18.06.2014
Autor*in
Birgit Mandel
ist seit 2019 Leiterin des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim und dort Professorin für den Bereich Kultur und Management sowie Kulturvermittlung.
Best Practice
Künstlerisches Denken und Handeln - das Studium Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim
Der Diplomstudiengang Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, gegründet 1978, damals im Zeitgeist der sogenannten Neuen Kulturpolitik unter dem Titel Kulturpädagogik, war der erste Studiengang der außerschulischen Kulturvermittlung und gehört bis heute zu den wenigen, die dabei zentral auf die Ausbildung in und mit den Künsten setzen. Der Hildesheimer Fachbereich für Kulturwissenschaften, Kulturmanagement und Kulturvermittlung gehört zu den größten, ältesten und zugleich auch bekanntesten der inzwischen 365 Ausbildungsgänge für Kulturvermittlung im weiteren Sinne.
Kulturmanagement lernen. Die Besonderheiten des Hildesheimer Lehr-Konzepts
Zentrales Charakteristikum des Hildesheimer Modells der Kulturwissenschaften einschließlich Kulturvermittlung/Kulturmanagement besteht darin, dass alle Studierenden neben theoretischen Disziplinen auch in den Künsten praktisch-gestaltend studieren, um künstlerische Prozesse aus eigener Erfahrung zu kennen und Kunst beurteilen zu können, aber auch um die Kreativität und das Potenzial, künstlerisch zu denken und zu handeln, in Kulturvermittlung und Kulturmanagement einbringen zu können. Die künstlerisch-gestaltenden Übungen in den Fächern Theater, Musik, Bildende Kunst, Film/Medien und Populäre Kultur werden verbunden mit kunst- und kulturwissenschaftlichen, kultursoziologischen und kulturpolitischen Reflexionen und Theorien. Unverzichtbare Voraussetzung für dieses Ausbildungsmodell ist eine kostenintensive künstlerische Infrastruktur. Denn nur wenn die Künste auf hohem Niveau und mit entsprechender Intensität praktiziert werden können, lässt sich daraus auch theoretischer Erkenntnisgewinn ziehen.
Warum brauchen auch Kulturmanager künstlerische Kompetenz? Damit sie Kunst verstehen und beurteilen können, aber auch damit sie das Potenzial der Künste nutzen können, Dinge neu zu denken und im Kulturmanagement Strategien über die in der BWL bewährten Tools hinaus immer neu zu erfinden und Vermittlungssituationen maßgeschneidert und unkonventionell zu gestalten. Eine künstlerisch-kreative Herangehensweise an kulturmanageriale Prozesse bildet die Grundlage zur Überwindung enger Grenzen standardisierter Organisationspraxen im Kulturbetrieb.
Für professionelles Management, für Lehre und Forschung im Kulturmanagement maßgeschneidert produktiv werden
Warum brauchen auch Kulturmanager künstlerische Kompetenz? Damit sie Kunst verstehen und beurteilen können, aber auch damit sie das Potenzial der Künste nutzen können, Dinge neu zu denken und im Kulturmanagement Strategien über die in der BWL bewährten Tools hinaus immer neu zu erfinden und Vermittlungssituationen maßgeschneidert und unkonventionell zu gestalten. Eine künstlerisch-kreative Herangehensweise an kulturmanageriale Prozesse bildet die Grundlage zur Überwindung enger Grenzen standardisierter Organisationspraxen im Kulturbetrieb.
Für professionelles Management, für Lehre und Forschung im Kulturmanagement maßgeschneidert produktiv werden
Management als eine Funktion der Rationalisierung und häufig auch Ökonomisierung von Prozessen folgt einer ganz anderen Logik als die Künste, die sich u. a. durch Zweckfreiheit, Ergebnisoffenheit, Mehrdeutigkeit, Nicht-Linearität und Sinnlichkeit auszeichnen. Durch Kunst lässt sich für das Kulturmanagement lernen, Mehrdeutigkeit und Widersprüchlichkeit auszuhalten und dabei Emotionen produktiv einzubinden, verschiedene Perspektiven und unterschiedliche Standpunkte zuzulassen, wissen, dass es nicht nur eine richtige Lösung gibt, Konventionen und für sicher geglaubte Regeln überwinden, den Kulturbetrieb zu hinterfragen, neue Modelle zu entwickeln und spielerisch zu erproben, Meinungen zu ändern. Die Kernkompetenz von Kunst, die Welt auf eine andere Weise zu zeigen, könnte Kulturmanagement ermutigen, eingefahrene Pfade des (öffentlichen) Kulturbetriebs aufzubrechen, ebenso wie standardisierte ökonomische Regeln der Managementlehre zu hinterfragen. Für das Kulturmanagement in der Praxis ließe sich daraus lernen, nicht in erster Linie auf die aus der BWL entlehnten fertigen Rezepte des Managements zu vertrauen, sondern für jede neue Situation maßgeschneiderte Ansätze von Kulturmanagement zu entwickeln und zu erfinden.
Studieren mit Spielraum
Studieren mit Spielraum
Der gesamte kulturwissenschaftliche Fachbereich ist auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg angesiedelt. Unter dem Motto Studieren mit Spielraum ermöglicht dieser Ort als eine Art Labor die temporäre Konzentration auf künstlerische Projekte, Freiraum für die Entwicklung verrückter Ideen und zugleich wird es dadurch um so wichtiger, sich auch der Realität des Kulturbetriebs außerhalb der Domäne und dem Ernstfall auszusetzen.
Projekte mit Ernstfallcharakter und Kooperationen mit der Praxis
Projekte mit Ernstfallcharakter und Kooperationen mit der Praxis
Projekte bieten die Chance, Konzepte des Kulturmanagements unter Realbedingungen zu testen. Idealtypische Strategien des Kulturmanagements können anhand praktischer Problemstellungen hinterfragt und neue Ansätze und Forschungsfragen entwickelt werden. Immer wieder zeigen Gespräche mit Arbeitgebern ebenso wie Rückmeldungen von Absolventen, dass es v. a. bestimmte Schlüsselkompetenzen sind, die beruflichen Erfolg ausmachen: die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, Risikofreude, Teamfähigkeit.
Diese Kompetenzen werden nicht in normalen Seminaren herausgebildet, sondern erfordern Projekte mit Ernstfallcharakter. Neben Praktika und Kooperationsprojekten haben die Hildesheimer Studiengänge mit transeuropa ein eigenes internationales Theater- und Performance-Festival entwickelt sowie mit prosanova das größte Festival für junge Literatur in Deutschland konzipiert und organisiert.
Theoretischen Input mit kulturmanagerialem Handeln verbinden
Diese Kompetenzen werden nicht in normalen Seminaren herausgebildet, sondern erfordern Projekte mit Ernstfallcharakter. Neben Praktika und Kooperationsprojekten haben die Hildesheimer Studiengänge mit transeuropa ein eigenes internationales Theater- und Performance-Festival entwickelt sowie mit prosanova das größte Festival für junge Literatur in Deutschland konzipiert und organisiert.
Theoretischen Input mit kulturmanagerialem Handeln verbinden
Um Kulturmanagement als Gestaltungsaufgabe begreifen zu können, muss die Projektarbeit neben praktischem Methodenwissen von theoretischen Reflexionen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie der Kulturpolitik, den Kulturwissenschaften, der Kultursoziologie begleitet werden und Handeln in größere Bedeutungskontexte einbetten. Umgekehrt erfahren die Theorien im Kontext des praktischen Handelns für die Studierenden oftmals erst Bedeutung. Mehrheitlich fragen die Studierenden zunächst handfeste, in der Praxis anwendbare und bewährte Strategien und Methoden nach, die helfen, komplexe Praxisprobleme zu strukturieren und strategische Lösungen und operative Umsetzungen zu entwickeln - wie mache ich einen Marketingplan, wie stelle ich ein Budget auf, wie setze ich Social Media in der PR ein - auch theoretische Reflexionen über Rollenmodelle im Kulturmanagement, über kulturpolitische Dimensionen und Verantwortung von Kulturmanagern zu initiieren und Kulturmanagement als inhaltlich gestaltende Disziplin zu vermitteln. Aus der Reflexion dieser Beispiele ergeben sich in der Regel sehr viel grundsätzlichere Fragen und ein Interesse auch an theoretischen Einordnungen.
Lehrforschungsprojekte
Lehrforschungsprojekte
Zentraler Bestandteil der Hildesheimer Masterstudiengänge ist ein eigenes Forschungsprojekt. Damit sollen die Studierenden lernen, mit adäquaten wissenschaftlichen Methoden eine eigene Fragestellung systematisch zu erarbeiten und dabei neue Erkenntnisse zu generieren sowie ihr eigenes Interesse und Profil als Kulturvermittler/ Kulturmanager/ Kulturproduzent zu entwickeln. Dies Projekt wird von den Studierenden selbst gewählt und gemeinsam mit den Lehrenden und im Austausch mit Kommilitonen weiterentwickelt. Darüber hinaus werden die Studierenden immer wieder in Lehr-Forschungsprojekte eingebunden, die von den Lehrenden initiiert und geleitet werden.
Die Verbindung von künstlerischer Praxis und fundiertem wissenschaftlichem Studium führt immer wieder dazu, dass die Abschlussarbeit als Sprungbrett für die eigene Existenzgründung genutzt wird.
Weitere Informationen zu den Studiengängen der Universität Hildesheim im Ausbildungsführer:
- Bachelor of Arts "Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis"
- Master of Arts "Kulturvermittlung"
Die Vorstellung des Studienganges "Sport-, Kultur- & Veranstaltungsmanagement" der FH Kufstein finden Sie hier. Weitere Studiengänge folgen.
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