15.12.2016
Neue Studie Prognos AG/Deutscher Städtetag 2016

Städte/Geld/Kulturelle Bildung/Horizont

Der Rat für Kulturelle Bildung hat zusammen mit der Prognos AG und dem Deutschen Städtetag die Studie Städte/Geld/Kulturelle Bildung. Horizont 2016 durchgeführt. Sie zeigt, dass das Thema Kulturelle Bildung in Deutschlands Kommunen zwar Konjunktur hat, es aber Abstriche bei der strategischen Planung, Umsetzung, Steuerung und Auswertung des Erfolgs gibt.
Bedeutung und Förderung
 
Die Studie Städte/Geld/Kulturelle Bildung. Horizont 2016 macht die Zusammenhänge zwischen politischer Schwerpunktsetzung, ausreichenden Budgets, verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten sowie besserer Koordination zwischen Politik, Verwaltung und den Akteuren Kultureller Bildung deutlich. Über drei Viertel der an der Befragung beteiligten Städte stufen die Bedeutung von Kultureller Bildung als eher hoch (50 Prozent) oder sehr hoch (28 Prozent) ein, nur 17 Prozent als gering, lediglich 1 Prozent als sehr gering.
 
Dennoch erachten zwei Drittel der Kommunen ihr Budget als zu gering. Städte, die einen Schwerpunkt auf Kulturelle Bildung setzen, sehen ihre finanziellen Möglichkeiten in diesem Bereich eher als auskömmlich oder gut an (27 Prozent). Sie schätzen die Entwicklung ihrer Mittel in den letzten Jahren positiver ein, während sie vor allem in Kommunen ohne Schwerpunktsetzung für Kulturelle Bildung im Vergleich zum Gesamthaushalt während der letzten fünf Jahre sanken. Insgesamt sind die Erwartungen an die Zukunft gemischt: 20 Prozent prognostizieren eine schwächere Entwicklung der Finanzen Kultureller Bildung, 6 Prozent rechnen mit einem Anstieg.
 
Unter den nicht-städtischen Finanzierungsquellen nehmen die Bundesländer eine exponierte Stellung ein: Drei Viertel der Städte messen den Beiträgen ihres Bundeslandes hohe oder zumindest mittlere Relevanz bei. Es folgen als wichtigste Kofinanzierer Eltern und Besucher von Kultureinrichtungen (52 Prozent) sowie freie Träger (51 Prozent). Öffentliche und private Stiftungen werden von 47 beziehungsweise 41 Prozent der Kommunen als relevante Partner bezeichnet. Bund, EU und öffentliche-rechtliche Rundfunkanstalten spielen eine deutlich geringere Rolle. Auch hier zeigen sich Zusammenhänge zur Bedeutung Kultureller Bildung: Land, öffentliche Stiftungen und private Unternehmen sind in Städten mit Schwerpunktsetzung häufiger relevante Finanzpartner als in jenen Kommunen, denen Kulturelle Bildung weniger wichtig ist.
 
Obwohl Kulturelle Bildung seit der Aachener Erklärung des Deutschen Städtetags beinahe zehn Jahre vergangen sind, ist sie in 59 Prozent der Städte nach wie vor kein Teil der Bildungsberichterstattung. In 55 Prozent der Städte gibt es keine entsprechenden Kennzahlen oder Indikatoren in den Haushaltsplänen. Nur 14 Prozent schließen durchgängig schriftliche Vereinbarungen mit den Akteuren Kultureller Bildung ab, lediglich vier Prozent formulieren spezifische Zielvereinbarungen hinsichtlich der Bereitstellung von Angeboten. Dies macht einen Vergleich nahezu unmöglich.
 
Die Mehrheit der Städte übernimmt demnach keine zentrale Rolle bei der Steuerung und Moderation der zielorientierten Zusammenarbeit, wie sie es als Selbstverpflichtung in der Aachener Erklärung formulierten. Dennoch sieht die Mehrheit sowohl die Notwendigkeit für eine wirksamere organisatorische Koordinierung der Angebote Kultureller Bildung (61 Prozent) als auch für eine wirksamere Koordination bei der Finanzierung (53 Prozent). Insgesamt gilt auch hier, dass je höher der Stellenwert umso mehr Evaluationsinstrumente werden von der Stadtverwaltung eingesetzt. Ebenso entscheidend sind die Größe der Stadt und die Bedeutungszumessung für die Entscheidung, ob Projekte Kultureller Bildung durch die Verwaltung evaluiert werden.
 
Besonders deutlich zeigt sich stärkeres Engagement für Kulturelle Bildung in der offenen Jugendarbeit (+46 Prozentpunkte), in Ganztagsschulen/ Horten (+40 Prozentpunkte) sowie in der Stadtteilsozialarbeit (+38 Prozentpunkte) gegenüber Städten, denen Kulturelle Bildung weniger wichtig ist. Ein hoher Stellenwert führt damit offensichtlich dazu, dass Kulturelle Bildung auch in kommunalen Bildungslandschaften angeboten wird.
 
Einfluss von Standortfaktoren
 
Alle an der Studie beteiligten Städte über 500.000 Einwohner messen Kultureller Bildung eine eher hohe oder sehr hohe Bedeutung bei. Unter den Städten bis 200.000 und bis 500.000 Einwohnern sind dies noch 89 beziehungsweise 85 Prozent. Bei Städten bis 100.000 und bis 50.000 Einwohnern sinkt dieser Wert auf 70 respektive 60 Prozent ab. Zudem kofinanzieren größere Städte Projekte Kultureller Bildung, die durch Freie Träger durchgeführt werden, häufiger als kleinere Städte. Dabei versorgen Großstädte häufig auch ihr Umland mit. Dennoch oder gerade deswegen schätzen sie ihr Budget für Kulturelle Bildung seltener als gut ein.
 
Mit Ausnahme der Stadtgröße wirken sich die untersuchten Standortfaktoren kaum auf die Gestaltung Kultureller Bildung aus. Die Etats, die Organisation und Durchführung Kultureller Bildung stehen dabei nicht in Korrelation zu den Faktoren Arbeitslosigkeit, Jugendanteil oder Verschuldung der Kommune. Insgesamt legen die Befunde deshalb die Annahme nahe, dass der Stellenwert, der Kultureller Bildung in Politik und Verwaltung zugemessen wird, die entscheidende Stellschraube für eine zielgerichtete Organisationstruktur sowie für eine auskömmliche und durch viele Akteure gemeinsam finanzierte Durchführung von Projekten und Maßnahmen Kultureller Bildung ist.
 
Methodik
 
Die Organisation, Finanzierung und Steuerung von Angeboten der Kulturellen Bildung in Deutschland ist außerordentlich heterogen. Die Zuständigkeiten sind nicht nur über die föderalen Ebenen, sondern auch über verschiedene Ressorts in Bund, Ländern und Kommunen verteilt. Ziel der Befragung der 200 Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetages war es, aussagekräftige und belastbare Erkenntnisse über derzeitige Finanzierungsarten, Organisationsformen und Steuerungspraktiken sowie zu erwartende Entwicklungen im Bereich der Kulturellen Bildung zu gewinnen.
 
Die standardisierte Online-Befragung mit 25 Fragen richtete sich zwischen Ende Juni und Mitte August 2016 an die in den Stadtverwaltungen für das Angebot an Kultureller Bildung zuständigen Stellen und Personen. Aufgrund oft fehlender spezifischer Angaben, Kennzahlen und Indikatoren in den Haushaltspositionen wurden gestufte Fragen über die Lage und Entwicklung des Budgets für Kulturelle Bildung gestellt. Gleiches galt für Fragen zur Organisation und Koordinierung sowie zur Evaluierung von Angeboten Kultureller Bildung.
 
Insgesamt nahmen 104 der 200 angefragten Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetages teil, in denen (n=104) rund 22 Millionen Bürgerinnen und Bürger leben. Als rücklaufdämpfender Faktor ist zu sehen, dass die Befragung als Querschnittsaufgabe oft eine Beantwortung durch mehrere Verwaltungsbereiche erfordert hat. Nach Bundesländern betrachtet zeigten sich erhebliche Unterschiede: Die Stadtstaaten haben vollständig geantwortet. Ein besonders hoher Rücklauf von 85 Prozent ist aus Nordrhein-Westfalen erfolgt. Bei den Städten aus den ostdeutschen Bundesländern war der Rücklauf mit 38 Prozent dagegen unterdurchschnittlich.
 
Insgesamt sind die Datenlage und der Forschungsstand zur Finanzierung Kultureller Bildung beklagenswert. Auch bleibt der Blick aufgrund der Mitgliederstruktur des Deutschen Städtetages auf den urbanen Raum beschränkt. Ein Vergleich zu ländlichen Regionen sowie ihrer Beziehungen zu den Städten steht weiterhin aus. Ebenso muss Kulturelle Bildung in den Haushalten der Kommunen mit Zielen und Kennzahlen auffindbarer werden, um in der öffentlichen wie in der verwaltungsinternen Debatte zu unterstreichen, was geleistet wurde und was noch zu leisten ist. Zudem sollte der interkommunale Vergleich selbstverständlicher werden. Dies dient mittel- bis langfristig auch dazu, die blinden Flecke der Kulturellen Bildung in den Kultur- und Finanzstatistiken des Bundes und der Länder zu füllen.
 
Insbesondere der Bund muss durch Abbau bürokratischer Hürden und die Unterstützung der Kommunen zur Qualitätssteigerung und Angebotssicherung der Angebote Kultureller Bildung beitragen, um Einnahmeschwankungen auszugleichen, ohne jedoch die Zuständigkeit der Länder in Bildungsfragen anzutasten.
 
Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das sich mit der Lage und der Qualität Kultureller Bildung in Deutschland befasst. Ihm gehören zwölf Mitglieder an, die die verschiedenen Bereiche der Kulturellen Bildung repräsentieren.
 
Der Deutsche Städtetag ist der Spitzenverband der kreisfreien sowie der meisten kreisangehörigen Städte in Deutschland insgesamt rund 3.400 Städte und Gemeinden mit rund 51 Millionen Einwohnern. Er vertritt die Idee der kommunalen Selbstverwaltung und orientiert seine Arbeit vor allem an den Interessen der Mitgliedsstädte sowie ihrer BürgerInnen.
 
Die gesamte Studie finden Sie hier.
 

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