05.09.2007

Autor*in

Joachim Kreutzkam
Bildungsdebatte

Musikschulförderung im 21. Jahrhundert

In seinem Aufsatz reflektiert Dr. Joachim Kreutzkam, wiss. Direktor der Akademie Gesellschaft und Wissenschaft (Bad Harzburg), über die neuen Herausforderungen für private und öffentliche Musikschulen vor dem Hintergrund der aktuellen Bildungsdebatte.
Musikschulen sind Einrichtungen des gesellschaftlichen Subsystems Kultur. Das Kultursystem antwortet mit seinen Institutionen auf die Bedürfnisse des Menschen nach ästhetischer, intellektueller und moralischer Orientierung. Es stellt deshalb Kulturgüter wie Leistungen der Kunst, Wissenschaft und Religion sowie das sie vermittelnde Entwicklungsumfeld (Bildung) für den Menschen bereit und fördert diese Systeme. Musikschulen sind innerhalb des Kultursystems eine Einrichtung für künstlerisch-kulturelle (musikalische) Bildung neben den Einrichtungen für wissenschaftlich-kulturelle und religiös-kulturelle Bildung.

Innerhalb des Kultursystems gehören die Musikschulen traditionell
 
  • zum Kunstsystem: Ihre Aufgaben sind die Entdeckung und Förderung von musikalisch begabtem Nachwuchs zur Pflege und zum Erhalt der "höheren Musik" (Orchester, Musiktheater usw.) und des lokalen musikkulturellen Brauchtums (Musikvereine, Laienmusizieren usw.) sowie die studienvorbereitende Ausbildung (vgl. z.B. § 2 der Satzung der Bruno-Frey-Musikschule der Stadt Biberach).
  • zum Bildungssystem mit Wirkungen im Sozial- und Gesundheitssystem: Zu den Aufgaben der Musikschulen gehören schon immer auch vielfältige und kaum zu unterschätzende sozialpädagogische (Kinder- und Jugendhilfe, Jugendpflege) und gesundheitspädagische Verpflichtungen: Integration von interkulturellen und sozial benachteiligten gesellschaftlichen Gruppen, von Aussiedlern und Flüchtlingen und ihren Kindern sowie von kranken und behinderten Kindern und alten Menschen.
  • zum Freizeitsystem: Als Segment der kulturellen Bildung sollten die Musikschulen grundsätzlich für alle auch die nicht besonders begabten und engagierten - Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen offenstehen und musikalische Ausbildungs- und Spielangebote bereithalten.
  • und schließlich vor allem zum System der kulturellen Bildung von der frühkindlichen Phase an: In den letzten Jahren haben wissenschaftliche insbesondere neurobiologische und -psychologische Studien zur Bedeutung der kulturellen Bildung im allgemeinen und der musisch-ästhetischen Bildung im besonderen (Lorna Lutz Heyge, Gerald Hüther, Manfred Spitzer, Eckart Altenmüller, Hans Günther Bastian) - gezeigt, wie bedeutsam kulturelle Bildung mit den ästhetisch-kulturellen Kernbereichen Musik- und Bewegungspädagogik für die Entwicklung der Persönlichkeit und für die psychosoziale Gesundheit aller Kinder und Jugendlichen "von Anfang an" ist.
Hans Bäßler, Vorsitzender des Verbandes deutscher Schulmusiker, forderte deshalb anläßlich einer gemeinsamen Sitzung mit dem Verband deutscher Musikschulen im Jahre 2006, Kindergärten, Musikschulen und Grundschulen müßten in diesem Zusammenhang noch enger zusammenarbeiten. "Gerade dort, wo Kindern zwischen zwei und zehn Jahren kein ausreichendes kulturelles Angebot gemacht wird, ist der Staat aufgerufen, durch eine kulturelle und pädagogische Kooperation der Institutionen auszugleichen, was im Elternhaus nicht gewährleistet wird." (www.musikschulen.de/seiten/aktuell)

Trotz der vielfältigen Bemühungen vieler Musikschulen, die Kooperation mit den Kindertagesstätten und Schulen zu intensivieren, liegt das Ziel "Breitenarbeit" noch immer in ganz weiter Ferne.
 
 

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