16.08.2010

Autor*in

Ivana Scharf
IVANA SCHARF ist Sozialwissenschaftlerin und studierte Kultur- und Medienmanagement an der Freien Universität Berlin. Zuletzt war sie für das Jüdische Museum Berlin als Projektleiterin tätig. Sie entwickelte eine innovative Bildungsinitiative in Form eines mobilen Museums und etablierte den Bereich Bildung Outreach. Sie arbeitet derzeit als freiberufliche Kulturmanagerin. Ihr Hauptinteresse ist die Verbesserung der Zugangschancen zu kultureller Bildung.
Kommentar

Interkultur und Partizipation

Interkultur ist eine Querschnittsaufgabe. Das Thema ist - so heißt es - angekommen. Ein Blitzlicht auf die vergangenen drei Monate mit Tagungen, Symposien und Online-Diskussionen bestätigt einen regen Austausch in der Kulturszene.
Begrifflichkeiten werden verhandelt, Daten erhoben, Statistiken präsentiert, gute und solche die so unsensibel sind, dass sie mehr Schaden anrichten als nutzen. Arbeitskreise werden gegründet, politische Forderungen gestellt, Modellprojekte erprobt, Best Practice Beispiele gekürt. Es gibt Integrationspläne, Weissbücher und Memoranden. Worüber wird konkret geredet, wenn es um Interkultur geht? Mit welchem Konzept wird die Zukunft beschritten? Interkulturell oder transkulturell? Alles ist Kultur. In der Alltagskultur, die Jugendkultur, die Subkultur, die Eventkultur im gesellschaftspolitischen Diskurs die Unternehmenskultur, der Kulturstaat, die Migranten/innenkultur, und die Arbeiter/innenkultur. Im Zeitalter der postnationalen, sinnsuchenden, multimobilen Individualisierungsgesellschaft, die letztendlich doch durch eine Homologie der Lebensstile geprägt ist, zeichnet sich geradezu ein Kulturalisierungsboom ab. Kultur ist vielschichtig, dynamisch, wechselseitig und vor allem wird sie individuell wahrgenommen. Das macht das reden darüber so emotional. Emotional auch deshalb, wei es eine Mehrheit und eine Minderheit, Betroffene und Unbetroffene gibt. Die öffentlich subventionierten Institutionen der Hochkultur sind sehr homogen und daraus resultiert eine einseitige Perspektive. Die Stimmen derjenigen, über die geredet wird, sind oft nicht vertreten. Weder in den Kulturangeboten, noch unter den Mitarbeiter/innen, noch unter den Referenten/innen oder im Publikum. Das Publikum von morgen aber wird von Migrationsbiografien geprägt sein. Aber auch das Publikum von gestern, das bis heute nicht beteiligt wird, ist das Publikum von morgen. So stellt man in den Gesprächen immer wieder fest, dass die Hausaufgaben aus der Vergangenheit noch nicht gemacht sind. Erreicht wird nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung. Dabei handelt es sich bei den Nutzern um höher Gebildete aus entsprechendem sozialen Umfeld. Das Schulsystem begünstigt diese Entwicklung. Setzt man sich mit den potenziellen Besuchern auseinander, beschäftigt man sich automatisch mit der Gesellschaft, an die man sich qua öffentlichen Auftrag richten sollte.

Eine konsequente Besucherorientierung und die Umsetzung partizipativer und inklusiver Strategien - die in Deutschland noch nicht üblich sind - würden einige Fragen obsolet machen und viele neue aufwerfen. Es geht darum, eine disperse, diverse und kritische Öffentlichkeit mit unterschiedlichen Erwartungen anzusprechen. Erforderlich ist eine Praxis, die vielseitige, gegenwartsbezogene, lebensweltliche und biografische Zugänge und somit wechselseitige Perspektiven auf Kultur ermöglicht. Einen großen Vorteil haben Institutionen, die noch ganz am Anfang stehen, wie etwa das sich in Gründung befindliche Stadtgeschichtsmuseum in Stuttgart. Von den Erfahrungen werden viele profitieren, ebenso von der langjährigen Tradition des Theaters an der Ruhr und von Rhythm is it! das am häufigsten zitierte Beispiel. Impulse für Auseinandersetzungen gehen von Themen aus und diese können von Kulturinstitutionen jenseits der Bewältigung sozialer Probleme kreativer und aktiver positioniert werden, als mit Deutschkursen. Eine Annäherung erfolgt bereits mit interkulturellen Bildungsangeboten, Inszenierungen, und Ausstellungen. Dennoch fehlt die Benennung von konkreten Erfolgsindikatoren und die systematische Umsetzung. Partizipation und Inklusion müssen zur Selbstverpflichtung werden und zur kulturpolitischen Bedingung.

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