17.09.2015

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Wissenschaftskommunikation im Kulturmanagement

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?

Zu den Kernaufgaben im Kulturmanagement gehören unter anderem die Vermarktung von Kultur und die Vermittlung von deren Inhalten für ein breites Publikum. Auch die Wissenschaftsdisziplin Kulturmanagement erforscht und lehrt die Umstände kultureller Produktion und Distribution. Da erstaunt es, dass sie ihre Expertise in der Aufbereitung von Fachwissen kaum nutzt, um die eigenen Forschungsergebnisse im Sinne der Wissenschaftskommunikation professionell zu verbreiten im Gegensatz zu den Kultur- und Geisteswissenschaften und den Kulturbetrieben.
Letzte Woche hat der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft eine Initiative von Studenten der Universität Münster als besonders kreativ und herausragend gekürt, die BWL-Kenntnisse an Kunststudenten vermittelt. Damit macht diese Initiative genau das, was Aufbau- und Weiterbildungsstudiengänge im Kulturmanagement seit Jahren tun. Doch anscheinend kommunizieren sie es nicht, denn sonst, so ist anzunehmen, wäre diesem Hauptakteur der deutschen Wissenschaftslandschaft wohl aufgefallen, dass es schon seit Längerem entsprechende Angebote gibt. Während die Kulturmanagementlehre vermittelt, transparent und offen, dialogisch und zielgruppenorientiert zu sein, setzt sie dieses Verständnis von Kultur und Wissenschaft aber selbst nicht ausreichend um.

Wissenschaftskommunikation hat die Aufgabe, Forschungsergebnisse für die Öffentlichkeit so aufzubereiten, dass diese sowohl den wissenschaftlichen Mehrwert der Ergebnisse als auch den gesellschaftlichen Mehrwert des Projektes und der Disziplin versteht. Dabei muss sich Wissenschafts- ebenso wie etwa Fachkommunikation in der Kultur die Frage stellen, wer die wichtigen und wer die potentiellen Publika sind, wie sich die allgemeine Öffentlichkeit von bestimmten Zielgruppen unterscheidet und wie man diese auf den richtigen Kanälen anspricht.

Im Vergleich zur Kulturkommunikation mag es erscheinen als wäre kulturmanageriale Wissenschaftskommunikation kaum interessant für die breite Öffentlichkeit, kein Teil der allgemeinen oder kulturellen Bildung. So tauchen Themen aus dem Kulturmanagement vor allem dann in den Medien auf, wenn es um einzelne Häuser, diskutable Stellenbesetzungen oder finanzielle Kürzungen geht. Zugleich gibt es in der fachinternen Diskussion regelmäßig Kritik an Kulturpolitik, Kulturbetrieben und Künstlern, auf die Missstände im Kulturbereich unzureichend hinzuweisen. Diese werden von den fundierten Erkenntnissen der Kulturmanagement-Forschung jedoch besser und aussagekräftiger abgebildet als durch einzelne Beispiele. Entsprechende Daten als Grundlage für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, mit Geldgebern, Politikern und Stakeholdern haben also eine potentiell hohe Wirkkraft.

Zugleich könnte sich die Kulturmanagement-Forschung auf diese Weise selbst aktiver an jenen Aufgaben beteiligen, die sie der Praxis zuschreibt, nämlich die Rahmenbedingungen kultureller Produktion bestmöglich zu gestalten. So spielen Transparenz und digitale, dialogische Kommunikation über Inhalte, Erkenntnisse und Arbeitsweisen eine große Rolle für Kultureinrichtungen. Auch für die kulturmanageriale Wissenschaftskommunikation bieten sich mit der Digitalisierung neue Möglichkeiten. Sie werden, ähnlich wie Open Access, offene Wissenschaftsdaten (Open Data) und Formate wie Blogs, für die Kulturmanagement-Forschung aber kaum thematisiert. Doch Forschungsdaten verfügbar zu machen, kann den fachinternen Austausch und die Entwicklung neuer Fragestellungen voranbringen. Auch wird die externe Wahrnehmung der Disziplin und ihrer Methoden verbessert und zugleich die Diskussionen um öffentliche Kulturförderung mit grundlegenden Informationen unterfüttert.

Nun hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung gerade die Schaffung einer Plattform für "Digitalisierung in Bildung und Wissenschaft" bekannt gegeben. Ihr Anliegen ist es, den Austausch zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung auszubauen, deren gegenseitigen Einfluss mit der digitalen Transformation zu betrachten und Impulse für gesellschaftliche Entwicklungen zu geben. Hier dürfen die Kultur und das Kulturmanagement nicht fehlen. Geplant sind Arbeitsgruppen zu den Qualifikationsbedarfen der digitalisierten Arbeitswelt, zu digitalen Bildungsangeboten für besseres Lernen, zu IT-basierten Kompetenzmessverfahren für die Aus- und Weiterbildung sowie zur Nutzung von Big Data und Open Data in der Forschung. Diese Aspekte müssen künftig auch in Kulturmanagement-Forschung und -Lehre eine zentrale Rolle einnehmen, um Kultur zeitgemäß zu ermöglichen und die in der Kultur Tätigen auf neue Aufgaben vorzubereiten.

Während künftige Qualifikationen im Kulturmanagement immer öfter fachintern diskutiert werden, geschieht dies mit offenen Wissenschaftsdaten bisher kaum, wie Nora Wegener in ihrem Beitrag im KM Magazin 09/2015 betont. Ebenso werden die Chancen neuer Lehrformen, wie etwa MOOCs oder Webinare, bislang wenig genutzt. Wie die im Aus- und Weiterbildungsbereich immer häufiger genutzten OER (Open Educational Ressources offene Bildungsmaterialien), ermöglichen auch sie eine Weiterentwicklung der Kulturmanagement-Lehre, -Forschung und Praxis durch verstärkten Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren.

So spielen bei den von Wikimedia organisierten Veranstaltungen zu OER in Deutschland oder dem Salon des Freien Wissens die Vermittlung und Zugänglichmachung von Kultur- und Wissenschaftsinformationen eine große Rolle. Beide Veranstaltungen bieten viel Input für Vertreter aus Kulturinstitutionen und der Kulturmanagement-Forschung. Der letzte Salon des Freien Wissens befasste sich etwa mit der Frage, inwieweit eine digitale Publikationskultur Forschung, Wissenschaftskommunikation und neue Formen der Wissensweitergabe fördert. Viele Fachjournals bieten in der Zwischenzeit digitale Versionen an, bei denen die zum jeweiligen Projekt gehörigen Daten hinterlegt werden können und die fachliche Kommentarkultur gefördert wird.

Die Disziplin Kulturmanagement ist entstanden, um den Kultursektor an aktuelle Gegebenheiten und Veränderungen anzupassen. Auch heute noch ist dieser Bezug ein wichtiger Kern des Faches und macht dessen Mehrwert für die Kulturbetriebe aus. Zugleich zeigt diese vergleichsweise junge Disziplin wenig Selbstbewusstsein, wenn es darum geht, sich innerhalb der Wissenschaftslandschaft zu definieren. Vielleicht schreckt sie deshalb vor neuen, noch nicht gänzlich etablierten Ansätzen wie offenen Forschungsdaten, OER und neuen Kommunikations- und Wissensformaten zurück. Für ihre interne Weiterentwicklung muss die Kulturmanagement-Forschung sie jedoch aufgreifen. Als (meist) öffentliche finanziertes, interdisziplinäres Forschungsfeld und Austauschpunkt zur Praxis im Kulturbetrieb gehört es zudem zu den Aufgaben von Kulturmanagement-Forschung und -Lehre, die eigenen Erkenntnisse aktiv in an öffentliche Debatten einzubringen.
 

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