Nachhaltige Musikvermittlung
Die Menschen in der ganzen Region erreichen
Beim Gespräch mit Juan-Albert Serra, The Sage Gateshead, treten erstaunliche Unterschiede zum Verständnis einer nachhaltigen Musikvermittlung zwischen Großbritannien und Deutschland zutage.
KM: Wie sehen Sie sich selbst, eher als Pädagoge oder als Vermittler, der Menschen in einer Kultureinrichtungen zusammenbringt?
Juan-Albert Serra: Nun, in meinem Fall arbeite ich in drei Rollen: als Pädagoge, Manager und Vermittler. Ich bin stark in die Programmplanung eingebunden und habe zudem einen persönlichen Hintergrund als professioneller Musiker und Lehrer. Meine Erfahrungen in all diesen Feldern haben mir letztlich sehr geholfen, was ich heute tue.
KM: Sie würden also sagen, ein professioneller Musiker zu sein hilft Ihnen noch heute in Ihrer Karriere?
JAS: Ja, absolut. Das ist ein bedeutendes Element. Sie müssen nicht ein Musiker sein, aber es ist wichtig für einen Kulturmanager, ein spezifisches künstlerisches Wissen zu haben.
KM: Angesichts meines eigenen beruflichen Hintergrunds stimme ich Ihnen hier gern zu. Wie groß ist eigentlich Ihr Team?
JAS: Wir sind hier fast 550 Leute in The Sage Gateshead, davon 250 in Vollzeitpositionen. Davon arbeiten in der Education Abteilung allein 150 Menschen, 80 davon in Vollzeit. Dies sind Musiker, Tutoren, Manager, Organisatoren und Verwaltungsangestellte.
KM: Das ist wirklich eine hohe Zahl an Mitarbeitern, die nur für eine Education Abteilung arbeiten. Ist dies bezeichnend für das ganze Projekt in The Sage Gateshead, dass man also keine neue Einrichtung ohne einen sozialen, vermittelnden Ansatz gründen kann?
JAS: Es wurde so angelegt, dass die Vermittlung auf dem gleichen hohen Niveau wie die Veranstaltungstätigkeit ansetzt, sowohl was das Management, die Arbeitskraft als auch die Ressourcen betrifft. Wir fühlen uns gleich behandelt und die Zusammenarbeit klappt gut. Wir versuchen stets herauszufinden, wie wir voneinander profitieren.
KM: Gibt es einen wie auch immer gearteten Druck der Lokalpolitik, um z.B. mehr Einnahmen zu erzielen? Schließlich ist es doch ein beeindruckendes Gebäude, das durchaus ein finanzieller Erfolgsfaktor für die Region sein kann
JAS: Nein, wir sind glücklich, dass der Gateshead Council den Zweck des Projekts versteht und uns unterstützt. Für eine Stadt von gerade einmal 190.000 Einwohnern ist dies schon erstaunlich. Der einzige Druck ist der Umstand, dass wir das Projekt nachhaltig gestalten müssen.
KM: Ja, Nachhaltigkeit ist auch hier in Deutschland ein viel diskutiertes Thema. Sie gerät aus unserer Sicht häufig dann in Gefahr, wenn Politiker versuchen, schnelle Ergebnisse vorzuweisen, um ihre Wahlchancen zu verbessern, statt den längerfristigen Erfolg abzuwarten.
JAS: Wir sind eine Organisation mit eigenem Vorstand und gemeinnützigem Status. Wir haben einen gesellschaftlichen Auftrag, sind aber recht unabhängig. Aufgrund dieser Organisationsstruktur können wir wirklich im besten Interesse der Bevölkerung erreichen.
KM: Und wie überprüfen sie dann die Ergebnisse Ihrer Bemühungen?
JAS: Jedes Programm beschreitet verschiedene Wege der Erfolgsmessung. Manchmal orientiert es sich an der Zahl der Studenten oder Schulen, und manchmal ist es einfach der Umstand, dass Dank unserer Programme das Leben eines Menschen zu ändern dahingehend, dass man jetzt ein Ziel hat und sein Leben der Musik widmet. In Bezug zur Messbarkeit sollten wir alle Arten der Erfolgsüberprüfung einbeziehen, qualitative als auch quantitative.
KM: Wer gehört alles zu Ihren Zielgruppen: Migranten, Arbeiter oder junge Menschen?
JAS: Wir haben keine Hauptzielgruppe es geht um die Menschen in der ganzen Region.
KM: Wie sieht es mit der öffentlichen Meinung aus? Gab oder gibt es auch Missmut über den Bau des Hauses, z.B. dahingehend, dass man das Geld besser in den Bau von Schulen oder Kindergärten hätte stecken können?
JAS: Nein, ein solches Problem haben wir nicht. Ich denke, die Leute verstehen, dass wir ein öffentliche Einrichtung sind, von der die Gemeinschaft profitiert. Sowohl direkt als auch indirekt haben wir bereits bedeutende ökonomische Effekte für die Region erzielen können.
KM: Und wie hoch sind die Eintrittspreise?
JAS: Wir bieten bei allen Veranstaltungen einige Karten für 7 Pfund (ca. 10 Euro) an. Das ist wirklich günstig, und die Leute scheinen den Preis zu akzeptieren. Damit versuchen wir letztlich jedem die Chance zu geben, unsere Konzerte zu besuchen.
KM: Ich bedanke mich für das Interview.
Unterstützungsabos
Mit unseren Unterstützungsabos unterstützen Sie unsere Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – und damit alle unsere kostenfreien Inhalte, also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website.
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.
Ähnliche Inhalte
Unterstützungsabos
Mit einem Unterstützungsabo unterstützen Sie die kostenfreien Inhalte unserer Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website.