09.09.2008
Autor*in
Patrick S. Föhl
ist Gründer und Leiter des "Netzwerks Kulturberatung" in Berlin sowie ein international agierender Kulturentwicklungsplaner, Kulturmanagement-Trainer und Hochschulreferent. Darüber hinaus publiziert er regelmäßig in den Bereichen Kulturpolitik sowie Kulturmanagement und ist Beirat im Bereich "Bildung und Diskurse" des Goethe-Instituts.
Der Kulturmanager
Randbemerkungen zu einer Rollen- und Wertediskussion
Patrick Föhl von der FH Potsdam reflektiert über das Selbstverständnis eines Kulturmanagers anhand der Diskussionsbeiträge beim Kulturpolitischen Kolloqium in Loccum 2008.
1. Neue Kulturmanager zwischen Kunst und Ökonomie
Die Gratwanderung zwischen Kunst/Kultur und Ökonomie, ebenso wie deren Verbindung, wird, seitdem es das Berufsbild des Kulturmanagers gibt, besonders kritisch diskutiert. Dazu zählen unter vielen beispielsweise folgende Postulate: "Kommerzialisierung von Kunst und Kultur« oder die "BWL-isierung von künstlerischen Prozessen". In diesem Kontext war "Neue Kulturmanager zwischen Kunst und Ökonomie" der Titel eines Forums im Rahmen des 53. Loccumer Kulturpolitischen Kolloquiums »Nach uns die Kulturwirtschaft? ...und was wird aus der Kulturpolitik?", in dem sich »junge/neue Kulturmanager" differenziert mit diesem thematischen Rahmen in Bezug auf ihre Arbeit auseinanderzusetzen hatten (Kulturmanagement Network berichtete). Innerhalb des skizzierten Spannungsverhältnisses sollte die Rolle des Kulturmanagers diskutiert werden, zumal dieser die beschriebenen Schlagworte bereits indirekt nämlich "Kultur" und "Manager" in seiner Funktionsbezeichnung vereint.
Nach den Eingangsstatements der Referenten und des Moderators stellte sich jedoch in Kürze heraus, dass dieses Thema das Forum nicht grundsätzlich dominieren würde. So waren sich die Diskutanten schnell einig, dass sich kulturelle und künstlerische Inhalte in ihrer Arbeitswelt nicht ökonomischen Zwängen und Fragestellungen unterzuordnen bzw. anzupassen zu hätten. Vielmehr wurde deutlich, dass das originäre Selbstverständnis der Akteure darin besteht, künstlerische und kulturelle Inhalte trotz zunehmender ökonomischer Zwänge zu schützen und Kultur- sowie Kunstprojekte (mit) zu ermöglichen. Darauf aufbauend wurde der Frage nachgegangen, wie es Kulturmanagern gelingen kann, einerseits diese kulturellen/künstlerischen Prozesse in Gang zu setzen bzw. zu unterstützen und andererseits ökonomisch für das Projekt und für sich selbst erfolgreich zu arbeiten. In der Analyse der Antworten konnte herausgearbeitet werden, dass dieser »Druck« und die daraus resultierende Gratwanderung als Chance, aber auch als Herausforderung an Kulturmanager verstanden werden kann.
So bestand grundsätzlicher Konsens darin, dass Kulturmanager vor dem Hintergrund der gesamtgesellschaftlichen Veränderungen an der Schnittstelle zwischen Kunst und Ökonomie arbeiten und diese Vermittlerrolle eine wesentliche »Funktion« des Managers für die Kulturarbeit darstellt. Somit ist das zuvor beschriebene Schnittstellenmanagement eine der zentralen Existenz- und Legitimationsgrundlagen für Kulturmanager. Allerdings wurde auch deutlich, dass abseits dieser generellen Übereinkunft zur Funktion eines Kulturmanagers, leicht differierende Auffassungen bei einer feiner ziselierten Rollendiskussion unter den Forumsteilnehmern vorherrschte. Des Weiteren konnte herausgearbeitet werden und das war wiederum ein Bindeglied zwischen den Teilnehmern , dass die Ermöglichung und Vermittlung von sowie speziell die Leidenschaft für Kunst und Kultur den wesentlichen Triebmotor der Akteure darstellt, in diesem Feld zu arbeiten. Synoptisch ließ sich festhalten, dass der empathische Umgang mit den Themen Kunst und Ökonomie auf einem breiten Bündel an Kompetenzen und dem Engagement der Forumsteilnehmer basiert. Dazu zählen kulturmanageriales und zumeist spartenspezifisches oder weitergefasst, kulturwissenschaftliches Wissen auf der einen und Begeisterung, aber auch Partizipation an künstlerischen Prozessen auf der anderen Seite. Diese Verbindungen stellen den behutsamen Umgang mit künstlerischen Produkten und Prozessen sicher, ohne den Blick auf deren Machbarkeit, vor allem hinsichtlich der Finanzierung und Vermarktung, zu vernachlässigen.
Andererseits, und das ist die negative Konnotation, wurde deutlich, dass dieses »Schnittstellendasein« nicht selten mit einschneidenden persönlichen Entbehrungen einhergeht. So ist die Anerkennung für einen Kulturmanager an bzw. zwischen den "Rändern" von Kultur und Verwaltung, von Kultur und Marketing, von Kultur und Ökonomie u.v.m. häufig äußerst gering. Es dürfte zwar inzwischen Konsens bestehen, dass Kulturmanager gebraucht werden, doch häufig sollen sie und das betrifft Kultureinrichtungen und -projekte aller Größen, Sparten und Sektoren diese Leistungen möglichst zum "Nulltarif" erbringen. So akzeptieren qualifizierte Kulturmanager nicht selten Gehaltsstufen bzw. Honorare, die deutlich unter den sonst üblichen Gehältern für Akademiker oder Projektmanager liegen. Entsprechende Stellen- und Praktikaausschreibungen sind neben den geschilderten Eindrücken der Forumsreferenten nur ein Indikator für diese Situationsanalyse. Was bleibt, ist das aus persönlicher Sicht gute Gefühl an etwas sinnvollem mitgewirkt zu haben. Damit sitzen die Kulturmanager häufig in einem Boot mit denjenigen, deren Kunst und Projekte sie mit ermöglicht haben, allerdings ohne vergleichbare öffentliche und meistenteils auch interne Anerkennung dafür zu erfahren. Der ökonomische Erfolg bezieht sich in diesem Zusammenhang demzufolge zunächst nur auf das reine Zustandekommen eines kulturellen Projektes. In Hinblick auf ein auskömmliches Leben der Beteiligten müsste vermutlich ein beachtlicher Teil der derzeitigen Kulturprojekte für alle oder einen Großteil der Akteure als gescheitert bezeichnet werden.
D.h., eine weitere Fähigkeit vieler Kulturmanager besteht anscheinend darin, sich trotzdem "über Wasser" zu halten. Dies geschieht durch Zweitjobs, weiterführende Alimentierung durch die Eltern, den Staat und einen zumeist sehr bescheidenen Lebensstil. Da dies allerdings keine Option für die Zukunft darstellt hier sei nur an die drohende Altersarmut erinnert , sollen im Folgenden zwei wesentliche Punkte angeschnitten werden, die im Rahmen des Forums erörtert wurden und deren fortführende Diskussion voraus- sichtlich einen wichtigen Beitrag zur weiteren Etablierung und "Inwertsetzung" der "Disziplin Kulturmanagement" leisten kann:
Die Rolle(n) von Kulturmanagern
Der Wert der Arbeit von Kulturmanagern
Im Rahmen dieses Beitrages können allerdings nur unvollständig einige Hinweise, Trends und Fragestellungen skizziert werden. Zudem ist auf folgendes hinzuweisen: So erforderlich die angestoßene und von einzelnen Akteuren seit längerem geführte Diskussion über die zukünftigen Perspektiven von Kulturmanagern ist, so wichtig ist eine umfassende Würdigung der bisher geleisteten Arbeit für eine kritische Auseinandersetzung mit den Bildern, Rollen, Einstellungen, Funktionen und Arbeitsrealitäten von Kulturmanagern. An dieser Stelle sei zusätzlich darauf verwiesen, dass hier kein fatalistisches Bild des Kulturmanagers bzw. von dessen vermeintlicher "Nichtanerkennung" gezeichnet werden soll. Es gibt und das ist die andere, positive Seite der Medaille eine zunehmende Anzahl an Einrichtungen und Initiativen, die Kulturmanagern eine gesteigerte Wertigkeit zumessen. Ferner hat sich das Fachgebiet Kulturmanagement in den vergangenen Jahren zunehmend etablieren können. Auch der Bereich des "Kulturunternehmertums" macht deutlich, dass ansteigende Zahlen von Kulturmanagern ihren Platz in der Selbstständigkeit finden und behaupten. Dennoch ist das oben gezeichnete Bild für viele Kulturmanager Lebens- bzw. Arbeitsrealität. So liegt ein beachtlicher Teil der Einkommen von Kulturmanagern unterhalb der Steuerpflicht. Angesichts der zahlreichen Kulturmanagementstudiengänge, die in den letzten Jahren hinzugekommen sind und angesichts der Akteure, die aus anderen Disziplinen in dieses Feld drängen, ist davon auszugehen, dass sich die beschriebene Lage voraussichtlich weiter zuspitzen wird. Darüber hinaus ist eine vertiefende Rollen- und Wertediskussion auch für diejenigen hilfreich, die sich bereits in einer gesicherten Position befinden, aber gegenüber ihrem Umfeld die nach wie vor beständig gestellte und häufig negativ bewertend formulierte Frage beantworten müssen, was denn Kulturmanagement überhaupt ist bzw. welche Berufsauffassung sie vertreten.
2. Rollenbilder eines Kulturmanagers: Skizze und Annäherung
In einer aktuellen Auflistung des Deutschen Bühnenvereins zu allen Berufen, die an einem Theater vorzufinden sind, heißt es zum Berufsbild des Kulturmanagers, dass er »um die Freiheit und Qualität der Kunst zu sichern, nicht nur einfach Managementlehren auf Kulturbetriebe überträgt, sondern als Vermittler zwischen Kunst und Betriebswirtschaft fungiert.« Das ist eine Definition, die sich stark am Motto des oben erwähnten Forums und an der Auffassung der etablierten Kulturmanagementinstitute orientiert. So verstehen Klein und Heinrichs »Kulturmanagement als Bezeichnung für alle Steuerungen zur Erstellung und Sicherung von Leistungen in arbeitsteiligen Kulturbetrieben, die sich in einer komplexen und veränderbaren Welt abspielen und auf die Austauschbeziehungen zwischen Anbietern und Nutzern ausgerichtet ist«. Damit wird deutlich, dass der Kulturmanager nicht nur Brücken zwischen Kunst und Ökonomie baut, sondern auch beispielsweise innerhalb von Kultureinrichtungen oder Projekten, zwischen Anbietern und Nutzern, zwischen Innen- und Außenwelt, zwischen Kulturproduzenten und Kulturpolitik und vielen mehr vermittelnd und gestaltend agiert. Häufig ist auch die Rede vom "Ermöglicher", vom "Grenzgänger" oder beispielsweise vom "Dolmetscher" oder eben dem "Vermittler zwischen Kunst und Kommerz".
Es gibt allerdings keine präzise Typologie für den "Prototyp" eines Kulturmanagers. Dazu sind die Einstellungen, die Aufgaben, die Handlungsfelder und die Herkunft von Kulturmanagern zu diversifiziert. Außerdem muss sich der Kulturmanager immer wieder "neu erfinden" und interdisziplinäre Ansätze suchen, um bestmögliche Zugänge und Ergebnisse für immer neue Herausforderungen im Kulturbereich zu erzielen. Eine Suche nach einer unikalen Berufsbeschreibung ist demnach nicht nur nicht möglich, sondern wäre zugleich kontraproduktiv. So lebt der vermeintlich »idealtypische« Kulturmanager als Vermittler, Ermöglicher und Vermarkter von Kultur doch vor allem von seiner Anpassungs- und Veränderungsfähigkeit, womit er den Blick auf aktuelle Trends behält und entsprechende Erkenntnisse direkt in seine Arbeit einfließen lässt.
Dennoch ist es interessant und hilfreich neben den "Grundfunktionen und -fähigkeiten" die Kulturmanagern zugeschrieben werden den Versuch zu unternehmen, verschiedene Grundtypen von Kulturmanagern zu beschreiben. Auf der Suche nach diesen "Typen" bietet van den Berg eine außerordentlich gute Hilfestellung. In ihrem letztjährig erschienen Beitrag "Impresario, Künstler, Manager oder Fuzzi? Rollenmodelle des Kulturmanagers" unterscheidet sie sieben Grundtypen eines Kulturmanagers. Eine Auswahl dieser Rollenmodelle soll an dieser Stelle skizziert werden. Zur Vertiefung sei auf den genannten Beitrag verwiesen.
Kulturmanager als Kommerzialisierer: Er trägt im Sinne von Kulturmarketing dazu bei, ein kulturelles Produkt so gut als möglich an die potenziellen Nutzergruppen zu kommunizieren, ohne dieses in seiner primären Funktion zu »beschädigen«.
Kulturmanager als Dolmetscher: Hierbei handelt es sich um einen Grenzgänger zwischen verschiedenen Systemen und jemanden, der Funktionssysteme überbrücken möchte. Van den Berg zitiert in diesem Zusammenhang Heinrichs, der vom »vermittelnden Interpreten und interpretierendem Vermittler« spricht, der »Künstler, Publikum und kulturelle Institutionen« und natürlich weiterer Akteure wie beispielsweise die Privatwirtschaft zusammenführt, mit dem eigenen Ziel, dabei die Planungs-, Konzeptions- und Finanzierungsprozesse zu steuern und ein kulturelles Produkt zu ermöglichen.
Kulturmanager als charismatischer Inszenator: Dieser überzeugt und vermittelt durch eine sichtbare persönliche Obsession für eine Sache. Er möchte etwas erfahrbar machen und ist eben nicht der neutrale Dolmetscher. Das Verständnis der Konzeption, Organisation und Planung von Projekten wird durch die Motivation geprägt, Sinn und Bedeutung zu produzieren. Er ist demnach zwar kein Künstler, aber er bringt seine eigene künstlerische Deutung in die Projekte mit ein und lebt von dem Feuer für eine Kultursparte.
Kulturmanager als Ermöglicher: Dieser Typus bezieht sich sehr stark auf die zuvor zitierte Definition des Deutschen Bühnenvereins. Er spiegelt wahrscheinlich die beständigste Auffassung von Kulturmanagern wider. Er ist der mit Techniken, Instrumentarien und Kontakten ausgestattete Kulturmanager, der selbst nicht konzeptionell orientiert ist, sondern Ideen und Initiativen anderer mit seiner Infra-struktur umsetzen möchte.
Kulturmanager als postheroischer Künstler: In diesem Typus vereinen sich Management und künstlerische Praxis. Der Kulturmanager wird hier zum Ermöglicher eigener künstlerischer Ideen. Dieses Bild kommt bislang in der Kulturmanagementlehre so gut wie gar nicht vor, ist es doch stark von dem Bild des Vermittlers und reinen Ermöglichers entfernt. Dennoch sollte man es nicht ganz vernachlässigen, studieren doch beispielsweise zunehmend auch Künstler das Fach Kulturmanagement (wie z.B. am Studienzentrum für Kulturmanagement an der Universität Basel), um diesen eben beschriebenen Weg zu gehen.
Diese Typenbeschreibungen offerieren einen ersten Einstieg in die vielfältigen Handlungsfelder und Selbstverständnisse von Kulturmanagern. Dabei ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine solche Sammlung nie vollständig sein kann und viele Schnittmengen zwischen den einzelnen Typen vorhanden sind. D.h., vermutlich wird sich jeder Kulturmanager ganz oder partiell in mindestens zwei dieser Rollenmodelle wieder finden. Darüber hinaus bestehen zahlreiche weitere Typologisierun-gen. So unterscheidet beispielsweise Voesgen zwischen Kulturvermittlern und Kulturvermarktern. Siebenhaar, der Kulturmanagement als »reflexive Collagendisziplin« versteht, sieht in dem Kulturmanagementbegriff ein "Suchbild auf Dauer", dass sich im Wesentlichen in den Bereichen Vernetzung und Vermittlung bewegt. Zusätzlich sei auf Kulturmanager verwiesen, die sich vorwiegend mit Hilfe verschiedener Bezugsdisziplinen als Forscher mit dem Feld des Kulturmanagements auseinandersetzen.
Wie bereits eingangs erwähnt, wird hier nicht auf eine Harmonisierung der Typen gezielt; vielmehr sollen die vielfältigen Aufgaben, Verständnisse, Analogien, Differenzen und insbesondere Leistungen von Kulturmanagern hervorgehoben werden. Zur Bewusstmachung, in welchen Kontexten sich Kulturmanager bewegen und welchen Beitrag sie zur Ermöglichung und Erstellung von künstlerischen sowie kulturellen Produkten leisten, erscheint es sinnvoll insbesondere vermehrt von Seiten der praktizierenden Kulturmanager , eine vertiefende und kontinuierliche Reflexion über die Rollen von Kulturmanagern im Kulturbereich und deren Wert (s. unten) abseits normativer Terminologien voranzutreiben. Häufig verschließt sich dem Außenstehenden, welchen expliziten Beitrag Kulturmanager leisten, und eine entsprechende Sichtbarmachung kann vermutlich nur dann stattfinden, wenn man diesen Leistungen zu mehr Transparenz verhilft.
Des Weiteren würde eine breitere und offenere Diskussion (verstärkt auch außerhalb der "scientific community") dazu beitragen, die nicht selten gängige Auffassung von Kulturmanagement als »reines Hilfsinstrument« zu überwinden. Denn eines dürfte inzwischen im Rückblick deutlich werden: Kulturmanager sind vielfach auch intellektuelle, aktive Mitgestalter von Kunst und Kultur, sie sind kritische Betrachter des »Systems Kunst- und Kulturbetrieb« und damit wertvolle Experten für alle Kulturakteure und das neben ihrer originären Funktion als Ermöglicher, Vermittler und Vermarkter von Kunst und Kultur.
3. Arbeitswert des Kulturmanagers: Impulse für eine Diskussion
Im Sinne der zuvor skizzierten Bedeutung von Kulturmanagern im Kulturund Kunstbetrieb, angesichts einer sich zunehmend vernetzenden Gesellschaft und im Zeichen des Booms der Kulturwirtschaft ist davon auszugehen, dass die Nachfrage für die beschriebenen (Schnittstellen-)Kompetenzen steigen wird. Allein deswegen und insbesondere aufgrund der oben aufgeworfenen Problematik einer häufig geringen Wertschätzung von kulturmanagerialer Arbeit, ergibt sich die Notwendigkeit einer verstärkten Diskussion über den "Arbeitswert" von Kulturmanagern.
Bei einer solchen Diskussion eröffnen sich auf den ersten Blick zwei zentrale Perspektiven: Zum einen die oben angesprochene Bewusstmachung von den (möglichen) Funktionen und Rollen von Kulturmanagern sowie der entsprechend (potenziell) erbrachten Leistungen. Kleine konstatiert in diesem Zusammenhang und im Kontext des »Booms in der Kultur und Kulturwirtschaft« exemplarisch, dass »nicht nur Wertschöpfungsketten [...] Kulturpolitik und Praxis bestimmen[sollten], sondern die gesellschaftlichen Kernaufgaben, die von gut ausgebildeten jungen Akademikern erfüllt werden können«. Auf der anderen Seite stellt sich die konkrete Frage nach dem monetären Wert von Arbeitsleistungen im Kulturmanagement.
Zum ersten Punkt wurden in den vorherigen Passagen bereits ausgewählte Themenbereiche benannt. Deswegen soll hier lediglich ein ergänzender Aspekt angesprochen werden. Um die Sichtbarmachung und Inwertsetzung von Kulturmanagement voranzutreiben, ist es sicherlich auch notwendig, die Etablierung des Fachgebietes Kulturmanagement weiter bzw. noch stärker voranzutreiben. Mit der Praxis könnte dies z.B. durch eine intensivere Zusammenarbeit in anwendungsorientierten Forschungsprojekten geschehen. In der Wissenschaft scheinen u.a. die Verbesserung der Forschungsbedingungen und die selbstbewusste Etablierung des Fachs als Bezugslehre im Kontext anderer Realwissenschaften besonders wichtig.
Was den direkten Arbeitswert von Kulturmanagement betrifft, so soll an dieser Stelle zuvorderst auf einen wahrnehmbaren Diskussions- und Austauschbedarf zwischen Kulturmanagern und zwischen den ausbildenden Instituten hingewiesen werden. Denn die Herausforderungen sind bekannt und eine allgemeine Anhebung der Wertigkeit von Kulturmanagement kann vermutlich nur stattfinden, wenn man sich in einen langfristigen Diskurs um gemeinsame Grundstandards begibt, auch wenn dieser aufgrund der unterschiedlichen Ausbildungen, Funktionen und Einstellungen von Kulturmanagern voraussichtlich nicht abschließbar ist. Dieser Diskurs wäre allerdings schon deshalb sinnvoll, um sich von für den »seriösen« Kulturmanagementbereich ausgesprochen abträglichen Trittbrettfahrern in Praxis und Lehre zu distanzieren. Dass dies ein langer Weg sein kann, machen z.B. Gründungen von Berufsverbänden und der Schutz von Berufsbezeichnungen in anderen Bereichen deutlich (z.B. Architekt im Bereich der EU). Ob eine solche Prozedur für das Fach bzw. den Beruf Kulturmanagement erstrebenswert bzw. realistisch ist, kann an dieser Stelle nicht vertieft werden. Gegenwärtig sind hier sicherlich jeweils individuell formulierte Qualitätsstandards bzw. Leitziele nützlich, wie sie häufig bei Kulturberatungsunternehmen und Kulturmanagementstudiengängen zu finden sind. Allerdings sollte wesentlich kurzfristiger eine direkte Diskussion um den Arbeitswert von Kulturmanagement stattfinden. Hier können im Rahmen einer »Arbeitswerttheoriediskussion« nicht nur Adam Smith, Karl Marx und andere Wissenschaftler/Philosophen hilfreiche Quellen für eine grundsätzliche Debatte darstellen, sondern auch der Blick in ähnliche bzw. vergleichbare Arbeitsfelder. So kann es beispielsweise für die eigenen, kulturmanagerialen Beratungstätigkeiten durchaus aufschlussreich sein, was Berater in anderen Feldern verdienen. D.h. nicht, dass es ohne weiteres möglich wäre, vergleichbare Margen zu erhalten. Aber es kann Mut machen, mehr zu fordern als bisher, um damit die Wertschätzung der eigenen Arbeit zu sensibilisieren. Ist der Kulturmanager doch oftmals damit konfrontiert, dass er für möglichst wenig möglichst viel leisten soll und ihm jegliche Forderung nach mehr Geld als Affront und unsittliches Verhalten im Kulturbereich ausgelegt wird.
Über diesen Aspekt hinaus braucht Kulturmanagement eine Lobby und dies nicht zuletzt bei den gegenwärtigen Akteuren in Kulturpolitik und -verwaltung sowie in der Kulturmanagementlehre, um nur einige zu nennen. So konstatiert Kleine: »Die Debatte über die Kulturwirtschaft wird vom Wirtschafts-/Arbeits- und dem Kulturressort getragen. Diese Arbeitszusammenhänge müssen genutzt werden, um Strategien zur Besserstellung zu erarbeiten«. Des Weiteren führt sie aus: »Die jüngeren Kulturakteure sind kulturpolitisch kaum präsent. [...] Wir müssen den Jüngeren Platz schaffen [Anm.: um Bedürfnisse etc. zu formulieren] und Sprachmöglichkeiten bieten".
4. Ausblick
Zum Abschluss stellt sich die Frage, wer diese Diskussionen vorantreiben, präzisieren und ausdifferenzieren könnte. In den vorherigen Kapiteln wurden bereits einzelne Ideen formuliert. An dieser Stelle sollen diese zusammengefasst werden:
Zuvorderst sind die Kulturmanager selbst gefragt, ihren Bedürfnissen gemeinsam (!) mehr Gehör zu verschaffen und sich stärker in die vorhandenen bzw. neu zu gründende Plattformen und Verbände einzubringen. Bislang verharren Kulturmanager oftmals im Alltags- und Konkurrenzgeschäft in einer »Einzelkämpferposition«. Dadurch kommt ein sinnvoller und produktiver Austausch selbst auf der informellen Ebene mit anderen Kulturmanagern nicht im ausreichenden Maße zustande.
Alumninetzwerke von Kulturmanagementstudiengängen könnten sich verstärkt der Thematik »Arbeitswert« annehmen. Hier würde sich zudem eine Vernetzung der Ehemaligenvereine empfehlen, um einen bundesweiten Austausch zu ermöglichen und sich zusätzlich mehr Gehör zu verschaffen.
Im Rahmen der letztjährigen Gründung des Fachverbandes Kulturmanagement e.V. kann die Hoffnung ausgesprochen werden, dass neben der wichtigen Etablierung des Fachs im Bereich der Wissenschaft, die konkreten Lebensrealitäten und Arbeitsanforderungen der (zukünftigen) Absolventen stärker im Verbund der Studiengangsleiter diskutiert und berücksichtigt werden.
Darüber hinaus sind die Ausbilder und Empfänger sowie Vermittler kulturmanagerialer Leistungen gefragt, sich mit den Einkommens-, Versicherungs- und Arbeitsbedingungen von Kulturmanagern noch stärker als bisher zu beschäftigen und auszutauschen.
Die zuvor skizzierten Hinweise können allerdings das letzte Wort zu dieser Thematik kaum gewesen sein. Denn abseits der unbestreitbaren und wachsenden Notwendigkeit für Kulturmanager stellt sich aus der beschriebenen Perspektive dennoch die Frage, wie viel ausgebildete Kulturmanager tatsächlich benötigt werden? D.h., dass künftig vermehrt zu diskutieren sein wird, wie die Chancen und Risiken einer solchen Berufswahl noch stärker vermittelt werden können. Ebenso scheint eine vertiefende Diskussion notwendig, und das gilt vermutlich besonders für die Studiengänge abseits der etablierten Kulturmanagementinstitute, wie den spezifischen und sich stetig verändernden Anforderungen an das Kulturmanagement, etwa aus einzelnen Sparten, noch stärker gerecht zu werden ist (z.B. durch standortspezifische Spezialisierungen, Themenschwerpunkte und explizit berufsqualifizierende Kompetenzen)? Damit könnten die Vermittlungsquoten (Stichwort »Employability«) mancher Studiengänge oder erfolgreiche Existenzgründungen wahrscheinlich noch befördert werden.
Quellenverzeichnis
Bendixen, Peter (2006): Einführung in das Kultur- und Kunstmanagement, 3. Aufl., Wiesbaden
Bunz, Mercedes (2006): Meine Armut kotzt mich an. Kein Geld, aber tausend Ideen: Urbane Penner sind die unterschätze, kreative Elite Berlins, in: zitty - Das Hauptstadtmagazin, Heft 4 (Februar 2006), S. 1619
Deutscher Bühnenverein (2007): Berufe am Theater, 6., überarb. Aufl., Köln
Föhl, Patrick S.; Glogner, Patrick (2008): Aktuelle Forschungen und Tendenzen im Kulturmanagement. Neue Rubrik in den Kulturpolitischen Mitteilungen, in: Kulturpolitische Mitteilungen, Nr. 120 (I/2008), S. 60f.
Glogner, Patrick (2006): Kulturelle Einstellungen leitender Mitarbeiter kommunaler Kulturverwaltungen. Empirisch-kultursoziologische Untersuchungen, Wiesbaden
Heinrichs, Werner (1999): Kommunales Kulturmanagement. Rahmenbedingungen Praxisfelder Managementmethoden, Baden-Baden
Heinrichs, Werner; Klein, Armin (2001): Kulturmanagement von A Z. Wegweiser für Kultur- und Medienberufe, 2. Aufl., München
Heinze, Thomas (Hg.) (2002): Kultursponsoring, Museumsmarketing, Kulturtourismus. Ein Leitfaden für Kulturmanager, Wiesbaden
Klein, Armin (2006): Wie denkt Kulturmanagement?, in: Konrad, Elmar D. (Hg.): Unternehmertum und Führungsverhalten im Kulturbereich, Münster u.a.O., S. 93105
Klein, Armin (2007): Der exzellente Kulturbetrieb, Wiesbaden
Klein, Armin (Hg.) (2008a): Kompendium Kulturmanagement. Handbuch für Studium und Praxis, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., München
Klein, Armin (2008b): Kompendium Kulturmanagement Eine Einführung, in: Klein,
Armin (Hg.): Kompendium Kulturmanagement. Handbuch für Studium und Praxis, 2., vollst. überarb. und erw. Aufl., München, S. 18
Kleine, Helene (2007): »Kulturarbeit als Beruf«. Beispiele aus der Praxis, in: Kulturpolitische Mitteilungen, Nr. 119 (IV/2007), S. 58f.
Kohl, Manuela; Zembylas, Tasos (2006): Junge KulturmanagerInnen Berufsfeld, Berufseinstieg, Berufsbedingungen, in: SWS-Rundschau, 46.Jg. (IV/2006), S. 458476
Konrad, Elmar D. (Hg.): Unternehmertum und Führungsverhalten im Kulturbereich, Münster u.a.O.
Kulturpolitische Mitteilungen (2007): Schwerpunktthema »KULTURwirtschaft KulturPOLITIK«, Nr. 119 (IV/2007)
Mandel, Birgit (2002): Lust auf Kultur: Karrierewege in das Berufsfeld Kulturvermittlung, Nürnberg
Mandel, Birgit (2007): Die neuen Kulturunternehmer. Ihre Motive, Visionen und Erfolgsstrategien, Bielefeld
Siebenhaar, Klaus (Hg.) (2003a): Karriereziel Kulturmanagement. Studiengänge und Berufsbilder im Profil, 2. Aufl., Nürnberg
Siebenhaar, Klaus (2003b): Begriff und Praxis in Stichworten, in: Siebenhaar, Klaus (Hg.): Karriereziel Kulturmanagement. Studiengänge und Berufsbilder im Profil, 2. Aufl., Nürnberg, S. 911
Siebenhaar, Klaus (2003c): Erfolgsgeschichte eines Orchideenfaches, in: Siebenhaar,
Klaus (Hg.): Karriereziel Kulturmanagement. Studiengänge und Berufsbilder im Profil, 2. Aufl., Nürnberg, S. 1316 van den Berg, Karin (2007): Impresario, Künstler, Manager oder Fuzzi? Rollenmodelle des Kulturmanagers, in: Markowski, Marc; Wöbken, Hergen (Hg.): oeconomenta. Wechselspiele zwischen Kunst und Wirtschaft, Berlin, S. 129146
Voesgen, Hermann (2005a): »Vermittlungsprobleme«. Kulturmanager werden eigentlich gebraucht, aber schlecht bezahlt Der Studiengang Kulturarbeit an der Fachhochschule Potsdam, in: Mandel, Birgit (Hg.): Kulturvermittlung zwischen kultureller Bildung und Kulturmarketing. Eine Profession mit Zukunft, Bielefeld, S. 172179
Voesgen, Hermann (2005b): What makes sense? Cultural Management and the question of values in a shifting landscape, in: Voesgen, Hermann (Hg.): What makes sense? Cultural Management and the question of values in a shifting landscape, Eigenverlag, ENCATC 2005, S. 1726
Weitere Informationen:
http://regional-governance-kultur.de/Patrick-S-Foehl.52.0.html
Dieser Beitrag erscheint auch in: Drews, Albert (Hg.): Nach uns die Kulturwirtschaft? ... und was wird aus der Kulturpolitik? 53. Loccumer Kulturpolitisches Kolloquium, Tagungsband, Rehburg-Loccum 2008
PATRICK S . FÖHL Diplom-Kulturarbeiter. Gründer, Mitglied und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe »Regional Governance im Kulturbereich« am Studiengang Kulturarbeit der FH Potsdam. Zudem freier Kulturberater im Netzwerk für Kulturberatung. Arbeits-, Publikations- und Forschungsschwerpunkte: Strategisches Kulturmanagement, Kulturmarketing, Ausstellungsmanagement und Kulturfinanzierung. Seit 1996 hat er in verschiedenen Kultureinrichtungen gearbeitet oder beraten. Doktorand am Institut für Kulturmanagement der PH Ludwigsburg bei Prof. Dr. Armin Klein. Dozent an verschiedenen Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland, Polen und in der Schweiz.
Unterstützungsabos
Mit unseren Unterstützungsabos unterstützen Sie unsere Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – und damit alle unsere kostenfreien Inhalte, also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website.
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.
Ähnliche Inhalte
Unterstützungsabos
Mit einem Unterstützungsabo unterstützen Sie die kostenfreien Inhalte unserer Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website.
5€-Unterstützungsabo Redaktion
Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.
Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*
15€-Unterstützungsabo Redaktion
25€-Unterstützungsabo Redaktion
* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren