21.07.2021
Buchdetails
Soziale Bürgerrechte im Museum: Die Repräsentation sozialer Demokratie in neun kulturhistorischen Museen (Edition Museum, Bd. 50)
von Wolfgang Jäger
Verlag: Transcript Verlag
Seiten: 264
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Autor*in
Andreas Neumann
alias Immoanwalt NRW ist Anwalt in Münster mit Schwerpunkt im Baurecht. Parallel dazu ist er Tänzer und Pianist.
Buchrezension
Soziale Bürgerrechte im Museum
Museen sind - neben Kunstvereinen und Konzertsälen - die bedeutendsten Stätten, in denen Kultur dargeboten wird. Museen gab es schon in der Antike. Später entstand in der Museologie die wissenschaftliche Disziplin der Erforschung von Museen, ihrer Inhalte und ihrer Rolle in der Gesellschaft. Einen intelligenten Beitrag zu dieser Disziplin leistet das Buch "Soziale Bürgerrechte im Museum" von Wolfgang Jäger.
Das mit 62 farbigen Abbildungen üppig ausgestattete Buch, das 2020 bei transcript erschien, hat 261 Seiten und stellt den 50. Band der Reihe "Edition Museum" dar. Es besteht aus fünf einleitenden theoretischen Kapiteln mit den Definitionen und Beschreibung der leitenden Fragestellungen (hierzu sogleich) und neun Kapiteln über die Dauerausstellungen in den ausgewählten "kulturhistorischen" Museen.
Im Fazit am Schluss - Kapitel 15 - werden abschließend die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln praktisch synthetisiert.
Fragestellungen und Forschungsgegenstand
Der Autor untersucht die neun ausgewählten Dauerausstellungen auf die Repräsentation der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Unterschichten. Dabei gilt sein Augenmerk den Konflikten, dem Arbeitskampf und der kollektiven Arbeitnehmervertretung: Wie wird die Genese der Sozialversicherung in den Ausstellungen veranschaulicht? Wie wird die Rolle des Bildungswesens für den sozialen Aufstieg dargestellt? Was wird über die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Zuwanderung in den ausgewählten Ausstellungen kommuniziert?
Die Antworten darauf analysiert der Autor eindrucksvoll im Stil von Ausstellungsrezensionen mit klug ausgewählten Bildern und zahlreichen Literaturhinweisen. Es handelt sich um die folgenden neun Dauer-Ausstellungen:
- Deutsches Historisches Museum in Berlin: "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen"
- Haus der Geschichte: "Unsere Geschichte. Deutschland seit 1945"
- Zeitgeschichtliches Forum Leipzig: "Unsere Geschichte: Diktatur und Demokratie nach 1945"
- Museum der Arbeit in Hamburg: "ABC der Arbeit"
- Ruhr Museum in Essen: "Gegenwart, Gedächtnis, Geschichte"
- Deutsches Bergbau-Museum in Bochum: Neuer Rundgang "Steinkohle. Motor der Industrialisierung"
- Technoseum (sic) in Mannheim: "Wie verändern technische Innovationen unsere Gesellschaft?"
- Arbeitsschutz-Ausstellung DASA in Dortmund: "DASA-Arbeitswelt Ausstellung"
- Haus der Europäischen Geschichte in Brüssel
Diese Ausstellungen werden in ihrer Genese und in ihrem Inhalt prägnant und unter Verweis auf die spezifischere Fachliteratur, insbesondere die erschienenen Kataloge, vorgestellt und nach Maßgabe der vorgenannten Fragen charakterisiert.
Das Buch ist kenntnisreich und mit wissenschaftlicher Auswertung der einschlägigen Literatur geschrieben. Der Titel des Buchs ist kreativ, denn zum einen ist "Kulturhistorisches Museum" keine anerkannte Kategorie in der Museumsforschung. Zum anderen macht auch der Begriff der sozialen Bürgerrechte als Konglomerat stutzig.
Der Begriff der sozialen Bürgerrechte enthält aber auf den zweiten Blick bereits eine der Thesen des Buches: Bürgerrechte SIND in der Tat soziale Rechte. Arbeiterinnen und Arbeiter genießen Bürgerrechte oder sollten dies nach der Theorie zumindest tun. Alles keine Selbstverständlichkeiten gerade in der heutigen Zeit.
Fazit
Hauptthema sind weder Bürgerrechte oder soziale Demokratie noch Museen an sich. Das Thema ist vielmehr die Darstellung der Lage von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im 19. und 20. Jahrhundert in den neun ausgewählten Ausstellungen.
Einziger wirklicher Kritikpunkt der rundum überzeugenden und gut lesbaren Darstellung ist aus meiner Sicht das nicht näher begründete und für mich unverzeihliche Ausklammern der Kunstmuseen. Nirgends findet sich mehr Empathie gegenüber der Arbeitnehmerschaft als in den Werken der bedeutenden Künstlerinnen und Künstler in Vergangenheit und Gegenwart zum Thema Arbeit, wie beispielsweise des jungen und vielversprechenden Fotokünstlers Heiko Schäfer aus Düsseldorf.
Das Buch kann dennoch als wichtiger Beitrag der Museumskunde empfohlen werden und bereichert die Bibliothek von Kulturschaffenden. Aufgrund Bezuschussung durch die RAG-Stiftung, die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie sowie des Bezirks NRW des Deutschen Gewerkschaftsbunds kann das Buch trotz der hohen Qualität günstig erworben werden.
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