27.08.2014
Autor*in
Leonie Krutzinna
studierte Skandinavistik und Literaturwissenschaft an der Georg August-Universität Göttingen.
Johanna Karch
Improvisationstheater
Kunst oder Kommunikationstechnik?
Improtheater ist ein kurzweiliges Unterhaltungsevent und kann doch so viel mehr. Durch Publikumspartizipation werden Spontaneität und Schlagfertigkeit der Schauspieler trainiert und Techniken des Storytelling erprobt. Was Manager, Lehrer und Führungskräfte vom Improtheater lernen können, erfragte Kulturmanagement Network bei Nadine Antler. Das Interview führten Leonie Krutzinna und Johanna Karch.
Nadine, Du bist als Trainerin für Improtheater über den deutschsprachigen Raum hinaus sehr renommiert. Wie bist Du dazu gekommen?
Ich habe in Erfurt Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Sozial- und Kulturmanagement studiert. Meine dortige Professorin, Dagmar Dörger, hat schwerpunktmäßig Theaterpädagogik angeboten. Dieser Bereich hat mich sehr interessiert und so bin ich auch mit dem Improvisationstheater in Kontakt gekommen. Ich wollte bei einer Gruppe in Erfurt auch gern mitmachen, wurde aber abgelehnt. Ich glaube, weil sie schon zu viele Frauen hatten.
Es fing also mit einer Niederlage an?
Ja. Aber zu der Zeit, also 1998, hatte ich mich auch gerade für ein Praktikum im Cairo in Würzburg beworben. Und hier habe ich dann als Praxisprojekt einen Workshop organisiert. Daraus ist später meine Improtheatergruppe entstanden, der Kaktus.
In Weimar waren wir dann 2000 bei einem Improtheater-Festival, was damals in der deutschen Impro-Szene noch sehr selten war. Es war ein sehr kleines Festival, das von Detlef Fengler aus dem Boden gestampft wurde. Daraus haben wir sehr viele Inspirationen gewonnen und uns ist auch klar geworden, was wir anders machen würden.
Dieser Impuls des anders Machens hat Dich dann selbst zur Eventmanagerin gemacht.
Genau. Wir haben daraufhin im Cairo die Chance bekommen, selbst ein Festival zu organisieren. Wir haben eine Kalkulation geschrieben und dem Förderverein das Projekt vorgestellt. Wir hatten natürlich kalte Füße, weil wir Angst hatten, uns privat zu verschulden, wenn etwas schief läuft. Der Förderverein hat uns aber unterstützt und ist das Risiko eingegangen, ich glaube es waren ca. 3000 DM, für die der Verein sich bereit erklärt hat zu bürgen.
3000 DM, mit denen ihr ein sehr erfolgreiches Format für Würzburg etabliert habt.
Das war quasi der Startschuss und das Festival wurde ein Riesenerfolg. Mittlerweile gibt es deutschlandweit sogar sehr viele Festivals, die auf Grundlage unseres damaligen Konzepts organisiert werden. Beim achten Festival habe ich dann allerdings gemerkt, dass ich mir durchaus vorstellen könnte, mal wieder etwas anderes zu machen.
Welche Tätigkeiten, abgesehen vom Eventmanagement, wolltest Du im Impro-Bereich außerdem kennenlernen?
Meine bisherige Arbeit hat einerseits die künstlerische Aktivität umfasst und andererseits das Unterrichten, womit ich das meiste Geld verdient habe. Ich habe schon sehr viele Workshops gegeben und möchte mich in diesem Bereich ab August selbständig machen. Ich unterrichte z.B. andere Improtheater-Gruppen, aber auch Firmen, die Improtheater als Kommunikationstraining anwenden wollen. Zusätzlich möchte ich jetzt eine Art Impro-Schule gründen, die sich zwischen Netzwerk und Ausbildungseinrichtung bewegt, also wie eine Hochschule, die sowohl Forschung als auch Lehre macht. Wir haben uns hier in Würzburg den Ruf gemacht, Innovationen im Impro-Bereich hervorzubringen. Das möchte ich in meiner Schule, z.B. durch Think Tanks, gern weiterführen, in denen man disziplinübergreifend Experten z.B. aus der Wirtschaft und Pädagogik zusammenbringt. Ich möchte Weiterbildungen für Leute von der Bühne, aus dem Business-Bereich und aus der Pädagogik, z.B. für Referendare schaffen.
Welchen klassischen Problemen begegnest Du während solcher Weiterbildungen?
Viele reden zum Beispiel zu schnell und vergessen Pausen einzubauen, damit der Zuhörer die Gedanken auch nachvollziehen kann. Was man oft bei Moderationen von vielen Frauen feststellen kann, ist, dass sie am Ende eines Satzes die Stimme heben anstatt zu senken. Das hat zur Folge, dass es von der Intonation her keinen Abschluss gibt und man immer weiter und weiter spricht.
Wie können zum Beispiel Referendare bzw. Lehrer über das Sprachtraining hinaus vom Improtheater profitieren?
Insgesamt geht es darum, das Zusammenspiel auf sprachlicher und körperlicher Ebene in der Kommunikation zu optimieren. Ich versuche sie im selbstbewussten Auftreten und freien Reden zu schulen, also in Körpersprache, Intonation, Tonfall, Tonhöhe usw. Es soll auch Kreativität vermittelt werden, gerade wenn es um Ideenfindung geht oder darum, andere von dem eigenen Vorhaben zu überzeugen und zu motivieren. Als Lehrer kommt man oft in Situationen, dass Schüler sich dem Unterricht verweigern, worauf man von den Universitäten eher schlecht vorbereitet wird.
Welche Methodik wendest Du dafür an?
Das funktioniert überwiegend über spielerische Methoden aus dem Theaterkontext. Ich versuche meist einen spaßigen Einstieg zu finden, ohne dass die Teilnehmer bereits merken, dass sie etwas lernen. Im Anschluss wird reflektiert, was sie als hilfreich empfunden haben und darauf baue ich dann auf. Im weiteren Verlauf kommen noch Rollenspiele dazu, in denen Situationen nachgespielt werden und ich konkret coache. Wir versuchen also gemeinsam diese Horrorsituationen nachzuspielen, zu analysieren und sie zu entschärfen.
Ist Impro nun Kunst oder Kommunikationstechnik?
Impro ist ganz klar Kunst! Das vermittle ich besonders präzise in den Workshops mit Theaterleuten. Dramaturgie und Storytelling spielen hier eine sehr große Rolle, es geht also darum, dem Publikum logische und spannende Zusammenhänge einer Geschichte zu vermitteln. Mir ist es sehr wichtig, dieses Verständnis des Impro-Theaters auch in den Workshops mit Nicht-Kulturleuten zu vermitteln, damit niemand am Ende denkt ach ja, Impro, das soll ein bisschen lustig sein, Stimmtraining und Schlagfertigkeit. Ich vermittle Techniken aus der Theaterpraxis, die auch in anderen Kontexten nützlich sind. Gerade diese Balance macht es für mich so spannend.
Nadine Antler ist Diplom Sozialpädagogin und Künstlerin. Neben ihrer Arbeit im Jugendkulturhaus Cairo in Würzburg ist sie in der Impro-Theater-Szene tätig. Hier tritt sie mit ihrer Gruppe "Der Kaktus" selbst auf und arbeitet als Kommunikationstrainerin und Coach.
Ich habe in Erfurt Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Sozial- und Kulturmanagement studiert. Meine dortige Professorin, Dagmar Dörger, hat schwerpunktmäßig Theaterpädagogik angeboten. Dieser Bereich hat mich sehr interessiert und so bin ich auch mit dem Improvisationstheater in Kontakt gekommen. Ich wollte bei einer Gruppe in Erfurt auch gern mitmachen, wurde aber abgelehnt. Ich glaube, weil sie schon zu viele Frauen hatten.
Es fing also mit einer Niederlage an?
Ja. Aber zu der Zeit, also 1998, hatte ich mich auch gerade für ein Praktikum im Cairo in Würzburg beworben. Und hier habe ich dann als Praxisprojekt einen Workshop organisiert. Daraus ist später meine Improtheatergruppe entstanden, der Kaktus.
In Weimar waren wir dann 2000 bei einem Improtheater-Festival, was damals in der deutschen Impro-Szene noch sehr selten war. Es war ein sehr kleines Festival, das von Detlef Fengler aus dem Boden gestampft wurde. Daraus haben wir sehr viele Inspirationen gewonnen und uns ist auch klar geworden, was wir anders machen würden.
Dieser Impuls des anders Machens hat Dich dann selbst zur Eventmanagerin gemacht.
Genau. Wir haben daraufhin im Cairo die Chance bekommen, selbst ein Festival zu organisieren. Wir haben eine Kalkulation geschrieben und dem Förderverein das Projekt vorgestellt. Wir hatten natürlich kalte Füße, weil wir Angst hatten, uns privat zu verschulden, wenn etwas schief läuft. Der Förderverein hat uns aber unterstützt und ist das Risiko eingegangen, ich glaube es waren ca. 3000 DM, für die der Verein sich bereit erklärt hat zu bürgen.
3000 DM, mit denen ihr ein sehr erfolgreiches Format für Würzburg etabliert habt.
Das war quasi der Startschuss und das Festival wurde ein Riesenerfolg. Mittlerweile gibt es deutschlandweit sogar sehr viele Festivals, die auf Grundlage unseres damaligen Konzepts organisiert werden. Beim achten Festival habe ich dann allerdings gemerkt, dass ich mir durchaus vorstellen könnte, mal wieder etwas anderes zu machen.
Welche Tätigkeiten, abgesehen vom Eventmanagement, wolltest Du im Impro-Bereich außerdem kennenlernen?
Meine bisherige Arbeit hat einerseits die künstlerische Aktivität umfasst und andererseits das Unterrichten, womit ich das meiste Geld verdient habe. Ich habe schon sehr viele Workshops gegeben und möchte mich in diesem Bereich ab August selbständig machen. Ich unterrichte z.B. andere Improtheater-Gruppen, aber auch Firmen, die Improtheater als Kommunikationstraining anwenden wollen. Zusätzlich möchte ich jetzt eine Art Impro-Schule gründen, die sich zwischen Netzwerk und Ausbildungseinrichtung bewegt, also wie eine Hochschule, die sowohl Forschung als auch Lehre macht. Wir haben uns hier in Würzburg den Ruf gemacht, Innovationen im Impro-Bereich hervorzubringen. Das möchte ich in meiner Schule, z.B. durch Think Tanks, gern weiterführen, in denen man disziplinübergreifend Experten z.B. aus der Wirtschaft und Pädagogik zusammenbringt. Ich möchte Weiterbildungen für Leute von der Bühne, aus dem Business-Bereich und aus der Pädagogik, z.B. für Referendare schaffen.
Welchen klassischen Problemen begegnest Du während solcher Weiterbildungen?
Viele reden zum Beispiel zu schnell und vergessen Pausen einzubauen, damit der Zuhörer die Gedanken auch nachvollziehen kann. Was man oft bei Moderationen von vielen Frauen feststellen kann, ist, dass sie am Ende eines Satzes die Stimme heben anstatt zu senken. Das hat zur Folge, dass es von der Intonation her keinen Abschluss gibt und man immer weiter und weiter spricht.
Wie können zum Beispiel Referendare bzw. Lehrer über das Sprachtraining hinaus vom Improtheater profitieren?
Insgesamt geht es darum, das Zusammenspiel auf sprachlicher und körperlicher Ebene in der Kommunikation zu optimieren. Ich versuche sie im selbstbewussten Auftreten und freien Reden zu schulen, also in Körpersprache, Intonation, Tonfall, Tonhöhe usw. Es soll auch Kreativität vermittelt werden, gerade wenn es um Ideenfindung geht oder darum, andere von dem eigenen Vorhaben zu überzeugen und zu motivieren. Als Lehrer kommt man oft in Situationen, dass Schüler sich dem Unterricht verweigern, worauf man von den Universitäten eher schlecht vorbereitet wird.
Welche Methodik wendest Du dafür an?
Das funktioniert überwiegend über spielerische Methoden aus dem Theaterkontext. Ich versuche meist einen spaßigen Einstieg zu finden, ohne dass die Teilnehmer bereits merken, dass sie etwas lernen. Im Anschluss wird reflektiert, was sie als hilfreich empfunden haben und darauf baue ich dann auf. Im weiteren Verlauf kommen noch Rollenspiele dazu, in denen Situationen nachgespielt werden und ich konkret coache. Wir versuchen also gemeinsam diese Horrorsituationen nachzuspielen, zu analysieren und sie zu entschärfen.
Ist Impro nun Kunst oder Kommunikationstechnik?
Impro ist ganz klar Kunst! Das vermittle ich besonders präzise in den Workshops mit Theaterleuten. Dramaturgie und Storytelling spielen hier eine sehr große Rolle, es geht also darum, dem Publikum logische und spannende Zusammenhänge einer Geschichte zu vermitteln. Mir ist es sehr wichtig, dieses Verständnis des Impro-Theaters auch in den Workshops mit Nicht-Kulturleuten zu vermitteln, damit niemand am Ende denkt ach ja, Impro, das soll ein bisschen lustig sein, Stimmtraining und Schlagfertigkeit. Ich vermittle Techniken aus der Theaterpraxis, die auch in anderen Kontexten nützlich sind. Gerade diese Balance macht es für mich so spannend.
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