03.04.2012

Autor*in

Aurel Schmidt
Kultur ökonomisieren

Ein schlechter Vorschlag

Wie in der Politik schon lange, herrscht zur Zeit auch in der Kultur eine tiefe Verdrossenheit. Die Menschen sind sehr müde. Kein Elan, keine Begeisterung. Business als usual. Ein Staat ist damit nicht zu machen. Aus schierer Verzweiflung halten sich die Menschen an den letzt Strohhalm, der ihnen geblieben ist. Das sind die Börsenkurse. Geht es aufwärts? Geht es abwärts? Jeden Tag eine kleine Hoffnung weniger und eine grosse Enttäuschung mehr (ausser für wenige).
In Zeiten wie diesen geht es zuerst der Kultur schlecht. Das Publikum bleibt in den Theatern, Museen und Konzertsälen weg, dafür verzeichnen die Stadien und Autorennstrecken Zulauf.
 
Wenn ein Kurator Jeff Koons in Versailles ausstellt, meint er vielleicht, einen tollen Einfall gehabt zu haben. In Wirklichkeit ist es nur Schwachsinn. Jean Clair hat in seinem Buch "L'Hiver de la culture" den dröhnenden Leerlauf des Kunstbetriebs rubriziert. Ausstellungen sind Partyanlässe, die Museen vermieten ihre Räumlichkeiten für Geschäftsempfänge, eine Ausstellung über Vincent van Gogh hat die Aufgabe, das Stadtmarketing zu fördern. Schlimmer geht es nicht.
 
In den Kulturabteilungen der Medien wird ein dürftiger Kulturbegriff vertreten. Seit Wochen meine ich, nichts anderes zu lesen als Berichte über besoffene Soul-Divas. Jeder DJ wird als Schamane gefeiert, jeder Rapper ist ein Halbgott. Kunst beschränkt sich auf Selbstdarstellungen à la Cindy Sherman. Damien Hirst, der ein Schaf in Formaldehyd ausstellt, hat das Kunstwerk zum Industrieprodukt beziehungsweise Spekulationsobjekt gemacht. Vielleicht ist der Kulturbetrieb deswegen so heruntergekommen.
 
Auch die Forderung, Kultur müsse für das grosse Publikum zugänglich, gewissermassen mehrheitsfähig sein, ist ein schlechter Ratgeber. Man erinnert sich an das Wort des früheren Bundesrats Pascal Couchepin vom "volksnahen Qualitätskino". Wenn ein Volkskaninchen und eine Qualitätskarotte zusammen in einen Käfig gesperrt werden, kann man sicher sein, dass das Kaninchen überlebt.
 
...
Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011).
 

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