21.12.2012

Autor*in

Wolfgang Böhler
Kommentar

Kunst und Kultur geraten ins Hintertreffen

Das Schweizer Bundesamt für Statistik (BfS) hat die jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandprodukt (BIP) der Kantone veröffentlicht. 2010 ists überall aufwärts gegangen, am meisten in der Provinz, nämlich in Schaffhausen, Appenzell Innerhoden und Nidwalden, in Zürich am wenigsten gibt uns das zu denken?
Der wirtschaftliche Beauty-Contest der Kantone interessiert uns aber weniger. Werfen wird aus diesem Anlass lieber einmal einen Blick auf die Daten in Sachen Kultur. Die sind beim BfS sogar noch aktueller: «Kunst, Unterhaltung, Erholung und sonstige Dienstleistungen» verzeichnen zwischen 2010 und 2011 (die Zahlen sind offiziell noch provisorisch) einen Rückgang der Bruttowertschöpfung (BWS) um 2,5 Prozent. Das ist der zweitgrösste Rückgang aller Branchen. Den grössten verzeichnet als Ausreisser mit -9,6 Prozent «Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden». Es handelt sich dabei aber auch um die kleinste der Branchen, immer noch zehnmal kleiner als Kunst, Unterhaltung und so weiter.

Wenn jemand von Kulturvernichtung sprechen will: Das sind die harten Fakten. Keine ernstzunehmende Branche blutet derzeit so wie die Kultur wirtschaftlich gesehen. Was die staatlichen Unterstützungsgelder angeht, gehts ja eher leicht bergwärts. Bis 2009 gabs allerdings auch wirtschaftlich jährliche Zuwächse, zum Teil happige, 2002 etwa 11,4 Prozent.

Deutlich Konjunktur haben 2010 Verkehr, Lagerei, Baugewerbe und der private Konsum, das sind die Branchen, in denen sich die potentesten Unternehmer tummeln, weils dort am meisten Geld zu machen gibt. Da gehts dann auch am ruppigsten zu. Its a Mans World.

A propos harte (körperliche) Arbeit: Mit der Landwirtschaft verbunden sind gerademal drei Prozent der Bevölkerung. Ihre BWS ist halb so gross wie diejenige von Kunst, Unterhaltung und so weiter. Die Wirtschaftsleistung der Branche liegt unter 1 Prozent. Die Bauern stellen aber 13 Prozent der Bundesparlamentarier. Man mag ihnen das gönnen, es geht hier nicht um ein Bauernbashing. Man muss bloss feststellen, dass die Kultur keinen einzigen direkten Vertreter im Parlament hat. Obwohl sie mehr Wertschöpfung bringt als manche Branche, die unter der Bundeshauskuppel sehr gut vertreten ist.

Das Bundesparlament ist drauf und dran, einen an mehreren Standorten anzusiedelnden Innovationspark aufzugleisen. Etwas zu sagen hatten dabei vor den Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur Vertreter der Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz VDK, von economiesuisse, Travail.Suisse und des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Da wäre nun eine Gelegenheit für den Dachverband Suisseculture oder den Verband Kreativwirtschaft, sich einzuklinken und dafür zu sorgen, dass auch die Kultur- und Kreativwirtschaft in einer solchen Schmiede künftiger wirtschaftlicher Prosperität Berücksichtigung fände. Bei Suisseculture scheint die Wirtschaftskompetenz aber (leider, leider) eher zweitrangig, und der Verband Kreativwirtschaft ist offenbar eine Totgeburt. Die Webseite ist seit Jahren eine verlassene Litfasssäule, und auch sonst hört man nichts von ihm.

Es ist übrigens schwierig, bei einer Onlinerecherche die Anteile der Kulturproduktion zu isolieren. Sie werden ganz dem Standard NOGA (Nomenclature Générale des Activités économiques) folgend zusammen mit Dienstleistungen wie Haareschneiden und Bestattungswesen, der Aktivitäten von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden, Reperaturen von Computerperipherie, Botanischen Gärten und Fitnesszentren aufgelistet. Das wirft ja auch ein Licht auf die Art, wie ökonomische Wissenschaften und Politik die Kultur sehen.

Ein Kommentar von Wolfgang Böhler, Chefredaktor des Online-Magazins codexflores.ch

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