24.05.2009

Autor*in

Mario Zetzsche
Rückblick Kooperative Kulturplanung 2009

Die Zukunft liegt in der Kooperation

Chancen und Grenzen strategisch-kultureller Planungsprozesse am Beispiel Brandenburgs Am 6. Februar 2009 fand in Potsdam eine Tagung der Forschungsgruppe Regional Governance im Kulturbereich unter Leitung von Iken Neisener und Patrick S. Föhl zum Thema "Kooperative Kulturplanung" am Beispiel Brandenburgs statt. Die Tagung wurde durch die Forschungsgruppe des Studiengangs Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam in Kooperation mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und Kulturland Brandenburg durchgeführt.
Die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen wirken auf die Kulturerstellung und deren Rezeption. In diesem Kontext entstanden vor allem Ende der 1970er und Anfang sowie Ende der 1980er Jahre "Kulturentwicklungsplanungen", die eine strategische Entwicklung des Kulturangebotes z. B. in einer Stadt zum Ziel hatten. Seit der Jahrtausendwende lässt sich wieder ein verstärktes Interesse an solchen Planungsprozessen feststellen. In zahlreichen Regionen in Deutschland macht sich Überalterung, Abwanderung, ein starkes Konkurrenzverhältnis der Kulturanbieter untereinander, die geringe Finanzausstattung der öffentlichen Kulturförderung in Anbetracht der Finanzkrise, aber auch das veränderte Nutzerverhalten bemerkbar. Wie die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages in ihrem Abschlussbericht 2007 bemerkt hat, haben auch die Unterordnung der Kultur unter ökonomische Fragestellungen, Probleme der Golbalisierung und der Medialisierung Auswirkungen auf die Kulturarbeit.
 
Der Bereich Kunst und Kultur hat auf diese Veränderungen oft keine gemeinsame Handlungslinie gefunden und ist weil keine Pflichtaufgabe des Staates in existenzielle Erklärungszwänge geraten. Die Relevanz von gemeinsamen kulturell-strategischen Planungsprozessen ist daher gesteigert. Den Bedarf für eine qualitative Auseinandersetzung mit dem Thema "Kooperative Kulturplanung" am Beispiel Brandenburgs zeigte die rege Beteiligung von über 120 Teilnehmern aus Kulturpolitik und -verwaltung, Tourismus und Kulturwirtschaft sowie der Zuspruch von Kunst- und Kulturschaffenden, die ebenfalls nach Potsdam kamen.
In der Tagung zur "Kooperativen Kulturplanung" wurden drei unterschiedliche Schwerpunkte aus der Praxis in Brandenburg vorgestellt, bei denen exemplarisch Kooperationsprojekte vorgestellt wurden:
1. Die Kooperation zwischen dem Land Brandenburg und den Kommunen im Rahmen kultureller Planungsprozesse.
2. Der zweite Themenblock setzte sich mit der Frage auseinander, wie kulturelle Planungen im Verbund (interkommunal) erarbeitet werden können. Zentrales Beispiel bildeten die sog. regionalen Wachstumskerne (RWK) in Brandenburg.
3. Den dritten Schwerpunkt bildeten Kooperationen im Rahmen von Themenjahren und Kampagnen. Hier standen die Themen "Nachhaltigkeit" und "Vernetzung" im Vordergrund.
In diesen drei Themenblöcken wurden der Stand, die Probleme und die Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Kooperationen diskutiert. Es zeigte sich, dass Kooperative Kulturplanung aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss. In den Vorträgen kamen unterschiedliche Sparten zu Wort, die öffentliche, private, privat-gemeinnützige Kooperationen im Land Brandenburg belegen. Die Tagung bewies ein elementares Interesse der Teilnehmer an verstärkter Kooperation und Planung. Chancen dafür sehen die Teilnehmer durch ähnliche Herausforderungen, die sie zu bewältigen haben und somit einen Bedarf, stärker "an einem Strang zu ziehen", interdisziplinäre Vernetzungen vorzunehmen und damit über den Tellerrand des eigenen engen Aufgabenbereiches zu schauen, Ressourcen zu bündeln und durch Vernetzung kreatives Potenzial zu begünstigen usw. Dennoch wurden auch die Grenzen des Themas aufgezeigt, die sich in Barrieren wie unterschiedliche Tempi, Identitäten, Verständnisse aber auch Konkurrenzverhältnisse abzeichneten. Kooperative Kulturplanung bleibt damit ein weites Feld: die Fortschreibung der Kulturentwicklungskonzeption (kurz: KEK) in Brandenburg, aber auch bilaterale Planung von Kooperation stellen die Verantwortlichen immer wieder vor neue Problemstellungen die es zu bewältigen gilt. Und dennoch sind Ansätze vorhanden, die Chancen und Risiken in einem Balanceakt auszutarieren versuchen:
Auf europäischer Ebene wurde im Mai 2007 die "Erste europäische Kulturstrategie: Beitrag zu Wirtschaftswachstum und interkulturellem Verständnis" veröffentlicht. Die drei darin festgelegten Schwerpunkte sollen stärker als bisher durch die "offene Koordinierungsmethode" (OKM) strukturiert umgesetzt werden. In Deutschland ist eine solche kulturpolitische und praxisorientierte Strukturierung zur Maßnahmenumsetzung und Überprüfung bisher selten anzutreffen. Vereinzelt wurden in Städten Konzepte umgesetzt, auf Landesebene wird es dünner. Die "Regionalen Wachstumskerne" in Brandenburg sind ein Beispiel für eine gemeinsame und strategische Zielvereinbarung. Kultur als Schlüsselfaktor für die regionale Entwicklung Brandenburgs ist kein Fremdwort Kampagnen wie z.B. Kulturland Brandenburg oder Innopunkt 14: Allianzen zwischen Kultur und Wirtschaft dokumentieren dies ausdrücklich. Durch die enge Verknüpfung der Kulturpolitik auf Kommunalund Landesebene wurde in Brandenburg mit der KEK ein Beispielmodell geschaffen. Noch einen Schritt weiter geht das Kulturraumgesetz in Sachsen. Solche Modelle haben, im Hinblick auf eingehend genannte Problemstellungen, das Ziel durch Allianzen Synergien zwischen Kulturanbietern, als auch dem 3. Sektor zu bündeln und ein wachsendes kulturelles Dienstleistungsangebot bei gesteigertem Qualitätsanspruch vorzuhalten. Kooperation sind aber auch mit der öffentlichen Hand sinnvoll, da sie ihre Aufgaben durch vorangestellte Zwänge schlicht nicht mehr allein erfüllen kann. Auf Basis des Managements soll die kooperative Verwaltung weg von hierarchischen Ansätzen hin zu kooperativen Verfahrensweisen. Dieser Richtungswechsel der Verwaltung vom vorherschenden Kulturförderer und Richtungsgeber, hin zum Teilhaber an der Leistungserstellung des Kulturangebotes, ist eine große Herausforderung die ein strukturelles Umdenken aller Beteiligten erfordert. Vor dem Hintergrund der genannten Entwicklungen hat die Tagung "Kooperative Kulturplanung" eine wesentliche Herausforderung künftiger Kulturarbeit thematisiert.
Patrick S. Föhl, Leiter der Forschungsgruppe Regional Governance im Kulturbereich, fasste die Ergebnisse der Tagung wie folgt zusammen: "Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Veränderungen werden neben vorhandenen Formen der staatlichen Regulierung und Steuerung, neue Aushandlungsprozesse mit vielfältigen gesellschaftlichen Akteursgruppen und Einrichtungen treten. Diese werden separat und gemeinsam mit den staatlichen Vertretern neue kooperative Arrangements bilden beziehungsweise initiieren, um Ressourcen, Wissen und Fähigkeiten in gemeinsame Projekte einzubringen oder auszutauschen. Denn im Vergleich zu einer individuellen Vorgehensweise bestehen bei Kooperationen häufig größere Chancen auf eine Zielerreichung. Die unterschiedlichen Kooperationen, von partizipativen Entscheidungsprozessen bis hin zu tiefgreifenden Kooperationsprojekten, bedürfen natürlich abhängig von ihrer Intensität einer geeigneten Strukturierung und ergebnisorientierten Lenkung sowie einer Reflexion, ob sie jeweils überhaupt sinnvoll sind. Kooperationen erhöhen die Komplexität der Arbeit, da verschiedene Systeme und Denkweisen aufeinander treffen und die Zusammenarbeit ansich koordiniert werden muss. Das gilt insbesondere für sektorenund/oder spartenübergreifende Kooperationen. Gemeinsam unterstreichen diese Faktoren auch hier wieder abhängig von der Intensität der Kooperation und ihrer spezifischen Entwicklungsgeschichte die Notwendigkeit einer kooperativen Planung und/oder der koordinierten Planung einer konkreten Kooperation."
 

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