06.11.2020
Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2020

Kulturwirtschaft stark, Kreativbranche noch stärker

Der aktuelle Monitoringbericht für die Kultur- und Kreativwirtschaft 2020 zeigt die Entwicklung des Sektors im Jahr 2019 und wirft einen ersten Blick auf die Folgen der Coronakrise.
Nach der Kurzfassung des Monitoringberichts arbeiteten 2019 rund 1,8 Millionen Menschen in Deutschland in der Kultur- und Kreativwirtschaft, d.h. in nicht öffentlich geförderten Unternehmen oder als Selbstständige, die ihr Geld mit kulturellen oder kreativen Aktivitäten verdienen. Im Vergleich zu 2018 zeigten sich dabei durchgehend steigende Zahlen. Diese differieren jedoch zwischen den Teilsektoren der Kreativbranche (Werbemarkt; Software- und Spieleindustrie) und der Kulturwirtschaft (Musikwirtschaft; Buchmarkt; Kunstmarkt; Filmwirtschaft; Rundfunkwirtschaft; Darstellende Künste; Architekturmarkt; Designwirtschaft; Pressemarkt).
 
In allen Bereichen der Kultur- und Kreativwirtschaft lassen im Vergleich zu 2018 ein Wachstum und eine Entwicklung hin zur Verstetigung feststellen. So stiegen der Gesamtumsatz der Branche und ihr Anteil am BIP sowie die Anzahl der Unternehmen. Im Vergleich liegt die Bruttowertschöpfung der Branche damit auf dem dritten Platz hinter dem Fahrzeug- und dem Maschinenbau. 
 
Hinsichtlich der Beschäftigungsart nahmen die Angestellten zu (53 Prozent), während die Zahl der Selbstständigen sank (14 Prozent). Eine Ausnahme bildeten hier jedoch die Mini-Selbstständigen und die geringfügig Beschäftigten (jeweils ca. 16 Prozent). Ihre Zahl ist 2019 angestiegen, insbesondere im Bereich der geringfügig Beschäftigten.
 
Schaut man sich die einzelnen Teilmärkte an, wird deutlich, dass die Kreativbranche 2019 erneut deutlich stärker war als die Kulturwirtschaft. Ihre beiden Teilmärkte Werbemarkt sowie Software- und Spieleindustrie erzielten fast die Hälfte der 174 Milliarden Euro Gesamtumsatz. Im Bereich der Kulturwirtschaft waren Presse und Design am stärksten. Die Gesamtumsätze dieser vier Bereiche liegen bei 130 Milliarden. 
 
Im Vergleich dazu erzielten die sieben Kulturwirtschaftsbereiche Architektur, Buch, Rundfunk, Film, Musik, Darstellende Kunst und Kunst zusammen nur gut 40 Milliarden Euro - ein steigender Betrag, der dennoch deutlich hinter Software, Games und Werbung zurücksteht. Entsprechend zeigten diese Bereiche der Kulturwirtschaft auch hinsichtlich der Anzahl der Unternehmen, der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie beim Umsatz der Selbstständigen die niedrigsten Zahlen.
 
 
Hinsichtlich der regionalen Verteilung war unter den Top 10-Städten für die Kultur- und Kreativwirtschaft 2019 keine aus dem Osten vertreten (Berlin ausgenommen). Jedoch dominierten nicht nur die Metropolen. So gehören zu den Top 10 der Rhein-Neckar-Kreis auf Platz 1, Ulm auf Platz 3 und Kempten im Allgäu auf Platz 9. Berlin liegt auf Platz, der Großraum Frankfurt am Main ist durch Offenbach und Darmstadt vertreten, Stuttgart und Hamburg haben es gar nicht in die Top 10 geschafft.
 
Zahlen der Kultur- und Kreativwirtschaft im Überblick
 
1.235.767 Kernerwerbstätige 
1.835.278 Gesamterwerbstätige 
976.977 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 
140.872 € Umsatz pro Kernerwerbstätigem 
299.467 geringfügig Beschäftigte 
672.688 € Umsatz pro Unternehmen 
3,1 % Anteil am BIP 
4,78 Kernerwerbstätige je Unternehmen 
20,9 % Selbständige (Anteil an Kernerwerbstätigen) 
106,4 Milliarden € Bruttowertschöpfung 
86.099 € Bruttowertschöpfung pro Kernerwerbstätigem 
 
Teilmärkte der Kulturwirtschaft und Ausblick 2020
 
Nach zehn Jahren des Wachstums der Kultur- und Kreativwirtschaft verweist der Monitoringbericht im Ausblick auf 2020 auf starke, coronabedingte Einbrüche in den meisten Bereichen.
 
Musikwirtschaft
 
Die Musikwirtschaft erzielte 2019 einen Umsatz rund 9,0 Milliarden Euro, dies entspricht einem Anteil von 4,6 Prozent an der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft. Den höchsten Umsatz erzielten Theater-/Konzertveranstaltungen, gefolgt von den Musikverlagen. Insgesamt waren ca. 90.000 Personen in der Musikwirtschaft erwerbstätig, davon ca. 60 Prozent Kernerwerbstätige und 40 Prozent geringfügig Erwerbstätige. 
 
Aufgrund des weitgehenden Verbots von Großveranstaltungen bis Ende 2020 ist für die Musikwirtschaft mit einem gravierenden Szenario und Umsatzverlusten von bis zu -59 Prozent zu rechnen. Audio-Streaming ist aber auch 2020 ein Wachstumsmotor und im ersten Halbjahr 2020 um 21 Prozent gewachsen. Der Live-Sektor ist hingegen stark bedroht. 
 
Buchmarkt
 
Der Buchmarkt erwirtschaftete 2019 rund 14,3 Milliarden Euro, dies sind etwa 7,2 Prozent der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft. Den größten Umsatzanteil hatten die Buchverlage (60 Prozent), gefolgt vom Buchhandel mit rund einem Viertel der Gesamtumsätze. Insgesamt waren 110.000 Personen im Buchmarkt erwerbstätig, davon ca. 60 Prozent Kernerwerbstätige und 40 Prozent geringfügig Erwerbstätige. 
 
Durch Online-Shops und Lieferdienste im Vorfeld des sehr guten Ostergeschäfts konnten Buchhandlungen die Umsatzeinbußen während der Ladenschließungen im Frühjahr 2020 zumindest teilweise kompensieren, sodass für die Branche eher mit dem mittleren Szenario (-19 Prozent) zu rechnen ist. Diese Anpassung an die Digitalisierung macht sich tendenziell langfristig bezahlen, denn der strukturelle Wandel durch Online-Shopping und die dadurch bedingte geringere Kundenfrequenz in den Innenstädten setzen den stationären Buchhandel weiterhin unter Druck. 
 
Kunstmarkt
 
Im deutschen Kunstmarkt wurden 2019 insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro umgesetzt. Den größten Umsatzanteil hatten die selbständigen bildenden Künstler*innen (rund 39 Prozent), gefolgt vom Einzelhandel mit Kunstgegenständen (etwa 29 Prozent) und den Museumsshops (ca. 19 Prozent). Insgesamt waren 2019 knapp 50.000 Personen im Kunstmarkt erwerbstätig, davon ca. 36 Prozent Kernerwerbstätige und 62 Prozent geringfügig Erwerbstätige, darunter überwiegend Mini-Selbständige. 
 
Coronabedingte Galerieschließungen, reduzierte Öffnungszeiten, Absagen von Kunstmessen und das Fernbleiben internationaler Besucher*innen und Käufer*innen werden im Kunstmarkt im mittleren Szenario einen Umsatzrückgang von bis zu -31 Prozent verursachen. Bei einem umfangreichen erneuten Lockdown ist mit einem deutlich gravierenden Szenario von bis -64 Prozent zu rechnen. Um dem entgegen zu wirken, treiben die Galerien die Digitalisierung voran, sodass Kunst verstärkt online präsentiert und vermarktet wird. Auktionshäuser waren bereits vor der Pandemie online und in den sozialen Medien aktiver. 
 
Filmwirtschaft
 
Die deutsche Filmwirtschaft setzte im Jahr 2019 insgesamt rund 10,0 Milliarden Euro um, dies entsprach einem Anteil von rund 5 Prozent an der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft. Etwas mehr als die Hälfte der Gesamtumsätze werden von Film- und TV-Produktionsunternehmen erwirtschaftet. Insgesamt waren 122.000 Personen in der Filmwirtschaft erwerbstätig, davon knapp über 50 Prozent Kernerwerbstätige und knapp unter 50 Prozent geringfügig Erwerbstätige.
 
Im mittleren Szenario werden die Umsätze der Filmbranche 2020 um ca. ein Drittel schrumpfen. Im gravierenden Szenario ist mit einem Umsatzverlust von über 70 Prozent zu rechnen. Während es gerade für Kinobetreiber darum geht, die Krise schlicht zu überleben, sind andere Bereiche weniger stark betroffen. Viele Filmproduktionsunternehmen konnten im Sommer 2020 ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ein langer erneuter Lockdown im Herbst würde auch diese Branche hart treffen. 
 
Darstellende Künste
 
Im Markt für Darstellende Künste wurden 2019 rund 5,7 Milliarden Euro umgesetzt. Der Markt hat große Überschneidungen zur Musik- sowie zur Filmwirtschaft. Den größten Umsatzanteil haben mit 40 Prozent die Theater- und Konzertveranstalter*innen, gefolgt von den selbständigen Bühnen-, Film- und TV-Künstler*innen (23 Prozent). Insgesamt sind 111.000 Personen im Markt erwerbstätig, davon ca. 45 Prozent Kernerwerbstätige und 55 Prozent geringfügig Erwerbstätige. 
 
Veranstaltungsabsagen haben selbständige Künstler*innen und Unternehmen sehr stark getroffen. Die Umsätze sind teilweise vollständig weggebrochen. Dies könnte für 2020 im gravierenden Szenario einen Umsatzverlust von bis zu -75 Prozent bedeuten. Dass sich die Kapazitätsbegrenzungen der Theater- und Konzertsäle je nach Bundesland unterscheiden, führt zu einem Ungleichgewicht bei den Chancen zur finanziellen Erholung. 
 
Architekturmarkt
 
Im deutschen Architekturmarkt wurden 2019 insgesamt rund 12,4 Milliarden Euro erlöst, etwa 6,3 Prozent der gesamten Kultur- und Kreativwirtschaft. Zwei Drittel der Umsätze werden dabei durch Architekturbüros für Hochbau generiert. Insgesamt waren 2019 175.000 Personen im Architekturmarkt erwerbstätig, davon 77 Prozent Kernerwerbstätige und 23 Prozent geringfügig Erwerbstätige
 
Aufgrund der guten Auftragslage der vergangenen Jahre war der Architekturmarkt auch während der Pandemie hoch ausgelastet und dadurch weniger stark betroffen. Im mittleren Szenario ist mit einem Umsatzverlust von 8 Prozent zu rechnen. Zudem sorgt die Pandemie mittel- bis langfristig für eine erhöhte Nachfrage nach neuen Konzepten für Büros und den öffentlichen Raum. Auch die Klimakrise stellt die Branche vor neue Herausforderungen wie bspw. eine klimagerechte Stadtplanung bzw. Architektur. Beide Bereiche sowie der dichte Wohnungsmarkt sorgen aber für eine konstante Nachfrage.
 
Designwirtschaft
 
In der deutschen Designwirtschaft wurde 2019 ein Gesamtumsatz von rund 21 Milliarden Euro generiert. Die Werbegestalter werden nach der Definition des Kultur- und Kreativwirtschaftsmonitorings umsatzseitig zu 50 Prozent der Designwirtschaft zugerechnet und erwirtschaften den mit Abstand größten Umsatzanteil (62 Prozent). Insgesamt waren 2019 ca. 275.000 Personen in der Designwirtschaft erwerbstätig, davon 55 Prozent Kernerwerbstätige und 44 Prozent geringfügig Erwerbstätige. 
 
Die Pandemie trifft vor allem selbständige Designer*innen, da viele Kommunikationsprojekte reduziert oder abgesagt werden. Da sich die Marketingbudgets insgesamt nur langsam erholen, ist im gravierenden Szenario mit Umsatzverlusten von bis zu -38 Prozent zu rechnen. Die Krise zeigt aber auch, dass die Designwirtschaft ein wichtiger Faktor der Digitalisierung ist. Regulatorische Fragen dazu bleiben bestehen, wie der Umgang mit Vorleistungen in Vergabeverfahren, Verhinderung von Scheinselbständigkeit sowie die Altersabsicherung von Solo-Selbständigen zu handhaben ist. 
 
Die gesamte Kurzfassung des Monitoringberichts der Kultur- und Kreativwirtschaft 2020 kann hier heruntergeladen werden. 
 
Die Langfassung wird sich ausführlicher mit der Coronakrise befassen. 

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