass das Projekt zum Sinnbild unserer pluralen Gesellschaft wird. Es regt einen Perspektivwechsel an: Migration ist in der Geschichte Europas immer die Regel, nie die Ausnahme gewesen. #Meinwanderungsland trägt dazu bei, ein mentales Modell zu verändern - und schafft die Grundlage für eine andere Haltung gegenüber dem Thema Migration. Es ist teilhabeorientiert und hat eine breite Palette vielseitiger, niedrigschwelliger Angebote geschaffen, mit denen sich Menschen über das historische Gedächtnis unserer Gesellschaft informieren konnten. Dabei sind verschiedenste Stimmen miteinander in Dialog getreten und haben die Geschichte des Einwanderungslands Deutschland aktiv miterzählt. Dazu gehört auch das Gespräch über die Notwendigkeit von aktivem Antirassismus und Antidiskriminierungsarbeit.
#Meinwanderungsland war in allen Bundesländern präsent und hat eine hohe Vernetzung mit unterschiedlichsten Institutionen und Akteur*innen geschaffen. Die multidimensionale Kommunikation - vom realen Marktplatz über Ausstellungen und Workshops bis zu Social Media - ist Voraussetzung für das Erreichen verschiedenster Zielgruppen. Das Projekt ist für die Kulturpolitik von hoher Relevanz, weil es als Next Practice neue Möglichkeiten zur Entwicklung einer zeitgemäßen Programmarbeit und Aktualisierung von Teilhabeprozessen aufzeigt.
Neue Auftraggeber
von: Gesellschaft der Neuen Auftraggeber gGmbH
Neue Auftraggeber ein innovatives, partizipatives Modell für eine an aktuellen gesellschaftspolitischen Bedarfen ausgerichtete Kulturpolitik, die "Kultur von allen für alle" demokratisch ermöglicht. Der Ansatz bietet ein thematisch offenes Format zur konkreten Gestaltung des Diskurses, ist skalierbar und für verschiedene Inhalte und Strukturen nutzbar. Breitenwirkung erreicht das Projekt durch die Arbeit in bundesweit mehreren Modellregionen.
Das Modell Neue Auftraggeber zeigt, wie Kulturpolitik gesellschaftspolitisch und kulturell relevant konzipiert sowie demokratisch und teilhabeorientiert umgesetzt werden kann. Bisher fest verankerte Sichtweisen und Rollen werden umgekehrt: Auch Menschen, die sich bisher nicht mit Kunst beschäftigt haben, werden hier zu Expert*innen für eine von ihnen beauftragte kulturelle Produktion. Kunst im Auftrag der Bürger*innen-Gesellschaft - das stellt die üblichen Auftraggeberschaften auf den Kopf und ermöglicht neues Denken und Handeln - bottom-up statt top-down! Das Projekt ermöglicht Gesellschaften die Verständigung über sich selbst und ihre Bedarfe und stärkt so die Autonomie der Zivilgesellschaft für ihre eigene Entwicklung.
Indem diese neuen Auftraggeber*innen selbst entscheiden, welche drängenden Fragen vor Ort existieren und in welcher Form sich damit befasst werden soll, erhalten sie ein Mitspracherecht. Einer zeitgemäßen, lebendigen Demokratie entsprechend bestimmen Bürger*innen in gemeinsamen - auch kontroversen - Debatten, wer sie sein wollen und wohin sich ihr Gemeinwesen kulturell entwickeln soll. Das Empowerment der Neuen Auftraggeber ist somit zentral.
Kultur als vierte Nachhaltigkeitsdimension
von: Büro für Nachhaltigkeit / Stadt Augsburg
Seit 2014 führt die Stadt Augsburg als vierte Dimension in ihrem Nachhaltigkeitsprozess auch die Kultur. Diese Leitlinie wurde in einem breit angelegten, partizipativen Prozess entwickelt, in dem auch kulturelle Akteur*innen und Bürger*innen beteiligt waren. Die Entwicklung war geprägt vom Verständnis von Politik als Prozess und Reallabor und nutzte künstlerischer Praxen in ihrem kulturbildenden und utopischen Potential. Dieser Ansatz ist vorbildhaft für die Kulturverwaltung. Indem Kultur zu einem zentralen Querschnittsthema für die Nachhaltigkeitsüberlegungen und -bestrebungen gemacht wird, entfaltet sie ihr Potential als gesellschaftlicher Motor für Stadt- und Gesellschaftsentwicklung. Dieser Ansatz lässt sich nicht 1:1 auf andere Verwaltungen übertragen, aber gibt modellhaft zentrale Grundzüge vor.
Der Augsburger Ansatz ist strukturgebend für kommunale Politik und Verwaltung. Das Projekt setzt die Frage "Wie wollen wir leben?" in den Mittelpunkt seiner Bestrebungen. Dadurch wird die konsequente Durchdringung aller kommunalen Bereiche möglich, die Messbarkeit über kulturbezogene Indikatoren zeigt Fortschritte und schafft Transparenz.
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