Rückblick Forum Kultur und Ökonomie 2007
Kultur ringt um Aufmerksamkeit - Tagungsbericht "Forum Kultur und Ökonomie"
15./16. März im Alten Spital Solothurn - Wie steht es um die Kultur in den Medien? Bringt das Verschwinden des Kulturteils die Kulturpolitik, die Kultur in Nöte? Was geschieht, wenn jene Plattform, auf der Kultur, Kulturpolitik verhandelt und rezensiert wird, zunehmend marginalisiert wird?
Diese Fragen beschäftigten ca. 100 Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen und privaten Kulturförderung, Medien- und Kulturschaffende an einer reich befrachteten Tagung in Solothurn. Eingeladen dazu hatte das Forum Kultur und Ökonomie, das seit 2001 eine jährliche Konferenz zu kulturpolitischen Fragestellungen in der Schweiz organisiert.
Konrad Tobler, freier Kunstkritiker und ehemaliger Kulturchef der Berner Zeitung, rief in seinem Eröffnungsvotum ins Bewusstsein, dass Kulturjournalismus mit Vermittlung und Beurteilung, also mit Kritik zu tun habe. Er bedauerte, dass mit steigendem Spardruck die Analyse der Vorschau Platz mache und ortete die Verluderung eines Metiers.
Nach diesen polemischen Worten warf Norbert Bolz, Medienwissenschafter und Professor an der Technischen Universität Berlin, einen nüchternen analytischen Blick auf die heutige Situation. Er zeigte auf, wie die Medien nach neuen Formen suchen, um Aufmerksamkeit, die knappste aller Ressource, zu gewinnen. Er stellt dabei die These auf, dass kritische Publizität in Postjournalismus der Profis und den Parajournalismus der Laien zerfalle. Das Aufmerksamkeitsproblem kann nicht mehr durch Information gelöst werden, sondern durch Faszination. Nicht Objektivität ist gefragt, sondern Authentizität. Auf Internetplattformen, in Weblogs und auf Youtube dominieren Subjektivität, Parteilichkeit und Polemik - jeder User kann zum Produzenten von Medieninhalten werden, und alle sind füreinander Publikum. Für Bolz kein Anlass für Kulturpessimismus. Es sei eine gute Schule fürs Leben, um zu wissen, wer man sei, was man wolle.
Der Berater und Kolumnist Kurt W. Zimmermann konterte in seinem pointierten Vortrag Kultur und Medien ein überschätztes Programm für Minderheiten die pessimistische Haltung von Konrad Tobler und attestierte stattdessen der Schweizer Kulturszene und den Medien Filz und Gesinnungskorruption: Sie wollen die Gesellschaft permanent überzeugen, dass Kultur ihr zentrales Anliegen ist. Die Kulturschaffenden müssten aber akzeptieren, dass sie eine innergesellschaftliche Randgruppe seien, so wie dies die Kulturjournalisten innerhalb einer Redaktion seien und daher kein Grundrecht auf Berichterstattung hätten.
Nach dieser kalten Dusche verströmte Karl Karst, Programmchef des nordrhein-westfälischen Kulturradios WDR3 wieder Hoffnung. Er zeigte auf, wie man mittels Partnerschaften mit Kulturinstitutionen das Image des verstaubten Senders aufbessern konnte und wieder populär wurde. Diese keimende Hoffnung wurde auch am kommenden Morgen von Peter Buri, Chefredaktor der Aargauer Zeitung, aufgenommen. Diese Zeitung hat den Kulturteil in den letzten Jahren ausgebaut, da in den Bereichen Kultur-, Special Interest- und Softthemen ein klares Wachstumspotentiale diagnostiziert wurde. Ein sehr breit gefasster Kulturbegriff führt dazu, dass Grenzen zu lifestyle-Themen stark verwischen.
Der letzte thematische Input kam von Bruno Giussani, einem Internetexperten und leidenschaftlichen Blogger. Hier wurde zum ersten Mal an dieser Tagung aufgezeigt, wo die Reise hingeht: Weblogs, Internetforen usw. als zukünftige meinungsbildende Instanzen. Er wies darauf hin, dass die digitalen Medien nicht zu einer Substituierung der alten Medien führen, sondern zu einer Hybrisierung und Ergänzung. Neben den Referaten im Plenum gab es zwei Workshop-Blöcke, in denen einerseits sehr praxisbezogen Themen wie Newsletter Erlösung oder Übel, Medienpartnerschaften, Weblogs: Digitale Öffentlichkeit und andererseits allgemeine Fragen wie, ob die Krise das Feuilleton käuflich mache oder ob in Zukunft Geld für seriöse Kritiker ausgegeben werden müsse, diskutiert wurden. Die Resultate der einzelnen Workshops flossen leider nicht in die allgemeine Diskussion ein.
Alles in allem hat diese Tagung einige interessante Denkanstöße gegeben und wichtige Fragen zur Zukunft der Kulturberichterstattung aufgeworfen. Leider ist es allerdings mit dem Fragen-Aufwerfen alleine nicht getan. Es reicht nicht, die allgemeine Entwicklung zu beklagen und eine kulturpessimistische Haltung zu repetieren. Es wäre angebrachter, spannender und ertragsreicher gewesen, dort anzusetzen, wo die Tagung endete: beim Suchen und Aufzeigen neuer Kommunikations- und Vermittlungswege und beim Diskutieren von deren Herausforderungen, sowohl für das Feuilleton, wie auch für Kulturschaffende
und -institutionen.
Konrad Tobler, freier Kunstkritiker und ehemaliger Kulturchef der Berner Zeitung, rief in seinem Eröffnungsvotum ins Bewusstsein, dass Kulturjournalismus mit Vermittlung und Beurteilung, also mit Kritik zu tun habe. Er bedauerte, dass mit steigendem Spardruck die Analyse der Vorschau Platz mache und ortete die Verluderung eines Metiers.
Nach diesen polemischen Worten warf Norbert Bolz, Medienwissenschafter und Professor an der Technischen Universität Berlin, einen nüchternen analytischen Blick auf die heutige Situation. Er zeigte auf, wie die Medien nach neuen Formen suchen, um Aufmerksamkeit, die knappste aller Ressource, zu gewinnen. Er stellt dabei die These auf, dass kritische Publizität in Postjournalismus der Profis und den Parajournalismus der Laien zerfalle. Das Aufmerksamkeitsproblem kann nicht mehr durch Information gelöst werden, sondern durch Faszination. Nicht Objektivität ist gefragt, sondern Authentizität. Auf Internetplattformen, in Weblogs und auf Youtube dominieren Subjektivität, Parteilichkeit und Polemik - jeder User kann zum Produzenten von Medieninhalten werden, und alle sind füreinander Publikum. Für Bolz kein Anlass für Kulturpessimismus. Es sei eine gute Schule fürs Leben, um zu wissen, wer man sei, was man wolle.
Der Berater und Kolumnist Kurt W. Zimmermann konterte in seinem pointierten Vortrag Kultur und Medien ein überschätztes Programm für Minderheiten die pessimistische Haltung von Konrad Tobler und attestierte stattdessen der Schweizer Kulturszene und den Medien Filz und Gesinnungskorruption: Sie wollen die Gesellschaft permanent überzeugen, dass Kultur ihr zentrales Anliegen ist. Die Kulturschaffenden müssten aber akzeptieren, dass sie eine innergesellschaftliche Randgruppe seien, so wie dies die Kulturjournalisten innerhalb einer Redaktion seien und daher kein Grundrecht auf Berichterstattung hätten.
Nach dieser kalten Dusche verströmte Karl Karst, Programmchef des nordrhein-westfälischen Kulturradios WDR3 wieder Hoffnung. Er zeigte auf, wie man mittels Partnerschaften mit Kulturinstitutionen das Image des verstaubten Senders aufbessern konnte und wieder populär wurde. Diese keimende Hoffnung wurde auch am kommenden Morgen von Peter Buri, Chefredaktor der Aargauer Zeitung, aufgenommen. Diese Zeitung hat den Kulturteil in den letzten Jahren ausgebaut, da in den Bereichen Kultur-, Special Interest- und Softthemen ein klares Wachstumspotentiale diagnostiziert wurde. Ein sehr breit gefasster Kulturbegriff führt dazu, dass Grenzen zu lifestyle-Themen stark verwischen.
Der letzte thematische Input kam von Bruno Giussani, einem Internetexperten und leidenschaftlichen Blogger. Hier wurde zum ersten Mal an dieser Tagung aufgezeigt, wo die Reise hingeht: Weblogs, Internetforen usw. als zukünftige meinungsbildende Instanzen. Er wies darauf hin, dass die digitalen Medien nicht zu einer Substituierung der alten Medien führen, sondern zu einer Hybrisierung und Ergänzung. Neben den Referaten im Plenum gab es zwei Workshop-Blöcke, in denen einerseits sehr praxisbezogen Themen wie Newsletter Erlösung oder Übel, Medienpartnerschaften, Weblogs: Digitale Öffentlichkeit und andererseits allgemeine Fragen wie, ob die Krise das Feuilleton käuflich mache oder ob in Zukunft Geld für seriöse Kritiker ausgegeben werden müsse, diskutiert wurden. Die Resultate der einzelnen Workshops flossen leider nicht in die allgemeine Diskussion ein.
Alles in allem hat diese Tagung einige interessante Denkanstöße gegeben und wichtige Fragen zur Zukunft der Kulturberichterstattung aufgeworfen. Leider ist es allerdings mit dem Fragen-Aufwerfen alleine nicht getan. Es reicht nicht, die allgemeine Entwicklung zu beklagen und eine kulturpessimistische Haltung zu repetieren. Es wäre angebrachter, spannender und ertragsreicher gewesen, dort anzusetzen, wo die Tagung endete: beim Suchen und Aufzeigen neuer Kommunikations- und Vermittlungswege und beim Diskutieren von deren Herausforderungen, sowohl für das Feuilleton, wie auch für Kulturschaffende
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Zum FORUM KULTUR UND ÖKONOMIE
Das FORUM KULTUR UND ÖKONOMIE wurde 2001 in Montreux gegründet und wird von Institutionen der öffentlichen Hand (Bundesamt für Kultur, Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten, Konferenz der städtischen Kulturbeauftragten) Stiftungen und privatwirtschaftlichen Unternehmungen (Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Credit Suisse, Fondation, Nestlé pour lArt, Migros-Kulturprozent, UBS AG, SwissRe, SWISSLOS und Loterie Romande) getragen. Ziel des Forums ist es, das Wissen um die Voraussetzungen und Ziele der Kulturfinanzierung zu vertiefen, das gegenseitige Verständnis für die jeweilige Unterschiedlichkeit zu fördern und die Vielfalt und Qualität des kulturellen Angebots und des künstlerischen Schaffens in der Schweiz zu stärken. Es will die Rahmenbedingungen für eine genügende und kontinuierliche Finanzierung kultureller Einrichtungen und Projekte durch die öffentliche Hand und Private verbessern. Das FORUM KULTUR UND ÖKONOMIE organisiert jedes Jahr eine Tagung zu Themen Schweizerischer Kulturpolitik.
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