05.01.2007

Autor*in

Martina Dillmann
Tourismusmarketing

Freundschaften schließen - Besucher gewinnen

Tourismusmarketing Jüdisches Museum Berlin Ein Museum lebt nicht vom Standort allein, es ist ein nationaler und internationaler Treffpunkt von Kultur- und Geschichtsinteressierten.
Ob in Brandenburg oder Bayern, in Israel, Italien oder in den USA: Um den potentiellen Museumsbesucher weltweit erreichen zu können, müssen nicht nur Angebote für individuelle Zielgruppen erarbeitet, sondern auch langfristig ausgerichtete Kontakte zum Tourismusmarkt aufgebaut werden. Erfolgreiches Tourismusmarketing ist im höchsten Maße abhängig von funktionierenden Netzwerken mit Reiseveranstaltern, Incoming Agenturen, Hotels und Tourismusverbänden sowie von Kooperationen mit anderen kulturellen Einrichtungen. Es sollte sich nicht nur an den primären Museumsinhalten orientieren, sondern auch die individuellen Bedürfnisse der Reisenden, ihr wechselndes Freizeitverhalten und aktuelle Reisetrends mit einbeziehen.

So stehen etwa für die häufig mit dem Bus anreisenden Senioren Bequemlichkeit, niedrige Preise und rasche Eindrücke im Zentrum des Museumsbesuchs, während der Kulturreisende das individuelle und intensive Studium von Architektur und Ausstellungsinhalten vorzieht. Italiener lieben die Architektur des Jüdischen Museums von Daniel Libeskind, während sich jüdische Amerikaner in der Dauerausstellung mit der deutsch-jüdischen Vergangenheit und ihren familiären Wurzeln beschäftigen wollen.

Allen Städtetouristen gemeinsam ist jedoch der Wunsch nach einem abwechslungsreichen Kulturprogramm, kombiniert mit Entspannung und Atmosphäre. Deshalb wirbt das Jüdische Museum in einer Broschüre zum Thema Sommer nicht nur für die Kerninhalte - die Dauerausstellung zu zwei Jahrtausenden deutsch-jüdischer Geschichte und die Architektur. Ausdrücklich wird auf den Museumsgarten und seine vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten hingewiesen. Ob zum Ausruhen auf Liegestühlen, zum Flanieren, zum Genießen des "Kultursommer"-Programms oder zum gemütlichen Picknicken unter schattigen Bäumen: Das Museum berücksichtigt nicht nur das Erholungsbedürfnis seiner Besucher, sondern bietet auch ein saisonal wechselndes Programm, das von den Reiseveranstaltern in den Katalogen als Sommer- und Winterangebot präsentiert werden kann.

Marktführende Städtereisenanbieter wie DERTOUR, AIRTOURS oder TUI, die das Haus vor drei Jahren nur als eine von 120 anderen Sehenswürdigkeiten über die 3-tägige Welcome Card bewarben, präsentieren es heute an exponierter Stelle auf den Berlin-Seiten ihrer Städtereisen-Kataloge. Mit Überschriften wie "Sommeridylle in Berlin" oder "Historisches Berlin" werden Architektur und Dauerausstellung, aber auch explizit Garten, Picknick und Jazzkonzert als ergänzende Bausteine vorgestellt. Mit Auflagenhöhen zwischen 160.000 und 1.000.000 Expl. erreicht das Museum damit die Urlaubsplaner flächendeckend und bundesweit.

Wer sich nicht nur national, sondern auch international auf dem Reisemarkt platzieren möchte, der sollte mit den großen Tourismusverbänden wie der Deutschen Zentrale für Tourismus und den örtlich ansässigen Stadtvermarktern z.B. der Berlin Tourismus Marketing GmbH, zusammenarbeiten. Ohne die Unterstützung dieser Organisationen sind finanziell tragbare Messebeteiligungen oder erfolgreiche Platzierungen in touristischen Printmedien kaum möglich. Sie bieten sinnvolle Kooperationsmöglichkeiten von kostenlos bis kostspielig an und stellen oft eine der wenigen Möglichkeiten dar, mit kleinem Budget den eigenen Radius national und international auszuweiten. Das Jüdische Museum ist seit fünf Jahren Unteraussteller der BTM auf Touristik- Messen, darunter u.a. die Internationale Tourismus-Börse in Berlin als weltweit führende Fachmesse der Tourismuswirtschaft.

Über die essentielle Zusammenarbeit mit touristischen Leistungsträgern hinaus bieten auch Kooperationen mit Ausrichtern von lokalen Großveranstaltungen eine Möglichkeit, mit überschaubarem Aufwand zusätzliche Besucher zu gewinnen. Ob Einstein-Jahr, Fußballweltmeisterschaft oder Internationale Funkausstellung: Das Jüdische Museum profitierte in den letzten beiden Jahren auch von denjenigen Berlin-Besuchern, die sich bereits aus einem anderen Anlass in der Stadt aufhielten. 2005 beispielsweise konnte das Museum als Partner des Internationalen Deutschen Turnfestes mit insgesamt 450.000 Besuchern binnen vier Tagen annähernd 3.000 zusätzliche Besucher über das Angebot des freien Eintritts für die Teilnehmer gewinnen. Eine inhaltliche Verknüpfung zwischen den Themen Sport und Judentum und einen Höhepunkt der Veranstaltung bildete die im Jüdischen Museum stattfindende Verleihung der Flatow-Medaille an herausragende Sportler. Bundespräsident Horst Köhler überreichte die nach Alfred und Gustav Felix Flatow benannte Medaille, die an die während der Naziherrschaft ermordeten jüdischen Sportler erinnern soll.

Kooperationen und Netzwerke sind mehr als in allen anderen Museumsbereichen - wenn man einmal vom klassischen Beschaffungsmarketing des Fundraisings und Sponsorings absieht - Voraussetzung für ein erfolgreiches Tourismusmarketing. Die Pflege persönlicher Kontakte ist zeitaufwendig und führt erst mittelfristig zum Erfolg. Das überzeugende Ergebnis solcher Mühen sind jedoch Besucherzuwächse und Imagegewinn auf überregionaler Ebene zu überschaubaren Kosten.

Dies funktioniert natürlich nur, wenn die Grundvoraussetzungen im eigenen Haus gegeben sind. Will man den Touristen als Besucher wirklich? Ist man bereit, das Museumsangebot auf ihn auszurichten? Oft sind es die Museumsmitarbeiter selbst, die von der Wichtigkeit der Besucherorientierung und -generierung nicht überzeugt sind. Immer noch werden touristische Besucher als anspruchsloses, eventorientiertes Massenpublikum verstanden, das in großen Gruppen auftretend Ausstellungsräume und Exponate belastet. Marketing gilt fälschlicherweise auch weiterhin als neumodischer Begriff für Werbung, die diejenigen anspricht, die ohnehin das Museum besuchen werden.

Für das Jüdische Museum Berlin ist Besucherorientierung eines der Kernanliegen und fest im "Mission Statement" verankert. Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte darzustellen und zu vermitteln. Es möchte zeigen, wie eng jüdisches Leben mit der deutschen Geschichte verbunden ist. Alle Besucher, unabhängig von ihrem Bildungshintergrund und Alter, von ihren kulturellen, religiösen und ethnischen Wurzeln sollen sich angesprochen und willkommen fühlen.

Sicherlich - damit ist das Jüdische Museum in einer vergleichsweise glücklichen Situation. Eine klare, in den Richtlinien des Hauses festgelegte Ausrichtung auf den Besucher und auf ein breites Publikum wird durch eine moderne Institution getragen, die nach amerikanischem Museumsvorbild. Abteilungen wie Marketing, Fundraising und Besucherforschung von Anfang an mitgedacht hat. In einem Museum, in dem 50% der Besucher internationale Touristen sind, ist es einfacher, Schwellenängste zur Tourismuswirtschaft zu überwinden und Partnerschaften zwischen Non Profit- und Profit- Organisationen als sinnvoll und für beide Seiten nutzbringend zu erachten.

Nichtsdestotrotz: Der kulturtouristische Boom, der derzeit viele Kurz- und Städteurlauber in die Museen strömen lässt, geht auch an kleinen Einrichtungen nicht vorbei. Längst wurde umgedacht und erkannt, dass die Entwicklung von individuell auf den Besucher abgestimmten Angeboten und ihre Kommunizierung über touristische Partnerschaften ein kostengünstiges und erfolgreiches Modell zur Besuchergenerierung sein kann.
 

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