13.06.2008

Autor*in

Claudia Brinker
Best Practice

Aufbruch zum neuen Ufer in Riga

Ein Porträt des Lettischen Nationalen Symphonieorchesters
Künstler wie die Geigerin Baiba Skride, die Mezzosopranistin Elina Garanca, der Dirigent Mariss Jansons oder der junge Dirigent und "Shooting-Star" Andris Nelsons, Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford und ab der Saison 2008-2009 in gleicher Position in Birmingham engagiert, tragen den Ruf Lettlands als Musiknation und hervorragende Ausbildungsstelle in die Welt. Richard Wagners kurzer Aufenthalt als Kapellmeister in Riga in den Jahren 1837-39 und seine abenteuerliche Rückreise über die Ostsee ist vielen Musikkennern hinlänglich bekannt. Weitgehend unbekannt ist allerdings, wie es um die Situation der Orchester im heutigen Lettland bestellt ist. In dem Land mit etwa 2,2 Mio. Einwohnern und einer Größe vergleichbar mit der eines Bundeslandes wie Hessen bestehen drei professionelle Orchester: das Orchester des Opernhauses von Riga, ein Orchester in der Hafenstadt Liepaja und das Latvian National Symphony Orchestra, kurz LNSO. Die Gründung des LNSO geht in das Jahr 1926 zurück. Damals wurde das Orchester als Radio-Sinfonieorchester von dem Dirigenten Arvids Parups gegründet und bestand zunächst aus 14 Musikern. Zwischen 1928 und 1944 übernahm der Lette Janis Medins die Leitung des Orchesters. In der Doppelfunktion als Direktor der Musikabteilung des Lettischen Radios versuchte er, lettische Komponisten im Ausland, aber auch das gängige klassische Repertoire in Lettland mit zahlreichen Radio-Live-Übertragungen bekannt zu machen. Zu Sowjetzeiten tourte das Ensemble durch die Sowjetunion und den gesamten Ostblock und erhielt zahlreiche Auszeichnungen.

Seit 1990, dem Jahr der Unabhängigkeit Lettlands, trägt das Orchester seinen heutigen Namen. Es ist nun kein Radio-Sinfonieorchester mehr, sondern wird vom Kulturministerium finanziert.

Die Zahl der Musiker hat sich bis heute auf 101 erhöht und entspricht damit nach deutschen Standards dem Niveau eines A-Orchesters. Von 1997 bis 2001 übernahm der norwegische Dirigent Terje Mikkelsen und dann von 2001 bis 2005 Olaris Elts die Leitung des Orchesters. Ab 2009 wird Karel Mark Chichon als Chefdirigent das LNSO übernehmen. Pro Saison stehen ca. 50 Konzerte in Riga auf dem Programm des Ensembles, hinzu kommen Abstecher in die lettischen Provinzen und Gastspiele im Ausland. Die von Medins begründete Tradition, die Aufführung und Verbreitung lettischer Komponisten, setzt das Orchester weiterhin fort. So findet man in der Diskographie zahlreiche Aufnahmen lettischer Komponisten. Auf dem Programm in Riga stehen neben den traditionellen Sinfoniekonzerten auch Familienkonzerte.

Heimat des Orchesters ist derzeit noch die sog. Große Gilde, ein Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, das zum Konzertsaal umfunktioniert wurde und knapp 700 Besuchern Platz bietet. Trotz der zentralen Lage in der Rigaer Innenstadt ist es den heutigen Anforderungen an ein modernes Konzerthaus nicht mehr gewachsen. In den nächsten Jahren ist der Bau einer großen Konzerthalle am Ufer des geplant, die von dem lettischen Architektenbüro Sillis, Zäbers und Kjava konzipiert wird und u.a. einen großen Saal mit 1.400 Plätzen für Sinfoniekonzerte bereithält (siehe Beitrag zu den 3 Neuen Brüdern in dieser Ausgabe). Man darf gespannt sein, wie diese neue Heimstätte des Orchesters - die Programmplanung und das Angebot verändern und erweitern. Schließlich ist der neue Konzertsaal doppelt so groß und dürfte allein aufgrund der herausgehobenen Lage und der Architektur den Bekanntheitsgrad des LNSO steigern.

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