01.05.2011
Autor*in
Diana Betzler
forscht und unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und Universitäten in den Bereichen Kulturmanagement, Kulturpolitik und Philanthropie. Regelmäßig ist sie als Gutachterin und Evaluatorin von kulturellen Programmen und Kulturpolitiken tätig.
Leticia Labaronne
ist Professorin für Kulturmanagement und leitet das Zentrum für Kulturmanagement der ZHAW sowie das Masterprogram Arts Management. Sie engagiert sich in verschiedenen Fachgremien, beispielsweise als Advisory Board bei ENCATC, das von der UNESCO mitbegründete European Network on Cultural Management and Policy.
Rückblick 11. Tagung Kultur und Ökonomie 2011
Mit der Wünschelrute zum Erfolg - die Quellen der Kulturfinanzierung in der Schweiz
Bericht über die 11. Tagung Kultur und Ökonomie - am 24/25: März 2011 in Neuchâtel.
Auch dieses Jahr hat das FORUM KULTUR UND ÖKONOMIE die Szene der öffentlichen und privaten Kulturfinanzierer wieder eingeladen, um so der Zweck des Zusammenschlusses das Wissen über die Wechselwirkung zwischen wirtschaftlichen und politischen Dimensionen im Kulturbereich zu vertiefen und der Kulturfinanzierung Handlungsoptionen mitzugeben. Mit rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Veranstaltung in Neuchâtel ausgebucht. Thematisch ging es in diesem Jahr paradoxerweise um die teilnehmenden Institutionen selbst: um die Quellen der Kulturfinanzierung.
Dr. Juri Steiner, selbständiger Kulturschaffender und Kulturvermittler, hat in einem erfrischenden Einstiegsreferat anhand neun Lektionen gezeigt, wie Kunst und Kultur aus eigenen Quellen schöpft: die Erfahrungen mit der Finanzierung seiner Kunst- und Kulturprojekte: Der Künstler - betrachtet als risikofreudiger Entrepreneur - in- und reinvestiert eigenes Kapital und Arbeitskraft, denn sie (die Kunst!) choschtet, was sie choschtet. Auch die öffentliche Hand Steiner bringt das Beispiel EXPO_0.2 an verlangt zuweilen von den Kulturschaffenden Grosses mit kleinen Budgets (Design to Cost) also Mehrarbeit. Glücklich, wer einen Sponsor auftreiben kann. Doch dieser entpuppt sich zuweilen als unbekanntes Wesen. Oder: Warum hat SWATCH, Sponsor des Cabaret Voltaire, nach vier Jahren sein Engagement zurückgezogen? Ebenso abhängig können auch Mäzene machen. Das Kunstprojekt agents-provokateurs beispielsweise stoppte abrupt, als dessen Mäzene sich zurückgezogen hatten. Im Zentrum Paul Klee aus einem Minimum ein Optimum zu machen, also Effizienz in einigen Bereichen zu steigern und Gelder selbst zu erwirtschaften, ist ein weiterer Weg, aus eigener Kraft Ressourcen für die Kultur freizumachen. Businessplan und professionelles Fundraising sind für Künstler und Kulturvermittler lange kein Fremdwort mehr. Denn: so schliesst Steiner mit einem Zitat von Boris Groys: Wenn man überhaupt jemanden treffen will, der realistisch denkt, geht man zu einem Künstler (Boris Groys in: Before The Sun Rises. Zürich 2005).
Der restliche Vormittag war den Lotteriefonds gewidmet, den unterirdischen Quellen, die die Kulturfördertöpfe der Kantone speissen. Dr. Sabine Pegoraro, Regierungsrätin des Kantons Basel-Landschaft und Präsidentin der Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz, erläuterte die Rolle der Lotterien in der Kulturförderung der Schweiz. Rund 155 von 545 Millionen Schweizer Franken strömen aus den Gewinnen der Lotteriespiele in die Kultur. Grosses Kopfzerbrechen bereitet der Schweizer Politik allerdings die aktuelle Entwicklung der Lotteriespiele im Internet. Das Offshore Internetglücksspiel ist politisch und gesellschaftlich unkontrollierbar und die Gewinne fliessen nicht in die Staatskassen; zumindest nicht in die der Schweiz. Die unbefriedigende Rechtslage des Internetglücksspiels, Druck und Beschwerden des Bundesamt für Justiz und Spielbankenkommission, und die Volksinitiative Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls sind Gründe, warum erneut eine Revision des Lotteriegesetzes angestrebt wird. Bis 2016 soll eine aktualisierte Geldspielgesetzgebung in Kraft treten.
Dr. Rolf Keller, Leiter des Studienzentrums Kulturmanagement Universität Basel und Dr. Nicole Hess, Kulturmanagerin MAS Universität Basel, stellen im Anschluss ihr Forschungsprojekt Föderalistische Kulturförderung mit Lotteriegeldern: Zahlen, Praktiken, Tendenzen vor. Eine Erhebung und Auswertung der Struktur der durch Lotterieerträge geförderten Kulturprojekte in den Jahren 2008 und 2009 hat folgendes ergeben: Die Vergabe der Gelder erfolgt in den meisten untersuchten Kantonen gemäss formaler und inhaltlich/qualitativer Kriterien. Vergabeentscheidungen erfolgen in der Regel durch Fachgremien. Mit Lotteriegeldern werden meist Projekte und weniger der Betrieb von Institutionen gefördert. Weiter kommen die Gelder tendenziell eher klassischen Sparten zu Gute und spielen insbesondere in ländlich geprägten, finanzschwächeren Kantonen eine wichtige Rolle. Lotteriefonds unterstützen tendenziell Kulturschaffen mit breiter Resonanz in der Bevölkerung. Die Förderung erfolgt mehrheitlich über das Giesskannenprinzip. Da der Nachweis der Ausgaben der Lotteriegelder kantonal sehr unterschiedlich gehandhabt wird, fordern die Referenten eine Offenlegung der Vergabungen und eine Vereinheitlichung der Ausgabenstatistik. Jean-Luc Moner-Banet, Delegierter der Loterie Romande im Verwaltungsrat des europäischen Lottos: Euro Million, betont die Bedeutung der Lotterien in Europa, die pro Jahr rund eine Milliarde für die Kultur ausschütten. Zahlreiche bedeutsame Kulturprojekte seien von Lotteriegeldern bezahlt, wie die Nationalbibliothek in Österreich, das ägyptische Museum in Turin oder die Uffizien in Florenz. Auch der Brunnen von Trevi in Rom sprudelt mit Hilfe der Lotteriequelle. Moner-Banet warnt eindrücklich vor den aktuellen Entwicklungen in der Lotteriebranche wie der Privatisierung von staatlichen Lotterien einiger hoch verschuldeten europäischen Staaten, um kurzfristig deren Liquidität zu erhöhen. Der langfristige Verlust der Gesellschaftsförderung wäre ungleich hoch. Bezüglich der Thematik des Online-Glücksspiels wies Moner-Banet auf die Veröffentlichung des Green Paper on Online Gambling hin, welche am Tag der Tagung, am 24. März 2011, erfolgte. In einer regen Diskussion im Anschluss, moderiert von Hedy Graber, Leiterin der Direktion Kultur und Soziales des Migros-Genossenschaftsbundes mit Jean-Luc Moner-Banet und Roger Fasnacht, Direktor Swisslos, ist man sich einig, dass staatliche Lotterien, überwiegend Vorteile bringen; trotz der Gefahren, die eine Monopolstellung einer Organisation mit sich bringt. Jean-Frédéric Jauslin, Leiter des Bundesamt für Kultur, weist nochmals auf die Spezifität der Schweiz hin: auch im europäischen Vergleich sprudelt die Lotteriequelle für die Kultur in der Schweiz am stärksten!
Géraldine Savary, Ständerätin Kanton Waadt und Co-Präsidentin der parlamentarischen Gruppe Kultur, nahm die Kulturbotschaft zum Anlass, über die neue Rolle des Bundes in der Kulturförderung zu sprechen. Grundsätzlich begrüsst sie die Verabschiedung der Kulturbotschaft; betitelte diese gar als revolutionär angesichts der Tatsache, dass Kultur für den gemeinen Politiker kein prioritäres Thema darstelle. Im Zusammenspiel mit den Kantonen, Städten und Gemeinden und vor allem mit dem in ihrer Bedeutung zunehmend wichtiger werdenden Privaten, ist der Bund ein weiterer Puzzlestein in der Kulturförderung und -finanzierung. Aufgrund der moderaten finanziellen Ausstattung ist der Bund als Kulturfinanzierer nicht zu überschätzen - und spielt doch eine zentrale Rolle als Promotor eines nationalen Dialogs.
Zweiter grosser Schwerpunkt neben dem Staatlichen war das Engagement von Privaten, Unternehmen und Stiftungen. Als Einstieg ins Thema moderierte Hans Ulrich Glarner, Leiter der Kulturabteilung des Kantons Aargau, eine Diskussion über die Zukunftsperspektiven im Stiftungswesen und Sponsoring. Ein Problem, dass sich derzeit in der Stiftungslandschaft stellt: Es gibt keine umfassende Statistiken über das Stiftungswesen in der Schweiz. Dr. Beat von Wartburg, Präsident von SwissFoundations betonte die Dringlichkeit, auf Bundesebene solche Daten zu erheben. Stiftung sei nicht gleich Stiftung und es könne sich die Stiftungsbranche nur stark profilieren, wenn sich die Informationsasymmetrien verringern, sodass Angebot und Nachfrage einfacher aufeinander treffen könnten. Toni Krein, Head Corporate Cultural Sponsorship bei der Credit Suisse, beleuchtete die oft gestellte Frage nach der Kürzung des Sponsoringbudgets in Zeiten der Finanzkrise. Obwohl es in der Regel einfacher ist, an den Sponsoring Budgets Sponsoring Budgets zu kürzen, ist Sponsoring heutzutage als ein derart langfristiges Marketinginstrument in der Unternehmenskommunikation verankert, dass es trotz unsicheren Zeiten immer Budget zugeteilt bekommt, so Krein. Nur spielt in Zukunft die Musik nicht nur bei den Kulturinstitutionen: Sozial-Sponsoring gewinne, neben dem stabilen Sportsponsoring, sehr stark an Bedeutung. Allerdings sei Sponsoring nicht nur für grosse Unternehmen ein wichtiges Kommunikationsinstrument. Auch KMUs investierten mehr und mehr in Sponsoringaktivitäten, was für regionale Kulturinstitutionen, die weniger Chancen bei multinationalen Unternehmen haben, eine neue Perspektive darstelle.
Der Schwerpunkt vom Freitag widmete sich hauptsächlich den Best Practices in Fundraising und Sponsoring sowie den neuen Modellen der Zusammenarbeit zwischen Sponsoren. Friederike von Reden, Referentin des Arbeitskreises Kultursponsoring (AKS), stellte das Wirken des AKS im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft vor. Der AKS unternimmt keine eigene Sponsoring Tätigkeit, sondern fördert die öffentliche Diskussion über das Kultursponsoring und verbessert dadurch gesellschaftliche, politische und steuerliche Rahmenbedingungen, damit offene, faire Förderbeziehungen entstehen können. Darüber hinaus trägt der AKS mit wissenschaftlichen Untersuchungen zur Verbesserung des Informationsstands zu Kultursponsoring bei. Sibylle Lichtensteiger, Leiterin des Stapferhaus Lenzburg, berichtete über ihre Sponsoring Praktiken und betonte: Sponsoren ermöglichen vieles, aber es kostet auch Geld! Ihre Beispiele zeigen, dass sich Querdenken lohnt, denn auch mit unkonventionellen Partnern ergaben sich gewinnbringende Kooperationen. Sponsoren sind starke Türöffner in der Kommunikation. Aus der Kapitalkampagne Thun Panorama - helfen Sie mit, runden Sie auf! eruierte Peter Salvisberg, Vizepräsident des Fördervereins, die kritischen Erfolgsfaktoren: Professionelles Auftreten (on- und offline), eine speditive Dankespolitik - auch wenn aufwendig- , kreative Events und politische Akteure an Board zu haben; kombiniert mit Überzeugungsarbeit, seien die wesentlichen Voraussetzungen, um Kapitalkampagnen erfolgreich abzuschließen.
Money never sleeps. Der letzte Input aus der Kulturinstitutionenperspektive übernahm Gianni Jetzer, Kurator des Swiss Institute in New York, der die Kunst, Risiken in Chancen umzuwandeln, darstellte. Obwohl das Institut klein und von 2 großen Finanzierungsquellen abhängig ist, seien die wenigen Mittel eine wichtige Ausprägung des sympathischen Images des Institutes. Die passende Nische in einem kompetitiven Umfeld wie der Kulturszene von New York zu besetzen, sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Gewinnung von Finanzierungsquellen. Auch Dr. Frédéric Martel, Forscher und Journalist aus Paris, thematisiert Finanzierung von Kultur in den Vereinigten Staaten von Amerika - im Vergleich zur Schweiz. Interessant war der Aspekt, dass dort der Staat die Kultur nicht selbst, sondern über Private durch Steuerbegünstigungen fördert.
Die illustrativen Praxisbeispiele und Referate gaben wertvolle Impulse für die Kulturfinanzierung. Auch wenn der Hörer mehr Daten und Fakten zum Finanzierungsmarkt und allgemeine Trends und Zusammenhänge vermisste. Es gibt also noch viel Potenzial zur Fortsetzung der Thematik.
Insgesamt war die Tagung eine gelungene Veranstaltung, mit viel Dialog zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen, inspiriert durch das internationale, musikalische Rahmenprogramm und den Charme Neuchâtels. Frisch und originell war die Speed Dating-Aktion ein face-to-face-Austausch in sieben Minuten mit sieben Personen. Allein die gestellten Fragen hätten das intellektuelle Potential der Teilnehmer und Teilnehmerinnen besser ausschöpfen können. Womit wir wieder bei den Quellen wären.
Weiterführende Informationen: www.kulturundoekonomie.ch
Dr. Juri Steiner, selbständiger Kulturschaffender und Kulturvermittler, hat in einem erfrischenden Einstiegsreferat anhand neun Lektionen gezeigt, wie Kunst und Kultur aus eigenen Quellen schöpft: die Erfahrungen mit der Finanzierung seiner Kunst- und Kulturprojekte: Der Künstler - betrachtet als risikofreudiger Entrepreneur - in- und reinvestiert eigenes Kapital und Arbeitskraft, denn sie (die Kunst!) choschtet, was sie choschtet. Auch die öffentliche Hand Steiner bringt das Beispiel EXPO_0.2 an verlangt zuweilen von den Kulturschaffenden Grosses mit kleinen Budgets (Design to Cost) also Mehrarbeit. Glücklich, wer einen Sponsor auftreiben kann. Doch dieser entpuppt sich zuweilen als unbekanntes Wesen. Oder: Warum hat SWATCH, Sponsor des Cabaret Voltaire, nach vier Jahren sein Engagement zurückgezogen? Ebenso abhängig können auch Mäzene machen. Das Kunstprojekt agents-provokateurs beispielsweise stoppte abrupt, als dessen Mäzene sich zurückgezogen hatten. Im Zentrum Paul Klee aus einem Minimum ein Optimum zu machen, also Effizienz in einigen Bereichen zu steigern und Gelder selbst zu erwirtschaften, ist ein weiterer Weg, aus eigener Kraft Ressourcen für die Kultur freizumachen. Businessplan und professionelles Fundraising sind für Künstler und Kulturvermittler lange kein Fremdwort mehr. Denn: so schliesst Steiner mit einem Zitat von Boris Groys: Wenn man überhaupt jemanden treffen will, der realistisch denkt, geht man zu einem Künstler (Boris Groys in: Before The Sun Rises. Zürich 2005).
Der restliche Vormittag war den Lotteriefonds gewidmet, den unterirdischen Quellen, die die Kulturfördertöpfe der Kantone speissen. Dr. Sabine Pegoraro, Regierungsrätin des Kantons Basel-Landschaft und Präsidentin der Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz, erläuterte die Rolle der Lotterien in der Kulturförderung der Schweiz. Rund 155 von 545 Millionen Schweizer Franken strömen aus den Gewinnen der Lotteriespiele in die Kultur. Grosses Kopfzerbrechen bereitet der Schweizer Politik allerdings die aktuelle Entwicklung der Lotteriespiele im Internet. Das Offshore Internetglücksspiel ist politisch und gesellschaftlich unkontrollierbar und die Gewinne fliessen nicht in die Staatskassen; zumindest nicht in die der Schweiz. Die unbefriedigende Rechtslage des Internetglücksspiels, Druck und Beschwerden des Bundesamt für Justiz und Spielbankenkommission, und die Volksinitiative Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls sind Gründe, warum erneut eine Revision des Lotteriegesetzes angestrebt wird. Bis 2016 soll eine aktualisierte Geldspielgesetzgebung in Kraft treten.
Dr. Rolf Keller, Leiter des Studienzentrums Kulturmanagement Universität Basel und Dr. Nicole Hess, Kulturmanagerin MAS Universität Basel, stellen im Anschluss ihr Forschungsprojekt Föderalistische Kulturförderung mit Lotteriegeldern: Zahlen, Praktiken, Tendenzen vor. Eine Erhebung und Auswertung der Struktur der durch Lotterieerträge geförderten Kulturprojekte in den Jahren 2008 und 2009 hat folgendes ergeben: Die Vergabe der Gelder erfolgt in den meisten untersuchten Kantonen gemäss formaler und inhaltlich/qualitativer Kriterien. Vergabeentscheidungen erfolgen in der Regel durch Fachgremien. Mit Lotteriegeldern werden meist Projekte und weniger der Betrieb von Institutionen gefördert. Weiter kommen die Gelder tendenziell eher klassischen Sparten zu Gute und spielen insbesondere in ländlich geprägten, finanzschwächeren Kantonen eine wichtige Rolle. Lotteriefonds unterstützen tendenziell Kulturschaffen mit breiter Resonanz in der Bevölkerung. Die Förderung erfolgt mehrheitlich über das Giesskannenprinzip. Da der Nachweis der Ausgaben der Lotteriegelder kantonal sehr unterschiedlich gehandhabt wird, fordern die Referenten eine Offenlegung der Vergabungen und eine Vereinheitlichung der Ausgabenstatistik. Jean-Luc Moner-Banet, Delegierter der Loterie Romande im Verwaltungsrat des europäischen Lottos: Euro Million, betont die Bedeutung der Lotterien in Europa, die pro Jahr rund eine Milliarde für die Kultur ausschütten. Zahlreiche bedeutsame Kulturprojekte seien von Lotteriegeldern bezahlt, wie die Nationalbibliothek in Österreich, das ägyptische Museum in Turin oder die Uffizien in Florenz. Auch der Brunnen von Trevi in Rom sprudelt mit Hilfe der Lotteriequelle. Moner-Banet warnt eindrücklich vor den aktuellen Entwicklungen in der Lotteriebranche wie der Privatisierung von staatlichen Lotterien einiger hoch verschuldeten europäischen Staaten, um kurzfristig deren Liquidität zu erhöhen. Der langfristige Verlust der Gesellschaftsförderung wäre ungleich hoch. Bezüglich der Thematik des Online-Glücksspiels wies Moner-Banet auf die Veröffentlichung des Green Paper on Online Gambling hin, welche am Tag der Tagung, am 24. März 2011, erfolgte. In einer regen Diskussion im Anschluss, moderiert von Hedy Graber, Leiterin der Direktion Kultur und Soziales des Migros-Genossenschaftsbundes mit Jean-Luc Moner-Banet und Roger Fasnacht, Direktor Swisslos, ist man sich einig, dass staatliche Lotterien, überwiegend Vorteile bringen; trotz der Gefahren, die eine Monopolstellung einer Organisation mit sich bringt. Jean-Frédéric Jauslin, Leiter des Bundesamt für Kultur, weist nochmals auf die Spezifität der Schweiz hin: auch im europäischen Vergleich sprudelt die Lotteriequelle für die Kultur in der Schweiz am stärksten!
Géraldine Savary, Ständerätin Kanton Waadt und Co-Präsidentin der parlamentarischen Gruppe Kultur, nahm die Kulturbotschaft zum Anlass, über die neue Rolle des Bundes in der Kulturförderung zu sprechen. Grundsätzlich begrüsst sie die Verabschiedung der Kulturbotschaft; betitelte diese gar als revolutionär angesichts der Tatsache, dass Kultur für den gemeinen Politiker kein prioritäres Thema darstelle. Im Zusammenspiel mit den Kantonen, Städten und Gemeinden und vor allem mit dem in ihrer Bedeutung zunehmend wichtiger werdenden Privaten, ist der Bund ein weiterer Puzzlestein in der Kulturförderung und -finanzierung. Aufgrund der moderaten finanziellen Ausstattung ist der Bund als Kulturfinanzierer nicht zu überschätzen - und spielt doch eine zentrale Rolle als Promotor eines nationalen Dialogs.
Zweiter grosser Schwerpunkt neben dem Staatlichen war das Engagement von Privaten, Unternehmen und Stiftungen. Als Einstieg ins Thema moderierte Hans Ulrich Glarner, Leiter der Kulturabteilung des Kantons Aargau, eine Diskussion über die Zukunftsperspektiven im Stiftungswesen und Sponsoring. Ein Problem, dass sich derzeit in der Stiftungslandschaft stellt: Es gibt keine umfassende Statistiken über das Stiftungswesen in der Schweiz. Dr. Beat von Wartburg, Präsident von SwissFoundations betonte die Dringlichkeit, auf Bundesebene solche Daten zu erheben. Stiftung sei nicht gleich Stiftung und es könne sich die Stiftungsbranche nur stark profilieren, wenn sich die Informationsasymmetrien verringern, sodass Angebot und Nachfrage einfacher aufeinander treffen könnten. Toni Krein, Head Corporate Cultural Sponsorship bei der Credit Suisse, beleuchtete die oft gestellte Frage nach der Kürzung des Sponsoringbudgets in Zeiten der Finanzkrise. Obwohl es in der Regel einfacher ist, an den Sponsoring Budgets Sponsoring Budgets zu kürzen, ist Sponsoring heutzutage als ein derart langfristiges Marketinginstrument in der Unternehmenskommunikation verankert, dass es trotz unsicheren Zeiten immer Budget zugeteilt bekommt, so Krein. Nur spielt in Zukunft die Musik nicht nur bei den Kulturinstitutionen: Sozial-Sponsoring gewinne, neben dem stabilen Sportsponsoring, sehr stark an Bedeutung. Allerdings sei Sponsoring nicht nur für grosse Unternehmen ein wichtiges Kommunikationsinstrument. Auch KMUs investierten mehr und mehr in Sponsoringaktivitäten, was für regionale Kulturinstitutionen, die weniger Chancen bei multinationalen Unternehmen haben, eine neue Perspektive darstelle.
Der Schwerpunkt vom Freitag widmete sich hauptsächlich den Best Practices in Fundraising und Sponsoring sowie den neuen Modellen der Zusammenarbeit zwischen Sponsoren. Friederike von Reden, Referentin des Arbeitskreises Kultursponsoring (AKS), stellte das Wirken des AKS im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft vor. Der AKS unternimmt keine eigene Sponsoring Tätigkeit, sondern fördert die öffentliche Diskussion über das Kultursponsoring und verbessert dadurch gesellschaftliche, politische und steuerliche Rahmenbedingungen, damit offene, faire Förderbeziehungen entstehen können. Darüber hinaus trägt der AKS mit wissenschaftlichen Untersuchungen zur Verbesserung des Informationsstands zu Kultursponsoring bei. Sibylle Lichtensteiger, Leiterin des Stapferhaus Lenzburg, berichtete über ihre Sponsoring Praktiken und betonte: Sponsoren ermöglichen vieles, aber es kostet auch Geld! Ihre Beispiele zeigen, dass sich Querdenken lohnt, denn auch mit unkonventionellen Partnern ergaben sich gewinnbringende Kooperationen. Sponsoren sind starke Türöffner in der Kommunikation. Aus der Kapitalkampagne Thun Panorama - helfen Sie mit, runden Sie auf! eruierte Peter Salvisberg, Vizepräsident des Fördervereins, die kritischen Erfolgsfaktoren: Professionelles Auftreten (on- und offline), eine speditive Dankespolitik - auch wenn aufwendig- , kreative Events und politische Akteure an Board zu haben; kombiniert mit Überzeugungsarbeit, seien die wesentlichen Voraussetzungen, um Kapitalkampagnen erfolgreich abzuschließen.
Money never sleeps. Der letzte Input aus der Kulturinstitutionenperspektive übernahm Gianni Jetzer, Kurator des Swiss Institute in New York, der die Kunst, Risiken in Chancen umzuwandeln, darstellte. Obwohl das Institut klein und von 2 großen Finanzierungsquellen abhängig ist, seien die wenigen Mittel eine wichtige Ausprägung des sympathischen Images des Institutes. Die passende Nische in einem kompetitiven Umfeld wie der Kulturszene von New York zu besetzen, sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Gewinnung von Finanzierungsquellen. Auch Dr. Frédéric Martel, Forscher und Journalist aus Paris, thematisiert Finanzierung von Kultur in den Vereinigten Staaten von Amerika - im Vergleich zur Schweiz. Interessant war der Aspekt, dass dort der Staat die Kultur nicht selbst, sondern über Private durch Steuerbegünstigungen fördert.
Die illustrativen Praxisbeispiele und Referate gaben wertvolle Impulse für die Kulturfinanzierung. Auch wenn der Hörer mehr Daten und Fakten zum Finanzierungsmarkt und allgemeine Trends und Zusammenhänge vermisste. Es gibt also noch viel Potenzial zur Fortsetzung der Thematik.
Insgesamt war die Tagung eine gelungene Veranstaltung, mit viel Dialog zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen, inspiriert durch das internationale, musikalische Rahmenprogramm und den Charme Neuchâtels. Frisch und originell war die Speed Dating-Aktion ein face-to-face-Austausch in sieben Minuten mit sieben Personen. Allein die gestellten Fragen hätten das intellektuelle Potential der Teilnehmer und Teilnehmerinnen besser ausschöpfen können. Womit wir wieder bei den Quellen wären.
Weiterführende Informationen: www.kulturundoekonomie.ch
Diana Betzler, M.A., Projektleitung Forschung und Dienstleistung ZHAW Zentrum für Kulturmanagement; Dozentin in der Weiterbildung, u.a. für Projekt- und Veranstaltungsmanagement; Erfahrung in der Leitung, Beratung, Koordination und Abwicklung von Projekten im kulturellen und im öffentlichen Sektor sowie wissenschaftliche Forschung im institutionellen Bereich
Leticia Labaronne, B.A., Studienleitung DAS Fundraising Management und CAS Sponsoring Management ZHAW Zentrum für Kulturmanagement; Erfahrung in der Koordination und Abwicklung von Projekten im kulturellen und im öffentlichen Sektor.
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