29.06.2015

Themenreihe Controlling

Autor*in

Mounir Mahmalat
studierte Musik, Medienmanagement, -technik und -recht in Düsseldorf und Boston. Er arbeitete für verschiedene kulturelle Institutionen und Unternehmensberatungen, unter anderem die Tonhalle Düsseldorf und die Deutschen Oper am Rhein. Heute ist er als freier Musiker tätig sowie als Projektmanager des Produktionsdienstleisters Code One.
Balanced Scorecard

Für eine bessere Kommunikation zwischen Kulturbetrieb und öffentlichem Träger

Strategische Planung und die zugehörige Verwendung geeigneter Managementtools stoßen im Kulturbetrieb oft auf Vorbehalte. Um auf die Vorteile solcher Managementtools zurückgreifen zu können, schlägt das diesem Artikel zugrundeliegende Buch "Aspekte zur Zukunftssicherung öffentlich getragener Kulturinstitutionen" die Verwendung einer an die Spezifika der Kultur angepasste Balanced Scorecard (BSC) vor. Die BSC fungiert dabei als Instrument zur Strukturierung der Kommunikation mit dem Träger oder zwischen kulturellen Einrichtungen selbst zur Findung gemeinsamer langfristiger Ziele und Strategien.

Themenreihe Controlling

Hierzu liegt eine explorative Studie unter Leitern und Intendanten von Opern und Konzerthäusern sowie Kulturmanagern und Lehrenden zugrunde, deren Ergebnisse im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.
 
Was ist eine Balanced ScoreCard?
 
Die BSC (ausgewogene Kennzahlentafel) ist ein strategisches Managementtool, das dazu entwickelt wurde, in privatwirtschaftlichen Unternehmen den Fokus des Controllings von einer rein finanzwirtschaftlichen Sichtweise auf eine ganzheitliche Basis zu richten. Sie versucht, übergeordnete strategische Zielsetzungen durch konkrete Kennzahlen in die einzelwirtschaftliche Ebene zu übersetzen. Diese werden nach vier Perspektiven ausgearbeitet und so Schritt für Schritt im Idealfall für die gesamte Belegschaft zu wichtigen und im Alltag handlungsdeterminierenden Anweisungen.
 
Für den Kulturbetrieb könnte ein Ziel nach diesem Muster lauten: Verringerung der Orchesterstellen zur Minimierung der Betriebskosten. Für das Management würde dies bedeuten, entweder nur Stücke mit geringerer Besetzung aufzuführen oder aber an künstlerischem Wert einzubüßen. Es wird unmittelbar einsichtig, dass der Einsatz einer BSC im Kulturbetrieb zur Evaluierung und Erfassung einer künstlerischen Tätigkeit nicht zielführend sein kann, da qualitative Leistungsgrößen in quantitative Messgrößen übersetzt werden müssten.
 
Dennoch, bereits durch die Erstellung einer BSC und die dadurch entstehende Diskussion können bis zu einem gewissen Grade strategische Zielsetzungen abgeleitet werden. Dadurch kann die BSC zu einem sehr wirksamen Kommunikationsinstrument werden. Um nun den Einsatz einer BSC im Kontext öffentlicher Kulturbetriebe zu legitimieren, ist dreierlei notwendig. Erstens muss die konkrete Problemstellung analysiert werden, um diese akkurat adressieren zu können. Zweitens muss das Zielsystem öffentlicher Kulturbetriebe analysiert und nach der Wichtigkeit der jeweiligen Bestandteile entsprechend auf die BSC übertragen werden. Drittens muss eine Stakeholderanalyse stattfinden, die herausstellt, wie und in welcher Form einzelne Mitarbeitergruppen an der Erstellung der BSC mitwirken und berücksichtigt werden sollen.
 
Thesen und Ergebnisse der Studie
 
Der Medienkonsum unserer Gesellschaft verändert sich rasant und nachhaltig. Diesen Trend durch die den Kulturbetrieben eigenen Instrumente und gesellschaftlichen Einflussmöglichkeiten aktiv mitzugestalten, ist meines Erachtens zur langfristigen Zukunftssicherung der kulturellen Landschaft absolut essenziell. Dies erfordert eine Idee, eine Vision für die Zukunft und damit eine Art strategischer Planung. Mit strategischem Management ist hier die Verwendung eines Instrumentariums gemeint, mit dem Zielsetzungen operativ angegangen und überwacht werden.
 
An diesen Überlegungen orientierte sich die Befragung. In einem lediglich grob vorstrukturierten Gespräch sollte der Frage nachgegangen werden, welche langfristigen Ziele von den Kulturbetrieben verfolgt werden und wie dies erreicht bzw. überwacht werden soll.
 
Ausgangsthese war demnach: Im Kulturbetrieb fehlt es allgemein an strategischen Zielsetzungen. In keinem der untersuchten Betriebe war ein explizites strategisches Management in Form einer konkreten strategischen Zielverfolgung vorhanden. Kein Betrieb wurde explizit nach einer konkreten Vision oder Strategie geführt, wodurch betriebswirtschaftliche Managementmethoden unterentwickelt waren. Es ließ sich lediglich herausstellen, dass eine übergreifende Vision implizit vorhanden ist im Sinne eines Erhalt des Status quo.
 
Die zweite These adressierte die Politik: Zwischen Verantwortlichen in Politik und Kulturbetrieb herrscht ein Kommunikationsdefizit. Von fast allen Befragten wurde ein mangelndes Interesse für die spezifischen Probleme seitens der Politik beklagt, was oft auf schlichte Unkenntnis zurückzuführen sei. Problemstellungen würden auf ihren monetären Gegenwert reduziert, womit eine konstruktive Kommunikation erheblich erschwert würde. Die Kommunikation des Kulturbetriebes bzw. dessen Management mit dem öffentlichen Träger scheint häufig mangelhaft.
 
Die dritte These untersuchte die konzeptionellen Bezüge: Verantwortliche kultureller Institutionen beachten die wissenschaftliche Debatte um Aufgabenbereiche und Legitimation des Kulturmanagements aufgrund des geringen Realitätsbezuges vieler Veröffentlichungen wenig bis gar nicht. Die Debatte geht demnach an denjenigen, für die sie eigentlich gemacht ist, weitgehend vorbei.
 
Zuletzt wurde in einer vierten These angenommen: Die kurzfristige Finanzplanung der öffentlichen Hand schränkt die betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf eine langfristige Zukunftssicherung ein. Die Möglichkeit zur Umsetzung von Vorhaben überbetrieblicher Reichweite scheint darüber hinaus weiter beschränkt, je höher die rechtliche Abhängigkeit vom öffentlichen Träger war.
 
Konsequenzen
 
Es stellt sich also heraus, dass im Bezug auf die mittelfristig auf Kulturbetriebe zukommenden Herausforderungen eine konstruktivere Kommunikation der Verantwortlichen untereinander vorteilhaft wäre. Genau hier kann von privatwirtschaftlichem Management viel adaptiert werden sofern man dies adäquat kommuniziert. Damit kann drei Aspekten genüge getan werden:
 
  • Erstens dem veränderten Anspruch seitens der Bevölkerung und der Politik an ein neues Effizienzdenken der Kulturbetriebe.
  • Zweitens dem eigenen Anspruch vieler Leiter kultureller Institutionen, den sich verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen mit effizienteren Methoden zu begegnen.
  • Drittens der Notwendigkeit für die Schaffung einer geeigneten Kommunikationsbasis mittels angepasster Management- und Moderationstools, ohne auf einer Seite auf Vorbehalte treffen zu müssen.
Eine auf die Spezifika des Kulturbetriebes und die Kommunikation zwischen Kulturbetrieb und den öffentlichen Träger angepasste BSC könnte diese Ziele erreichen. Strategisches Management kann im Einvernehmen aller ermöglicht werden, da zum einen alle betroffenen Einflussgruppen eines Kulturbetriebs und zum anderen das Zielsystem öffentlicher kultureller Institutionen angemessen berücksichtigt werden können.
 
Dieser Beitrag erschien im Original zuerst im KM Magazin 05/2013.
 

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