01.03.2006
Rückblick Kreativität als Wachstumsfaktor 2006

Kreativität als Wachstumsmotor

Rückblick auf die Konferenz Kreativität als Wachstumsfaktor.
Der Fragestellung "Wachstum und Beschäftigung in den Content Industrien" widmete sich das abschließende Panel bei der EU-Konferenz "Content for Competitiveness".

Antonis Kastrissianakis, Direktor der EU Generaldirektion Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, erläuterte in seinem Impulsreferat die vieldeutige Bedeutung der Kulturindustrie für das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung in Europa. So steigt zwar seit Jahren die Wertschöpfung der Kulturproduktionen in der EU ebenso wie die Zahl der Beschäftigten in diesem Sektor überproportional an, gleichwohl ist die soziale Absicherung der Beschäftigten in diesem Arbeitsmarkt deutlich schlechter als in meisten anderen klassischen Industrie- oder Dienstleistungszweigen. Er forderte Maßnahmen zur Flexibilisierung und Mobilität am Arbeitsmarkt.

Harald Hartung von der Generaldirektion Bildung und Kultur führte als Beispiele für die Verschiebungen in der Arbeitswelt weg von der klassischen Industrie hin zur Kulturproduktion die britische Außenhandelsstatistik an. Seit 1996 leistet die britische Pop Musik immer einen höheren Beitrag zur nationalen Zahlungsbilanz als die Stahlindustrie des Landes; und 1998 waren die Spice Girls größter Exortschlager Großbritanniens.

Michael Söndermann, Präsident des Arbeitskreises für Kulturstatistik, ergänzte Hartungs Belege für die britische Wirtschaft um gesamteuropäische Zahlen. Betrug der Umsatz der beiden klassischen Schlüsselindustrien Chemie und Automobilproduktion 2002 rund 600 bzw. 550 Milliarden EUR, so erwirtschaftete die europäische Contentsparte 2005 780 Milliarden EUR bei einem Wachstumsniveau von 7%. Trotz dieses überdurchschnittlichen Wachstums hinkt Europa hinter den USA und Asien, was nicht zuletzt auf die mangelnde Betriebsgröße zurückzuführen ist. Bei der überwältigenden Zahl der Anbieter handelt es sich um Kleinstbetriebe. Der Anteil der "Kleinst-Unternehmen" in diesem Sektor mit seinen rund 10 Millionen Beschäftigten beträgt laut Söndermann 32% und ist damit dreimal so hoch wie in den traditionellen Beschäftigungszweigen. Als eine Folge dieses stark fragmentierten Arbeitsmarktes können allgemein übliche Arbeitsschutzbestimmungen nur schwer durchgesetzt werden.

Heinrich Bleicher-Nagelsmann vom Europäischen Gewerkschaftsbund mahnte daher von der EU eine stärkere Berücksichtigung der Folgen ihrer Politik für die Arbeitsmärkte ein. Gerade der Mediensektor werde derzeit von umfassenden Großfusionen mit Folgen für tausende Arbeitsplätze erfasst.

Dieses Anliegen unterstützte auch José Isaías Rodriquez García-Caro, Vertreter der Arbeitgeber im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss. Er bemängelte nicht nur die geringe Unterstützung der Kreativindustrie durch die EU sondern sprach sich auch für eine "europäische Kulturpolitik" und "Europäisierung der nationalen Kulturpolitiken" aus. Er forderte auch konkrete finanzielle Unerstützungsprogramme für die Kreativwirtschaft. Als Grund nannte er die Risikoscheue der klassischen Finanzinstitutionen. Diese wären seiner Beobachtung nach nicht bereit, die Kreativwirtschaft wegen ihrer Einstufung als hochriskant bei der Finanzierung ihrer Projekte zu unterstützen.

Jacques Toubon, Mitglied des Europäischen Parlaments, mahnte gleichfalls eine gesicherte Förderung der Kultur durch die öffentlichen Budgets ein. Nur diese Unterstützung könnte dauerhaft ein breites und qualitätsvolles Programmangebot im Sinne der kulturellen Vielfalt absichern.
 

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