19.08.2019
Themenreihe Berufsbild
Autor*in
Jennifer Kroll
studierte Europäischen Ethnologie und Anglistik. Bereits während des Studiums arbeitete sie in verschiedenen Redaktionen, bevor sie zum Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf kam. Dort war sie unter anderem Programmleiterin, bis sie die Leiterin des jungen Verlags Eden Books wurde.
Berufsbilder im Kulturbereich
Verlagsleitung
Eine Karriere im Verlagsbereich ist für viele ein Traum - und ebenso schwierig zu erreichen, schließlich kaufen immer weniger Menschen Bücher. Umso spannender ist unser Berufsbild-Interview mit Jennifer Kroll, Leiterin des jungen Boutiqueverlags Eden Books. Dessen Motto "unterhalten, bewegen und inspirieren" bestimmt ihren Arbeitsalltag als Führungskraft in einem Berufsfeld zwischen Passion und Unmöglichem.
Themenreihe Berufsbild
Liebe Frau Kroll, würden Sie uns Ihre wichtigsten beruflichen Stationen beschreiben? Welche haben Sie auf besondere Weise geprägt?
Ich habe mein Studium der Europäischen Ethnologie und Anglistik durch Jobs in verschiedenen Redaktionen finanziert, wurde dann Redaktionsleiterin eines Netzines an der Humboldt-Universität in Berlin und habe dort Themen verteilt, Programmplanung gemacht etc. Dabei erkannte ich, wie viel Spaß mir das macht. Im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf habe ich acht Jahre lang in verschiedenen Positionen gearbeitet, unter anderem als Programmleiterin. Hier habe ich Projekte akquiriert und im Team verteilt, AutorInnen betreut und viel konzipiert. Das reine Lektorat hat mich nie interessiert, sondern immer die Vision vom fertigen Buch inklusive Vermarktung und Vertrieb.
Welche Aufgaben fallen in Ihren derzeitigen Tätigkeitsbereich? Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus was erfüllt Sie dabei mit besonderer Freude?
Ich arbeite in einer Doppelrolle als Unternehmerin und Verlegerin, bin also gleichermaßen planerisch wie kreativ unterwegs. Meistens starte ich gegen 8:30 Uhr im Verlag, um 10:00 Uhr sitzt das Team kurz zusammen, ansonsten habe ich häufig Termine mit AutorInnen, die ich akquirieren will, recherchiere und kalkuliere viel. Für mich sind die schönsten Momente die Gespräche mit AutorInnen - diese sind meist sehr persönlich, nah und beeindruckend.
Welche Aspekte Ihrer Ausbildung haben Ihnen bei Ihrer beruflichen Laufbahn am meisten geholfen?
Während meines Studiums der Europäischen Ethnologie habe ich gelernt, wie man Interviews führt und darüber Themen aufmacht, das hilft mir natürlich täglich. Mein zweites Fach, Anglistik / Amerikanistik, hat mich an viele populärkulturelle Fragestellungen herangeführt, und der angloamerikanische Buchmarkt ist für mich weiterhin sehr relevant, hier akquirieren wir auch Lizenzen.
Welche Bereiche haben Ihnen in Ihrer Ausbildung gefehlt und wie haben Sie diese Kompetenzen stattdessen erworben?
Tatsächlich lief mein Berufseinstieg bei Schwarzkopf & Schwarzkopf über meine Basiskenntnisse von HTML, die ich während meines Studiums nebenbei erworben hatte, sowohl in diversen Redaktionen als auch in der Arbeit für eigene Web-Projekte. Dann habe ich im Verlag nach einiger Zeit die Programmleitung übernommen und hatte Verantwortung für acht MitarbeiterInnen. In die Personalführung bin ich darüber hineingewachsen. Das Management eines Buchverlags habe ich mir an vielen Punkten von meinem damaligen Chef abschauen können - und bin dann mit Eden Books aber auch ein Stück weit ins kalte Wasser gesprungen. Meine segensreichste Fähigkeit jedoch habe ich gleich nach dem Abitur in den Sommerferien erlangt: Da habe ich mir mit einer Software das 10-Finger-Tippen beigebracht.
Wie hat sich Ihr Berufsbild in den letzten Jahren verändert? Und wie wird es sich voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln?
Das Wichtigste hat sich nicht verändert: Man braucht gute Ideen, und zwar immer wieder! Um aus diesen dann aber erfolgreiche Bücher zu machen, muss man an vielen Stellschrauben drehen und braucht dazu noch eine große Portion Glück. Die Anzahl und Bedeutsamkeit dieser Stellschrauben ist ständig in Bewegung, man muss über viele Plattformen denken, über unterschiedliche Formate, Vertriebs- und Vermarktungswege. Das Tempo nimmt eher zu. Als Verlagsleiterin muss ich ständig dafür sorgen, dass mein Team über Weiterbildungen technisch und prozessual auf dem Stand der Branche ist, und größere Veränderungen möglichst frühzeitig vorbereiten. Auch im Buchvertrieb tut sich so viel, das muss ich im Blick behalten und bei der Konzeptionierung unserer Bücher berücksichtigen. Ich habe ja eine Doppelrolle inne: Ich arbeite kreativ als Verlegerin, aber unter den ökonomischen Notwendigkeiten einer Unternehmerin - der Spagat ist nicht immer leicht.
Gab es Situationen in Ihrer Karriere, in denen Sie das Gefühl hatten, das Ziel nicht mehr zu erreichen? Welchen Rat können Sie jungen KulturmanagerInnen in solchen Situationen mit auf den Weg geben?
Mir hat es immer geholfen, das Gespräch zu suchen - und darüber ein Netzwerk aufzubauen. Dabei war es für mich wichtig, ehrlich und persönlich zu sein und Begegnungen auch zuzulassen. Smalltalk macht mir keinen Spaß, es geht oft gleich um die ganz großen Themen. Darüber kommt echte Nähe zustande und diese ist belastbarer als leere Gespräche. Auch habe ich meine Ziele nicht über bestimmte Positionen definiert, sondern über Situationen und Gefühle. Und für deren Gestaltung kann ich selbst eine ganze Menge tun. Damit ist man einer konventionellen Karriere-Vorstellung weniger ausgeliefert, das finde ich entlastend.
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