02.04.2008
Fachverband Kulturmanagement e.V.
Autor*in
Birgit Mandel
ist seit 2019 Leiterin des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim und dort Professorin für den Bereich Kultur und Management sowie Kulturvermittlung.
Rückblick Tagund des Fachverbands Kulturmanagement 2008
Fit für die Praxis oder reif für die Theorie?
Ergebnisse der ersten Tagung des Fachverbandes für Kulturmanagement in Forschung und Lehre zum Thema "Forschungsansätze des Kulturmanagements" an der Universität Hildesheim
Am Wochenende 18./19.1.2008 fand an der Stiftung Universität Hildesheim die erste Tagung des Fachverbandes für Kulturmanagement in Forschung und Lehre zum Thema Forschungsansätze des Kulturmanagements statt. Konzipiert und geleitet wurde die Tagung von Dr. Birgit Mandel, die im Institut für Kulturpolitik den Studienbereich Kulturmanagement leitet mit Unterstützung durch Prof. Angela Koch von der Hochschule Heilbronn. Insgesamt waren 36 Wissenschaftler aus dem Bereich Kulturmanagement aus Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz angereist.
Nachdem Anfang der 90er Jahre diverse Tagungen im deutschsprachigen Raum sich mit Kulturmanagement befasst hatten, fast alle unter der Fragestellung, ob nicht das Kulturmanagement eine große Gefahr für die Kunst sei und damit eine Kommerzialisierung des gesamten Kultursektors einhergehe, hat sich Kulturmanagement inzwischen sowohl in der Praxis wie an den Hochschulen etabliert, und die Diskussionen haben einem höchst pragmatischen Umgang mit dem Thema Platz gemacht.
Kulturmanagement wurde in den vergangen Jahren vorwiegend als Unterdisziplin der Betriebswirtschaftslehre betrachtet, die das Ziel hat, Kulturbetriebe zu professionalisieren gemäß eines in ökonomischen Kontexten erprobten Sets von "tools" und Strategien. Aufgrund der Befürchtungen vieler Kulturschaffender, dass durch Kulturmanagement die Autonomie der Kunst bedroht und die Kommerzialisierung des Kultursektors vorangetrieben werden könne, wurde die Disziplin des Kulturmanagements in den wenigen vorhandenen Lehrbüchern sehr schnell auf eine dienende Funktion reduziert, die sich aus inhaltlichen Fragen heraushält. Diese impliziten Paradigmen des Kulturmanagements standen einer Etablierung als eigenständige wissenschaftliche Disziplin tendenziell im Weg.
Eines der Ziele des Fachverbandes für Kulturmangement besteht in der Stärkung des Kulturmanagements als Wissenschaftsdisziplin und der Etablierung eines eigenen Diskurses über Kulturmanagement, der mehr ist als die Einmischung in kulturpolitische, kulturästhetische oder kulturökonomische Diskussionen. Dabei geht es nicht mehr darum, ob Kulturmanagement überhaupt eine Berechtigung hat, sondern viel mehr um die Frage, was Kulturmanagement als Wissenschaftsdisziplin auszeichnet, was dessen aktuelle und zukünftige Forschungs-Themen sind und mit welchen Ansätzen Forschung in diesem Feld arbeitet.
Kulturmanagement wird an deutschen Hochschulen zur Zeit auf der Basis unterschiedlicher Ansätze gelehrt - abhängig von der Bezugs-Disziplin, aus der die Lehrenden genuin stammen, so zeigte eine Befragung unter Kulturmanagement-Lehrenden von Januar 2007. (vgl. Mandel, 2007, www.uni-hildesheim.de/institut für Kulturpolitik).Als Extreme lassen sich auf der einen Seite die stark geisteswissenschaftlich orientierten Studiengänge skizzieren, auf der anderen Seite die vorwiegend ökonomisch-betriebswirtschaftlich agierenden.
Die Mehrzahl der Studiengänge hat einen besonderen Schwerpunkt; so wird der Fokus etwa gelegt auf Bezugnahme zur Kulturpolitik, Kultursoziologie oder der kulturellen Sozialarbeit. Mit nur einer Ausnahme verfolgen alle in ihrem Curriculum jedoch einen generalistischen Ausbildungsansatz, der ein weites Spektrum von Kulturmanagementkompetenzen herausbilden will. Als wichtigste Bezugswissenschaften für die neue Disziplin des Kulturmanagements werden in folgender Reihenfolge bewertet
Nachdem Anfang der 90er Jahre diverse Tagungen im deutschsprachigen Raum sich mit Kulturmanagement befasst hatten, fast alle unter der Fragestellung, ob nicht das Kulturmanagement eine große Gefahr für die Kunst sei und damit eine Kommerzialisierung des gesamten Kultursektors einhergehe, hat sich Kulturmanagement inzwischen sowohl in der Praxis wie an den Hochschulen etabliert, und die Diskussionen haben einem höchst pragmatischen Umgang mit dem Thema Platz gemacht.
Kulturmanagement wurde in den vergangen Jahren vorwiegend als Unterdisziplin der Betriebswirtschaftslehre betrachtet, die das Ziel hat, Kulturbetriebe zu professionalisieren gemäß eines in ökonomischen Kontexten erprobten Sets von "tools" und Strategien. Aufgrund der Befürchtungen vieler Kulturschaffender, dass durch Kulturmanagement die Autonomie der Kunst bedroht und die Kommerzialisierung des Kultursektors vorangetrieben werden könne, wurde die Disziplin des Kulturmanagements in den wenigen vorhandenen Lehrbüchern sehr schnell auf eine dienende Funktion reduziert, die sich aus inhaltlichen Fragen heraushält. Diese impliziten Paradigmen des Kulturmanagements standen einer Etablierung als eigenständige wissenschaftliche Disziplin tendenziell im Weg.
Eines der Ziele des Fachverbandes für Kulturmangement besteht in der Stärkung des Kulturmanagements als Wissenschaftsdisziplin und der Etablierung eines eigenen Diskurses über Kulturmanagement, der mehr ist als die Einmischung in kulturpolitische, kulturästhetische oder kulturökonomische Diskussionen. Dabei geht es nicht mehr darum, ob Kulturmanagement überhaupt eine Berechtigung hat, sondern viel mehr um die Frage, was Kulturmanagement als Wissenschaftsdisziplin auszeichnet, was dessen aktuelle und zukünftige Forschungs-Themen sind und mit welchen Ansätzen Forschung in diesem Feld arbeitet.
Kulturmanagement wird an deutschen Hochschulen zur Zeit auf der Basis unterschiedlicher Ansätze gelehrt - abhängig von der Bezugs-Disziplin, aus der die Lehrenden genuin stammen, so zeigte eine Befragung unter Kulturmanagement-Lehrenden von Januar 2007. (vgl. Mandel, 2007, www.uni-hildesheim.de/institut für Kulturpolitik).Als Extreme lassen sich auf der einen Seite die stark geisteswissenschaftlich orientierten Studiengänge skizzieren, auf der anderen Seite die vorwiegend ökonomisch-betriebswirtschaftlich agierenden.
Die Mehrzahl der Studiengänge hat einen besonderen Schwerpunkt; so wird der Fokus etwa gelegt auf Bezugnahme zur Kulturpolitik, Kultursoziologie oder der kulturellen Sozialarbeit. Mit nur einer Ausnahme verfolgen alle in ihrem Curriculum jedoch einen generalistischen Ausbildungsansatz, der ein weites Spektrum von Kulturmanagementkompetenzen herausbilden will. Als wichtigste Bezugswissenschaften für die neue Disziplin des Kulturmanagements werden in folgender Reihenfolge bewertet
1. Kulturpolitik, 2. Betriebswirtschaftslehre sowie gleichrangig an 3. Stelle Kulturwissenschaften, Kunst-Lehre/Kunstwissenschaften, Sozialwissenschaften.
Mit nur zwei Ausnahmen betreiben alle der befragten Lehrenden eigene Forschung. Vorrangige Forschungsfelder sind in der Reihenfolge ihrer Nennung:
- Kulturmarketing, Kulturbranding,
- Kulturbesucherforschung und Audience Development
- Kulturpolitik und Kulturförderung, New Governance, Kulturentwicklungsplanung
- Institutionentheorie, Change Management, Professionalisierung von Managementprozessen
Sämtliche Befragte sind der Ansicht, dass Kulturmanagement zur Zeit noch keine vollständig etablierte und anerkannte Wissenschaft ist. Als zentraler Grund dafür wird das Forschungsdefizit benannt. Zu oft werde Kulturmanagement in den Studiengängen nur als Praxeologie behandelt, es fehle der theoretische Überbau, es gäbe noch kein eigenständiges methodisches Fundament.
Eröffnet wurde die Tagung durch einen Gastvortrag der amerikanischen Kulturmanagementwissenschaftlerin Prof. Dr. Margret Wyszomirski über Trends in der Kulturmanagementforschung in den USA. Die USA haben eine sehr viel längere Geschichte des Kulturmanagements als akademischer Disziplin als die europäischen Länder. Dennoch gäbe es auch dort nur wenig Kulturmanagement- Forschung an Universitäten, so Wyszomirski, die über mehrere Jahre sämtliche Forschungsforen in bezug auf Vorträge und Veröffentlichungen untersucht hat. Forschung werde viel mehr von Wissenschaftlern in Agenturen im Auftrag von privaten Institutionen, Stiftungen und öffentlichen Behörden als Auftragsforschung durchgeführt. Viele Forschungsberichte mündeten dementsprechend nicht in wissenschaftliche Fachliteratur, sondern blieben interne Dokumente. Die Themen, die in den USA im Bereich Kulturmanagement in den letzten 5 Jahren vorwiegend behandelt wurden sind denen in Europa sehr ähnlich: arts marketing, audience development, social impact of the arts, policy evaluation, change management, creative industries.
Generell sei in den USA der Trend sichtbar, dass sich die Interessen verschieben vom Institutionen bezogenen "arts management" zu gesamtgesellschaftlichen Konzepten von "cultural policy". Die Anliegen des akademischen Fachverbandes für Kulturmanagement in den USA, AAAE (http://www.artsadministration.org), wären sehr viel weniger forschungsorientiert, sondern würden sich eher auf Fragen der Lehre und der Programm- und Curriculumsentwicklung beziehen.
Die Tagung in Hildesheim war, abgesehen von diesem Gastvortrag, explizit als Arbeitstagung angelegt mit vielen kurzen Impulsstatements aller Beteiligten, mit Vertiefungsphasen in kleineren Arbeitsgruppen und round table Gesprächen, was zu sehr offenen und konstruktiven, gemeinsamen Diskussionsprozessen führte.
Als einige wesentliche Impulse der Diskussion lassen sich festhalten:
1. Die Herausbildung eines eigenen Fachdiskurses als Meta-Reflexion über die Disziplin des Kulturmanagements ist Voraussetzung für die Herausbildung einer eigenen Identität des Kulturmanagements als Wissenschaftsdisziplin.
2. Kulturmanagement ist eine Disziplin zwischen wissenschaftlicher Invention und praktischer Intervention. Forschung im Kulturmanagement ist häufig angewandte Forschung, oftmals Auftragsforschung. Sie agiert im Spannungsfeld von direkt anwendbarem Handlungswissen und Reflexionswissen.
3. Kulturmanagementforschung braucht ein integrierendes Vorgehen, das die verschiedenen Forschungsansätze der unterschiedlichen Bezugsdisziplinen zusammen führt.
4. Statt eines multidisziplinären Nebeneinanders wie im Baukastensystem ist ein spezifischer Methodenpluralismus angestrebt. Kulturmanagement wird so nicht als eine sich abgrenzende Disziplin gedacht, sondern als ein Diskursfeld, das sich situativ auf wechselnde Anforderungen einstellt. Kulturmanagement wäre damit als eine hybride Interdisziplin zu denken, die sich in verschiedenen gesellschaftlichen Spannungsfeldern bewegt und in der auch kreative Sprünge und das nicht in Kennzahlen Messbare zur Geltung kommen.
5. Der Einfluss von Kulturmanagement, das als inszenatorische Praxis und Gestaltung kultureller Kontexte, weit über die Bereitstellung organisatorischer Rahmenbedingungen hinaus gehen kann, muss bewusst in den Blick genommen und verantwortungsvoll zur Geltung gebracht werden. Kulturmanagement ist nicht auf das Institutionen-Management beschränkt, sondern beinhaltet auch kulturelle Interventionen.
Das erste Jahrbuch des Fachverbands für Kulturmanagement wird sich mit dem Thema der Hildesheimer Tagung: Forschungsansätze im Kulturmanagement befassen. Abstracts für Beiträge zu diesem Thema können bis Mai 2008 beim Fachverband eingereicht werden, Manuskriptabgabe ist der 1. 7. 2008. Informationen zum Fachverband und Anträge auf Mitgliedschaft sind auf der Website zu finden. Die nächste Tagung des Fachverbandes wird im Januar 2009 an der Zeppelin University in Friedrichshafen stattfinden.
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