15.08.2019

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Interview mit dem neuen Vorstand des Fachverband Kulturmanagement

Repräsentativität durch Vorbilder

Einen Verband ehrenamtlich zu leiten und zu entwickeln, ist eine schwierige Aufgabe. Dies gilt umso mehr für den Fachverband Kulturmanagement, denn dieser repräsentiert ein diverses und noch junges Forschungsfeld, das sich zudem sehr schnell verändert. Wir haben mit dem im Januar 2019 gewählten Vorstand darüber gesprochen, wie der Fachverband in den nächsten Jahren auf diese Veränderungen reagieren sollte und möchte.
KMN: Zum ersten Mal besteht der Vorstand des Fachverbandes Kulturmanagement nur aus Frauen. Was bedeutet das für euch? 
 
Dagmar Abfalter: Ich denke, das ist ein starkes Zeichen dafür, wie sehr sich Frauen in den letzten Jahren im Verband engagiert haben. Ich persönlich freue mich sehr, dass wir ein reines Frauenteam sind, und habe das Gefühl, dass wir vor allem in der Kommunikation und Zusammenarbeit sehr gut miteinander arbeiten. Aber das muss natürlich nicht daran liegen, dass wir nur Frauen sind. 
 
Leticia Labaronne: Wenn man sich die Zahlen anschaut, sind zumindest hier in der Schweiz zu 80 Prozent Frauen in den Kulturmanagement-Studiengängen. Aber es sind nach wie vor oft Männer, die im Kulturbereich und in den Studiengängen Leitungspositionen innehaben. Insofern repräsentieren wir nicht nur die gut etablierte Basis des Feldes, sondern auch alle, die im Kulturmanagement tätig sind. Dabei würde ich das Thema Diversität nicht nur auf Gender beziehen, sondern auf unsere gesamte Zusammensetzung als Vorstand: Wir haben im akademischen Bereich tätige Personen von Universitäten und Fachhochschulen und solche, die wissenschaftlich tätig sind im Bereich Kulturberatung und damit an der Schnittstelle zur Praxis. Wir setzen uns aus Menschen mit verschiedenen disziplinären und geografischen Backgrounds zusammen. Und wir repräsentieren die drei Länder, für die der Fachverband steht: Deutschland, Österreich und die Schweiz. 
 
Anke Schad-Spindler: Ich würde es auch als Schritt in Richtung mehr Diversität im Fachverband sehen und unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen zu repräsentieren. Das heißt für den Fachverband, der ja ein Spiegelbild der Wissenschaft ist, dass es da noch mangelt an Menschen mit einem anderen Hintergrund - sei es Arbeiterkind oder jemand mit Migrationserfahrungen und so weiter. Für solche Personen ist es noch schwieriger, in der Wissenschaft zu arbeiten. Als Frauen haben wir schon einige Privilegien, die andere gesellschaftliche Gruppen noch nicht haben. 
 
Vera Allmanritter: Es hat auch etwas mit Empowerment zu tun. Viele meiner weiblichen Studierenden sind sehr jung. Dass man solche Positionen als Frau besetzen kann und dass es Sinn macht, so etwas anzustreben, kann man ihnen nur aufzuzeigen, indem Frauen repräsentativ im Vorstand tätig sind. Ich finde es schön, dass wir dem Nachwuchs die Message übermitteln: Ihr seid vor allem weiblich, erkämpft euch euren Platz!
 
KMN: Und glaubt ihr andersherum, dass eure Arbeit als Vorstand vielleicht anders bewertet wird, weil ihr nur Frauen seid? 
 
Leticia Labaronne: Ich hoffe nicht. Ich denke, dass unsere Arbeit darüber bewertet wird, was wir tatsächlich für den Verband erreichen. 
 
Vera Allmanritter: Ich glaube, es wird stärker beobachtet, weil es ungewöhnlich ist. 
 
Nina Tessa Zahner: Ich habe bisher nicht mitbekommen, dass jemand unsere Wahl schwierig fände. Ich weiß allerdings, dass das Thema allgemein problematisch insofern ist, als man beispielsweise bei Stellenbesetzungen an Instituten versucht, nicht nur Frauen auf diese Stellen zu setzen, weil damit eine Abwertung der Stelle einhergeht. Das sagt sehr viel darüber aus, welche Stellung Frauen in der Wissenschaft zugesprochen wird. Ich glaube aber nicht, dass es innerhalb des Verbandes ein Problem ist. 
 
Dagmar Abfalter: Wir sind ja nicht nur Frauen, wir stehen auch für bestimmte Haltungen und besetzen unterschiedliche Positionen auf der Karriereleiter. Der Grund, warum wir in der Mitgliederversammlung gewählt wurden, war, wenn ich das richtig interpretiere, ein Wunsch nach Veränderung. Deshalb glaube ich schon, dass wir anders beobachtet werden, aber vielleicht weniger, weil wir Frauen sind, sondern aus der Hoffnung, dass sich Dinge ändern. 
 
KMN: Wenn ihr also gewählt wurdet, weil die Mitglieder Veränderungen wollen, welche neuen Themen stehen auf eurer To-do-Liste?
 
Dagmar Abfalter: Da steht vieles: Fragen der Forschung, der Internationalisierung und vor allem des Dialogs. Einerseits zu den Mitgliedern und andererseits im Hinblick auf die Praxis, weil wir das Gefühl haben, dass der Fachverband sich noch mehr öffnen kann. Er wird als sehr verwissenschaftlicht wahrgenommen und als Verband für Personen aus wissenschaftlichen Institutionen. Da möchten wir gern sowohl die nationalen als auch die institutionellen Grenzen mehr öffnen. 
 
Vera Allmanritter: Ich glaube, wir haben alle ein sehr weites Verständnis von Expertentum. Wir sehen uns nicht als DIE Experten, die jemand anderem erklären, wie die Welt funktioniert, sondern eher als Versammlung verschiedenster Expertisen, die sich auf Augenhöhe treffen. Das wir hier etwas ändern wollen, merkt man schon an der nächsten Jahrestagung: Wir haben ein Thema gewählt, das nicht explizit abdeckt, was wir selbst als Forschung mitbringen, sondern was wir prinzipiell wichtig und richtig finden für den Kulturbereich. Das hat für mich viel mit einer grundlegenden Haltung zu tun und ich glaube, dieses Dialog-Prinzip zieht sich generell durch. Zum Beispiel versuchen wir, die Praxis stärker anzusprechen mit den Formulierungen in den Call for Papers. Das sind Nuancen, die im Gesamtzusammenspiel etwas bedeuten, eine Habitus-Veränderungen, sich auf thematischer und menschlicher Ebene mit Aspekten zu beschäftigen, die disziplinär "querer" liegen als das bislang der Fall war. 
 
Leticia Labaronne: Uns ist es außerdem sehr wichtig, die Nachwuchsförderung weiter zu intensivieren und an die Arbeit des vorherigen Vorstandes anzuknüpfen. Als erste Maßnahme haben wir zum Beispiel in den letzten Jahren das PhD-Kolloquium im Rahmen der Jahrestagung für Masterstudenten geöffnet, die forschungsorientiert bzw. -interessiert sind. Das hat sehr gut funktioniert. Wir haben dadurch nicht nur Doktorand*innen von Kulturmanagement-Professor*innen erreicht, sondern auch Promovierende, die zum Kulturmanagement forschen, aber deren Doktormütter oder -väter nicht unmittelbar in der Kultur angesiedelt sind. 
 
Anke Schad-Spindler: Ich glaube, dass es in der Etablierungsphase des Fachverbands wichtig war, das akademische Arbeiten zu betonen, sich abzugrenzen von Personen, die sich im Berufsleben als Kulturmanager*in verstehen, und einen traditionellen wissenschaftlichen Zugang mit entsprechenden Kriterien, Methoden usw. zu etablieren. Aber der Verband ist inzwischen soweit stabilisiert, dass wir fragen können: Wie kann man das Ganze wieder dynamischer machen, auch im Sinne von neuen Formaten? Wenn man sich die Jahrestagungen anschaut, dann waren sie bisher meist ein wissenschaftliches Kräftemessen, jeder präsentiert ein Paper und es gibt nur fünf Minuten für schnelle Diskussionen. Nächstes Jahr gibt es das erste Mal ein Format, bei dem die Wissenschaft sozusagen "gegrillt" wird von Personen aus der Praxis, also kritisch hinterfragt: Wie arbeitet ihr? Wie lässt sich eure Forschung in der Praxis anwenden? Das ist ein Beispiel dafür, dass wir über Innovationen nachdenken, über Formate und neue Methoden der Zusammenarbeit zwischen Praxis und Theorie. Wir wollen zeigen, dass das sehr fluide sein kann und dass es nicht mehr diese klaren Grenzziehungen braucht. Das auszuprobieren heißt auch, dass es mal schiefgehen darf. So kommt Innovation ins Feld, nicht über neue Technologien, sondern über Methodik. Ich glaube, dass es das braucht, aber in einem wertschätzenden Rahmen. Kritik muss erlaubt sein, aber natürlich muss man sich gegenseitig respektieren. 
 
KMN: Im Vorgespräch sagte mir Leticia, dass ihr aktuelle Themen stärker in den Mittelpunkt stellen wollt. Sind das Tagungsthema und der Call for Papers Beispiele dafür, was ihr damit meint? 
 
Dagmar Abfalter: Genau, die letzte und die kommende Tagung des Fachverbands verbindet, dass sie aktuelle gesellschaftliche Themen diskutieren, die nicht explizit aus der Kulturmanagement-Forschung kommen, sondern die interdisziplinär im Raum stehen, die man aus verschiedensten Perspektiven beantworten kann und bei denen wir versuchen, sie stärker in unseren Fachdiskurs hineinzubringen. Ich persönlich finde das sehr fruchtbar, weil sich die Kulturmanagement-Forschung häufig um dieselben Themen aus immer wieder ähnlichen Perspektiven dreht. Ich glaube, dass eine interdisziplinäre Betrachtung und das Einladen von Menschen aus anderen Disziplinen im Dialog uns auch ermöglicht, methodisch weiterzukommen. 
 
Vera Allmanritter: Die Themen der Jahrestagung der letzten Jahre haben noch etwas gezeigt, dass wir verstärken wollen: Neue Themen werden oft gleichzeitig von verschiedenen Seiten angeforscht, aber nicht zusammengebracht. Dazu kann ich im Bereich Publikumsforschung etwas sagen: Deren Relevanz hat inzwischen fast jeder verstanden. Aber die wenigsten Kulturinstitutionen haben eine Datenstrategie, Einzelprojekte werden nicht zusammengeführt und es gibt zum Beispiel keinen Austausch darüber, wie Fragebögen aussehen. Das wäre aber klug, um Vergleichbarkeit herzustellen. Auch, andere Datenquellen etwa aus dem Tourismusbereich oder aus dem Netz zu nutzen. Das zusammenzuführen im Rahmen einer Tagung kann sehr geschickt sein, um Leerstellen aufzudecken und dann systematisch zu versuchen, diese zu füllen und zwar gemeinschaftlich an möglichst vielen Orten zeitgleich. Außerdem eignet sich eine Tagung sehr gut, solche Ergebnisse in die Praxis zu geben, damit dort nicht Ideen, die in der Forschung längst widerlegt sind, immer wieder neu diskutiert werden. Das Problem daran ist, nicht nur im Fachverband, dass man auf jeder Tagung ein neues Thema setzt und es keine Stelle gibt, an der die Sammlung dazu auch danach weiterläuft. 
 
Dagmar Abfalter: Was wir nicht vergessen sollten: Das jeweilige Thema wird natürlich immer auch ein Special Issue der Zeitschrift des Fachverbands. Darin werden nicht nur Beiträge aus der Konferenz veröffentlicht, sondern der Call ist immer offen. 
 
Leticia Labaronne: Ich würde diese aktuellen Ansätze, von denen wir sprechen, gern verknüpfen mit Internationalisierung und Interdisziplinarität. Ich denke, dass es heute auch ein Hauptanliegen des Fachverbandes sein muss, aus der Kultur heraus etwas zu anderen Disziplinen beizutragen. Vielleicht ist der Unterschied zu den letzten Jahren einfach eine Formulierungsfrage. Es geht uns nicht mehr nur um aktuelle Themen AUS dem Kulturmanagement-Bereich, sondern um solche, die FÜR das Kulturmanagement relevant sind. 
 
Nina Tessa Zahner: Was wir mit dieser Jahrestagung 2020 versuchen, ist die Interdisziplinarität zu verbreitern und unterschiedliche Workshops zu spezifischen Themenschwerpunkten anzubieten, in denen Menschen aus verschiedenen Gruppen zusammenkommen. Denn das ist eigentlich das Tolle an dem Fachverband, dass darin Leute aktiv sind, die aus unterschiedlichsten Hintergründen kommen. Und diese zusammen zu bekommen, um verschiedene Themen zu diskutieren, darin sehe ich ein großes Potenzial. 
 
KMN: Wie versteht ihr Internationalisierung in diesem Kontext?
 
Leticia Labaronne: Das meint nicht nur den DACH-Raum oder dass man mal zu einer internationalen Tagung fährt, sondern dass man aus relevanten Themen zum Beispiel aus der Managementforschung oder Soziologie etwas übernimmt und dabei auch über den deutschsprachigen Raum hinausschaut auf Ansätze oder Themen, die bei uns noch eine zu kleine Rolle spielen, aber eigentlich höchst aktuell sind. 
 
Vera Allmanritter: Gesellschaftliche und parteipolitische Prozesse beeinflussen unser Handeln im Kulturmanagement sehr stark. Entsprechend machen die Themen, die wir auf dem Schirm haben, vor Grenzverletzung kein Halt. Digitalisierung oder Diversität sind zum Beispiel kein Phänomen des deutschsprachigen Raumes. Wir leben im globalisierten Zeitalter. Auch der Kulturbereich im deutschsprachigen Raum kommt nicht darum herum, sich mit solchen Dingen auseinander zu setzen, seien es internationale Projekte, seien es Menschen aus anderen Ländern, die bei uns arbeiten, oder wir in anderen Ländern - zumal wir da in manchen Bereichen, das muss man einfach so sagen, thematisch hinterher sind. 
 
Dagmar Abfalter: Eine internationale Öffnung ist eine Möglichkeit, sich thematisch, methodisch und in Hinblick auf Beispiele weiterzuentwickeln. In der Praxis heißt das, dass wir uns im Moment sehr aktiv auf verschiedenen internationalen Konferenzen bewegen, beispielsweise die AIMAC in Venedig oder die EURAM in Lissabon. Die Konferenz der ESA, der European Sociological Association, wird 2020 mit der Fachverbandstagung kooperieren. Wir versuchen, mit den Partner-Communities in einen stärkenden Austausch zu gehen und dort eine Plattform zu haben, die unsere Themen zeigt. Zudem haben wir uns vorgenommen, bei den großen internationalen Tagungen hin und wieder einen eigenen Track des Fachverbands zu initiieren. Das wäre auch eine Möglichkeit, um interessante Ergebnisse aus dem deutschsprachigen Raum im internationalen Diskurs zu platzieren. 
 
Anke Schad-Spindler: Für mich ist eine Problematik, dass international oft mit anglophon gleichgesetzt wird und dass gerade im Kulturmanagement die Historie sehr geprägt wurde von den USA, England und so weiter. Aber schon Europa umfasst viel mehr Sprachen und Kontexte. Oft ist es schwierig, zu erfahren, welche Managementkonzepte in nicht-englischen Ländern verwendet werden, auf welche Referenzen die sich beziehen usw. Wir müssten also ein Stück weit wegkommen von dieser Orientierung in Richtung englischsprachig, sondern schauen, wie wir mit Ländern in Europa und darüber hinaus besser zusammenarbeiten könnten. 
 
Nina Tessa Zahner: Ich habe längere Zeit den ESA-Stream zu Kulturmanagement mitorganisiert und fand es sehr auffällig, wie unterschiedlich die Konzepte und Vorstellungen von Kulturmanagement sind. Wenn wir über ein bestimmtes Thema reden, wissen wir zudem oft gar nicht, wie die Problemlagen in den unterschiedlichen Ländern sind. Ich war zum Beispiel mit einer Gruppe Studis bei einer Tagung in Rumänien und das war unheimlich Augen öffnend. So etwas würde ich mir wünschen: Dass wir es schaffen, mehr junge Leute zu integrieren. Das Doktoranden-Kolloquium läuft zwar gut und wir haben mit dem letzten Vorstand eine studentische Mitgliedschaft eingeführt. Ich fände es aber schön, wenn auch auf dieser studentischen Ebene eine Internationalisierung stattfände. Da müssen wir mit den Nachwuchsorganisation besser in Kontakt kommen. 
 
Vera Allmanritter: Für mich zeigt das alles eine grundsätzliche Änderung der letzten zehn Jahre: Dass man in allen Bereichen mehr zum Thema Austausch kommt, mehr kooperativ arbeitet usw., sodass man nicht mehr an mehreren Stellen - zum Teil weltweit - an den gleichen Fragen arbeitet, aber nie voneinander gehört hat, sondern verschiedene Forschungen zum gleichen Thema zusammenzubringt und mehr über den Tellerrand guckt. Dem Austausch dazu muss man einen Rahmen geben jenseits von Einzelpersonen. 
 
Dagmar Abfalter: Internationalisierung ist in gewissem Sinne natürlich auch eine Pragmatik. Wenn wir an unseren wissenschaftlichen Nachwuchs denken, muss der sich international bewegen. Die Zeiten, in denen man mit ein paar deutschsprachigen Beiträgen eine wissenschaftliche Karriere machen konnte, sind vorbei. Mit der internationalen Öffnung, mit Tagungsformaten in englischer Sprache usw. legen wir auch eine Schiene, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. 
 
KMN: Das Thema Nachwuchsförderung stand bereits beim letzten Vorstand oben auf der Liste. Welche Aspekte dieses Thema sind euch besonders wichtig? Und was sind eure Ziele? 
 
Leticia Labaronne: Schon seit dem letzten Vorstand war es uns sehr wichtig, das PhD-Kolloquium im Rahmen der Jahrestagung größer zu machen und Kulturmanagement-verwandte Fragestellungen aus anderen Disziplinen zu integrieren. So können wir eine Vernetzungsplattform nicht nur für Doktorand*innen, sondern für alle bieten, die im Kulturmanagement forschen. Außerdem möchten wir die studentischen Mitgliedschaften ausbauen. Und wir haben eine Facebook-Gruppe für Young Academics. Das Konzept dahinter ist Peer-to-peer. Sie wird also nicht nur vom Vorstand betreut, sondern durch die Community selbst verwaltet. Und schließlich waren bisher kaum nicht-Professor*innen im Vorstand. Dass das jetzt so ist, signalisiert, wie wichtig der Nachwuchs und der Mittelbau und zum Beispiel auch externe Doktorand*innen sind. 
 
Anke Schad-Spindler: Ich sehe da auch noch Luft nach oben. Wir haben 2016 schon einmal ein Sommertreffen pilotiert, bei dem wir als Nachwuchs uns über Methoden ausgetauscht haben. Das war im informellen Rahmen, aber sehr gut und da sehe ich Potenzial, so etwas zu etablieren - einmal im Jahr ein Methodentreffen für PhDs und darüber hinaus oder Treffen, bei denen man über neue Kollaborationsprojekte nachdenkt. Es sind viele junge Forscher*innen auf Drittmittelprojekte angewiesen und brauchen Zusammenarbeit. 
 
Nina Tessa Zahner: Ich denke, dass es noch Raum gibt, um den Mittelbau anzusprechen und zu versuchen, die Leute zu vernetzen. Ich hoffe, dass wir das über eine persönliche Ansprache der Mitglieder besser hinbekommen und damit auch zu einer Verjüngung kommen. Wir haben eine Menge damit zu tun, mit allen persönlich in Kontakt zu treten, aber davon erhoffe ich mir eine Aktivierung auf unterschiedlichen Ebenen. 
 
KMN: Ist die interne Kommunikation mit den Verbandsmitgliedern ein wichtiges Thema für euch? Und wie steht es um die externe Kommunikation mit potenziellen Mitgliedern? 
 
Dagmar Abfalter: Erst einmal setzen wir die Kommunikationsmittel teilweise neu auf. Wir möchten die Webseite umgestalten, informativer und schlanker. Wir werden im Dreimonatsrhythmus einen Newsletter an unsere aktuellen Mitglieder verschicken, in dem diese verstärkt auch ihre Anliegen oder Themen einbringen können. Im Moment sind wir außerdem dabei, den Kreis der Mitglieder zu erweitern, auch wieder über die Teilnahme an Konferenzen und persönliche Gespräche. 
 
Nina Tessa Zahner: Unsere nächste Zielsetzung ist, sehr konkret in persönlichen Kontakt mit den Mitgliedern zu treten und die Menschen in den Mitgliedsinstituten und -organisationen besser einzubinden. Wir haben festgestellt, dass unsere Kommunikation meist innerhalb der Institute nicht bei den einzelnen Personen ankommt. Die aktuelle Kommunikation ist uns außerdem zu eindimensional: Wir kommunizieren raus und bekommen eigentlich kaum Rückmeldungen. Wir hätten gern mehr Dialog und würden die Mitglieder gern besser kennen. 
 
Anke Schad-Spindler: Das Problem ist, dass wir einerseits die Mitglieder haben und andererseits Externe, die sich aber dafür interessieren, was der Fachverband macht. Da haben wir natürlich ein Interesse, dass die unsere Infos bekommen, aber von denen wir auch glauben, dass sie Informationen haben, die wiederum für den Verband interessant sind. Insgesamt wäre das Ziel, dass wir eine Plattform etablieren, und dabei ist die Facebook-Gruppe nur eine Möglichkeit, um mehr Austausch zu generieren. Aber alle Technologien haben natürlich Vor und Nachteile. Wir sind deshalb auf der Suche nach dem richtigen Tool, aber der persönliche Zugang ist oft einfach das A und O. 
 
Vera Allmanritter: Die AG Empirie veranstaltet dieses Jahr ihren dritten Workshop. Das ist ein ganz klassisches Theorie-Praxis-Format auf Augenhöhe und von den ersten zwei Veranstaltungen kann ich sagen, dass daran auch immer viele nicht-Mitglieder teilnehmen. Ich glaube, dass die Praktiker*innen lange das Gefühl hatten, dass Forschung im Kulturmanagement - und der Fachverband heißt nun mal Verband für Forschende und Lehrende - relativ weit weg ist von dem ist, was sie tun. Wenn man Mitglieder gewinnen möchte aus diesem Bereich - denn auch in Museen etc. wird wissenschaftlich gearbeitet - muss man langfristig da sein, wo sich diese Menschen thematisch bewegen, und sich mit ihnen auf eine Art austauschen, die das Gefühl vermittelt, dass man gemeinschaftlich an Themen sitzt. Das finde ich wichtig, denn der Fokus lag immer ganz stark auf denjenigen, die in den Hochschulen arbeiten. Das kann man nur langfristig ändern, indem man zeigt, dass es eine Öffnung gibt, indem man eine Einladung ausspricht und zeigt, dass man an Austausch interessiert ist.  
 
Nina Tessa Zahner: Insgesamt würden wir gern ein Selbstverständnis des Fachverbandes etablieren, das den Verband als Kommunikationsplattform sieht, die interdisziplinär aufgestellt und nicht mehr so stark akademisch eingeschränkt ist. Eine Plattform zur Mitgestaltung der Kulturlandschaft in Europa. Das wäre perspektivisch eine Vorstellung weg von einem Verband mit einem Vorstand, der entscheidet, sondern dialogischer hin zu einem Verband, in den die Mitglieder reinspiegeln können, welche Thema sie interessieren, zu was sie sich mal einen Workshop oder eine Vernetzung wünschen. Eine Plattform, die etwas Internationales hat, etwas Altersübergreifendes und die integrativ gedacht ist. Das ist eine Zukunftsvision, die wir alle teilen. 
 
Das Interview führte Kristin Oswald.
 
Ausführliche Informationen zu den fünf Vorstandsmitgliedern gibt es hier.

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