03.03.2012

Autor*in

Dirk Heinze
Best Practice

Der Ruf nach ehrenamtlichen Mitgliedern

Die Kulturstiftung des Bundes unterstützt Vereine in den neuen Bundesländern derzeit mit dem Wettbewerb "Call for Members". Wir haben uns das einzigartige Projekt einmal näher angesehen.
Die Initiative ist Teil eines Fonds für die neuen Länder, der seit 10 Jahren das bürgerschaftliche Engagement in der Region stärken will. Bis jetzt wurden dadurch mehr als 150 Projekte durchgeführt. Derzeit ist man auf Tournee gegangen, um auf den Wettbewerb hinzuweisen und erste Beratungsangebote zu geben. Man bereist 13 Orte wie Havelberg im Norden Brandenburgs, Döbeln in Sachsen oder Jena in Thüringen. Kleine und mittlere Städte also, wo Kulturvereine aktiv sind, die mangels großer Häuser im Umfeld stärker als anderswo auf gemeinnütziges Engagement und damit auf Mitglieder angewiesen sind. Hier will man ansetzen, an der Wurzel sozusagen.

"In dieser Art hat es das noch nicht gegeben", sagt Projektleiterin Karoline Weber bei einem der Beratungstage im Kunsthof Jena, Die Vereine hätten schon im Vorfeld immer wieder betont, dass für sie das größte Problem das Gewinnen neuer Mitglieder ist, sagt Weber. Im ehrenamtlich betriebenen Alltagsgeschäft kämen die meisten schlicht nicht zu dieser doch so wichtigen Aufgabe. Wenn man hier ansetzt, betreibt man nichts weniger als die finanzielle Grundsicherung des Vereins. Mehr noch: man gewinnt ideelle Unterstützer, die als Multiplikatoren in die gesamte Region wirken können.


So war es auch bei Dr. Ulrike Kaiser. Die Direktorin der Stiftung Leuchtenburg erinnert an 1998, wo eine Gruppe von gerade einmal 10 Personen einen Förderkreis ins Leben rief, die die historisch bedeutende Burg unweit der Porzellan-Stadt Kahla retten wollten. Kein reicher Mäzen, sondern das kontinuierliche Werben um Mitstreiter und Fürsprecher aus Politik und Gesellschaft brachte den Erfolg. Mit Hilfe von Bankkrediten konnte man dann europäische Fördermittel in Höhe von 10 Millionen Euro akquirieren. Weitaus innovativer war die Einrichtung eines elektronischen Spendenportals unter dem Motto "Steine stiften- Kultur erhalten". Als Ergebnis dieser Fundraising-Maßnahmen laufen nun umfangreiche Sanierungsarbeiten, um das Projekt "Porzellanwelten" zu realisieren. Ganz aktuell ist man 2012 ein ausgewählter Ort im sog. "Land der Ideen".

Für Matthias Daberstiel, Mitherausgeber des Fundraiser-Magazins, ist das Suchen nach Strategien zur Mitgliedergewinnung bei Vereinen ein "noch völlig unzureichend erforschter Bereich". Die Schwierigkeit besteht in der Immaterialität. Das, was man anbietet, kann man nicht anfassen. So müsse man, wenn man um Geld wirbt oder Fördermitglieder gewinnen will, zunächst Vertrauen aufbauen. Daberstiel sieht einerseits einen großen Bedarf an Strategien, wie man an private Spenden oder Mitglieder kommt. Andererseits hat er den Eindruck, dass man das Thema auch nicht sonderlich mag. "Es gibt da ganz tiefsitzende Ressentiments. Um Unterstützung zu bitten, wird als 'betteln' oder 'hausieren' verstanden". Ihrer Leistung für die Gesellschaft seien sich die Vereinsträger vielerorts gar nicht bewusst. Hinzu kommen Hemmungen und falsche Bescheidenheit. Hier muss ein Bewusstseins- und Wertewandel einsetzen, wenn Kulturvereine dorthin kommen möchten, wo andere gemeinnützige Einrichtungen im Sozial- oder kirchlichen Bereich längst sind.

Während wir mit Projektleiterin Karoline Weber sprechen, durchlaufen zahlreiche Interessierte die insgesamt 6 Stationen im Kunsthof Jena: da geht es um das Knüpfen von Netzwerken, den eigenen professionellen Auftritt, ein Museum der Möglichkeiten oder das Café der Konspiration. All dies in geradezu wohnzimmerhafter Atmosphäre, fern eines doch häufig so kühl daherkommenden Beratungsklimas. Hier sitzt man gern und zwanglos.


Der Wettbewerb der Kulturstiftung beginnt in 2 Wochen und läuft bis zum 31. August - Anmeldeschluss ist der 9. März. Am Ende werden die Vereine Rechenschaft darüber ablegen, wieviel Mitglieder sie in dieser Zeit gewonnen haben. Im Laufe des Wettbewerbs gibt es für die teilnehmenden Vereine die Möglichkeit einer telefonischen Beratung. Die Sieger erhalten dann insgesamt 155.000 Euro in Form eines sog. Matching-Funds. Konkret sind das 100 Euro pro Neumitglied im Wettbewerbszeitraum. Die fünf Vereine mit dem höchsten Zuwachs werden zusätzlich mit je 5.000 Euro belohnt. Die Teilnahme lohnt sich insofern schon aus finanziellen Gründen.

Seine Einmaligkeit erlangt das Projekt aber durch die Beratungsangebote und Qualifizierungsmaßnahmen während und nach dem Wettbewerb. Dies bedeutet nicht weniger als eine nachhaltige Professionalisierung des gemeinnützigen Kultursektors in den neuen Bundesländern. Insofern dürfte der Ruf nach neuen Mitgliedern nicht ungehört verhallen. Das Projekt "Call for Members" passt in die Zeit, weil er auf den allgegenwärtigen Wunsch von Kulturvereinen nach einer Verbesserung ihrer finanziellen Situation mit Professionalisierungsinstrumenten reagiert. zur Nachahmung von uns ausdrücklich empfohlen!

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