Rückblick 7. re:publica 2013
In ihrer Vielfalt und Zusammensetzung einzigartig
Am Mittwoch ging die 7. re:publica zu Ende. Unser Rückblick widmet sich der Frage, welchen Mehrwert dieser Treffpunkt von Protagonisten einer digitalen Gesellschaft eigentlich für Kulturmanager hat.
"Ich kann jedem Kulturschaffenden einen Besuch auf der re:publica nur wärmstens empfehlen, denn dort wird etwas ganz Wichtiges kultiviert: der Dialog." Dies ist der Rat von Anke von Heyl, Kunsthistorikerin, Autorin und Social-Media-Expertin aus Köln. Dialog und Kommunikation sind tatsächlich für viele Besucher die Hauptgründe, seit sieben Jahren zu einem Medienkongress der ganz besonderen Art nach Berlin zu pilgern. In diesem Jahr wurden mit über 5000 Teilnehmern wieder Rekorde gebrochen. Wie viele Kulturschaffende darunter zu finden waren, wird schwer zu ergründen sein, es könnten aber gern im Zweifelsfall mehr sein. Immerhin hat von Heyl überraschend viele Literaturwissenschaftler, Verlagsmenschen und auch Theaterleute gesehen.
Fakt bleibt: die re:publica verlangt eine ordentliche Portion Medienkompetenz und das Wissen um aktuelle Debatten und Technologien im Internet. Möglicherweise werden Kulturmanager ja noch abgeschreckt durch die Digital Natives, "die sich an Frontvideos und Instagram-Abbildungen von Fadenkreuzen erfreuen", wie Christoph Müller-Girod sie treffend beschreibt. Für den Social Web Trainer aus Oberhausen war die re:publica "höchst spannend", weil sie den gegenwärtigen Kampf der Netzaffinen gegen Regierungen und Unternehmen widerspiegelt, die, so Müller-Girod, "zunehmend bemüht sind, die Digitale Gesellschaft zu drosseln, zu kontrollieren und durch mangelnde Transparenz und Medienbildung zu deformieren." Die Ankündigung der Deutschen Telekom, bei hoher Netznutzung die Surfgeschwindigkeit spürbar zu senken, hat die Szene tatsächlich mehr aufgeschreckt als irgendwelche Ankündigungen von Innenministern nach noch mehr Netzüberwachung. Eine Online-Petition brachte es in wenigen Tagen auf über 175.000 Unterzeichner.
"Das Internet ist das vegetative Nervensystem des 21. Jahrhundert", so Cory Doctorow, der in seiner brillanten wie komplexen Rede dazu aufforderte, für Netzneutralität, quelloffene Software und eine freie Zukunft zu kämpfen. Möglicherweise teilen viele Kulturschaffende auch die diffuse Angst staatlicher oder industrieller Akteure vor den Protagonisten einer Digitalen Gesellschaft, die überkommene Lebensweisen, nationale Grenzen und klassische Ökonomien infrage stellen. In diesem Zusammenhang hat Anke von Heyl der Vortrag von Felix Schwenzel besonders begeistert, der an die Teilnehmer der re:publica appellierte, sich dadurch nicht den Blick auf die Chancen zu verbauen. Man möge den Kulturmanagern zurufen, die wahren Triebkräfte kultureller Weiterentwicklungen in diesen Zeiten zu erkennen. Nicht jede erfolgreiche Revolution ist heutzutage auf Waffengewalt angewiesen.
Die re:publica ermöglicht, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Dabei ist sie ein Mix aus "einem großen Flauschtreffen, einer Fortbildungsveranstaltung und einer Party, bei der sich eine Branche selbst feiert", meint Bernhard Kelz, Anwalt für IT- und Medienrecht aus Dresden. Er hat in diesem Jahr einmal den Verlockungen eines Drei-Tage-Dauermarathons an Vorträgen und Session widerstanden und stattdessen gezielt Gespräche geführt. Dabei konnte er viele wertvolle Impulse für seine tägliche Arbeit mitnehmen. Auf seiner Rückfahrt am Mittwoch schreibt er an die Redaktion von Kulturmanagement Network: "Die re:publica ist für mich wie eine gut sortierte Bar. Für jeden ist etwas dabei und sie verführt dazu, zu viel und durcheinander zu trinken. Sicher gibt es Branchenkonferenzen auf höherem fachlichen Niveau, sicher gibt es BarCamps mit intensiveren persönlichen Kontakten, und wer auf der re:publica den nächsten großen Hype erwartet oder das Big Business machen möchte, wird sicher enttäuscht sein. In ihrer Vielfalt und Zusammensetzung ist die re:publica aber einzigartig."
Weitere Informationen: http://re-publica.de
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