14.05.2014
Autor*in
Verena Teissl
Verena Teissl ist Professorin für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft an der FH Kufstein Tirol. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Festivalmanagement und Kulturtourismus.
Best Practice
Treffen der Disziplinen. Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement an der Fachhochschule Kufstein Tirol (Österreich)
Der Studiengang Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement (SKVM) an der Fachhochschule Kufstein wurde 2001 gestartet. Im Entwicklungsteam befanden sich u. a. der Maler Christian Ludwig Attersee, der Dirigent und Leiter der Erler Festspiele Gustav Kuhn oder der Sportprofessor Hans-Dieter Horch, beratend wirkte u.a. Bergsteigerlegende Reinhold Messner. Die Zusammenlegung von Sport und Kultur erschien den BegründerInnen damals als natürliche Inspiration aus dem kulturellen Selbstverständnis Tirols mit seiner Bergsporttradition und seinen Kulturangeboten. In den vergangenen Jahren wurde das ursprüngliche Curriculum, das weitestgehend Sport- und Kulturmanagement nebeneinander stellte, mehrfach modifiziert.
SKVM ist im Department Wirtschaft und Gesellschaft der FH Kufstein angesiedelt und wird seit 2008 von Prof. (FH) Dr. Robert Kaspar geleitet, der u. a. Geschäftsführer der Olympiabewerbung von Salzburg und Marketingleiter der Europäischen Kulturhauptstadt Graz 03 war. Das interne Team besteht neben Robert Kaspar aus drei ProfessorInnen mit je einer fachspezifischen Orientierung zu Sport, Kultur und allgemeinem Veranstaltungswesen.
Herausforderung Interdisziplinarität
Die Herausforderung der Interdisziplinarität als Kompetenz, Differenzen zu respektieren und Gemeinsamkeiten zu nutzen, ist einer experimentellen Dynamik unterworfen, da die Fachgebiete nicht nur terminologisch und theoretisch getrennt sind, sondern auch bei organisatorischen Abläufen differieren. Schnittmengenbereiche wie kulturelle Rahmenprogramme von Sport-Großveranstaltungen, aber auch die Auseinandersetzung mit Sport- und Kulturpolitik eignen sich in besonderem Maße für eine Zusammenführung. Im Curriculum blieben Sport- und Kulturmanagement getrennt, jedoch gibt es Angebote zu synergetischen Lehrveranstaltungen mit Team-Teaching bzw. wird mit Referenzbeispielen aus Sport und Kultur in betriebswirtschaftlichen Fächern gearbeitet. Oft sind es die Studierenden, welche zu originellen synergetischen Ansätze finden.
Herausforderung Interdisziplinarität
Die Herausforderung der Interdisziplinarität als Kompetenz, Differenzen zu respektieren und Gemeinsamkeiten zu nutzen, ist einer experimentellen Dynamik unterworfen, da die Fachgebiete nicht nur terminologisch und theoretisch getrennt sind, sondern auch bei organisatorischen Abläufen differieren. Schnittmengenbereiche wie kulturelle Rahmenprogramme von Sport-Großveranstaltungen, aber auch die Auseinandersetzung mit Sport- und Kulturpolitik eignen sich in besonderem Maße für eine Zusammenführung. Im Curriculum blieben Sport- und Kulturmanagement getrennt, jedoch gibt es Angebote zu synergetischen Lehrveranstaltungen mit Team-Teaching bzw. wird mit Referenzbeispielen aus Sport und Kultur in betriebswirtschaftlichen Fächern gearbeitet. Oft sind es die Studierenden, welche zu originellen synergetischen Ansätze finden.
Praxis und Theorie im Kulturmanagement ein wechselseitiges Verhältnis? Das Herstellen einer Balance zwischen kulturmanagerialer Theorie und kulturbetrieblicher Praxis als Dilemma, Chance und Herausforderung ist neben der Interdisziplinarität ein weiteres Leitmotiv bei SKVM. Mein persönlicher Weg von der Praxis in die Theorie brachte inspirierenden Erkenntnisgewinn, ermöglicht durch das praxiserprobte Wissen für die Lehre stellt sich die Aufgabe allerdings umgekehrt. Der Eindruck einer kulturmanagerialen Parallelwelt entstand durch die in manchen Grundlagenwerken bei aller Exzellenz vermisste Berücksichtigung des Erfahrungsschatzes von Kulturbetrieben.
In der Lehre kann das Verständnis des Kulturbetriebs in seinen regionalen, nationalen und internationalen Rollen nicht wie künstlerische Spartengeschichte als Allgemein- oder Maturawissen vorausgesetzt werden. Wenn kulturmanageriale Einführungs- und Grundlagenwerke eine Stufe später ansetzen, bei kulturpolitischen, finanziellen und marketingtechnischen Herausforderungen und den daraus argumentierten Professionalisierungsforderungen gegenüber Kulturbetrieben, führt dies im Worst Case dazu, dass AbsolventInnen negative Eindrücke vom Agieren der Kulturbetriebe erhalten und diese mit einer aufklärerischen Haltung retten wollen. Das wiederum provoziert eine Abwehrhaltung seitens der potenziellen Arbeitgeber im Kulturbetrieb. Um dieser Dynamik entgegen zu wirken, ist die Heranführung an das Selbstverständnis des Kulturbetriebs ein zentraler Ausgangspunkt bei SKVM. Erst auf dieser Basis werden im Bachelor die spezifisch kulturmanagerialen Aufgaben wie Finanzierung und Produktion, PR und Vermittlung, aber auch Urheberrechtsregelungen und Kooperationen wie Kulturtourismus gelehrt. Der große Anteil an Kulturwissenschaften im Curriculum dient dazu, die Besonderheiten kulturmanagerialer Handlungen durch Bedeutungskonstrukte wie Interkulturalität, Kulturindustrie, Kultursoziologie und Diskursstiftung zu unterstreichen. Das Ausmaß des Erfolgs ist dabei in nicht unerheblichen Maß abhängig von der Kulturaffinität, die Studierende mitbringen oder im Laufe des Studiums entwickeln.
Es gibt aber auch zahlreiche Ansätze in der Kulturmanagementlehre, welche zu positiven Erfahrungen bezüglich des Praxistransfers führten, etwa der Bereich der Kulturvermittlung als strategisches Element (SKVM bildet keine KulturvermittlerInnen aus). Das Geheimnis des Erfolgs liegt vielleicht darin, dass Kulturvermittlung als originäre kulturbetriebliche Auseinandersetzung entstand und keine Adaption von Theorien aus anderen Bereichen darstellt. Dies trifft auch auf die empirische Kulturnutzerforschung zu. Schließlich ist es begrüßenswert, dass Studierende für die Diskurse um Legitimierung und Finanzierung von Kulturbetrieben nicht nur bei den Verantwortlichen für Rahmenbedingungen ansetzen, sondern sich auch mit den Positionen der Kulturanbieter beschäftigen. In Österreich sind privatrechtlich-gemeinnützig organisierte Kulturinitiativen relevante Anbieter, oftmals aber mit prekären Verhältnissen konfrontiert. Die Bedeutung von Führungskompetenzen und -persönlichkeiten in diesem Zusammenhang wird ebenfalls in einer aktuellen Masterarbeit erforscht.
Was will die nachkommende Generation?
Abschließend soll ein Thema aufgegriffen werden, das m.W. bislang eine unterrepräsentierte Auseinandersetzung erfährt (welche im Übrigen durch den Redaktionswettbewerb von Kulturmanagement Network aufgegriffen wird): Welche Erwartungen hat die nachkommende Generation an Kulturangebote, was sind ihre Themen? Denn während die Berufsfeldforschung den Markt durchleuchtet, scheint auch die umgekehrt gestellte Frage relevant. Sie lässt Rückschlüsse darüber zu, wo die Lehre optimal ansetzen kann, um eine nicht hierarchische Dynamik zwischen Lehrenden und Lernenden herzustellen. Der fließende Kulturbegriff schließt mit ein, dass optimalerweise jede Generation nicht nur das Erbe der vorhergehenden antritt (und modifiziert), sondern auch ihre eigene ästhetische Kultur gestalten kann. Ein wiederkehrendes Thema und (Generations)Dilemma ist z.B. die Debatte um Urheberrechtsregelungen im Kontext von Free Culture und Remix als Kulturtechnik der Digital Natives. Aus der oftmals irritierenden Uminterpretation durch Studierende von Hilmar Hoffmans Kultur für alle ein umfassendes kulturbetriebliches Expertenwissen zu gestalten, ist eine Herausforderung. An diesem Beispiel, das von vielen Studierenden als emotional besetztes eigenes Thema erlebt wird, zeigte sich anhand mehrerer Bachelor- und Masterarbeiten der Effekt des dynamischen Lernprozesses zwischen Menschen, die nicht dieselbe Generationsperspektive teilen. Gerade hier äußern sich zwei Paradigmen: Die (notwendigen) Emotionen im Umgang mit kulturellen Prozessen als auslösende Identifikationsmomente und die tatsächlich verantwortungsvolle Bedeutung der Kulturmanagementlehre, welche die jahrhundertealte Tradition der individuellen Handwerksausbildung in der Kulturarbeit zunehmend ersetzt. Letztlich verdeutlicht sich hier die Herausforderung, Kulturarbeit zum Unterrichtsgegenstand zu machen.
Die Lehre an der FH Kufstein ist derzeit geprägt vom Know-how-Transfer der sogenannten Learning-by-Doing Generation zwischen Bewahrung und Innovation. In diesem Transfer sind ideelle Werte und Fragestellungen der Lehrenden explizit erwünscht. Ziel dieses Ansatzes ist es zum einen, den Erfahrungs- und Wissensschatz von Kulturbetrieben als Basis einer Kulturarbeit, die sich als Gesellschaftspolitik versteht, zu vermitteln. Zum anderen geht es darum, Studierende zu ermutigen, die Bedürfnisse ihrer Generation und der sie umgebenden Gesellschaften zu entdecken und nach und nach in Konzepte und Herangehensweisen zu übersetzen. Dafür kommt Kulturmanagementlehre m.E. nicht ohne einen kulturwissenschaftlich gestützten Erkenntnisprozess aus. Für 2015 ist anlässlich 10 Jahre SKVM-AbsolventInnen eine Studie über Herausforderungen, möglicherweise erwirkte Neuerungen und Berufsverläufe in Vorbereitung.
In der Lehre kann das Verständnis des Kulturbetriebs in seinen regionalen, nationalen und internationalen Rollen nicht wie künstlerische Spartengeschichte als Allgemein- oder Maturawissen vorausgesetzt werden. Wenn kulturmanageriale Einführungs- und Grundlagenwerke eine Stufe später ansetzen, bei kulturpolitischen, finanziellen und marketingtechnischen Herausforderungen und den daraus argumentierten Professionalisierungsforderungen gegenüber Kulturbetrieben, führt dies im Worst Case dazu, dass AbsolventInnen negative Eindrücke vom Agieren der Kulturbetriebe erhalten und diese mit einer aufklärerischen Haltung retten wollen. Das wiederum provoziert eine Abwehrhaltung seitens der potenziellen Arbeitgeber im Kulturbetrieb. Um dieser Dynamik entgegen zu wirken, ist die Heranführung an das Selbstverständnis des Kulturbetriebs ein zentraler Ausgangspunkt bei SKVM. Erst auf dieser Basis werden im Bachelor die spezifisch kulturmanagerialen Aufgaben wie Finanzierung und Produktion, PR und Vermittlung, aber auch Urheberrechtsregelungen und Kooperationen wie Kulturtourismus gelehrt. Der große Anteil an Kulturwissenschaften im Curriculum dient dazu, die Besonderheiten kulturmanagerialer Handlungen durch Bedeutungskonstrukte wie Interkulturalität, Kulturindustrie, Kultursoziologie und Diskursstiftung zu unterstreichen. Das Ausmaß des Erfolgs ist dabei in nicht unerheblichen Maß abhängig von der Kulturaffinität, die Studierende mitbringen oder im Laufe des Studiums entwickeln.
Es gibt aber auch zahlreiche Ansätze in der Kulturmanagementlehre, welche zu positiven Erfahrungen bezüglich des Praxistransfers führten, etwa der Bereich der Kulturvermittlung als strategisches Element (SKVM bildet keine KulturvermittlerInnen aus). Das Geheimnis des Erfolgs liegt vielleicht darin, dass Kulturvermittlung als originäre kulturbetriebliche Auseinandersetzung entstand und keine Adaption von Theorien aus anderen Bereichen darstellt. Dies trifft auch auf die empirische Kulturnutzerforschung zu. Schließlich ist es begrüßenswert, dass Studierende für die Diskurse um Legitimierung und Finanzierung von Kulturbetrieben nicht nur bei den Verantwortlichen für Rahmenbedingungen ansetzen, sondern sich auch mit den Positionen der Kulturanbieter beschäftigen. In Österreich sind privatrechtlich-gemeinnützig organisierte Kulturinitiativen relevante Anbieter, oftmals aber mit prekären Verhältnissen konfrontiert. Die Bedeutung von Führungskompetenzen und -persönlichkeiten in diesem Zusammenhang wird ebenfalls in einer aktuellen Masterarbeit erforscht.
Was will die nachkommende Generation?
Abschließend soll ein Thema aufgegriffen werden, das m.W. bislang eine unterrepräsentierte Auseinandersetzung erfährt (welche im Übrigen durch den Redaktionswettbewerb von Kulturmanagement Network aufgegriffen wird): Welche Erwartungen hat die nachkommende Generation an Kulturangebote, was sind ihre Themen? Denn während die Berufsfeldforschung den Markt durchleuchtet, scheint auch die umgekehrt gestellte Frage relevant. Sie lässt Rückschlüsse darüber zu, wo die Lehre optimal ansetzen kann, um eine nicht hierarchische Dynamik zwischen Lehrenden und Lernenden herzustellen. Der fließende Kulturbegriff schließt mit ein, dass optimalerweise jede Generation nicht nur das Erbe der vorhergehenden antritt (und modifiziert), sondern auch ihre eigene ästhetische Kultur gestalten kann. Ein wiederkehrendes Thema und (Generations)Dilemma ist z.B. die Debatte um Urheberrechtsregelungen im Kontext von Free Culture und Remix als Kulturtechnik der Digital Natives. Aus der oftmals irritierenden Uminterpretation durch Studierende von Hilmar Hoffmans Kultur für alle ein umfassendes kulturbetriebliches Expertenwissen zu gestalten, ist eine Herausforderung. An diesem Beispiel, das von vielen Studierenden als emotional besetztes eigenes Thema erlebt wird, zeigte sich anhand mehrerer Bachelor- und Masterarbeiten der Effekt des dynamischen Lernprozesses zwischen Menschen, die nicht dieselbe Generationsperspektive teilen. Gerade hier äußern sich zwei Paradigmen: Die (notwendigen) Emotionen im Umgang mit kulturellen Prozessen als auslösende Identifikationsmomente und die tatsächlich verantwortungsvolle Bedeutung der Kulturmanagementlehre, welche die jahrhundertealte Tradition der individuellen Handwerksausbildung in der Kulturarbeit zunehmend ersetzt. Letztlich verdeutlicht sich hier die Herausforderung, Kulturarbeit zum Unterrichtsgegenstand zu machen.
Die Lehre an der FH Kufstein ist derzeit geprägt vom Know-how-Transfer der sogenannten Learning-by-Doing Generation zwischen Bewahrung und Innovation. In diesem Transfer sind ideelle Werte und Fragestellungen der Lehrenden explizit erwünscht. Ziel dieses Ansatzes ist es zum einen, den Erfahrungs- und Wissensschatz von Kulturbetrieben als Basis einer Kulturarbeit, die sich als Gesellschaftspolitik versteht, zu vermitteln. Zum anderen geht es darum, Studierende zu ermutigen, die Bedürfnisse ihrer Generation und der sie umgebenden Gesellschaften zu entdecken und nach und nach in Konzepte und Herangehensweisen zu übersetzen. Dafür kommt Kulturmanagementlehre m.E. nicht ohne einen kulturwissenschaftlich gestützten Erkenntnisprozess aus. Für 2015 ist anlässlich 10 Jahre SKVM-AbsolventInnen eine Studie über Herausforderungen, möglicherweise erwirkte Neuerungen und Berufsverläufe in Vorbereitung.
Dieser Beitrag erschien in langer Form im KM Magazin Januar 2014, das sie hier herunterladen können.
Alle weiteren Informationen zum Studiengang Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement an der Fachhochschule Kufstein Tirol finden Sie hier.
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