28.12.2006

Autor*in

Sascha Priewe
Kultursponsoring in China

Udo im Reich der Mitte

Der deutsch-chinesische Handel boomt. China ist der zweitwichtigste Exportmarkt Deutschlands außerhalb Europas. Deutschland ist mit Abstand Chinas größter europäischer Handelspartner und steht in der Rangfolge der weltweiten Handelspartner Chinas auf Platz sechs. Doch neben dem Geschäft engagieren sich die deutschen Unternehmen in Peking auch für Sport, Soziales, Umwelt und Kultur. Das Kultursponsoring spielt in vielen Fällen nur eine untergeordnete Rolle. Dies ergab eine Befragung von potentielle Sponsoren und Gesponsorten: Ameco, BASF, BMW, Lufthansa und VW sowie der deutschen Botschaft, der deutschen Handelskammer, dem Goethe-Institut und der deutsch-chinesischen Eventagentur Logitix, die vom Verfasser im Juni und Juli 2005 durchgeführt wurde.
In Deutschland gehören Unternehmen der Nahrungs- und Genussmittelindustriesowie Finanzdienstleister zu den typischen Kultursponsoren. In Peking sind dagegen deutsche Unternehmen aus anderen Branchen präsent: Industriegüter, Maschinenbau, Handel und Dienstleistungen. Sie sponsern Kultur in der Regel allerdings nur, wenn sie in direktem Kontakt mit dem Endverbraucher stehen. So fördern von den befragten Unternehmen z.B. BASF traditionell die Fotografie, BMW klassische Musik und Theater, Lufthansa moderne Kunst und VW Musik, wie etwa Udo Lindenbergs Atlantic Affairs. Ameco fördert dagegen keine Kultur, da dieses Unternehmen nur Geschäftskunden hat, wie Manfred Gärtner, ehemaliger Direktor für Finanzen, betont: Kultursponsoring ist bei uns nicht wirtschaftlich. Da ist es besser, bei den Kunden, die wir kennen, gezielt etwas zu machen. So unterstützt dieses Unternehmen im Rahmen seines Sozialsponsoring schon länger eine chinesische Schule, die mittlerweile auch seinen Namen trägt.

Hauptmotive der Sponsoren

Die Unternehmen möchten durch Sponsoring selbstverständlich nicht nur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als good corporate citizen nachkommen, sondern auch Imagewerbung betreiben und ihren Bekanntheitsgrad erhöhen, wie Andreas Kunz, BMW-Generalbevollmächtigter in China, herausstellt: Die Produkte der BMW Group sind bekannt, während die Chinesen über das Unternehmen BMW Group noch relativ wenig wissen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen ist zudem oft die Neigung des Hauptgeschäftsführers oder Generaldirektors ausschlaggebend, wenn es sich für ein Engagement im Kulturbereich entscheidet.

Zusätzlich spielt es eine Rolle, das Bild Deutschlands in China zu verändern: weg von Gemütlichkeit, Oktoberfest und Bayern, hin zu einem zeitgemäßeren Image von Modernität, Innovation und nachhaltigem Engagement. Sponsoringaktivitäten deutscher Unternehmen weisen daher zumeist eine deutsche Komponente auf: BMW hat im Herbst 2005 die Teilnahme des Staatstheaters Nürnberg am Beijing Music Festival mit der in China erstmaligen Gesamtaufführung von Richard Wagners Ring des Nibelungen finanziert. Sodann werden u.a. Konzertreisen chinesischer Orchester nach Deutschland gefördert oder Ausstellungen deutscher Künstler in China unterstützt. Die Volkswagen AG etwa ermöglichte eine Einzelausstellung der Hamburger Malerin Dorothea Chazal im Jahr 2001. Gesponsert werden auch Chinesen in China, die eine besondere Affinität zu Deutschland aufweisen, so z.B. die junge Regisseurin Cao Kefei, die von BMW Unterstützung erhielt. Multinational ausgerichtete Konzerne allerdings legen zusätzlich großen Wert auf nicht-deutschlandbezogene Aktivitäten. Sie wollen deutlich machen, dass sie sich in jedem Kulturkreis zu Hause fühlen.

Die Gesponserten

Die Befragung potentieller Förderempfänger mit besonderem kulturellen Auftrag wie der Deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut hat ergeben, dass diese kaum Sponsorengelder einwerben. Das Goethe-Institut ist noch in der Lage, seine Aktivitäten aus dem eigenen Haushalt finanzieren zu können. MINI ist Hauptsponsor der von Logistix in Peking, Shanghai und Kanton im Oktober 2005 veranstalteten Club Nights mit den Berliner DJs monosurround. Botschaft oder Deutsche Botschaftsschule werden allerdings von Unternehmen gefördert. Diese Aktivitäten gelten jedoch nicht als reguläres Sponsoring, da sie der Beziehungspflege dienen und sich nicht an die eigentlichen Zielgruppen richten, die chinesischen Konsumenten. Jörg Wuttke, Generalbevollmächtigter von BASF, charakterisiert dieses Engagement daher als Familiensache. Dagegen akquiriert die Eventagentur Logistix, die neben ihrem Hauptgeschäftsfeld der Corporate Events auch hobbymäßig kulturelle Projekte auf die Beine stellt, umfassende Sponsoringleistungen. Volkswagen fördert z.B. den Talentwettbewerb für Nachwuchsmusiker Ear to the Ground.

Kultursponsoring und Luxusgüter

Die Zukunft des Kultursponsorings in Peking hängt sehr eng mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen: In China sucht vor allem die wachsende Mittelschicht nach dem eigenen Lebensstil, der sich aufgrund ihrer hohen Kaufkraft über den Konsum, insbesondere von Markenartikeln, definiert. So ist es nicht ungewöhnlich, dass teuere Autos, Wohnungen und andere Edelprodukte von diesen Konsumenten gekauft werden. Auch wenn die hohe Nachfrage durchaus mit den vergleichsweise niedrigen Preisen zusammenhängt, werden Luxusgüter ganz im Sinne eines Snob-Effekts erworben: Man zeigt, was man hat und wer man ist. Status hat schon immer einen besonderen Stellenwert in ostasiatischen Gesellschaften eingenommen und so verwundert es nicht, dass die Volksrepublik derzeit der drittgrößte Markt für Luxusmarken ist.

Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, wenn durch Kultursponsoring eine Loyalität zu Marken und Unternehmen aufgebaut wird. Als Beispiel aus Deutschland führt Udo Hoffmann von Logistix sein erstes Rockkonzert an, von dem in seiner Erinnerung nicht nur die Musik und die Atmosphäre haften geblieben sei, sondern auch der Name des Sponsors. Eine vergleichbare Wirkung könnte die von Mini Cooper unterstützte House Night mit den deutschen Disco Boys auf die chinesischen Gäste gehabt haben.

Kurz & knapp

300.000 Dollarmillionäre gibt es inzwischen in der Volksrepublik China. Dass sie empfänglich für Botschaften des Kultursponsoring sind, führt zu einer Zunahme entsprechender Aktivitäten auch deutscher Unternehmen. Ein qualitativ hochwertiges Kultursponsoring wird als wirksame Ergänzung zu allgemeinen Werbeaktivitäten verstanden. Allerdings wird Kultursponsoring auf die urbanen Zentren des Landes beschränkt bleiben.


Dieser Beitrag wurde uns freundlicherweise von der Zeitschrift Stiftung & Sponsoring zur Verfügung gestellt.
Der Artikel erschien in Ausgabe 3 / 2006.


SASCHA PRIEWE war in der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft in Peking tätig und hat anschließend an der Beijing University of Technology Chinesisch studiert. Zur Zeit studiert er Kulturmanagement an der Fernuniversität Hagen und Chinesische Archäologie und Kunstgeschichte an der School of Oriental and African Studies, London.
 

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