05.02.2020

Autor*in

Birgit Mandel
ist seit 2019 Leiterin des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim und dort Professorin für den Bereich Kultur und Management sowie Kulturvermittlung.
Zweite Runde des „ZukunftsGut“-Preises für Kulturvermittlung

Erfahrungen der Preisträgereinrichtungen von 2018

Der ZukunftsGut-Preis sieht in Kulturvermittlung einen Teil des Kerngeschäfts und einen Motor, um Kultureinrichtungen anschlussfähig zu machen an veränderte Lebenswirklichkeiten und Interessen der Bevölkerung. Die Preisträger der ersten Runde zeigen, welche Impulse ein solcher Preis für diese Prozesse geben kann. Bewerbungen für die zweite Runde sind bis 31. März 2020 möglich.
Mit dem ZukunftsGut-Preis werden Kultureinrichtungen ausgezeichnet, die Kulturvermittlung als organisationsübergreifende Gesamtstrategie begreifen, um neue Perspektiven auf ihren Gegenstand "kulturellen Erbes" im weitesten Sinne zu entwickeln und sich proaktiv zu öffnen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Anders als bei anderen Preisen der Kulturellen Bildung werden also nicht nur beispielhafte Projekte ausgezeichnet, sondern Gesamtstrategien für Vermittlung. 
 
Bewerbungen für den Preis 2020 sind möglich bis 31. März 2020 unter www.commerzbank-stiftung.de 
 
Verliehen wurde der erste Preis 2018 an das Staatsschauspiel Dresden als "Erfinder" der Bürgerbühne, die sich als neue, eigene Sparte im Stadt- und Staatstheatersystem zu etablieren beginnt. In diesem Kontext verhandeln seit 2009 Bürger*innen unterschiedlicher Generationen, Berufe und sozialer Herkunft Themen, die sie gemeinsam mit theatralen Mitteln bewegen und mit hoher Publikumsresonanz auf der großen Bühne präsentieren. Menschen begegnen sich, die im normalen Leben kaum Berührungspunkte haben. Mit den Produktionen, in die alle Abteilungen des Theaters involviert sind, verändern sich nicht nur das Programm und das Publikum, sondern auch die Organisationskultur des Theaters. Mit dem Preisgeld plante das Staatsschauspiel Dresden verschiedene Produktionen - etwa ein partizipatives und multimediales Tanzprojekt im öffentlichen Raum und ein Projekt unter Beteiligung von Menschen mit Einschränkungen - sowie Investitionen in die Ausstattung, beispielsweise Übersetzungen für fremdsprachiges, gehörloses und blindes Publikum, die Übernahme von Verpflegung und Fahrtkosten für Bürgerbühnen-Darsteller*innen, Mitarbeiter*innenschulungen zu Diversität oder Freikarten für Geflüchtete.
 
Den zweiten Preis 2018 erhielt das Historische Museum in Frankfurt am Main, das sich mit der Mission "Frankfurt Jetzt!" konsequent für gegenwärtige Fragen der Stadtbevölkerung in einer Einwanderungsgesellschaft öffnet und diese aktiv einbezieht in die Konzeption seiner Ausstellungen. Auch die Sammlung und die Dauerausstellung werden kommentiert und ergänzt durch Beteiligung der Bürgerschaft, etwa gemeinsam mit Frankfurter*innen mit Migrationserfahrung. Gleichzeitig erweitert das Museum seine Präsentationen in den öffentlichen und den digitalen Raum. Mit dem Preisgeld plante das Museum ein Stadtlabor-Projekt mit dem Titel "Einschneidende Veränderungen", bei dem es um das Verhältnis von Arbeit, Migration und Familie in verschiedenen Phasen der jüngeren Migrationsgeschichte geht. Ein Ziel des Projekts ist es, die Sammlung des Museums um Zeugnisse von Migrant*innen zu erweitern, um so die Migrationsgeschichte der Stadt dokumentieren zu können und zu verdeutlichen, dass migrantische Perspektiven Teil der deutschen Erinnerungskultur sind. 
 
Der dritte Preis ging an das Theater Oberhausen, das exemplarisch ist für die Suche eines Stadttheaters nach einer neuen Bedeutung als Treffpunkt für vielfältige Gruppen einer Stadtgesellschaft. Diese können den Theater-Ort für eigene Projekte und Präsentationen nutzen, und umgekehrt geht das Theater in vielen Projekten in den öffentlichen Raum, um mit der Bevölkerung in direkten Austausch zu kommen. Auch in seiner eigenen Personalpolitik öffnet sich das Theater für eine diverse Mitarbeiter*innenschaft und versucht, diese in neuen Teamstrukturen stärker in die Verantwortung für die Entwicklung neuer Projekte einzubeziehen. Mit dem Preisgeld plant das Haus einen Begegnungsort zwischen den Künstler*innen und den Menschen der Stadt, der den Teilnehmenden der partizipativen Angebote und dem Ensemble zugutekommt und zum Verweilen einlädt. 
 
In Interviews erklären die Leiter dieser Einrichtungen, welche Erfahrungen sie mit Öffnungs- und Veränderungsprozessen für ein diverseres Publikums gemacht haben.
 
Preisträger - Historisches Museum Frankfurt
 
Was sind die größten Herausforderungen in dem Prozess, eine klassische Einrichtung wie ein Museum zu verändern, um es für die Bevölkerung einer Stadt attraktiv und relevant zu machen?
 
Als öffentliche Kulturinstitution, die gleichzeitig ein städtisches Amt ist, sind wir an organisatorische Strukturen gebunden, die die von uns erwünschte Flexibilität und Offenheit in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft erschweren. Zu unserem Auftrag als Museum gehören neben der Besucher*innenorientierung auch der konservatorisch angemessene Umgang mit unseren umfangreichen Sammlungen. Ein entscheidender Teil unserer Ressourcen wird für deren Erhalt eingesetzt, der damit für die Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit nicht zur Verfügung steht. Die zentrale Bedeutung der Objekte tritt daher in eine nicht intendierte Konkurrenz zur personenzentrierten Ausrichtung der Museumsarbeit. Dieses Ressourcenproblem kann nicht durch neue Stellen gelöst werden, da die Neuschaffung von Stellen nicht dezentral entschieden werden kann, sondern nur per Magistratsbeschluss. Auch sind unsere Ausstellungsprojekte und Programmplanung langfristig angelegt. Ausstellungen haben im Durchschnitt Vorbereitungszeiten von zwei bis drei Jahren, was ein schnelles Reagieren auf gesellschaftliche Veränderungen oder Ereignisse erschwert. Mit dem Stadtlabor haben wir bereits ein im Vergleich schnelles Format gefunden, doch auch hier beträgt die Vorbereitungszeit in der Regel 10 Monate. Das heißt, dass wir Veränderungen in der Besucherstruktur nur langfristig erreichen und messen können. 
 
Eine weitere Schwierigkeit sehen wir zudem in den (städte-)baulichen Anforderungen, die an das Museum gestellt werden. Museumsbauten sind fast immer als architektonische Prestigeprojekte angelegt. Die beeindruckende Architektur und hochwertige Ausstattung unseres Museums wirken gerade auf museumsfernere Menschen einschüchternd. Diese eingebaute "Schwelle" eines kulturellen Repräsentationsbaus lässt sich nur durch die Verstärkung der teilhabeorientierten Museumsarbeit bzw. der Kulturvermittlung absenken. Hinzu kommen die bestehenden - und für die Refinanzierung des Museums notwendigen - Eintrittsregelungen.
 
Wie gelingt es aus Ihrer Erfahrung, neue Besucher*innengruppen zu interessieren und einzubinden?
 
Viele Frankfurter*innen mit Migrationserfahrung betrachteten das Historische Museum früher nicht als Ort für ihre Geschichte. Durch die partizipative Arbeit ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Museum und Besucher*in entstanden, das zu einer Diversifikation unseres Publikums beigetragen hat. Gerade in Bezug auf Menschen mit Migrationserfahrung können wir einen signifikanten Anstieg sowohl der Beteiligung an den Museumsinhalten als auch der Besuchszahlen ausmachen. Dem Historischen Museum ist es vor allem durch die partizipativen Angebote gelungen, sich als eine Institution zu etablieren, in der Raum für migrantische Erinnerungen und Geschichte ist. Um diese Arbeit erfolgreich fortführen zu können, ist langfristiges Engagement wichtig. Partizipation muss auf Dauer angelegt sein, damit bei den Partizipient*innen nicht das Gefühl entsteht, lediglich für ein Projekt gebraucht worden, darüber hinaus aber nicht von Interesse für das Museum zu sein. Das Stadtlabor besteht seit 2010, in den seitdem durchgeführten Ausstellungen und Veranstaltungen spielte Migration immer eine wichtige Rolle. Dadurch ist unser Engagement glaubwürdig für die neuen (migrantisch geprägten) Besuchergruppen.
 
Welche Impulse aus den Stadtlaboren gehen in die Dauerausstellung des Museums ein? 
 
Aus der Stadtlabor-Arbeit sind verschiedene Formate der Kommentierung von Dauerausstellungen und zur Erweiterung des Wissens über Exponate und Sammlungsobjekte entstanden, die kontinuierlich fortgesetzt und ausgebaut werden sollen. Für 2020 ist ein Stadtlabor geplant, das die Kommentierung der gesamten Dauerausstellung unter kolonialismus- und rassismuskritischen Aspekten umfasst.
 
Für das Stadtlabor "Kein Leben von der Stange" wurden 15 Interviews mit Migrant*innen geführt, zu denen jeweils ein analoges Objekt gehört. Ein Teil der Objekte soll nach dem Ende der Ausstellung in die Museumssammlung übergehen. Eine wichtige Beobachtung aus der Ausstellungspraxis ist, dass Migrationsgeschichte v.a. oral vermittelt wird, wodurch die Zentralität des Objekts in der Museumsarbeit relativiert wird. In diesem Sinne haben wir durch die Beschäftigung mit Migrationsgeschichte als Museum auch eine Hinwendung zu narrativen oder performativen Settings vollzogen: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Museum Erinnerungsräume eröffnen kann, dass es als ein sicherer Ort empfunden wird, an dem in einem moderierten Rahmen Biografie-Arbeit geleistet und damit auch Geschichte mitgeschrieben werden kann. Die dabei entstehenden Interviews werden dem Stadtlabor als nativ digitale Objekte hinzugefügt und sind dort jederzeit abrufbar.
 
 
 
Preisträger - Theater Oberhausen
 
Was sind die größten Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen in dem Prozess, eine klassische Einrichtung wie ein Theater zu verändern, um es für die Bevölkerung einer Stadt attraktiv und relevant zu machen?
 
Jede Neuerung löst immer auch Angst bei denen aus, die sich an Liebgewonnenes gewöhnt haben. Diese Angst abzubauen und die Leute NEUgierig zu machen ist eine große Herausforderung. Eine weitere ist es, Menschen, die den Weg ins Theater gefunden haben, auch dauerhaft an dieses zu binden. Grade partizipative Angebote können hier helfen, müssen aber Kontinuität bieten.
 
Wie gelingt es aus Ihrer Erfahrung, neue Besucher*innengruppen zu interessieren und einzubinden?
 
Wir versprechen uns viel davon, gerade durch die lang ersehnte Verwirklichung einer räumlichen Öffnung unseres Theaters auch tagsüber, alle Bewohner*innen Oberhausens zum Verweilen bei uns einladen zu können. Durch das vom Land geförderte Programm "Neue Wege" haben wir die Möglichkeit, während dieser neuen Öffnungszeiten verschiedene Bildungsangebote zu machen und so die durch ZukunftsGut geschaffenen Möglichkeiten zu vergrößern. So sollen Menschen den Weg zum Theater finden, die das bisher noch nie getan haben.
 
Durch die Produktion "Schuld und Sühne", die in einem ehemaligen Kaufhof stattfand, konnten neue Besucher*innen sowohl aus Oberhausen als auch aus umliegenden Städten gewonnen werden. Das hat mit dem besonderen Ort zu tun und mit der hohen Aufmerksamkeit, die die Produktion erfahren hat. Ein guter Schritt war auch, dass die Produktion, nachdem die Nutzung des Kaufhofs nicht mehr möglich war, ins Theater gezogen und so ein kontinuierlicher Teil von dessen Angebot geworden ist, der neue Besucher*innen in das Theater führt. Andere Angebote im öffentlichen Raum, wie z. B. die jährliche, vom Theater angeführte Prozession von Künstler*innen und Nichtkünstler*innen durch die Innenstadt, erhöhen die Identifikation der Oberhausener*innen mit ihrem Theater, vertiefen die Bindung und machen die Bevölkerung leichter für das Theater ansprechbar. Ein weiterer wichtiger Punkt, um die Leute zu halten, sind sowohl partizipative wie auch inhaltliche Angebote, die bestimmte Zielgruppen interessieren, die das Theater sonst nicht betreten, etwa D.ramadan mit Fokus auf Menschen mit muslimischem Hintergrund. Aber auch im weiteren Programm muss es Angebote geben, die für diese Zielgruppen interessant sein können. So ist zum Beispiel unser Familienstück in dieser Spielzeit ein deutsch-türkischer-deutscher Stoff.
 
Was haben Sie in den Strukturen des Theater Oberhausen verändert (z.B. Hierarchien, Personal) im Vergleich zum klassischen Theaterbetrieb und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
 
Wir haben die künstlerische Leitung personell erweitert und Arbeitsgruppen eingeführt, die zum Teil abteilungsübergreifend arbeiten und zu Sonderveranstaltungen oder besonderen Vorhaben auch weitgehend selbst über die Verteilung ihres Etats etc. entscheiden können. Dies Modell hat sich als wirkungsvoller erwiesen als wenn alle alles mit allen diskutieren. Das Arbeitsgruppenmodell hat zu mehr Effektivität und höherer Selbstwirksamkeit geführt. Insgesamt ist die klassische Stadttheater-Struktur, bei der alles auf den Intendanten zuläuft, sehr stark in den Köpfen verankert. Das zu verändern dauert sicher einige Jahre. Hierzu erweist es sich immer wieder als absolut notwendig, diese Strukturen klar zu benennen und zu reflektieren.
 
Neues Publikum aktiv in die Arbeit einbeziehen; Kontinuität in der Arbeit mit diesem und neuen Akteuren aufbauen; Kontexte, Kommunikationsformen, Formate und Themen verändern, Deutungshoheit abgeben, Kanon und Codes hinterfragen, Aufgaben und Ziele von Einrichtungen neu definieren, Organisationskulturen hinterfragen und verändern, neue Arbeitsweisen in gemischten Teams entwickeln - das sind mögliche Vermittlungs-Strategien, um die Relevanz von Kultureinrichtungen in der Gesellschaft zu stärken. 
 
 
 
Staatsschauspiel Dresden
 
Was sind die größten Herausforderungen in dem Prozess, eine klassische Einrichtung wie ein Theater zu verändern, um es für die Bevölkerung einer Stadt attraktiv und relevant zu machen?
 
Schwierigkeiten können entstehen, wenn Themensetzungen oder Herangehensweisen von Künstler*innen nicht dem Interesse der Bevölkerung entsprechen. Eine Herausforderung ist es also, ein Thema sowohl interessant für den*die Künstler*in als auch für potenzielle Teilnehmer*innen und das Publikum zu gestalten. Das gilt auch für die Balance zwischen sozialen und künstlerischen Aspekten. Zudem müssen die klaren und durchstrukturierten Abläufe eines großen Staatstheaters auf individuelle und soziale Aspekte reagieren.
 
Wie gelingt es aus Ihrer Erfahrung, neue Besucher*innengruppen zu interessieren und einzubinden?
 
Über eine spezifische Themensetzung versuchen wir, Bürger*innen als Darsteller*innen zu gewinnen, die ihre Themen sonst nicht im Theater vertreten wissen. Dies kann zum Beispiel wie in "Früher war alles. Geschichten von Träumen und Abwicklungen aus Freital" die Geschichte eines Ortes sein oder wie in "Ich bin Muslima - haben Sie Fragen?" zu Geschichten und Haltungen von muslimischen Frauen in Dresden. Die Ansprache der Zielgruppe geschieht dabei in klarer, einfacher, nicht-akademischer Sprache. Eine gute Zusammenarbeit mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit bei der Ansprache neuer Zielgruppen ist maßgeblich für den Erfolg eines Projektes verantwortlich. Wir veröffentlichen beispielsweise ansprechende Plakate in Straßenbahnen, um theaterferne Interessent*innen zu finden.
 
Welche Erfahrungen haben Sie mit den sehr unterschiedlichen Bürgerbühnenprojekten gemacht? Ist es gelungen, Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten und Herkünften zum Mitmachen zu gewinnen und in Dialoge zu bringen? 
 
Sowohl im Projekt "Früher war alles" als auch in "Ich bin Muslima - haben Sie Fragen?" sind ausgesprochen produktive Dialoge zwischen unterschiedlichen Beteiligten zu beobachten. In "Früher war alles" konnte durch eine Kooperation mit der Stadt Freital eine breite Bürgerschaft erreicht werden, so dass ein diverses Ensemble mehrerer Generationen mit unterschiedlichsten Erfahrungen, Lebensläufen, politischen Ansichten gewonnen wurde. Bei zahlreichen Vorstellungen war deutlich spürbar, dass zu den Zuschauer*innen viele Freitaler*innen gehörten, die dieses Theater das erste Mal betreten hatten. Die Lokalpresse hat ausführlich darüber berichtet und es gab zusätzliche Podiumsdiskussionen, u.a. mit dem Bürgermeister der Stadt Freital. 
 
In "Ich bin Muslima - haben Sie Fragen?" gab es während der Proben äußerst kontroverse und spannungsreiche Auseinandersetzungen zwischen gläubigen und säkularen Musliminnen. Durch die gute Moderation des Regieteams konnte die Gruppe diese Schwierigkeiten überwinden und eine erfolgreiche Premiere erleben. Die Aufführung führte zu produktiven Auseinandersetzungen mit dem Publikum, vor allem in dem Teil der Aufführung, in dem das Publikum Fragen stellen darf. Die lebendigen Kontroversen beispielsweise um die Kopftuchfrage zeigen deutlich, wie viel Gesprächsbedarf es in Dresden gibt.
 
Mit jeder Produktion suchen wir immer wieder nach neuen Themen, die gesellschaftlich virulent und relevant, aber häufig nicht im öffentlichen Diskurs präsent sind. In der aktuellen Spielzeit betrifft das etwa die genderspezifische Differenz beim Thema Finanzen und Schulden ("Schuldenmädchen-Report" von Vanessa Stern) oder die subtile Veränderung von sozialen Beziehungen und Netzwerken durch Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung ("Dichte Netze" von Turbo Pascal, Premiere: 18.04.2020). 
 
Was ist der Auftrag der Bürgerbühne im Kontext der Strategie des gesamten Hauses?
 
Der Auftrag der Bürger:Bühne am Staatsschauspiel Dresden besteht darin, professionelles Theater mit nicht-professionellen Darsteller*innen zu machen. Dies ist seit diesem Jahr auch im offiziellen Statut des Staatstheaters verankert. Dabei ist es der Anspruch, Aufführungen zu produzieren, die inhaltlich relevant, auf der ästhetischen Höhe der Zeit sind und sich durch einen originellen Zugriff auszeichnen. Mit dem internationalen Bürgerbühnen-Festival "Our Stage", der Teilnahme an der bundesweiten AG Bürgerbühne und zahlreichen Kooperationsprojekten leisten wir zudem eine Vernetzungsarbeit zur Gründung und Fortentwicklung einer europaweiten Bürgerbühnen-Bewegung. Mit dem Clubprogramm, dem Montagscafé und weiteren Formaten wollen wir in die Stadtgesellschaft hineinwirken, um gesellschaftliche Prozesse der Partizipation und Diskussion zu ermöglichen, die anderorts nur wenig Raum haben. Gleichzeitig wird auf diese Weise Menschen der Weg ins Theater eröffnet, die bislang mit dieser Form von kultureller Teilhabe nicht in Kontakt gekommen sind.
 

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