Führungskräftemangel in den USA

Der demographische Wandel macht auch vor den Führungsetagen US- amerikanischer Kultureinrichtungen nicht halt. Was eine Studie der Bridgespan Group bereits 2006 prophezeite nämlich einen Bedarf an rund 80.000 neuen Se- nior Managers pro Jahr bis 2016 , hat sich in der Folgezeit bestätigt: Non-Profit- Organisationen leiden an einem "Rats leadership gap", der neben dem Umstand, dass auch die USA langsam, aber sicher überaltern, auch aus einem gestiegenen Bedarf an Führungskräften in einem nach wie vor expandierenden Sektor resultiert. Hinzu kommt, dass bei der Ausbildung und zielgerichteten Entwicklung künftiger Führungskräfte gerade im Kulturbereich offenbar einiges im Argen liegt. Zu diesem Befund kamen die Teilnehmer des Forums für Kultur- und Medienmanagement, dessen Ergebnisse nun als Buch vorliegen. James Abruzzo, Managing Director der Abteilung Nonprofit Practice Consultants bei DHR International und Co-Director des Center for Nonprofit and Philanthropic der Ruttgers Business School Newark/New York, warnt zwar vor einer vorschnellen Übertragung seiner Beobachtungen auf andere Länder, geht aber davon aus, dass sich die aktuellen Probleme nordamerikanischer Kultureinrichtungen perspektivisch auch in Europa, dem mittleren Osten und China niederschlagen werden.

Gerade, was die systematische Förderung von Management-Talenten angeht, verzeichnen viele der her versammelten Experten aus Wirtschaft, Kultur und Medien auch hierzulande große Defizite. "Kultur- und Medienbetriebe verfügen häufig über keine Erfahrung bzw. keine geeigneten Instrumente", um Führungskräfte zu entdecken und zu entwickeln, betont etwa Philipp J. Fleischmann von Egon Zehnder International (München). Und dies, obwohl die Anforderungen an Führungspersonal im Kultur- und Medienbereich künftig deutlich steigen werden. Es ist eigentlich nicht nachvollziehbar, aber dennoch gängige Praxis die meisten Entscheidungen etwa bei der Besetzung von Intendantenposten werden 'aus dem Bauch heraus' oder auch zunehmend nach parteipolitischem Kalkül getroffen.

Noch ärger sind die Befunde im Hinblick auf eine systematische Förderung und Entwicklung des Managementnachwuchses im Kulturbereich des deutschsprachigen Raums. Es existieren nicht ansatzweise Modelle und Strategien, die mit den "Human Ressource Management" (HRM) - Konzepten wirtschaftender Unternehmen konkurrieren könnten. Der direkte Vergleich, wie ihn etwa der Führungskräfteentwickler Jürgen Brümmer (Berlin) vornimmt, fällt ernüchternd aus, mangelt es doch im Kulturbereich an klaren Anforderungs- und Kompetenzprofilen, Grundlage systematischer Entwicklungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Das erscheint um so paradoxer, wenn Brümmer in seinem Fazit konstatiert: Das Thema Führung hat im kulturellen Raum eine zum Teil wesentlich längere und gesichertere Tradition als in der Wirtschaft, während umgekehrt Hinweise nicht zu überhören sind, dass die professionelle Entwicklung von Führungskräften in Kulturinstitutionen eher jüngeren Datums ist und die hier dargestellten Denkweisen, Konzepte und Erkenntnisse der Wirtschaft den Kulturverantwortlichen zumindest partiell hilfreiche Anregungen geben können. Gegenseitige Befruchtungen sind denkbar und wünschenswert."

"Leadership. Vom Führen in modernen Zeiten", herausgegeben von Klaus Siebenhaar, 154 Seiten, B&S Siebenhaar Verlag Berlin/Kassel 2010, Euro 24,80

 

Details und Bestellung: http://www.kulturmanagement.net/buecher/prm/49/v__d/ni__757/index.html