Stiftung Preußische Schlösser und Gärten
Wirtschaften im Welterbe
Dr. Heinz Buri zeigt, wie man die 36 einzelne Objekte der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) professionell, individuell und ökonomisch erfolgreich vermarktet.
"Unser Produkt ist die Marke", zeigt sich der Marketingdirektor der SPSG überzeugt. Ein einzelnes Produkt ließe sich ohnehin im Portfolio dieser 1995 gegründeten Stiftung schwer ausmachen, auch wenn das Schloss Sanssouci für viele der Diamant unter den vielen Edelsteinen des Preussisches Kulturerbes ist. Doch es gehört ein ausgefeiltes Management dazu, ca. 300 historische Gebäude und 750 Hektar Gartenfläche individuell zu vermarkten und außerdem Eigeneinnahmen zu generieren. Heinz Buri wiederholt gebetsmühlenartig, das Marketing habe einen wirtschaftlichen Auftrag. Wer ihm zuhört, wird nie wieder Marketing mit PR verwechseln.
Vom Erfindungsreichtum modernen Marketings
Bei der Erfindung und Maximierung wertschöpfender Bereiche zeigt sich wohl kein anderer deutscher Kulturbetrieb so erfinderisch wie die Preussische Schlösserstiftung: Parkraumbewirtschaftung, Werbung, Merchandizing, Gastronomie. Nicht zu vergessen den Bereich Meetings, Incentives, Conventions und Events - kurz MICE. Schließlich sind gerade Schlösser für geschäftliche Anlässe hervorragend geeignet. Kein Wunder, dass auch ein 40-seitiger Sales Guide für Tourismusexperten mit genauesten Angaben der Angebote und Konditionen erhältlich ist. Das reicht vom Casino im Schloss Glienicke mit 14 Personen bis zum 2200 Gäste fassenden Mopkebereich am Neuen Palais. Inzwischen erzielt die Stiftung Eigeneinnahmen von 15 Millionen Euro - nicht zuletzt durch die Aktivitäten der Marketingabteilung. Eine beachtliche Summe bei einem Jahresbudget von 50 Millionen - ohne bauliche Investitionssummen. Diese Vermarktung verkommt dennoch nicht zum Selbstzweck. "Jeder Euro im Marketing vergrößert die Spielräume der anderen Bereiche", beschreibt Dr. Buri die dienende Funktion seines Aufgabenbereichs. Damit lässt sich den bekannten Vorbehalten der Museumsleute und Denkmalschützer zur Vermarktung der Räume und Kunstschätze besser entgegentreten, ja sie davon überzeugen, dass es ihnen selbst zugute kommt. Im übrigen sind die Nutzungsarten mit der Denkmalpflege genauestens abgestimmt.
Kulturtouristische Nachfrage
Angesichts der Vielzahl von Kulturschätzen in der Region ist die Schaffung einer zusätzlichen Nachfrage durch Besucher außerhalb Potsdams und Berlins geradezu existienziell. Doch womit wirbt man? "Tourismus ist ungerecht", gibt sich Heinz Buri realistisch, und konzentriert die Außenwerbung auf die großen, von weit her sichtbaren Leuchttürme der SPSG. Als ehemaliger Kulturbeauftragter von Berlin-Tourismus weiß er genau, dass sich angesichts von allein 1500 Veranstaltungen pro Tag in der Hauptstadt nur ein Bruchteil überregional oder gar international vermarkten lässt. Deren Wirkung wird kontinuierlich evaluiert. Hier hilft das Piloprojekt Kulmon, an dem sich auch zahlreiche andere tourismusaffine Museen, Theater und Konzerthäuser der Region beteiligen. Erfasst werden dabei Gäste- und Bewegungsprofile, Vertriebswege sowie die Kundenzufriedenheit und Servicequalität. Die Ergebnisse geben beispielsweise Auskunft darüber, ob sich die Platzierung spezieller Broschüren für Angebote der Stiftung gelohnt haben.
Von Easyjettern und Hedonisten
Vor 5 Jahren ergab eine Evaluierung, dass die Übernachtungszahlen spanischer Touristen in Berlin gestiegen waren - um signifikante 39,4 %. Die Ursachenforschung ergab, dass es neue Flugangebote aus dieser Region nach Berlin gab, die sich lebhafter Nachfrage erfreuten. Diese Easyjetter sind freilich eine schwer zu berechnende Klientel im Tourismusgeschäft, buchen diese doch meist nur den Flug und informieren sich erst vor Ort über konkrete Freizeitangebote. Hier als Kulturanbieter zu punkten, stellt insofern eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Doch die Lösung ist einfacher als man glaubt. Man setzt bei der SPSG auf kraftvolle Bilder mit Schloss und Park Sanssouci als gesamte Kunstlandschaft und präsentiert dies wirkungsvoll im öffentlichen Raum: WALL-Citylights an den Berliner Flughäfen und Buswerbung auf den attraktiven Berliner Linien 100 und 200. Im Luisenjahr 2010 wurden einfallsreiche Kampagnen lanciert, die gekonnt mit dem Mythos der einst so beliebten Königin spielten und zeitgemäße Slogans wählten: Miss Preussen, Working Mom oder Fashion Victim. Nicht zufällig sprechen solche Geschichten und Motive den Genussmenschen an. Die hedonistische Orientierung moderner Gesellschaften ist längst vom Marketing erkannt worden.
Friederisiko
Noch ausgefeilter scheint das Marketing der SPSG in diesem Jahr anzusetzen, wo alles auf Friedrich den Großen und die preussische Geschichte zugeschnitten ist. Die Bereitschaft zum Risiko war ein wesentlicher Charakterzug des Preussenkönigs, den sich nun das Marketing ganz im Sinne modernen Storytellings zunutze macht. "Friederisiko" beherrschte wochenlang nicht nur die Werbung, sondern auch die Medien. Man erinnert sich noch an die Titelstories bei SPIEGEL und STERN. Schließlich soll das größte und bedeutendste Ausstellungsprojekt der Stiftung mit einem Finanzvolumen von 6 Millionen Euro auch ein Erfolg werden. In diesen Tagen wird im Neuen Palais der 200.000 Besucher erwartet. Es ist nicht zuletzt aufgrund des aufwändigen Marketings davon auszugehen, dass die Stiftung ihre mit dieser Ausstellung verbundenen Ziele einmal mehr erreicht. Denn im Gegensatz zu Friedrich dem Großen geht ihr Marketingchef Buri ungern ein Risiko ein.
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