13.05.2008
Rückblick Konferenzmesse Audience Development 2008

Die Kunst, neues Publikum zu gewinnen.

Vom 14.-16.2.2008 veranstaltete das Zentrum für Audience Development (ZAD) am Institut für Kultur- und Medienmanagement (IKM) der Freien Universität Berlin eine Konferenzmesse zum Thema "Audience Development oder Die Kunst, neues Publikum zu gewinnen" und brachte dabei auf vielseitige Art und Weise Wissenschaft und Praxis in einen Dialog.
Audience Development trifft den Nerv der Zeit und stellt zugleich eine zukunftssichernde und -gestaltende Herausforderung für jede Kulturinstitution dar. Das Überleben der traditionellen öffentlichen Kultureinrichtungen und die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz von Kunst und Kultur sind nicht allein eine Frage der zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen. Es zeigt sich immer mehr, dass Interesse, Verständnis, Engagement und Teilhabe der vorhandenen wie auch der potenziellen Publika ins Zentrum kultur- und gesellschaftspolitischer Aufmerksamkeit gerückt werden. Entsprechend stand der Besucher in seinen sozio-demografischen und milieuspezifischen Differenzierungen, mit seinen Bildungsansprüchen, Erwartungen, Bedürfnissen und Entwicklungsmöglichkeiten im Mittelpunkt der beiden Tage, die mit Vorträgen, Workshops und Messe-Präsentationen facettenreich angefüllt waren.

Mit der Messe wurde ein erster Querschnitt durch vorbildliche, stimulierende und nachahmenswerte Beispiele geboten. Die Vorträge spiegelten den internationalen Stand der Diskussion um Audience Development wider, und die Workshops stellten wichtige Einzelaspekte wie Besucherforschung oder Marketingstrategien verschiedener Kulturinstitutionen vor.

Als Referenten geladen waren Donna Walker-Kuhne (Geschäftsführerin Walker International Communications Group), Prof. Dr. Birgit Mandel (Professorin am Institut für Kulturpolitik, Stiftung Universität Hildesheim), Eija Liukkonen (Leiterin Besucherprogramme Finnish National Gallery), Dr. Ulrich Klopsch (Geschäftsführer Jüdisches Museum Berlin), Gerlinde Bendzuck (Geschäftsführerin Institut für KulturMarkt-Forschung), Achim Müller (Zentrum für Audience Development, Freie Universität Berlin), Ulrike Gießner-Bogner (Bereichsleiterin Kulturvermittlung, KulturKontakt Austria), Sewan Latchinian (Intendant Neue Bühne Senftenberg) und Anke Michaelis (Leiterin Marketing und Pressesprecherin, Staatstheater am Gärtnerplatz München). Anstelle des erkrankten Moritz van Dülmen (Geschäftsführer Kulturprojekte Berlin GmbH) referierte Barbara Meyer (Leiterin des Geschäftsbereichs Kulturelle Bildung, Kulturprojekte Berlin GmbH). Der Vortrag von Heike Stuckert (Leiterin Kinder- und Jugendprogramm, Bayerische Staatsoper München) entfiel krankheitsbedingt.

Im multimedialen Messebereich präsentierten folgende Institutionen ihre Best-Practice-Projekte:
Die brunnen.passage (Wien), das Jüdische Museum Berlin, Jugend im Museum e.V. (Berlin), die Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin, die Kölner Kinderoper, das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, die Pinakothek der Moderne (München), die Schlesische 27 (Berlin), das Staatstheater am Gärtnerplatz (München) und das Theater an der Parkaue (Berlin). Die Bayerische Staatsoper München war mit einem eigenen Internetpoint vertreten, der den Teilnehmern die Möglichkeit bot, die Kinderwebsite Maestro Margarini zu erkunden.

Ein interessiertes Publikum von über 120 Teilnehmenden aus Kulturverwaltung, Theater, Museum, Oper, Konzerthaus und Kulturstiftung besuchte die Konferenzmesse. Nach einer Begrüßung und einer kurzen Einführung durch Prof. Dr. Klaus Siebenhaar begann die Konferenzmesse mit einem Vortrag von Donna Walker Kuhne, Geschäftsführerin der Walker International Communications Group. In einem anschaulichen Vortrag berichtete sie aus 25 Jahren Erfahrung ihre Strategien der Publikumsgewinnung. Zuschauer und Besucher sind für Walker-Kuhne mehr als nur Konsumenten, sie sind Mitarbeiter bei einem kreativen Abenteuer. Unterschiedliche Bevölkerungsschichten und unterschiedliche Nationalitäten in Marketingstrategien einer Kulturinstitution zu integrieren sind für die amerikanische Audience-Development-Expertin eine Wissenschaft für sich.

In dem anschließenden Vortrag erläuterte Prof. Dr. Birgit Mandel vom Institut für Kulturpolitik der Stiftung Universität Hildesheim die Veränderungen in den Anbieter- und Nachfragerstrukturen des Kulturbetriebs, die auch in Deutschland das potentielle Kulturpublikum zunehmend zu einer strategischen Orientierungsgröße für Kulturpolitik und Kulturinstitutionen machen. Frau Prof. Mandel unterschied zwischen folgenden Strategien des Audience Development:

Servicestrategie, Aufmerksamkeitsstrategie, Markenstrategie, Eventstrategie, outreach Strategie, Vermittlungs-/Bildungsstrategie, Verbundenheitsstrategie. Sie verdeutlichte, dass ein nachhaltiges, kultur- und gesellschaftspolitisch motiviertes Audience Development über das Ziel hinaus geht, mehr Nachfrage für kulturelle Veranstaltungen zu schaffen. Es beziehe vielmehr die Perspektive der kulturellen Bildung ein, einem erweiterten Publikum neue Sichtweisen und Handlungsimpulse für das eigene Leben zugänglich zu machen und die Transformationskräfte der Künste in unterschiedlichste Bereiche der Gesellschaft zu integrieren.

In dem Workshop "Herausforderungen an ein zukunftsweisendes Kulturmanagement" wurde von Dr. Ulrich Klopsch, Geschäftsführer des Jüdischen Museums Berlin und Prof. Dr. Klaus Siebenhaar, bis Ende 2006 Leiter Marketing, Development & Services des Jüdischen Museums Berlin, die Konzeption des Jüdischen Museums Berlin im Zusammenspiel der Intention und des Auftrag des Museums, mit seiner Programmpolitik und dem differenzierten Pädagogikprogramm, den verschiedenen Maßnahmen der Besucherorientierung, sowie der Marketing- und Fundraisingstrategie des Hauses vorgestellt.

Am zweiten Tag der Konferenzmesse referierte Ulrike Gießner Bogner über die aktuellen kultur- und bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen in Österreich sowie die Tätigkeiten von KulturKontakt Austria. Dabei konzentrierte sie sich auf das erfolgreiche Projekt "Kultur auf Rädern" Dieses Kulturvermittlungsprogramm für Senioren arbeitet mit Keyworkern, d.h. beruflich oder ehrenamtlich tätigen Personen, die nicht an einer Kulturinstitution beschäftigt sind, sondern als VermittlerInnen zwischen der Institution und dem Publikum agieren. Sie verfügen über gleichsam zwei "Schlüssel": sie kennen die Kulturinstitution und die potenzielle Zielgruppe. Mit ihrem Wissen können sie das potentielle Publikum der Kunst und Kultur näher bringen.

Im Workshop "Theater für alle, aber nicht für jeden" berichtete der Intendant der Neuen Bühne Senftenberg, Sewan Latchinian, dem Publikum auf unterhaltsame Weise von den Herausforderungen, ein Theater zu leiten. Seit 2004 ist er Intendant am Theater Senftenberg, in einer Kleinstadt in Brandenburg, in der über die Hälfte der Einwohner Rentner oder Arbeitslose sind. Dennoch die Region hat ihr Theater als Kulturtempel entdeckt, die Auslastung liegt bei über 80 Prozent. 55 000 Zuschauer kamen in der letzten Spielzeit auch aus Dresden und Berlin.

In den Pausen nutzten die Teilnehmer und Referenten die Möglichkeit, sich an den Messeständen über die ausgewählten Best-Practice-Beispiele des Audience Development zu informieren. Hierfür präsentierten die Institutionen ihre Projekte u.a. auf Flatscreens. So zeigte die brunnen.passage Wien Aufnahmen ihrer aktuellen Tanzperformance. Seit Juni 2007 begegnen sich in der brunnen.passage Menschen der unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen, um unter der Leitung professioneller Künstler gemeinsam zu proben, produzieren, aufzuführen, und die Aufführungen/ Ausstellungen/Veranstaltungen anderer zu besuchen (Jung und Alt, Männer und Frauen und Kinder, Österreicher und Ausländer, Migranten, Menschen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit, Asylwerber, Akademiker, Nicht-Akademiker).

Das Jüdische Museum präsentierte seine Bildungskampagne "on.tour - Das JMB macht Schule". Ziel der Kampagne ist es, bei den Jugendlichen Interesse und Begeisterung für deutsch-jüdische Geschichte zu wecken und die Fähigkeit zu vorurteilsfreiem und kritischem Denken zu stärken. Seit Sommer 2007 geht das Jüdische Museum Berlin "on tour" und besucht weiterführende Schulen im gesamten Bundesgebiet. Auf dem Schulhof und in den Klassenzimmern können Schülerinnen und Schüler in einer mobilen Ausstellung und einem Workshop ihre Kenntnisse zur deutsch-jüdischen Geschichte vertiefen.

Die Messe wurde als Ort des Erfahrungsaustauschs und der Inspiration vom Publikum begeistert aufgenommen. Auch die Aussteller selber waren erfreut, ihre Projekte einem breitgefächerten Fachpublikum aus der Kultur vorstellen zu können.
 

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