13.06.2011

Autor*in

Gerlinde Riedl
Wiener Festwochen-Intendanz ab 2014

Mailath präsentiert neues Team

Ab 2014 steht ein neues Team an der Spitze der Wiener Festwochen. Der derzeitige Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, wird gemeinsam mit der erfolgreichen Berliner Theaterdirektorin Shermin Langhoff das Festival leiten. Dies gab Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny heute, Mittwoch, gemeinsam mit dem Präsidenten der Wiener Festwochen Rudolf Scholten bei einer Pressekonferenz im Wiener Rathaus bekannt.
Hinterhäuser übernimmt die Funktion des Intendanten und künstlerischen Geschäftsführers; Langhoff wird Stellvertretende Intendantin und Chefkuratorin; Wolfgang Wais wird weiterhin die kaufmännische Geschäftsführung innehaben. Die Wiener Festwochen schlagen mit diesem Leitungsmodell einen neuen Weg ein: Es gibt keine Spartenintendanten mehr, sondern ein Leitungsteam, das gemeinsam für das gesamte Programm verantwortlich zeichnet. Eine weitere Neuerung: Der Intendant wird künftig für eine nicht verlängerbare Periode von drei Jahren bestellt. Auch damit vollziehen die Festwochen einen Paradigmenwechsel in Richtung Öffnung, Abwechslung, Bewegung - nach einer langen und erfolgreichen Periode, in der die Vorteile der konstanten Führung durch eine Persönlichkeit wie Luc Bondy überwogen haben.

Hinterhäuser als "Tankerkapitän" der Wiener Festwochen
"Markus Hinterhäuser ist als erfahrener Intendant international genauso wie in Wien vernetzt. In all seinen bisherigen Tätigkeiten, ob als Kurator, Intendant oder Musiker, hat er die Fahne der Zeitgenossenschaft und Avantgarde hochgehalten. Als Leiter eines der bedeutendsten Festivals der Welt ist er derzeit für ein Programm verantwortlich, das alle Bereiche der Kunst - Musik, Schauspiel, Bildende Kunst, Performance - umfasst, und das zu Recht für seine konzise Dramaturgie, seine erhellenden und klugen Zusammenhänge gelobt wird. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, ihn als künftigen Intendanten und 'Tankerkapitän' der Wiener Festwochen zu gewinnen", betonte der Kulturstadtrat. Markus Hinterhäuser wird als Intendant bei den Wiener Festwochen hauptverantwortlich für internationale Produktionen ("Création internationale") und den Musikbereich sein.

"Ich freue mich, dass ich zum Intendanten eines der großen internationalen Festivals bestellt worden bin", erklärte Markus Hinterhäuser. "Das ist für mich eine große Herausforderung und Horizonterweiterung. Ich sehe meine Aufgabe darin, mit meiner ganzen künstlerischen Energie und Phantasie die Strahlkraft der Wiener Festwochen in einer Musik- und Theaterstadt wie Wien nach innen und außen zu erhalten und zu verstärken", so Hinterhäuser.

Langhoff als "Lotsin für postmigrantische Kunst"
"Shermin Langhoff hat als Galionsfigur postmigrantischer Theater- und Kulturarbeit eine geradezu kometenhafte Karriere gemacht. Sie hat mit ihrem postmigrantischen Theater 'Ballhaus Naunynstraße' nicht nur die deutsche Theaterlandschaft nachhaltig verändert, sondern auch international Aufsehen erregt, und damit einer großen Gruppe von KünstlerInnen, aber auch einem wachsenden Publikum ein ganz neues Bewusstsein und Selbstbewusstsein gegeben. Die Wiener Festwochen werden mit ihr als Stellvertretende Intendantin und Lotsin noch stärker als bisher die interkulturelle Struktur Wiens mit ihren historischen Wurzeln widerspiegeln", ist Mailath überzeugt. Shermin Langhoff wird bei den Festwochen für die internationale Off-, Avantgarde- und transkulturelle Szene und sowie für interdisziplinäre Projekte zuständig sein.

Shermin Langhoff freut sich über die Einladung, eines der "bedeutendsten Theaterfestivals der Welt" mitzuleiten. "Die Wiener Festwochen haben sich für eine neue Vision von einer Ästhetik und einem Programm entschieden, das die veränderte Polis Wiens, des Kontinents Europa und des nicht unbescheidenen Restes der Welt noch stärker als bisher mitdenkt. Dazu beizutragen, diese Mission zu verwirklichen - diese Herausforderung nehme ich gerne an", betonte Langhoff.

Leitungsteam bereits ab 2012 in Wien
Große Erwartungen setzt auch Festwochen-Präsident Rudolf Scholten in das neue Team: "Die Wiener Festwochen haben in der Ära Luc Bondy ihren besonderen Qualitätsplatz im Kreis der europäischen Festivals behaupten und entwickeln können. Ich finde es phantastisch, dass wir mit der neuen Intendanz eine Perspektive gewonnen haben, in einer international ehrgeizigen Konstellation eine intellektuelle und künstlerische Position zu den Themen unserer Zeit zu formulieren. Wien ist damit kulturpolitisch exponiert und behauptet seine im Vergleich prominente Position", unterstrich Scholten.

Das neue Team wird ab 2012 mit der Vorbereitungsarbeit in Wien beginnen. Die ersten von Hinterhäuser und Langhoff verantworteten Festwochen werden 2014 über die Bühnen der Stadt gehen.

Biographie Shermin Langhoff
Shermin Langhoff wurde in Bursa, Türkei geboren. Mit neun Jahren kam nach Deutschland. Nach langen Jahren beim Film und Ihrer Zusammenarbeit mit Fatih Akin war sie von 2004 bis 2008 Kuratorin am Berliner Theater Hebbel Am Ufer (HAU). Dort förderte sie in einer "Akademie der Autodidakten" viele Talente der deutsch-türkischen zweiten Einwanderergeneration; 2006 entstand Ihre Projektreihe "Beyond Belonging". "Schwarze Jungfrauen", das Feridun Zaimoglu in ihrem Auftrag schrieb, wurde bei den Mülheimer Theatertagen 2007 zu den sieben besten Stücken nominiert. 2008 übernahm Langhoff die Intendanz des Theaters Ballhaus Naunynstraße: Der Blick und Austausch über den nationalen Rahmen, Interdisziplinarität und Nachhaltigkeit sind bei der Programmgestaltung ein wichtiges Anliegen. Ihre Produktion "Verrücktes Blut" hat internationales Aufsehen erregt, wurde zum Berliner Theatertreffen, den Mülheimer Theatertagen und zahlreichen internationalen Festivals eingeladen. 2011 erhielt Langhoff den KAIROS-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der mit Euro 75.000 einer der höchstdotierten Kulturpreise in Europa ist.

Biographie Markus Hinterhäuser
Markus Hinterhäuser wurde in La Spezia, Italien, geboren. Er absolvierte sein Klavierstudium am Wiener Konservatorium und am Mozarteum Salzburg. Dort war er unter anderem Schüler von Elisabeth Leonskaja und Oleg Maisenberg. Als Kammermusiker arbeitete er u.a. mit dem "Arditti-Quartett" zusammen. Er war auch lange Zeit Begleiter der Sängerin Brigitte Fassbänder. Später engagierte er sich vor allem für die Musik des 20. Jahrhunderts. So spielte er unter anderem das gesamte Soloklavierwerk der Zweiten Wiener Schule sowie von John Cage, Morton Feldman und Galina Ustwolskaja ein. Daneben war er regelmäßig Gast bei vielen Festivals, etwa den Salzburger Festspielen, der Schubertiade Hohenems, dem Münchner Klaviersommer und dem Festival "Wien Modern". 1993 gründete Hinterhäuser mit Thomas Zierhofer-Kin das "Zeitfluss-Festival" im Rahmen der Salzburger Festspiele, 2002 die Reihe "Zeit-Zone" bei den Wiener Festwochen. Im Februar 2005 berief ihn der designierte Intendant Jürgen Flimm zum Konzertdirektor der Salzburger Festspiele, ein Amt, das er bis 2010 innehatte. Die Saison 2011 der Salzburger Festspiele leitet Hinterhäuser als alleinverantwortlicher Intendant.
 

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