Österreichische Museumslandschaft

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied im Gespräch

Kürzlich präsentierte Bildungsministerin Dr. Claudia Schmied den Museums-Masterplan bis 2013. Im Interview verrät sie mehr darüber.
Kürzlich präsentierten Sie den Museums-Masterplan bis 2013. Welche Großprojekte haben Sie vor?

Claudia Schmied: Die Wiedereröffnung der Kunstkammer, das neue Literaturmuseum und die Generalsanierung 20er-Haus.

Warum diese Projekte? Was bedeuten sie für die österreichische Kultur- und Museumslandschaft?

Claudia Schmied: Die Sammlung der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums ist seit 2002 nicht zu sehen. Sie ist weltweit einzigartig in ihrem Wert und in ihrem historischen Gehalt. Jetzt soll sie buchstäblich in neuem Licht zeitgemäß und nach modernsten Vermittlungsgesichtspunkten präsentiert werden. Die Eröffnung ist für Ende 2012/ Anfang 2013 geplant.

Das neue Literaturmuseum liegt mir besonders am Herzen. Österreich verfügt über eine große literarische Tradition. Österreichische Autorinnen und Autoren sind weltweit beachtet. Durch Lesen erfahren wir Geschichten und bereichern unsere Phantasie und unsere Sprache. Das Museum wird im ehemaligen Hofkammerarchiv in der Johannesgasse in Wien 2013 realisiert. Franz Grillparzer wirkte übrigens an diesem Ort als Direktor des Archivs.

Mit dem 20er Haus, einer Ikone der Österreichischen Architekturgeschichte, schaffen wir schon 2011 neuen Raum für junge österreichische Kunst. Außerdem sichern wir ausgezeichnete österreichische Architektur den ehemaligen Weltausstellungspavillon von Karl Schwanzer. Seit 1962 beherbergte das 20er-Haus Österreichs erstes Museum der Moderne. Auch die Sammlung des Bundes (Artothek) wird im 20er Haus untergebracht.

Drei weitere Projekte befinden sich in Planung, das Ministerium ist dabei jedoch von den Schritten seiner PartnerInnen abhängig.

Claudia Schmied: Ja. Mit dem geplanten modernen Museum der Kulturen, der Zusammenführung von Völkerkunde- und Volkskundemuseum, kann der Aspekt des interkulturellen Dialogs unterstrichen und die Haltung des Trophäensammelns aus dem 19. Jahrhundert überwunden werden. Das Museum soll ein Ort der Reflexion gesellschaftlicher Entwicklungen der Gegenwart und ein Raum für die Vermittlung von Phänomenen wie Globalisierung oder Migration werden. Meine volle Unterstützung hat auch das Projekt MUMOK-Erweiterung. Hier bietet sich eine Erweiterung auf die Räumlichkeiten der Kunsthalle an. Beim dritten Projekt handelt es sich um den Bau des Tiefspeichers für die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB). Alle drei Projekte wurden von den Häusern bestmöglich vorbereitet und ich bekenne mich zur raschen Umsetzung. Klar ist aber auch, dass man bei diesen Projekten auf PartnerInnen angewiesen ist. Das Projekt Tiefspeicher etwa ist durchgeplant, aber die Finanzierungsfrage ist noch offen. Ein Projekt dieser Dimension ist nicht im Rahmen des Kunst- und Kulturbudgets umsetzbar. Dazu laufen derzeit direkte Gespräche seitens der ÖNB und des Kulturministeriums mit dem Finanzminister. Beim MUMOK sind wir mit der Stadt Wien, dem Verein der KünstlerInnen (Künstlerhaus) und der Leitung der Kunsthalle in intensiven Gesprächen.
Am Detailkonzept des Museums der Kulturen wird von Proponenten gearbeitet.

Was soll der Gratis-Eintritt für Jugendliche in den Bundesmuseen bewirken?

Claudia Schmied: Wir wollen junge Menschen für die Museen, ihre Sammlungen und Schätze gewinnen. In der Vergangenheit ist der Museumsbesuch oft an den Eintrittspreisen gescheitert. Mit der Aktion ist diese Barriere gefallen und keine Schulklasse muss in Zukunft einen Museumsausflug absagen, weil die Eltern mancher Kinder keinen Eintritt zahlen können oder wollen.

Den Museen wird der entgangene Eintritt aus Bundesmitteln ersetzt. Alleine im Jahr 2010 werden dafür 3,1 Millionen Euro ausgegeben. Darüber hinaus starten wir eine Vermittlungsoffensive für Schülerinnen und Schüler. Zahlreiche neue Führungen, Aktivitäten und Vermittlungsangebote werden den jungen Gästen der Bundesmuseen die Angebote näher bringen.

Karola Kraus wird mit 1. Oktober die Leitung des MUMOK übernehmen. Was gab den Ausschlag für Ihre Entscheidung? Und wie sehen sie das MUMOK heute und in ein paar Jahren?

Claudia Schmied: Karola Kraus stellt die Kunst ins Zentrum ihres Handelns und pflegt einen intensiven und wertschätzenden Dialog mit den Kunstschaffenden. Sie ist eine in der internationalen Kunstszene bestens vernetzte und hoch angesehene Persönlichkeit. Ihre persönliche Erfahrungen und internationalen Kontakte mit wichtigen KünstlerInnen, SammlerInnen, Galerien und Museen, sind beeindruckend. Ihre hervorragende Arbeit in Baden-Baden spricht für sich. Ich bin sehr stolz, dass es uns gelungen ist Karola Kraus für die zukünftige Leitung des MUMOK zu gewinnen. Ich freue mich, dass meine Entscheidung seitens des MUMOK-Kuratoriums und in Fachkreisen so gut aufgenommen wurde.

Der Ruf des MUMOK ist erstklassig und weit über die Stadt hinaus bekannt. Es steht für künstlerische Freiheit, Weltoffenheit und Moderne. Bedeutende Ausstellungen der internationalen Moderne waren und sind in diesem Haus zu sehen. Ich erinnere nur an die Maria Lassnig Retrospektive und Cy Twombly im letzten Jahr. Der von Direktor Edelbert Köb eingeschlagene Weg wird fortgesetzt und gestärkt.

Zum Film. 2009 war ein Erfolgsjahr für den österreichischen Film. Welchen Herausforderungen stellen Sie sich im Bereich der Filmförderung?

Claudia Schmied: Film- Finanzierung sichern und Vermittlung ausbauen sind meine zwei großen Ziele. Der österreichische Film schreibt seit Jahren eine weltweit einzigartige Erfolgsgeschichte. Internationale Auszeichnungen wie Oscar und Golden Globes, steigende BesucherInnenzahlen in den Kinos sowie der kommerzielle Erfolg sind Beweise für die Qualität der heimischen Filmproduktionen. In diesem Zusammenhang darf auch die wichtige Rolle der Kinos in Österreich nicht aus den Augen verloren werden, die einen unschätzbaren Beitrag zur Verbreitung des österreichischen Filmschaffens leisten. Das gilt genau so für die heimischen Filmfestivals, die mit Professionalität und Kreativität sehr viele Menschen erreichen und für die Faszination Film begeistern. Das zeigte sich unlängst bei der DIAGONALE, deren Hauptpreis an den von der INNOVATIVE FILM meines Ministeriums geförderten Film LA PIVELLINA von Tizza Covi und Rainer Frimmel ging. Ein weiteres von uns gefördertes, junges, eigenwilliges und gesellschaftskritisches Filmfestival findet seit wenigen Jahren erfolgreich in Linz statt: Crossing Europe.

Die öffentliche Hand hat seit dem Jahr 2006 wichtige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Filmschaffenden gesetzt. Die Erhöhung des ÖFI-Budgets auf 16,5 Millionen Euro, die Verdopplung der Innovativen Filmförderung, die gesetzliche Absicherung und Aufstockung des Filmfernsehabkommens, die Aufstockung des Filmfonds Wien sowie die Schaffung eines Wirtschaftsförderungsmodells für Filmproduktionen tragen zu einer lebendigen Filmlandschaft in Österreich bei. Ich freue mich, dass alle PartnerInnen beim filmpolitischen Aufbau an einem Strang ziehen. Durch all diese Maßnahmen hat die öffentliche Hand ihre Förderungen zwischen 2006 und 2010 von insgesamt rund 40 Millionen Euro auf insgesamt rund 71 Millionen Euro erhöht. Diese signifikante Erhöhung ist ein starkes Signal der Wertschätzung und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der Kampf ums Geld geht weiter. Ich bin eindeutig auf der Seite der Filmschaffenden.

Was bedeutet der jüngste Erfolg bei der OSCAR-Verleihung für Österreich?

Claudia Schmied:
Der Oscar-Gewinn von Christoph Waltz und die Oscar-Nominierungen von Christian Berger und Michael Haneke, der für seinen Film Das weiße Band zahllose Preise bis hin zum Golden Globe gewonnen hat, sind große Auszeichnungen. In Gesprächen, die ich im Rahmen des Oscar-Filmempfangs, zu dem Bundeskanzler Faymann, Staatssekretär Ostermayer und ich am 22. März geladen haben, führen konnte, kristallisierte sich eine Kernforderung heraus: Wesentlich ist die, Nachhaltigkeit der Filmförderung. So sehr wir den Moment der Erfolge genießen, so wichtig ist es, darin einen Auftrag für eine Stärkung der österreichischen Filmwirtschaft zu sehen.

Was bedeutet Internationalisierung und Mobilität für die Kulturpolitikerin Claudia Schmied? Wohin soll es gehen?

Claudia Schmied:
Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern sollen einem internationalen Publikum zugänglich gemacht und ein modernes, aufgeschlossenes und zeitgemäßes Bild von Österreich präsentiert werden. Besonders wichtig dabei ist mir die internationale Vernetzung österreichischer Kunst und Kulturszenen. Stipendienprogramme und Ateliers im In- und Ausland sind bei den Kunstschaffenden sehr beliebt.

Ist auch der Pilotversuch NetworkCall in diesem Kontext zu sehen?


Claudia Schmied: Ja. Network Call 2010 ist Teil dieser Strategie - ein Pilotversuch. Innovative Kulturprojekte in den österreichischen Kulturforen im Ausland werden dabei gefördert. Erfreulich ist, dass so viele Kulturforen die Einladung, zeitgenössische Kunst zu präsentieren, annehmen. Diese internationale Beachtung ist für unsere Künstlerinnen und Künstler ein hoher Wert.

Was geschieht bei der KünstlerInnennachwuchsförderung?


Claudia Schmied: Stipendien, Projektförderungen und Ateliers. In Wien wurden rund 20 Förderungsateliers angemietet. Die Ateliers werden für ca. vier Jahre an aufstrebende Künstlerinnen und Künstler vergeben. Darüber hinaus stehen Ateliers in nahezu allen Weltstädten wie etwa Paris, Rom oder New York für unsere Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung. Ziel ist es, den Kunstschaffenden einen internationalen Erfahrungsaustausch, die Etablierung eines Netzwerkes sowie interessante Eindrücke zu ermöglichen. Im Schloss Laudon stehen sechs Apartments sowie ein Gemeinschaftsatelier für internationale Gäste bereit.

Was sind die Eckpunkte der Büchereiförderung?


Claudia Schmied:
Die Qualifizierung der MitarbeiterInnen, die Erweiterung der Öffnungszeiten und die Qualitätssteigerung des Medienangebotes sind Eckpunkte, die uns wichtig sind. Die öffentlichen Büchereien sind bedeutende regionale Bildungseinrichtungen. Sie liegen mir sehr am Herzen. Ich freue mich, dass wir hier förderungspolitische frische Impulse setzen können. Für das Öffentliche Büchereiwesen werden aus dem Bundesbudget jährlich über zwei Millionen Euro zu Verfügung gestellt.
 

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