22.07.2020
Buchdetails
Kultur-Projektmanagement: Kultur- und Organisationsprojekte erfolgreich managen
von Sven-Oliver Bemmé
Verlag: Springer VS
Seiten: 146
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Autor*in
Romina Quindós
Romina Quindós ist freie Kunsthistorikerin (MA). Sie studierte Kunstgeschichte und Medienwissenschaften in Marburg und Berlin und war lange in internationalen Galerien sowie im Verlagswesen tätig. Mit ihrem Unternehmen artadvice vermittelt Sie Kunstwerke an Firmen und Privatpersonen, betreut Sammlungen und organisiert künstlerische Teamevents.
Buchrezension
Kultur-Projektmanagement. Kultur und Organisationsprojekte erfolgreich managen
Kulturbetriebe müssen sich immer wieder anpassen, um wechselnden Gegebenheiten standzuhalten. Oft herrschen aber noch tradierte Arbeitsabläufe, die eine schnelle Adaption erschweren. Um Kulturprojekte flexibler planen zu können, bietet Sven-Oliver Bemmé in seinem Buch einen Überblick zu den grundlegenden Methoden des Projektmanagements mit zahlreichen praxistauglichen Checklisten und Formularvorlagen.
Um kulturelle Vielfalt aufrecht zu erhalten und konkurrenzfähig zu bleiben, brauchen Kulturschaffende immer komplexere Managementfähigkeiten. Zudem hat der Kulturbetrieb zunehmend mit finanzieller Verknappung der öffentlichen Mittel zu kämpfen und steht in Konkurrenz zu anderen Freizeitangeboten. Eine betriebliche Professionalisierung unter Berücksichtigung künstlerischer Zielsetzungen kann deshalb nicht ausbleiben. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Bemmé mit der Frage: Mit welchen Methoden stellen sich Kulturorganisationen auf diesen Wandel ein und wie können sie sich diesen zunutze machen?
Bemmé bietet eine komprimierte Einführung in die Thematik des Kulturprojektmanagements. Er richtet sich sowohl an Studierende als auch Berufstätige aus dem Kunst- und Kulturbetrieb. Dabei handelt es sich um die zweite Auflage des Buches, die insgesamt erweitert wurde und aktuelle Diskurse implementiert. Die Erstausgabe erschien 2011. Neu sind vor allem Texte zum Wirkungszusammenhang von Projekt- und Changemanagements sowie zu agilem Management.
Theoretischer Teil
Zunächst widmet sich der Autor in der ersten Hälfte des Buches der Definition von Projektmanagement. Dabei begleiten die Leser*innen von Beginn an Praxisbeispiele, die er immer wieder als gesonderten Beitrag in den Fließtext einfügt. Fragen, die sich während des theoretischen Teils ergeben, werden somit schnell und anschaulich beantwortet und seine Ausführungen leicht nachvollziehbar.
So analysiert Bemmé die Kernprinzipien des Projektmanagements. Welche methodischen Ansätze sind für den Kulturbetrieb geeignet? Wo liegen die Grenzen? Hier bietet er ein theoretisch fundiertes Basiswissen über die Bedeutung von Projektmanagement in kulturellen Betrieben. Dabei zeigt er auf, dass mit steigendem Aufgabenumfang die "Dynaxität" wächst, das synchrone Wirken von Dynamik und Komplexität. (S.5) Beide Felder können heute nicht mehr von einzelnen Fachexpert*innen bewältigt werden. Vielmehr erfordert dies im Idealfall ein interdisziplinäres Team, bestehend aus verschiedenen Spezialist*innen, die unterschiedliche Aufgabenbereiche beherrschen. Auf Basis des Projektmanagements können diese besser koordiniert werden.
Diese These untermauert er mit einem Praxisbeispiel aus der urbanen Live-Musik-Club-Szene. Die Betreiber*innen eines solches Clubs brauchen nicht nur fachliches Know-how und ein gutes Netzwerk. Ebenso versiert müssen sie auf den Gebieten, Gastronomie, Personalleitung und rechtssichere Ökonomie sein, um behördlichen Auflagen (z.B. der GEMA) gerecht zu werden.
In diesem Kapitel geht Bemmé auch kurz auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Change- und Projektmanagement ein. Er verdeutlicht, dass Changemanagement eine Umstrukturierung von Arbeitsprozessen beinhaltet, die mitunter erst durch Projektmanagement ermöglicht wird. Leider bleibt er an dieser Stelle sehr oberflächlich und bietet keine Beispiele für festgefahrene Strukturen, die durch Changemanagement aufgebrochen werden könnten, was wiederum auch die Projektarbeit erleichtern würde.
In den Kapiteln 3 und 4 wird die Bedeutsamkeit von Teamarbeit besonders hervorgehoben. Bemmé geht auf ideale Bedingungen des interdisziplinären Arbeitens im diversen Team ein. Im besten Fall sollten demnach die verschiedenen Fach-und Funktionsbereiche zusammenarbeiten, um von Beginn an einen organisierten Austausch zwischen den Aufgabenbereichen sicherzustellen. Direkte Ansprechpartner*innen erleichtern dabei die Kommunikation und anfallende Aufgaben können gezielt an die jeweilige Expert*in weitergeben werden. Dafür muss das Team aber gut aufgestellt sein und zusammen funktionieren. Hierfür erklärt Bemmé moderne Führungsmechanismen und zeigt auch hier mögliche Problemsituationen auf. So ist ein vielseitiges Kompetenzprofil aus Fachwissen, Methodenkompetenz und vor allem einem hohen Maß an sozialer Disposition notwendig, um ein Team führen zu können. Das Management sollte dabei Teil des Teams sein und dieses nicht von oben herab leiten, sondern beispielsweise Ziele gemeinsam vereinbaren, anstatt sie vorzugeben.
Insgesamt beschäftigt Bemmé sich mit diesen Aspekten sehr ausführlich und wiederholt sich mitunter auch. Für die weiteren Methodenerläuterungen sind diese Ausführungen allerdings weniger relevant. Für Berufseinsteiger und Studierende können sie hingegen gewinnbringend sein.
Praxisteil
In der zweiten Hälfte des Buches wird es sehr konkret. Die ideale Projektbearbeitung wird Schritt für Schritt erklärt und mit zahlreichen Checklisten und Vorlagen versehen. Dabei macht der Autor deutlich, dass es nicht DAS eine erfolgversprechende Prinzip gibt, sondern dass jedes Projekt individuell zu betrachten ist. Er zeigt hilfreiche Planungs- und Entwicklungsstrategien auf, um ans Ziel zu gelangen. Dabei wird deutlich, dass viele Projekte nicht an mangelnder fachlicher Kompetenz, sondern am organisatorischen Durcheinander scheitern. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Projektvoraussetzungen zeigt Bemmé deshalb verschiedene Zielvariablen, die die Planung langfristig erleichtern. Schön ist, dass er mit konkreten Tipps und Hinweisen die Teilprozesse des Projektmanagements begleitet, um den roten Faden nicht zu verlieren.
Diesbezüglich stellt er auch diverse EDV-Programme vor, die je nach Projektgröße und Budget eine sinnvolle, digitale Strukturierungsform bieten und so für mehr Transparenz in den jeweiligen Arbeitsprozessen sorgen.
Im letzten Kapitel widmet sich Bemmé dem agilen Projektmanagement, wobei er selbst ein Fragezeichen hinter diese Methodik setzt. Er vergleicht das Konzept mit der zuvor beschriebenen Methodik des Projektmanagements und hebt wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten hervor. Demnach hat agiles Arbeiten eine weniger formelle Strukturierung und definiert das zu liefernde Ergebnis, aber keinen festen Weg dahin. Daher kann man mit dieser Methodik schneller auf Veränderungen eingehen. Beim klassischen Management ist die Anpassung an geänderte Anforderungen aufwendiger, da es eine konkretere Planung gibt. Diese ermöglicht aber andererseits eine bessere Kostenkontrolle und genaue Steuerung von Aufgaben im Team. Insgesamt wird dieses Thema aber nur kurz angerissen. Hier gibt es keinerlei Fallbeispiele, wann und wie agiles Projektmanagement eingesetzt werden könnte. In seinem Ausblick betont er zwar, dass eine Balance zwischen beiden Konzepten innerhalb eines Kulturprojektes von Vorteil wäre, aber bietet an dieser Stelle keinen Lösungsansatz.
Fazit
Insgesamt ist die Publikation ein übersichtlich strukturierter Leitfaden zum Thema Kulturprojektmanagement. Die Inhalte sind prägnant dargestellt und mit anschaulichen Materialien unterfüttert. Bemmés Ausführungen sind theoretisch fundiert und besitzen einen hohen Praxisbezug. Die einzelnen Methodenschritte des Kulturprojektmanagements sind leicht verständlich dargestellt und liefern konkrete Impulse zur Umsetzung.
Dabei geht der Autor auch auf unterschiedliche Projektgrößen und Budgets ein. Das Buch eignet sich somit für unterschiedliche Adressaten. Sowohl Studierende / Berufseinsteiger*innen mit kleineren Vorhaben profitieren davon als auch die Berufstätigen, welche bestehende Strukturen reformieren möchten. Eine Vielzahl an Vorlagen, Checklisten und Tabellen helfen bei der Planung und Organisation. Schön wäre gewesen, diese noch einmal als Überblick im Anhang aufzuzeigen, sodass eine gezielte und schnelle Verwendung der jeweiligen Matrize möglich wäre.
In seinem Einführungstext verspricht Bemmé die Auseinandersetzung mit neuen Methodenansätzen wie "Changemanagement" und "Agiles Arbeiten". Diesbezüglich unterscheidet sich die zweite Auflage maßgeblich von der ersten. Die Ausführungen zu diesen Themenbereichen bleiben allerdings oberflächlich. Die theoretischen Grundlagen beider Methoden beschreibt er ausführlich, jedoch nicht, welchen Mehrwert sie für Kulturprojektmanagement haben. Er liefert keine konkreten Schnittmengen oder Fallbeispiele, wie sonst in seinen Ausführungen. Darin liegt die größte Schwäche, da der aktuelle Diskurs in der Neuauflage nur angerissen wird. Den Leser*innen wird aber kein nennenswerter Zusatznutzen geboten. Die Ausführungen zum klassischen Projektmanagement sind jedoch mit zahlreichem Zusatzmaterial versehen und regen zur selbstständigen Weiterentwicklung an. Bei den neuen Methodenansätzen bleibt es hingegen bei der Betrachtung von Grundlagen.
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