24.07.2020
Themenreihe Digitale Formate
Autor*in
Robert Weller
ist Content Experience Consultant mit Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- und SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Projekten mit führenden Marken. Er ist Autor mehrerer Bücher und schreibt regelmäßig Fachartikel für Unternehmen und Verlage.
Content Audit Guide
Weniger Content produzieren und datenbasiert optimieren
Der Content auf Webseiten und Blogs von Kultureinrichtungen wächst und wächst. Doch selten wird danach geschaut, welche Resonanz damit erzielt wird. Dafür braucht es schlicht eine Analyse dessen, was produziert wird.
Themenreihe Digitale Formate
Ärgert es dich, wenn dein Content nicht in den ersten Suchergebnissen auftaucht? Wenn es scheint, als würde sich die harte Arbeit nicht auszahlen? Viele Blogger*innen und Content Marketer*innen produzieren immer nur neue Inhalte, um Aufmerksamkeit und Traffic zu generieren. Um bereits publizierten Content zu optimieren, kann eine grundlegende Analyse, das sogenannte Content-Audit, helfen.
Was ist ein Content-Audit?
Ein Content-Audit definiert sich als qualitative Analyse vorhandener Inhalte in Hinblick auf ihren Beitrag zu Unternehmens- und Marketingzielen und damit einhergehend auch hinsichtlich ihrer Resonanz in der Zielgruppe. Es hilft uns zu verstehen, welcher Content funktioniert und welcher nicht. Daher werden bei einem solchen Audit auch das genutzte Content-Management-System (CMS) und die Content-Strategie kritisch betrachtet. Dabei werden die Inhalte klassifiziert:
- Wertvoll heißt, dass der Content den strategischen Unternehmenszielen dient.
- Wirksam bedeutet, dass der Content den operativen Marketingzielen dient.
- Nutzlos sind Inhalte dann, wenn sie weder wertvoll noch wirksam sind.
Ein Content-Audit bringt diverse Vorteile:
- Indem du die (Langzeit-)Performance deiner Inhalte analysierst, lernst du, ihre Stärken und Schwächen zu verstehen. Dieses Wissen kannst du in deine künftige Produktion einfließen lassen, wodurch du auf lange Sicht die Relevanz deines gesamten Content Portfolios steigerst.
- Du stößt bei der Analyse womöglich auf Duplicate Content, Inkonsistenz in deinen Aussagen oder redundante Inhalte. Oder du deckst Optimierungspotenzial durch die technische oder inhaltliche (Suchmaschinen-)Optimierung auf - insbesondere bei den verwendeten Keywords.
- Eine vollständige horizontale Betrachtung deiner Kommunikation über alle deine Kanäle hinweg, einschließlich Print, Social und in Person (bspw. durch Aufzeichnung von Vorträgen), gibt dir neue Anreize für deine Marketingstrategie bzw. -positionierung.
- Du prüfst deine Website dadurch auf Aktualität und Richtigkeit. Durch die Korrektur und Pflege gewinnt dein Content insgesamt an Relevanz und Mehrwert.
- Durch das strukturierte Vorgehen ist sichergestellt, dass du all deine Inhalte anhand derselben Kriterien bewertest und sie dadurch miteinander vergleichen kannst. Durch die Kombination objektiver Kriterien mit deiner subjektiven Einschätzung läufst du außerdem nicht die Gefahr, dein Fazit nur anhand von harten Fakten zu ziehen, sondern bringst deine Erfahrung und dein Bauchgefühl mit ein.
- Dir fallen durch die ganzheitliche Betrachtung thematische Lücken auf, die du in Form neuer Inhalte schließen kannst. Du generierst also gleichzeitig Content-Ideen. Außerdem kannst du deinen Content kategorisieren.
- Du lernst deinen Content kennen und kannst ihn "smart" einsetzen - bspw. durch clevere Kombination oder im Rahmen von Marketing-Automatisierungskampagnen.
Ein Content-Audit hat auch Nachteile, aber die werten die Vorteile nicht ab. Der aus meiner Sicht einzige größere Nachteil ist der notwendige Aufwand. Ein Content-Audit ist erst dann sinnvoll und effektiv, wenn du ALLE Seiten und ALLE verfügbaren Inhalte in die Analyse einbeziehst, also neben Texten auch PDFs, Infografiken, Videos etc. Zwar differenzieren wir grundlegend drei Ansätze mit unterschiedlichem Aufwand (vollständig, anteilig, stichprobenartig), eine Teilbetrachtung kann aber unter Umständen zu einer Fehleinschätzung führen. Entscheidend ist deine Zielstellung: Willst (musst) du schnell die Lead-Generierung ankurbeln, solltest du dich auf die Inhalte fokussieren, die für die Customer Journey relevant sind. Um dahin zu kommen brauchst du Zeit, ein interdisziplinäres Team und vor allem einen guten Plan.
Wie funktioniert ein Content-Audit?
Schritt 1: Das Content Inventory als quantitative Analyse
Für die Erstellung des Content-Inventars interessieren uns vor allem:
- Ort (URL)
- Titel (inklusive meta title und description)
- Publikationszeitpunkt bzw. Datum der letzten Modifikation
- Content-Format
- Content-Typ (z.B. Story Content, Conversion Content oder Trust Content, siehe auch Content Polygon zur Kategorisierung)
- Inhalt, den du zum Beispiel anhand der verwendeten Kategorien beschreiben kannst
- Umfang (bspw. Anzahl der Wörter/Bilder/Videos)
- Autor*in
- Buyer Persona (optional, kann aber hilfreich sein)
Hierfür legst du am besten eine Excel-Liste an, sodass du die Daten jederzeit sortieren und filtern kannst. Sobald du diese erste Liste erstellt hast, kannst du sie um Daten z.B. aus Google Analytics ergänzen.
Schritt 2: Das Audit als qualitative Content-Analyse
Ein solches Inventar ist die Basis für die qualitative Analyse. Auf das Was folgt nun das Warum. Um diese qualitative Analyse durchzuführen, brauchen wir zunächst standardisierte Bewertungskriterien. Margot Bloomstein stellt dafür in ihrem Buch Content Strategy at Work zwei Methoden vor:
- Die ARA-Analyse: Das steht für Aktualität, Relevanz und Angemessenheit. Je mehr dieser drei Faktoren dein Content erfüllt, desto höher ist seine Qualität. Werden alle drei Faktoren erfüllt, besteht zunächst kein Handlungsbedarf.
- Die ROT-Analyse: Das steht für Redundant, Outdated (entspricht der Aktualität der ARA-Analyse) und Trivial. Das Ziel dieser Analyse ist, unnötigen Optimierungsaufwand durch die Eliminierung von Content von vorn herein zu vermeiden.
Bei diesen Analyse-Modellen wird allerdings nicht der Inhalt selbst berücksichtigt. Wir sollten daher unbedingt einen Blick auf das Content Design und die Performance anhand der folgenden Aspekte werfen und bspw. ein Content Scoring bzw. Scorecard-Modell zur Bewertung heranziehen.
- Schreibstil & Tonalität: Sofern du eine dokumentierte Markenstrategie mit Informationen zur gewünschten Tonalität besitzt, kannst du diese zur Orientierung nutzen, vor allem wenn es um die sprachliche Präsentation deiner Inhalte geht. Im Kontext dieser Analyse helfen dir außerdem Text-Analyse-Tools (z.B. Wortliga oder PR-Gateway) oder umfangreichere Content-Suiten wie linkbird.
- Interne Verlinkung bzw. Integration ins Gesamtbild: Dein Content, insbesondere Seiten und Blogartikel, sollten mindestens drei interne Links enthalten. Diese Zahl bezieht sich allerdings nur auf "Content-Links", also jene, die die aktuelle Seite inhaltlich komplementieren. Globale Links zur Kontaktseite oder dem Impressum zählen nicht.
- Content-Nutzung: Finde heraus, wie lange sich Nutzer*innen durchschnittlich mit deinen Inhalten beschäftigen und was sie währenddessen bzw. danach tun. Melden sie sich für deinen Newsletter an oder kaufen sie ein Produkt? Oder verlassen sie deine Website kommentarlos? Mach dir anhand von Kennzahlen wie der Conversion Rate bewusst, durch welchen Content du profitierst.
Alternativ: Das Lean Content Audit als agile Analyse
Falls du keinen Bedarf an einer vollständigen Analyse hast oder dir die nötige Zeit fehlt, kannst du die Aufgabe auch lean angehen, sprich in kleinen Schritten. Der Prozess ist ähnlich, allerdings konzentrierst du dich nur auf die 25 am meisten und am wenigsten besuchten Seiten (oder eben so viele wie es dir passt).
Stell dir bei diesen Seiten die folgenden Fragen:
- Sind die meistbesuchten Seiten wirklich die, die du deinen Besucher*innen zeigen willst?
- Sind die Besucher*innen auf diesen Seiten aktiv? Wenn nein, kannst du die Seite dahingehend verbessern?
- Fällt dir bei der Betrachtung etwas Ungewöhnliches auf?
- In Hinblick auf die wenig besuchten Seiten: Warum sind sie so schlecht? Warum gibt es diese überhaupt? Gibt es einen rationalen Grund, sie zu behalten?
Auf diese Weise erhältst du einen guten Überblick über deine Seite und die Performance deiner Inhalte und kannst dich infolge auf den Content konzentrieren, der funktioniert.
Wann sind Content-Audits sinnvoll und wie oft sollte ich meinen Content analysieren?
Die Notwendigkeit für ein Content-Audit erkennst du daran, dass deine Rankings sinken, du für deine wichtigsten Keywords nicht in den Suchergebnissen auftauchst oder du schlicht nicht weißt, wo du mit deinem aktuell Content stehst. Das ist zumindest die SEO-Perspektive. Die sollte aber nicht der einzige Grund sein.
Weitere Gelegenheiten für ein Audit ergeben sich durch einen Website-Relaunch oder den geplanten Eintritt in neue Märkte, eine bevorstehende Umstrukturierung oder dann, wenn deine Seite in ihrem aktuellen Zustand ihren Zweck nicht mehr erfüllt. Ausschlaggebend ist deine Publikationsfrequenz. Je niedriger diese ist - bspw. ein Artikel pro Monat - desto seltener brauchst du ein Audit durchführen. Das bedeutet auch, dass sich ein Content-Audit überhaupt erst lohnt, wenn du eine gewisse Masse an Content aggregiert hast.
Bei einem fortlaufenden, sogenannten Rolling Content Audit, brauchst du außerdem auch nur den seit der letzten Betrachtung hinzugekommenen Content ergänzen. Die Aufgabe wird demnach deutlich kleiner, sobald du das erste Audit abgeschlossen hast.
Den quantitativen Teil, also die Inventur, kannst du hingegen häufiger durchführen, bspw. einmal im Monat. Wichtig ist in jedem Fall, dass deiner Analyse auch Taten folgen! Ein Audit resultiert immer in einem konkreten Handlungsplan.
Die Konsequenz eines Content-Audits ist die Optimierung
Den Aufwand eines Audits machen wir uns nicht umsonst, wir wollen schließlich mit den Insights arbeiten. Wir ergänzen dazu im dritten Schritt unser Spreadsheet um eine weitere Spalte "Aktion" und tragen dort eine der folgenden vier Aktionen ein:
- Keep - Content zu behalten ist eine Entscheidung, die du hoffentlich häufig treffen kannst. Das bedeutet nämlich, dass du zielorientiert gearbeitet hast.
- Delete - Content zu löschen ist sicherlich kein leichter Schritt, aber bisher zeigen alle Case Studies positive Ergebnisse.
- Consolidate - Die Konsolidierung von Content ist sinnvoll, um die User Experience zu verbessern. Wenn du bspw. viele kürzere Beiträge zu ein und demselben Thema veröffentlicht hast, müssen sich die Nutzer*innen durchklicken, um alle zu konsumieren. Viel einfacher für sie ist es, wenn der Content auf einer einzigen Seite zusammengefasst ist.
- Improve - Was die Optimierung deiner Artikel angeht, will ich nicht weiter ins Detail gehen, ab hier nimmt dich mein Beitrag zur Content-Optimierung mit.
Weitere wichtige Aktionen sind die Dokumentation des Prozesses (welcher Content wurde wann, wie und warum geändert) und die Anpassung von Arbeitsdokumenten. Darüber hinaus könntest du den Content deiner Mitbewerber analysieren, wenn auch nicht so detailliert wie deinen eigenen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Robert Weller und im Kultur Management Network Magazin "Ein bisschen Marketing"
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