14.04.2008

Autor*in

Vera Beyer
Sonja Feßel
Claudia Herzog
Victoria Overlack
Karriereentwicklung

Mit dem wissenschaftlichen Volontariat in die Zukunft?

Beobachtet man heute den Stellenmarkt im Bereich der Museen, fallen sofort die Vielzahl der ausgeschriebenen Volontariatsstellen sowie jene wenigen Stellen in der Leitungsebene auf. Zahlreiche hoch qualifizierte und motivierte Hochschulabsolventen stürzen sich mit großer Begeisterung auf die - mit oder ohne Promotion ausgeschriebenen Angebote, wird doch im Absolvieren eines wissenschaftlichen Volontariats an einem Museum die Grundlage für eine museale Laufbahn gesehen.
120 BewerberInnen auf eine Volontariatsstelle sind dabei die Regel; 350 BerwerberInnen und mehr keine Seltenheit. Doch hält das wissenschaftliche Volontariat das, was es verspricht? Wie sehen die Aufgaben und Tätigkeitsfelder der wissenschaftlichen Volontäre in der Praxis aus? Welche Inhalte werden vermittelt? Was kommt zu kurz? Und was kommt danach? Die Kultusminister-Konferenz (KMK) legte in den 1990er Jahren in ihren Grundsätzen fest, was ein wissenschaftliches Volontariat ist und welche Inhalte es vermitteln soll: "Das wissenschaftliche Volontariat dient der Aus- und Fortbildung von Wissenschaftlern in museumsrelevanten Studienfächern. Es ist eine praxisbezogene Einführung in die Arbeit der Museen. Ziel des Volontariats ist es, zu selbständiger Tätigkeit im höheren Dienst an Museen zu befähigen. [] Der/ die Volontär/-in erwirbt Kenntnisse in den klassischen Aufgabenfeldern des Museums: Sammeln Bewahren Forschen Vermitteln. Insbesondere sollen Kenntnisse im Bereich Museumsmanagement und -verwaltung vermittelt werden." (KMK Grundsätze 1995/1999). Die Motivation einer jungen Wissenschaftlerin oder eines jungen Wissenschaftlers, sich um eine Volontariatsstelle zu bewerben, liegt genau in diesen Inhalten. Es ist der Wunsch, für eine spätere dauerhafte Tätigkeit an einem Museum umfassend ausgebildet zu werden. Dabei ist es nicht nur wichtig, einen guten Einblick in alle Aufgabenfelder zu erlangen und somit das Museum als Betrieb und als Trägerschaft kennen zu lernen, sondern auch aktiv sowie weitestgehend selbstständig an aktuellen Projekten mitwirken zu können. Nach einem relativ langen, überwiegend theoretisch gestalteten und auf die Methodiken eines Faches ausgerichteten Studium bietet das Volontariat in der Regel zum ersten Mal die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum hinweg meist 2 Jahre praktisch im Museum mitzuwirken.

Doch wie sieht die Realität der wissenschaftlichen Volontariate derzeit aus? Wer sind die Volontäre von heute? Welche Qualifikationen bringen sie mit? Und was erwartet sie während des Volontariats? Diesen Fragen widmet sich eine Umfrage, die jährlich vom Arbeitskreis Volontariat im Deutschen Museumsbund im Rahmen der bundesweiten Tagung der wissenschaftlichen Volontäre an Museen, Gedenkstätten und in der Denkmalpflege durchgeführt wird. Auf der 17. Bundesvolontärstagung 2007 in Stuttgart wurden 115 Fragebögen ausgefüllt und ausgewertet, die die Situation der heutigen Volontäre aufzeigen. Das Durchschnittsalter der 115 Teilnehmenden (98 Frauen, 17 Männer) lag bei 30,31 Jahren. 88 Befragte gaben an, ihr Studium mit einem Magister, Diplom, Staatsexamen oder Lizenziat abgeschlossen zu haben, 27 mit einer Promotion bzw. mit einem Ph.D. Das zeigt, dass wissenschaftliche Volontäre mindestens einen Hochschulabschluss, häufig auch einen akademischen Titel erworben haben. Viele haben zudem einen längeren Auslandsaufenthalt hinter sich, in der Regel zahlreiche Praktika absolviert und nicht selten sogar eigene Ausstellungsprojekte geleitet oder anderweitig Berufserfahrung gesammelt.

Im Hinblick auf den Inhalt und die Form wissenschaftlicher Volontariate bestehen jedoch deutliche Unterschiede zwischen "Soll" und "Ist". Während Volontariatsstellen der Denkmalpflege mittlerweile fast alle durch einen Ausbildungsplan strukturiert und inhaltlich sowie zeitlich gegliedert sind, sind Ausbildungspläne an Museen noch sehr selten. Häufig werden hier die Volontariate vom Alltagsgeschäft bestimmt und leider zu selten inhaltlich und zeitlich im Voraus geplant. Dies hat nicht selten zur Folge, dass die gesamte Volontariatsdauer in nur einem einzigen Museumsbereich sei es in der Museumspädagogik, der PR- und Öffentlichkeitsarbeit oder in der Ausstellungsabteilung absolviert wird. Immer beliebter wird es, das Volontariat gleich von Vornherein für nur eine Abteilung auszuschreiben. Die Grundsätze der KMK, die ganz bewusst auf eine umfassende inhaltliche Museumsausbildung abzielen, werden hierbei schlichtweg ignoriert.

Auf die Frage, welche Ausbildungsinhalte zu kurz kommen, tauchten in der Umfrage viel zu häufig Punkte auf, die für ein wissenschaftliches Volontariat selbstverständlich sein sollten: wissenschaftliches bzw. inhaltliches Arbeiten, Arbeit mit der Sammlung, Inventarisierung und Archivierung, Ausstellungsplanung, Museumspädagogik, Publikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Museumsverwaltung, Finanzen, eigenverantwortliches Arbeiten und Kontakt zu anderen Institutionen. Anmerkungen wie "keine qualitative Betreuung, leider zu viel Telefondienst, auch Putzarbeiten", "kein Ausbildungsplan", "Sondervolontariat projektbezogen, daher kaum Einblicke in andere Bereiche oder "mangelnde Anerkennung - sowohl inhaltlich als auch finanziell" stellen hoffentlich Ausnahmen dar, zeigen jedoch, dass die Realität der Volontariate mitunter weit von der Theorie entfernt ist. Wissenschaftliche Volontäre üben einen Vollzeitjob mit bis zu 42 Wochenstunden aus. Hierfür lag 2007 das Durchschnittseinkommen der wissenschaftlichen Volontäre in Deutschland bei nur ca. 1100.- Euro brutto (ca. 780.- Euro netto). Da verwundert es nicht, dass ein Drittel der befragten Volontäre angab, auf eine weitere Geldquelle neben ihrem Volontärsgehalt angewiesen zu sein, z. B. von Eltern, dem Partner oder eben auch dem Nebenjob zum Vollzeitjob. Nur wenige Institutionen bieten ihren Volontären die Möglichkeit, sich durch Führungen am Wochenende ihr Gehalt aufzubessern. Sonderzahlungen für Umzüge, Fahrtkosten etc. werden in der Regel nicht gewährt. Um der schlechten Bezahlung wissenschaftlicher Volontäre entgegen zu wirken, haben der Deutsche Museumsbund und ICOM Deutschland im Mai 2007 ihre Empfehlung zur Vergütung der wissenschaftlichen Volontäre aktualisiert und an den neuen Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst orientiert. Der Deutsche Museumsbund und ICOM Deutschland empfehlen demnach eine Vergütung der wissenschaftlichen Volontäre nach TVöD 13 1/2. Die Vergütung bemisst sich einerseits aus der Tatsache, dass die Volontärinnen und Volontäre wissenschaftlich qualifizierte Fachkräfte sind(daher Eingruppierung in TVöD 13), das Volontariat jedoch andererseits der Ausbildung dient (daher die Hälfte der tariflichen Vergütung).

Ein wichtiger Bestandteil des wissenschaftlichen Volontariates sind externe Fortbildungen, die von Museumsverbänden oder Institutionen ausgerichtet werden sowie die jährliche bundesweite Tagung des Arbeitskreises Volontariat im Deutschen Museumsbund. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit einem konkreten volontariatsrelevanten Thema bieten die Fortbildungen den Volontären den Austausch und die berufliche Vernetzung untereinander. Nicht selten bilden sich hier wichtige Kontakte für die Zukunft. Museen sollten ihren Volontären daher die Möglichkeit zur Weiterbildung bzw. zur Teilnahme an Fachtagungen bieten und diesbezügliche Aktivitäten unterstützen.

Die stete Ausrichtung des Blicks in die Zukunft ist ein wesentliches Charakteristikum des wissenschaftlichen Volontariats heute. Schnell erfahren die Volontäre, dass mit dem Ende des Volontariats nicht automatisch der feste Anstellungsvertrag am Museum kommt. Ganz im Gegenteil: nur die wenigsten aller Volontäre werden tatsächlich von der sie ausbildenden Institution übernommen und auch dann meist nur für einen befristeten Zeitraum. Stattdessen fängt nach kurzer Zeit bereits während des Volontariates die Job- Suche von vorne an, diesmal nach jenen wenigen ausgeschriebenen Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter, für Kuratoren oder Kustoden. Dabei zeigt sich, wie erfolgreich das wissenschaftliche Volontariat tatsächlich war: Konnte der Volontär alle wichtigen Bereiche des Museums kennen lernen? Hatte er die Möglichkeit über Formen der Trägerschaft, über Museums- und Sammlungskonzepte zu reflektieren? Durfte er während seines Volontariates an externen Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen? Konnte er sich darüber hinaus fachlich profilieren? Gab es Publikationsmöglichkeiten? Vielleicht ein Ausstellungsprojekt, für das er federführend verantwortlich war? Konnte er Kontakte zu Kollegen außerhalb des eigenen Hauses knüpfen? Zu Sammlern oder Künstlern? Dies sind die Fragestellungen, die darüber entscheiden, ob ein wissenschaftlicher Volontär erfolgreich in die Zukunft gehen kann und mit denen sich auch die Entscheidungsträger an Museen, Gedenkstätten und in der Denkmalpflege auseinander setzen müssen, wollen sie auch in Zukunft eine qualitätsvolle Museumsarbeit durch qualifiziertes Personal gewährleisten.
 

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